– , 0 2 5 1 F U H : n r a g n U / – , 0 6 1 K Z C : n e i h c e h c s T / – , 5 5 K O N : n e g e w r o N / 0 7 , 5 € : d n a l n n i F / – , 4 € : x u l e n e B / 0 3 , 5 € : d n a l n e h c e i r G / 0 9 , 4 € : n e r a n a K / 0 9 , 4 € : ) . t n o c ( l a g u t r o P / 0 6 , 4 € : n e i n e w o l S , n e i n a p S , n e i l a t I , h c i e r k n a r F /
0 5 , 6 F H C z i e w h c S / 0 8 , 3 € h c i e r r e t s Ö
NR. 29 11. 7. 2013 € 3,50
GRILLEN Gemeinschaft am Feuer – warum es nicht nur ums Essen geht
FASHIONN WEEK FASHIO W EEK Die junge Modewelt in Berlin – eine Fotoreportage
Die Geschicht Geschic hte e der
SPIONAGE Von Mata Hari bis Edward Snowden – die Faszination des Geheimen
editorial
Dominik Wichmann Cheredakteur
Das Spiel mit den Bildern Liebe Leserinnen, liebe Leser, die vergangenen vier Jahre waren nicht leicht für Guido
Westerwelle: Erst hoben ihn seine Parteireunde in den Himmel, weil er sie bei der Bundestagswahl zum besten
Ergebnis in der FDP-Geschichte geührt hatte, nur zwei Jahre später stürzten sie ihn als Parteiche. Die oziellen Gründe für den Dolchstoß waren das miserable Abschneiden bei zwei Landtagswahlen und Westerwelles törichtes Gerede von den Zuständen „spätrömischer Dekadenz“. In Wirklichkeit aber ist Guido Westerwelle über die Zeitläute
gestolpert: Nach der Finanzkrise sehnte sich die Öfentlichkeit nach einem anderen Politikertypus. Vielen erschien der bekennende Spaßpolitiker plötzlich zu grell, zu keiend und unsouverän. Als mein Kollege Hans-Ulrich Jörges und ich vor einigen Tagen Guido Westerwelle in der Rotunde des Alten Mu-
seums in Berlin zum stern-Gespräch traen, begegnete uns ein Mann, der mit jeder Geste und jedem Wort betonte: Seht her, ich bin im Amt gereit. In der Tat scheint Westerwelle aus seinen Fehlern gelernt zu haben. Neu aber ist eine solche Metamorphose in seiner politischen Biografe keineswegs. Als ich ihn 1999 interviewte, ließ er sich in einem weißen Anzug vor der Kulisse Venedigs ablichten – eine Anspielung auf den schwulen Protagonisten in Thomas Manns Novelle „Tod in Venedig“. Mit diesem indirekten Bekenntnis zu seiner Homosexualität wollte
Westerwelle rechtzeitig vor der Wahl des Parteivorsitzenden die letzten Vorbehalte gegen seine Person aus dem Weg räumen. 2004 sprachen wir in einem Berliner Zirkus über die rot-grüne Regierung, und Westerwelle attackierte: „Die großen Probleme unserer Zeit werden wir nicht mit moralinsauren Wichtigtuern lösen.“ Für den Fotograen posierte er vor einem Clown. Westerwelle ist ein Kind der Popkultur. Er liebt und beherrscht das Spiel mit Bildern und Assoziationen. Seine neue Rolle ist die des Staatsmanns. Er spielt sie gut. Aber es bleibt eine Rolle. Seite 52 Inszenierungen Bilder mit Guido Westerwelle sind nie zufällig 999 fotografert ihn André Rival ür das „SZ-Magazin“ im weißen Anzug in Venedig – eine Anspielung au seine Homosexualität. 2004 ließ er sich in der Pose des Zirkusdirektors ablichten
Herzlichst Ihr
11.7.2013
5
Inhalt Diese Woche Titel Spionage Warum das Bespitzeln
schon immer zum Handwerk der Mächtigen gehörte
38
Politik
Für wen spitzelte die Nackttänzerin Mata Hari? Wer inspirierte den Thriller-Autor John le Carré? Die Geschichte der Spionage ist voller schillernder Charaktere – bis hin zu jenem Mann, der nun den US-Dienst NSA verriet 38
Autobahn Vor dem Urlaub kommt die Aggression Zwischenru Hans-Ulrich Jörges: Der amerikanische Albtraum stern-Trends 1. Wahlumrage 2. Piratenpartei kann von der US-Abhöraäre nicht proftieren Ägypten Nach dem Putsch gegen Präsident Mursi – das Land droht nun zu zerallen
19 22
24
58
Gesellschat Die Welt verstehen Kurze Antworten au aktuelle Fragen Auf dem Weg zur Arbeit mit Comedian Michael Mittermeier, der zurzeit das britische Publikum erobern will Vorher – nachher Ein Mann und sein Pullunder: 40 Fotos von 1973 bis 2012 TV-Geräte Wie uns internetfähige Fernseher ausspähen Nachru Schauspieler Chiem van Houweninge über seinen Kollegen Ulrich Matschoss Flugbegleiter „Ich kann viel ertragen“ – eine Chestewardess über den turbulenten Alltag in der Lut Ein besonderer Mensch Ein Stuttgarter weist den Weg nach Mekka 2 Grillen Was asziniert die Deutschen so an Glut und Kohlen? Erkun dung einer großen Sommerpassion
20
24 26
30
34
68 74
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Wirtschat Job-Ampel Welche Studiengänge sich am meisten lohnen eMagazine Der stern erscheint auch für iPads und Android-Tablets, immer mit exklusivem Zusatzmaterial.
Download mittwochs ab 18 Uhr. Abonnenten des stern können das eMagazine kostenlos laden, siehe
www.stern.de/eabo. Einzelkäufer zahlen pro Ausgabe 2,69 Euro, siehe www. stern.de/emagazine 6
11.7.2013
28
Wissen Sehen und verstehen Weshalb uns in diesem Jahr so viele Mücken plagen Diagnose Ein Stich und Schmerzen
32
in der linken Brust – wie sich ein
unglaublicher Verdacht bewahrheitet 66 Das stern-Gespräch Guido Westerwelle Der Außen-
minister über alte Verletzungen und neue Souveränität
52
Fotografe 2 Fashion Week Spielwiese ür
Newcomer: So eiert Berlin die Mode
86
e f i l d l i w / r e ; h S x u . o r b ; r e u r o u l T o c c i ; P S n i i b a r l o P c / / M d o o r o T w S r l e a d w n e u n d n n a u S u d S ; o S o S w e r r e P d e n r u u ; S T c r i P e / T T u S e n r r / e e l n h a e f r e a T l S ; e S a e h g c i a i M M ; S y r T e T T e g u / e u r o / n d a e i / d u r o a u d g e ; e h h c S T / b l a l i r k S S a a M c a o M h T n ; e r w e e v ; o n l n g a e M n g e e g : w T l g i a w h n d i ; u l ) 2 ; ( S e S g u a c o M i f e r T i u r T a n b e y g S a / / v l e a l i v o r r o e k r d l i n a a h : l k i a M i : r l o e i T T d i T e
52 Westerwelle ganz anders: der Außenminister über Krisen, falsche Freunde und eigene Fehler. Das stern-Gespräch
58 In Ägypten wandelt sich eine friedliche Revolution zum blutigen Machtkampf
68 Bitte einmal ehrlich: Eine Stewardess packt aus
Auf dem Titel angekündigte Themen sind mit ein em 2gekennzeichnet
NR. 29 VoM 11. JULI 2013
86 Hinter den Kulissen der Berliner Fashion Week
Journal Unterhaltung Lars Eidinger Der schauspielerische
Extremist im Porträt Augenblick Stellt die Welt auf den Kopf: Illusionskünstler Leandro Erlich
100
110
Was macht eigentlich?
Die italienische Journalistin Giuliana Sgrena, die 2005 im Irak entführt und nach ihrer Freilassung von US-Soldaten beschossen wurde 126 Lebensfreude Vrwärts! Im Fahrtest: der neue
Renault Captur Im Bett mit der Moderatorin und Schriftstellerin Amelie Fried Was uns gefällt Schönes und Gutes für die beste Zeit des Jahres
76 Kaum scheint die Sonne, wird Deutschland einig Grillerland – ob ganze Rehkeulen, fangfrische Fische oder das klassische Würstchen –, alles kommt aufs Feuer
104 106 108
Leben, w andere Urlaub machen
Kein Handy, keine Hektik – hoch oben in den Allgäuer Alpen ist die moderne Welt abgemeldet
120
Kultur-Tipps Was ich lese Schauspieler
Axel Prahl liebt das Meer – und die Erzählungen „Inselstolz“
112
Bestseller Buch
112
Film Der rasante Zauber-Thriller
„Die Unfassbaren – Now You See Me“ 114 Bestseller Film Mit DVD-Tipp 115 Musik Macht Sommerlaune: Robin 116 Thickes Popalbum „Blurred Lines“ Bestseller Musik
116
Rubriken Ech Die Seite der Leser Bilder der Wche Sehen und gesehen werden Luftblasen, Haderer, Til Mette Tetsche, Ein Quantum Trst Impressum
120
8 10 30 29, 36, 65 118, 119 97
Nach einer Wanderung durch die Allgäuer Alpen: Schlafen wie ein Murmeltier 11.7.2013
7
echo
„Ich fnde es sehr gut, dass Sie dieses Thema einmal augreien, in einer Zeit, in der man glauben könnte, dass Familie nicht mehr stattfndet, dass die Menschen Gemeinschat zu anstrengend fnden.“ Walter G. Wagner, Hasselroth-Niedermittlau
ES STAnd IM STErn
Mit Konventionen brechen Nr. 28, „Gemeinsam glücklich sein“ – ein kleiner Leitfaden stern
Der Titel zeigt eine traditionelle Familie: Mutter, Vater, ein Sohn, eine Tochter. Mittlerweile gibt es viele Konstellationen: zwei Mütter, einen Alleinerziehenden, Ein-Kind-Familie und so weiter. Es ist an der Zeit, mit Konven-
Google, Facebook und Twitter sind nur die Spitze des Eisbergs, das heißt der sichtbare Teil. Beispiel: Virenscanner wie Norton und McAee sind amerikanischen Ursprungs und haben – das liegt in der Natur der Sache – besondere Zugrisrechte au dem jeweiligen Computer, können jede Datei entdecken und gegebenenalls versenden. Täglich laden sie aktualisierte Signaturen herunter. Wer garantiert mir, dass hier nur Signaturen heruntergeladen werden? Panikmache? Das Sichtbare lässt das Schlimmste ür das Unsichtbare beürchten. Wilke Walter, Rodgau
rEdE und AnTWorT
tionen zu brechen und diese Familienormen au das Titelbild zum Thema Familie zu setzen. Julia Engels, Elsdorf
Im Jahr 2000 unterstützte der stern die Gründung der Organisation „Exit“, die inzwischen Hunderten von Neonazis hal, aus der Szene auszusteigen. Seither begleitet unsere Redaktion die Initiative mit zahlreichen Berichten, viele unserer Leser unterstützten sie mit großzügigen Spenden. Jetzt bekommt „Exit“ den Erich-Maria-RemarqueFriedenspreis der Stadt Osnabrück verliehen. Die Jury würdigte das Engagement und die Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung mit den Vorstellungswelten und den Gedanken Rechtsextremer.
Für die sternAktion „Mut gegen rechte Gewalt“ spendeten Leser im Jahr 2000 großzügig. Das machte „Exit“ möglich
Selbstfürsorge betreiben
stern
etroen und praktiziert werden.
der Fotora hatte die schwierie Hürde zu nehmen, Vorpommern, Ostsee, Strand und die zentralen Fiuren unserer Geschichte au ein Foto zu bannen. Sie haben ja recht: Man soll nie durch Strandhaer trampeln. Wenn ich die Aunahme recht betrachte, sind unsere Protaonisten immerhin nicht „durchetrampelt“. Um sie herum scheint mir der Bewuchs heil. Aber ich sa Ihnen was: Ich mache bald Ferien an der Ostsee. Dann sehe ich mir den Strandhaer enau an. Da der Ort des Fotos an einem Überan liet, muss ich zum Schauen keinen Fuß zwischen die Pfanzen setzen. Meine Eindrücke teile ich Ihnen dann in einer E-Mail mit, nach den Ferien. Versprochen.
Ingeborg Otterbach, Siegen
Eigenartig Da brennt die Welt – Amerikas Freund-Spionage, Snowden,
LESEr-SErVIcE
Wie fe Sie iese stern ? Ihe Meig iteessiet s! stern -Leserbrieredaktion,
Briefach 18, 20444 Hamburg Teleax: 040 /37 03 56 27, E-Mail: brie
[email protected] Die Redaktion behält si ch Kürzungen vor. Bitte geben Sie Namen und Anschrit an. acebook.com/stern Sevie ü Lese Abete Fragen an die Redaktion Tele: 040/37 03 35 42, Teleax: 040/37 03 57 68 EMail:
[email protected] Artikelabfrage im Archiv Tele: (Mo.–Fr. 10–12 Uhr): 040/37 03 38 88 Fax: 040/37 03 57 81 Bestellung älterer Ausgaben Anfragen mit gewünschter Heftnummer an stern -Versandservice, 20080 Hamburg oder per E-Mail an
[email protected]
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11.7.2013
Nr. 26, Geschichte über zwei Leipziger, die an die Ostsee zogen
Ein wichtiger Faktor ür unser glückliches Familienleben ist Entschleunigung: als Eltern präsent sein, soweit wie möglich Zeit ürund miteinander haben, dabei Selbstürsorge betreiben. Denn wer etwas geben will, braucht auch eine Quelle, um selbst auzutanken. Die Entscheidung ür Kinder, ein Familienleben ist keine einmalige. Sie muss täglich neu
brennendes Ägpten, hilfose Bundesregierung inklusive hilfose Geheimdienste, die von allem natürlich nichts wussten –, und Sie bringen als großen Titelbild-
aumacher ein Bild über lückliche Familien? Eigenartig. Berthold F.J. Wagner, Achern-Sasbachried
Spitze des Eisbergs Nr. 28, „Macht gegen Mut“ – das Duell zweier ungleicher Patrioten stern
Ihr Artikel ist gut recherchiert und auch ür Laien verständlich geschrieben, hat aber Lücken.
Sehr geehrte Damen und Herren, wer aus Leipzig oder von sonstwo au den Darß kommt, sollte eins schon rüh lernen: niemals durch den Strandhaer trampeln – auch nicht ür den stern-Fotograen! Carsten Jensen, Neumünster
Sehr geehrter Herr Jensen,
Herzlich, Ihr Bert Gamerschlag, stern-Autor Lebensart
Bilder der Woche ItalIen
Grenzfahrt
s s e r p m g h : o t o f
Wenn es um Asyl geht, handeln europäische Politiker noch immer nach dem Motto: Das Boot ist voll. In Wirklichkeit sind es die Boote der Verzweielten, die voll sind – mit Menschen, die aus Arika fiehen vor Krieg und Hunger. Europa behandelt sie wie Einbrecher, schützt seine Grenzen, aber selten die Fliehenden. Die Menschen hier au dem überüllten Boot hatten erst einmal Glück – einige blicken gerade nach oben, dort leiten italienische Soldaten von ihrem Kriegsschif aus die Rettungsaktion ein. Montag hat Papst Franziskus ein Zeichen gesetzt, legte vor Lampedusa einen Kranz ab und betete: für die
vielen Flüchtlinge, denen das Mittelmeer zum Friedho wurde.
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11.7.2013
grossbritannien
Leerstunde
i y n e r e P i c a L : o t o f
„Wenn nichts geht“, sagt man sich, „der Auschlag geht immer“ Dann wirft man den Ball in die Luft, zählt „Am“, „ster“. Und beim „dam“ angekommen, haut man ihn ins Netz. Einmal, zweimal, Doppelehler. Tennis spielt sich im Kop ab, sagt der Trainer. Wenn einmal der Wurm drin ist, geht alles ins Aus. Deshalb hat Sabine Lisicki, 23, im Finale von Wimbledon so geweint: aus Verzweifung, weil ihr der Kop nicht gehorchte. Sie war die Auschlag-Queen, Darling des Centre-Court. Keine lächelte schöner als sie. Sogar mit der kleinen Schale des Verlierers sah sie wie verzaubert aus Bitte vormerken: next year in Wimbledon. Da lacht sie wieder. Dann als Siegerin.
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11.7.2013
ItalIen
Krötenkunst Ausgetrickst! Sie denken, Sie sähen hier einen Frosch. Schauen
Sie genauer hin. Erst au den zweiten Blick eröfnet sich die Rafinesse des Bildes. Na ja, vielleicht auch erst auf den dritten. Bei
diesem arbenrohen Geschöp handelt es sich nicht um einen Frosch. Es sind ün Menschen. Dahinter steckt der Bodypainter Johannes Stötter s aus Südtirol. Seine Inspiration, s e r sagt er, stamme aus der Natu r. p m Die Liebe zum Detail macht g h / seine Bilder aus, die Menschen r e t scheinen ast mit ihrer Umwelt t e o zu verschmelzen. Bis zu ün t s s Monate lang plant er e in Motiv. e n n Rund acht Stunden dauert es, a h einen Körper zu bemalen. 2012 o J : o kürte eine Jury Stötter zum t o f besten Bodypainter der Welt.
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11.7.2013
kanada
Hausrad Hier zieht jemand mit dem Fahrrad einen ganzen Haushalt durch die Stadt, und diese Geschichte beginnt im Jahr 1750. Weil die Winter in Montreal hart sind, beschloss die Stadtverwaltung damals, dass Mietern erst zum Sommer gekün s digt werden darf. Das gilt heute e M i nicht mehr, aber viele halten t k r sich noch an die Tradition und o Y ziehen am 1. Juli um – dieses w e n Jahr 115 000 Menschen gleich e h zeitig. Als würde man eine t / f i a ganze Stadt verlegen. Es sind L / i h chaotische Tage, in den Straßen C s u stapeln sich Matratzen und Müll. M e Seit einigen Jahren gibt es eine n n i t Fahrradspedition, die sich auf s i r die Umzüge spezialisiert hat. h C : o Das hat dann schon etwas von t o f einer Kutsche. Wie damals, 1750.
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11.7.2013
Politik
DIESE
•
Wirtschaft
•
Gesellschaft
•
Wissen
•
kultur
WOCHE
auass: auf k Spu w zu f ä
80 % o g a m I / k c a t n e h c o J : o t o f ; I n u J . 7 2 d n u . 6 2 m a e t g a r f e B 3 0 0 1 : k I f a r g o f n I
Der letzte Kampf vor dem Urlaub Die Autobahn ist für viele Deutsche eine ruppige Erfahrung
D
ie gute Nachricht zuerst: 71 Prozent der Deutschen haben auf der Autobahn keine Angst, sind einigermaßen entspannt unterwegs.
Raser zu ot aufblenden. Die Frage, ob es ein generelles Tempolimit von 130 Kilometer pro Stunde geben
Klingt gut, dieses aktuelle Umrageergebnis ür den stern. Wo sich doch gerade Millionen au den Weg
sollte, spaltet die Nation in zwei etwa gleich große Teile. Ja, sagen die Älteren und die Frauen. Nein, wehren sich die Jüngeren und die Männer.
in Richtung Süden machen, an die Meere, Haupt-
Zwietracht und Aggression also, aber keine Angst.
sache, weg, dorthin, wo sie den Sommer vermuten.
Aber all die anderen Ergebnisse klingen anders.
Wie ist das zu erklären? Vielleicht kalkulieren wir
sagen, dass zu dicht augeahren wird
39 % fnden, dass zu viel von der Lichthupe Gebrauch gemacht wird
unterbewusst schon ein, dass wir noch einmal kämp-
Von Frieden keine Spur. 43 Prozent urteilen, es gehe
fen müssen, bis wir den Sehnsuchtsort erreichen.
Stern-trend
eher aggressiv zu auf den Autobahnen, und nur
Vielleicht gehört das Drängeln und Schimpen sogar ein bisschen dazu – als Ritual, zum spätestens nach der Fahrt hochverdienten: riedlichen Urlaub! 2
alle SterntrendS Sind ForSaUmFragen im aUFtrag deS Stern
30 Prozent widersprechen. Eine große Mehrheit fndet, es werde zu dicht augeahren, viele klagen, dass
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19
diese woche
3 6
2 1
4
5
Die Welt verstehen Kurze Antworten auf aktuelle Fragen 1 Afghanistan
Wie verhält sich die Bundeswehr bei der Mohnernte? Sie hält sich raus. Die Zerstörung der Felder ist Augabe der aghanischen Armee. Die Bundeswehr dar laut Mandat den
Aghanen lediglich technische Unterstützung anbieten. Amerikaner und Briten hingegen düren Produktionslabore zerstören. Rund
90 Prozent des Opiums weltweit stammen aus Aghanistan. In diesem Jahr wird laut
UN-Studie zum dritten Mal in Folge eine
Steigerung der Ernte erwartet. Für Bauern ist der Anbau des Schlamohns lukrativ. Bis zu 8000 Euro beträgt der Erlös ür einen Hektar Rohopium. Für Weizen gibt es nur 100 Euro. 95 Prozent der Anbaufäche liegen im Süden
und Westen Aghanistans. Der Norden, wo die Deutschen stationiert sind, gilt weitgehend als „poppy-ree“. Jan Christoph Wiechmann, stern-Autor, antwortet Leser Günther Maahs Evo Morales gibt sich empört, weil er seinen Heimfug unterbrechen musste
2 Österreich
Dürfen Präsidentenmaschinen durchsucht werden? Nein. Das Völkerrecht verbietet
Staaten, Fahrzeuge, Gebäude oder Flugzeuge eines remden Staatsoberhaupts eigenmächtig zu durchsuchen. Sie stehen unter einem besonderen diplomatischen Schutz. Ohne Erlaubnis von Boliviens Präsident Morales hätte Österreichs Polizei dessen Maschine nicht flzen düren. Er musste vorige Woche in Wien landen, weil angeblich NSA-Enthüller Snowden an Bord war. Österreich will den Flieger mit Erlaubnis inspiziert haben, Bolivien bestreitet eine Durchsuchung. Opiumernte in Helmand, Südaghanistan. 2013 wird eine Rekordernte e rwartet 20
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Laura Himmelreich, stern-Politikredakteurin
3 Großbritannien
Warum dankt die Queen nicht ab?
Qu elizabh: Si ho u ho u ho
s s E R P N o I t C A ; x o b R U o L o C ; E N I L N o 1 F ; t t o C s d L A N o R ; s C I P o t R E t N I ; A P d / R E G N I R H o F t U M L E H ; P A : s o t o F v
Belgiens König Albert gibt auf, die niederländische Königin Beatrix räumte jüngst den Thron. Elizabeth II aber bleibt, ganz nach feiner englischer Monarchen-Art. Edward VIII war 1936 der Erste und Letzte, der auf die Krone verzichtete, nämlich um Wallis Simpson heiraten zu können. Mit Thronfolger Charles und seiner Camilla tut sich das Volk immer noch schwer, sehnt also keinen Wechsel herbei. Nicht einmal das Alter der Regentin gibt Anlass zu Spekulationen. Windsor-Frauen leben lange. Queen Mum brachte es auf fast 102 Jahre. Und die Queen ist erst 87. dagma Sla, stern-Büro London
4 USA
5 Spanien
Warum häufen sich die Unfälle von Fußgängern? Vorsicht, Laternenpahl! Immer mehr Passanten verletzen sich, weil sie beim Gehen au ihren Handys herumtippen oder teleonieren. Laut einer neuen Studie wurden 2010 insgesamt 1506 Handynutzer mit Gehirnerschütterungen oder Brüchen in Notaunahmen behandelt, ast dreimal so viele wie noch 2004. Die Mehrheit der Verletzten war unter 25 Jahren. Forscher raten nun, dass Eltern ihren Kindern beibringen, wie sie unterwegs sicher Nach-
Ist tatsächlich jeder zweite Jugendliche arbeitslos? Die Zahl ist alarmierend: Die
richten schreiben. Professor Jack L. Nasar von der Ohio State University, einer der Autoren der Studie, ordert: „Genauso wie sie sagen: Seht nach links und rechts, bevor ihr über die Straße laut!, sollten sie erklären: Bleibt stehen, wenn ihr teleoniert oder simst!“ Alxaa Kaf, stern-Redakteurin, New York
Halten Sie die Eurokrise ür überwunden?
94 % nein
4 ja Stern-trend
ofzielle Quote der arbeitslos gemeldeten Spanier zwischen 15 und 24 Jahren liegt derzeit bei 56,5 Prozent. Der Vergleichswert für Deutschland: 7,6 Prozent. Doch Eurostat, das Statistikamt der EU, lässt bei all seinen Erhebungen Schüler und Studierende außen vor – sie stehen dem Arbeitsmarkt ja nicht zur Verfügung. Würde man sie mitzählen, wäre die Quote niedriger. Von der Gesamtzahl der 15- bis 24-Jährigen suchten voriges Jahr in Spanien 20,6 Prozent einen Job, fanden aber keinen. In Deutschland waren es 4,1 Prozent. Trotz der Rechenmethode zeigen die Daten im langfristigen Vergleich, wie dramatisch die Lage ist: 1995, sechs Jahre vor Einführung des Euro, betrug die Eurostat-Arbeitslosenquote für junge Leute in Spa nien 39,6 Prozent, in Deutschland 8,9 Prozent. Der Euro löste in Spanien einen Boom aus, vor allem in der Bauwirtschaft, die Quote sank zeitweise unter 20 Prozent. Mit der Finanz- und Immobilienkrise brachen alte Strukturprobleme wieder au. Die Zahl der jugendlichen Erwerbslosen schnellte in die Höhe, ist heute gut 17 Prozentpunkte höher als Mitte der 90er Jahre. Mahias Wb, stern-Politikredakteur
5 Bi schi: w gh o mi m Hay hai
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d. Luwig Spal (CSU) ist Bayerischer Kultusminister
6 Deutschland
Warum kriegt Bayern stets die beste Ferienzeit?
H
ochwasser Anfang Juni, eine Hitzewelle zwei Wochen später und zum Siebenschläfer Temperaturen wie im Herbst: Beim Wetter weiß man nie, wie es kommt. Die Ferienplanung der 16 Bundesländer kann deshalb nicht nach dem Wetterbericht ausgerichtet sein. Seit 1971 vereinbaren die Länder die Ferienplanung in der jetzigen Weise. Ziel ist, dass nicht alle gemeinsam in den Urlaub starten. Autobahnen und Hotels wären überlastet, der Erholungswert ür Schüler und Eltern wäre gering. Seit dieser Zeit wechseln die Länder auch in der Reihenolge ab – mit der Ausnahme von Baden Württemberg und Bayern, das durch eine Parlamentsentscheidung gebunden ist. Denn: Der Bayerische Landtag hat eigens estgelegt, dass es in Bayern Pfngsterien geben muss. Unterricht und Schule nach den Pfngsterien machen aber nur dann Sinn, wenn ür die Schüler ein längerer Zeitraum zur Verügung steht, um sich Wissen und Kompetenzen anzueignen. Damit diese notwendige Lernphase sichergestellt ist, gehen die bayerischen Schüler mit den badenwürttembergischen relativ spät in die Sommererien. Ob das aber auch die schönste Ferienzeit ist, wie manche meinen, ist raglich. Blickt man in die Klimadiagramme von München bis Hamburg, sieht man: Im Juli und im August liegen Temperatur und Regenmenge jeweils nah beieinander. So gesehen haben die Schüler in allen Ländern die gleichen Chancen au schöne Sommererien. Und es bleibt ein Lotteriespiel. Garantien gibt es nicht.
2
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21
diese woche
geübt, als Menschen ohne Rechts-
Nun geht es um uns. Der amerikanische Traum wird zum Albtraum. Die „unverbrüchliche Verbundenheit“, von Angela Merkel
grundlage in Guantánamo gefangen
gehalten wurden, in Käfgen wie Tiere und in Ketten wie Sklaven.
Wir haben mit den Achseln ge-
eben noch Barack Obama am Bran-
zuckt, als wir eruhren, dass Ameri-
denburger Tor geschworen, wird zerbrechlich. Und Obama wird als Charaktermaske erkennbar. Wir haben nicht aubegehrt gegen die Oper anderer. Begehren wir nun
ka unerklärte Drohnenkriege in anderen Staaten führte, in Pakistan,
in Somalia, im Jemen und in vier weiteren Staaten. Drohnen, unbeH-Uh Jög, Mitglied der stern-Chefredaktion, schreibt jede Woche an dieser Stelle
mannt ausgeschickt zur Tötung Einzelner, unter Bruch des Völkerrechts.
Wurde einmal versehentlich eine ganze Hochzeitsgesellschaft umge-
W
ir haben Anlass, kritische Fragen an uns selbst zu richten. Denn
wir haben viel zu lange geschwiegen, weggeschaut oder sogar verständnisvoll genickt, als wir hätten aubegehren müssen gegen die Verirrungen der Amerikaner.
Wir Deutschen, wir Europäer.
Wir haben unsere Empörung heruntergeschluckt, als wir hörten und dann auch sahen, in entsetzlichen Bildern, dass Amerika foltert. Waterboarding, simuliertes Erträn-
ken, ging zwar in unseren Sprachschatz ein, wurde aber beruhigend umgedeutet: Das Ersticken war ja
bracht, gab es Stirnrunzeln, doch bewanete Drohnen soll auch die Bundeswehr bekommen. Ist doch technischer Fortschritt, liegt doch im Trend der Zeit, wird doch zum Muss.
Mit einem Wort: Wir haben den Vereinigten Staaten von Amerika, dem Reich des Guten, dem Bollwerk
von Demokratie und Freiheit, der einzig verbliebenen Weltmacht, unserer Vormacht, jeden Kredit gegeben, sich von existenziellen Errungenschaten der Zivilisation
Wir haben den USA jeden Kredit gegeben, sich von Errungenschaften der Zivilisation zu verabschieden
endlich auf, da wir selbst Opfer sind?
Die Amerikaner und ihnen zu Diensten die Briten wollen nicht weniger, als die weltweite Kommu-
nikation unter ihre Kontrolle zu bringen. Auch unsere. Telefon, Inter-
net, soziale Netzwerke. Komplett. Die automatisierte Erassung aller Briefe in den USA – 160 Milliarden (!) pro Jahr – oenbart den Totalitätsanspruch. Neue Rechenzentren sind
im Bau, um die globale Kommunikation unablässig absaugen und durchsieben zu können. Nun sind wir wach geworden. Nun wird uns unheimlich. Nun könnten
wir erkennen, dass amerikanische
zu verabschieden. Am 11. September
Geheimdienste auch im souveränen
2001 mit monströser Boshatigkeit angegrien, antworteten die USA wie ein Reich des Bösen. Und wir hatten Verständnis, gelobten „un-
Deutschland noch schalten und walten düren. Völlig legal. Denn die alliierten Sonderrechte
bloß simuliert, es foss kein Blut. Wir wollten es nicht so genau wis-
eingeschränkte Solidarität“, folgten
und kuschten. Es ging ja um Ter-
wurden in Verträgen und Geheimvereinbarungen verewigt. Jose Foschepoth, renommierter Histo-
sen, als wir eruhren, dass die USA Geheimgeängnisse unterhielten,
roristen der schlimmsten Sorte, um Islamisten, um al-Qaida.
riker der Freiburger Universität, hat das aufgedeckt. „Richtig ist, dass die
der Welt. Auch nebenan, in Polen,
Vorbehaltsrechte abgelöst wurden. Falsch ist jedoch der Eindruck, als
Rumänien und anderswo.
seien sie ersatzlos aufgehoben“, sagt
Wir schoben die Hinweise zur Seite, dass Menschen verschleppt
er. „Das alliierte Recht zur Über-
auf fremdem Territorium, überall in
wachung des Post- und Fernmeldeverkehrs ist weder in der alten noch
wurden in solche Verliese, zum ver-
schärten Verhör, zur Folter. Wohl
der neuen Bundesrepublik außer Krat gesetzt worden.“ Das erklärt
auch durch Flüge über Deutschland. Ohne richterlichen Haftbefehl, ohne zung ihrer Menschenwürde. Wir haben zugeschaut, viele Jahre
das Herumdrucksen unserer Politik. Denn daran waren Willy Brandt wie Helmut Kohl beteiligt. Die USA werden nicht einlenken.
lang, und nur verhalten Kritik
Sie werden der Politik versichern,
Beistand, unter agranter Verlet-
zwiscHenrUf aUs berlin
Der amerikanische Albtraum Folter, Geheimgefängnisse, unerklärte Drohnenkriege – und nun auch noch Totalüberwachung der Kommunikation. Begehren wir jetzt endlich auf? 22
11.7.2013
dass die EU und bereundete Regierungen nicht abgehört werden. Uns
aber erassen sie weiter. Begehren wir jetzt nicht au, ist die Messe gelesen. Dann treten wir ein ins Zeit-
alter der Totalüberwachung. Und dann könnten wir, von unseren Kindern, die Frage hören, die sich DDRBürger nach dem Zusammenbruch des Stasi-Staats von Westdeutschen anhören mussten: „Und das habt ihr euch geallen lassen?“ 2
e w ö t s n a j : n o i t a r t s u l l i
diese woche
STeRN-RTl-wAhlTReNd
Wenn an diesem Sonntag Bundestagswahl wäre …
5
8 –1
%
9 41
15 +1 22
CDU/CSU FDP
SPD Grüne
Die Linke Sonstige
Wer Kanzler werden sollte … Angela Merkel
Bayerischer Humor-Gastarbeiter in der britischen Hauptstadt: Michael Mittermeier in Chinatown
+1
56 %
20 %
AuF deM weG zuR ARbeiT
Michael Mittermeier
Peer Steinbrück
17.10 Uhr Caé Rouge, London Manfred Güllner ist Che des
Forsa-Instituts in Berlin
Skana on Fogn Seit Wochen bestimmt der NSA Aörskana die Schlagzeilen der Politik. Doch auf die Wahlabsichten
der Deutschen zeigt die Aäre keine Auswirkungen. Die Menschen weren der Rgrng keinerlei Fehler vor, die Opposton kann nicht punkten. Das liegt daran, dass die Bürger selbst gspatn sind. Au der einen Seite wollen sie, dass mit ihren Daten kein Missbrauch betrieben wird. Doch andererseits gehen viele im Internet äußerst sorglos mit ihren persönlichen Daten um. Und wenn es um Trror kämpfng geht, ist das Verständnis
ür mehr Kontrollen groß. Die Bürger sehen, wie schwierig ür Politiker und Parteien die Gratanrng zwischen Sicherheitsinteressen und Interessen des individuellen Datenschutzes ist. Überraschend ist, dass die Pratn bei diesem ür sie zentralen Thema nicht proftieren können. Sie liegen weiter nur bei dürtigen zwei Prozent. Die Bürger trauen ihnen auch in diesen Fragen
keine Lösung zu. 24
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18.30 Uhr Little Newport Street, Chinatown 19.15 Uhr Dean Street, Soho 19.45 Uhr Showbeginn im Soho Theatre
lende Jungs und Mädchen bereits ins Samstagabend-Koma trinken. Von der Stadt hat er außer Soho und etwas Chinatown bisher nichts gesehen. Sightseeing? Ist nicht drin. Sicher, er reut sich, wenn auch ein paar deutsche Touristen in seine Show kommen, aber als harte Wähis spät nachts und morgens rung zählt nur ein britisches Laab sechs Uhr dann wieder chen. Es ist ein Wagnis: zehn Shows hat er über seinen Gags ge- als bayerischer Gast-Comedian im brütet. 60 Seiten, eng be- Mutterland des Humors, in der schrieben. Kopfhörer au Heimat von Monty Python und Mr den Ohren, Mumord & Bean. „Die Briten sind hier extrem Sons in Konzertlautstärke. Arbeits- verwöhnt. Wenn denen was nicht alltag bei Mittermeier, nur die Wit- gefällt, gehen die einach raus.“ Er ze sind dieses Mal auf Englisch. „Ich mag das. Den Wettbewerb um die ange hier noch einmal von vorne beste Pointe, den schärfsten Witz. an“, sagt der 48-Jährige. In DeutschGedrängel vor dem Theater, Mitland üllt der Comedian Stadien. termeier mittendrin. Die Kasse melHeute Abend ist er roh, wenn 140 det: ausverkauft. Eine halbe Stunde, Zuschauer kommen. dann muss er auf die Bühne. MitterJetzt aber los, bald ist Einlass. Das meier ist der erste deutsche StandSoho Theatre, der Kellertempel der up-Comedian, über den sich die Bribritischen Comedy-Szene, ist nicht ten amüsieren. „Darauf bin ich stolz.“ weit. Die Little Newport Street Vor ein paar Tagen mischte sich ein runter, wo chinesische Restaurant- Superstar ins Publikum, Bono von besitzer stinkende Essensreste in U2. „Er war total begeistert“, erzählt blauen Müllsäcken vor die Tür wer- Mittermeier. Danach waren sie noch Hannes Ross en. Dann, Achtung: rechts gucken, ein Bier trinken. 2 nichts links, um die mehrspurige Shaftesbury Avenue lebend zu über- 0 queren. Rein nach Soho, ins Künst- Mttrmr a f Tor – a Trmn lerviertel von London, wo sich joh- ntr: www.mittermeier.de
London, kurz nach 17 Uhr im Café Rouge, Chinatown, Ecke Charing Cross Road. Vor dem Fenster Touristengewusel. Michael Mittermeier nippt an einem Cappuccino. In gut zwei Stunden muss er auf der Bühne im Soho Theatre stehen.
B
. t n z e n z a o r r e P l 4 o 2 t : r k e c l ü h r e b f . n I t e n t e s z h o c r o P 0 n 3 l : e e k n r e e s M s o r l e h d c e s w t . n e e h n c u / o r w e r l o h V ä s r w n e u t y z h e c l g I n n e u . k I r 3 r e 1 0 l d 2 u I : n l ä o u t r J e . o V 5 f ; – s I a / s + b . r . 1 t o n M f e o : z V e o e l r t l P e g u n a Q I r . n f e e e t b b k a 3 n g 0 u n 5 P t a 2 : : n k s I e I f s z a a o r b r n g e P o t 5 , f a 2 n I d ±
s w e n g n i n r o M s a l l a D e h t / y h t r a c c M . j . g ; s s e r p n o i t c a / s w e n g n i n r o M s a l l a D : s o t o F
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diese woche
Das nächste Foto, derselbe Kragen: Sportlehrer Dale Irby trug auf seinen Jahrbuchfotos 40 Jahre dieselbe Kleidung. Am Ende hatte der Pullunder
Löcher
Vo r h e r – N a c h h e r
Jahr für Jahr
U
m es gleich vorwegzunehmen: Dale Irby, 63, war Sportlehrer und als solcher jemand, für den ein Trainingsanzug mit drei Streifen zur Haute Couture gehört. Kleidung muss ihm passen, nicht ihn schmücken. Und doch war selbst ihm die Pullunder-Panne am Anang ungeheuer peinlich.Das war 1974, Irby gerade im zweiten Jahr junger Lehrer in Dallas. Da sah er, dass er im Schuljahrbuch dasselbe Polyesterhemd und denselben kaffeebraunen Pullunder anhatte wie im Vorjahr. Er trat die Flucht nach vorn an und trug das Outft auch im nächsten Jahr. So wurde aus der Peinlichkeit ein Projekt, das Irby 40 Jahre lang durchzog. Seine Jahrbuchbilder haben etwas Tröstliches: Da wechseln über all die Jahre die Brillengestelle, und die Haare werden grauer, trotzdem ist immer etwas von Bestand in seinem Leben. Und während der Pullunder längst von Motten löchrig gefressen ist, kann Irby stolz darauf sein, dass er das Hemd beim letzten Mal noch immer zuknöpfen konnte – auch wenn es spannte. 2 11.7.2013
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diese woche
Jobs, Jobs, Jobs In welchen Studienfächern sind die Berufschancen gut? Das zeigt ein für den stern entwickeltes Leitsystem. Vor allem junge Frauen sollten umdenken
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s klingt nach Klischee – und doch ist es Realität im Jahr 2013: Wer sich au dem Campus einer Technischen Universität umsieht, erblickt – vor allem junge Männer. Und die jungen Frauen? Studieren Romanistik. Oder Germanistik. Dagegen spricht an sich nichts. Außer den Berusaussichten. Die stern-Job-Ampel, eine Untersuchung des Bildungswissenschatlers Michael Weegen, zeigt: Wer jetzt Elektrotechnik, Maschinenbau oder Inormatik studiert, muss sich keine Sorgen machen. Die Beruschancen sind glänzend. Es locken hohe Einstiegsgehälter, Jobs im Ausland und rasche Karrieren. Schlechter sieht es in den Geisteswissenschaten aus. Trotzdem bleiben die sogenannten MINT-Fächer – Mathematik, Inormatik, Naturwissenschaten und Technik – eine Bastion der Männer. An den Technischen Universitäten ist nicht einmal jeder zehnte Studierende weiblich. Daran konnten weder der jährliche Girls’ Day noch staatlich geförderte Initiativen viel ändern. Obwohl in den vergangenen 20 Jahren die Mädchen die Jungen bei den Bildungsabschlüssen überholt haben, stieg die Zahl der Absolventinnen in den Ingenieurwissenschaften lediglich von 14 Prozent 1995 auf 22 Prozent 2011. Bei den Elektroingenieuren stagniert dieser Wert seit Jahren bei zehn Prozent. Andere Länder in Europa sind da schon weiter: So ist in Schweden bereits jeder vierte Ingenieur eine Frau, in Deutschland sind es nur knapp 13 Prozent. Für viele Fächer, für die sich besonders Frauen einschreiben, steht die stern-Job-Ampel dagegen auf Orange oder Rot: Geschichte, Erziehungswissenschaft, Germanistik. Abseits von berufichen Nischen gelingt Geisteswissenschaftlern der Jobeinstieg oft nur schwer. Die Anzahl der Absolventen übersteigt die Zahl der Angebote deutlich. Mit der Folge, dass die Zahl der Arbeitslosen 28
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Noch üben die Studenten am unbelebten Objekt. Nach Studienabschluss haben Mediziner beste Chancen auf einen erfolgreichen Start ins Berufsleben – deswegen steht die Job-Ampel für sie auf Grün
stern-Job-Ampel 2013
Berufsaussichten der beliebtesten Studiengänge Humanmedizin Zahnmedizin Verwaltungswesen Informatik Bauingenieurwesen Wirtschaftsingenieurwesen Elektrotechnik Pharmazie Maschinenbau Chemie Mathematik Physik Rechtswissenschaft Sozialwesen Architektur Anglistik/Amerikanistik Lehramt Psychologie Erziehungswissenschaft Wirtschaftswissenschaften (BWL und VWL) Germanistik Biologie Soziologie Politologie Geschichte
in diesen Fächern bei den unter 35Jährigen hoch ist. Der Druck au die heutige Studentengeneration steigt, viele Abiturienten wollen sich daher nicht mehr nur au ihre Leidenschat ür ein Fach verlassen. In diesem Jahr drängen rund 490 000 Erstsemester an die Hochschulen. Durch doppelte Abiturjahrgänge und die Aussetzung der Wehrpficht ürchten viele, dass sie keinen Studienplatz bekommen werden. Und selbst mit Studienabschluss ist der Beruseinstieg nicht sicher. Denn bei einigen Branchen stößt der Bachelor nach wie vor au Skepsis, so mancher Personalche wünscht sich den guten, alten Dipl.-Ing. zurück. Dabei suchen viele Firmen dringend Nachwuchs, in einigen Branchen droht der Fachkrätemangel die deutsche Wirtschat auszubremsen. Daher lastet die Entscheidung schwer au den Abiturienten, die nach meist nur zwöl Schuljahren vor der Frage stehen: Was will ich studieren? Oder besser: Was soll ich studieren?
s s e r p n o i t c a ; o i l o F d l i B /
n n a m l e t s o B t r e B : s o t o F
LUFTBLASEN Wir müssen enger zusammenrücken,
liebe Kollegen …
Die Berusaussichten ür Akademiker generell sind gut, ihre Arbeitslosenquote liegt bei gerade einmal 2,4 Prozent. Das bedeutet quasi Vollbeschäftigung. Doch dies ist lediglich ein Mittelwert – die Chance, eine este Stelle zu fnden, unterscheidet sich von Branche zu Branche. Michael Weegen, der Leiter des Informationssystems Studienwahl und Arbeitsmarkt (ISA) an der Universität Duisburg-Essen, hat daher die Teilarbeitsmärkte ür Akademiker untersucht. „Die Aussichten für Bauingenieure und Soziologen sind beispielsweise überhaupt nicht vergleichbar“, sagt er. Bei angehenden Lehrern komme es nicht nur au die Fächerkombination, sondern auch auf die Schulform an. Für angehende Juristen, von denen jedes Jahr bis zu 13 000 neu auf den Arbeitsmarkt drängen,verbessern sich dagegen die Jobaussichten. Rechtswissenschatler kommen nicht nur im Gerichtssaal oder in Kanzleien unter, auch die ITBranche stellt immer häuger Hausjuristen ein. Für die Job-Ampel analysierte Bildungswissenschatler Weegen drei Bereiche. Erstens Absolventen: Wie viel Nachwuchs strömt auf den Arbeitsmarkt, gibt es viele Konkurrenten? Zweitens Erwerbstätige: Wie alt sind Arbeitnehmer in den verschiedenen Branchen? Gehen viele in Rente, werden Stellen rei? Und schließlich Arbeitslose: Wie viele haben keine Arbeitsstelle? Wie hoch ist der Anteil der Jungen ohne Jobs? Gemeinsam mit dem stern entstand daraus ein Leitsystem, das die Aussichten ür die 25 beliebtesten Studienfächer zeigt. Daran können sich Abiturienten orientieren – Männer wie Frauen. 2 Katharina Grimm
… der Europäischen Union, damit wir die Probleme lösen …
Marion Schick
Personalvorstand und Arbeitsdirektorin der Deutschen Telekom ist die zweite Frau im Vorstand des Unternehmens, das sich selbst eine Frauenquote auerlegt hat. Sie sagt: „In vielen Köpen ist der unsinnige Gedanke, dass Technik Männersache sei, est verankert. Wir brauchen einen gesellschatlichen Sinneswandel!“ … die wir ohne sie nicht hätten!
a p d / m m u K g n a g F l o W : s o t o F
0 Von Anglistik bis Zahnmedizin: Die ausführliche Analyse der Studiengänge gibt’s unter www.stern.de/jobampel
Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem EU-Gipfel zur Jugendarbeitslosigkeit Prominenten in den Mund geschoben von Rolf Dieckmann 11.7.2013
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diese woche
Sie wissen, was du guckst Internetfähige Fernseher übermitteln heimlich jede Menge Daten an die TV-Sender – eine Studie alarmiert Datenschützer
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s begann mit einem Hochzeitsgeschenk. Als der Informatiker Marco Ghiglieri, 29, vergangenes Jahr heiratete, gab es für ihn und seine Frau einen Flachbildernseher. Eines jener Geräte, die sich ans Internet anschließen lassen. Neugierig, was dabei so alles ablauen mag, nahm der Wissenschaftler das Geschenk mit ins Labor und untersuchte es. Das Ergebnis verblüfte ihn: „Das Gerät unkte heimlich laufend Daten ins Netz.“ Seit 2009 sind internetfähige Fernseher, sogenannte Smart-TVs, au dem Markt. Sie empangen das Programm normal über Satellit, Kabel oder Antenne. Zusätzliche Infos der Sender gelangen per Internetanschluss zum Zuschauer. Zwei von drei verkauten Geräten enthalten die neue Technik. Marco Ghiglieri und sein Kollege Erik Tews, 30, beide Wissenschaftler der TU Darmstadt, schauten sich das neue Gerät genauer an. Ein halbes Jahr lang beobachteten sie, welche Daten der smarte Fernseher an die TV-Sender schickt, ohne dass es der Besitzer mitbekommt. Und ohne dass die Internetunktion des Geräts überhaupt benutzt wurde. Die Darmstädter erstellten eine Studie mit dem Titel „HbbTV – I Know What You Are watching“ (Ich
Sehen und geSehen werden
weiß, was du ansiehst). Der Inhalt, im Mai auf einem Fachkongress präsentiert, hat’s in sich – denn TV-Sender riefen jede Menge Daten ab. Bei ARD-Programmen etwa erfolgen Abfragen teils im Minutentakt. Dies geschehe, um stets das aktuelle Internetangebot vorzuhalten, heißt es bei der ARD. Die Forscher halten das für „technisch nicht notwendig“ – es sei denn, man wolle Einschaltquoten genauer erfassen. Keine Erkenntnisse gab es über die RTLGruppe. Als brav erwies sich das ZDF, es forderte nicht dauernd Daten ab. Umso mehr entdeckten die Forscher bei Pro Sieben Sat 1. Auch hier
Schöne neue Fernsehwelt: Smart-TVs können viel – und mehr, als ihre Besitzer ahnen
wird periodisch abgefragt. Zudem werden die Daten an Dritte übermittelt. Bei einem Pro-Sieben-Testlauf über fünf Tage tauschten die Computer des Senders und das TVGerät insgesamt vier Megabyte aus, das entspricht 2000 Schreibmaschinenseiten. 249-mal wurden Google Analytics, Chartbeat und Webtrekk kontaktiert. Alle drei protokollieren die Web-Nutzung. Zusätzlich wurde 1830-mal eine Verbindung zu Amazon-Servern in Irland hergestellt, ob Pro Sieben involviert war, ist unklar. All dies passierte, ohne dass je der Internetknopf des Geräts gedrückt worden wäre. Pro Sieben Sat 1 begründet das so: „Das ermöglicht uns zu sehen, welche Hinweise auf unsere redaktionellen Inhalte zu welcher Tageszeit am besten funktionieren.“ Chartbeat sei inzwischen abgeschaltet, Google Analytics folge. „Wir wissen nicht, was mit all diesen Daten passiert“, sagen die Wissenschaftler. Sie vermuten, dass sie zur Entwicklung personalisierter Reklame dienen. Daür haben sie ein Beispiel gefunden: Der Nischensender Anixe TV blendete alle 15 Minuten Werbung ein, im Datenstrom wurde der Standort des Fernsehers übermittelt. Das Unternehmen ließ eine stern-Anfrage unbeantwortet. Die anderen Sender betonen, alle Daten würden durch Veränderung der IP-Adresse anonymisiert. Marit Hansen vom Datenschutzzentrum Schleswig-Holstein ist trotzdem alarmiert: „Bei Smart-TVs ehlen viele Selbstschutzmöglichkeiten der normalen Internetbrowser.“ 2 Georg Wedemeyer
Barack oBama, hellhöriger uS-präSident
a p d ; F i a l / s i
M e h / t o i l e i r a M n a e J ; s i B r o c / o M o u d ; e l i F r e t s a M / c a v o r e g y r a g ; s s e r p n o i t c a ; s e g a M i p d d / d p a d / r e l e p p a K l e a h c i
Wie ihn Edward Sn owden sie ht 30
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Wie ihn Angela Me rkel sieht
Wie ihn seine Töc hter se hen
Wie er sich selbst sieht
M : s o t o F
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Leute
Laglds Alswsn Kal als Kind: Zu sinm G busag 2008 liß Lagfld dn stern (N. 37/2008) ins Fooachiv blickn
Von Duisbug bis Holly wood: Ulich Maschoss sab mi 96 Jahn
Jede Saison neue Kollektionen. Das
ist seit Jahrzehnten sein Spiel. Darin ist Karl Lagereld Meister. Alles Maskerade – das ist die Kernbotschat der bezopten Kunstfgur: Das Gesicht verschwindet hinter Sonnenbrille und Puder, unverhüllt
sind nur die Fingerspitzen. Das Schnelleuer-Parlando gibt nichts preis vom wahren Karl, sondern verwischt alle Spuren. Bloß nichts Echtes. Bloß nicht estlegen lassen. Schon gar nicht beim Alter. Lagereld probiert Geburtsjahre an wie unsereins Hemden. 2008 gab er eine Party zu seinem 70. Vier Jahre später
eierte er seinen 79. Und dieses Frühjahr verkündete der gebürtige Hamburger, er sei 77. Nun haben zwei Hamburger eine Anzeige ge-
NAchruf
Ulrich Matschoss Gesamtkunstwerk ohne Angabe des Geburtsdatums: der Modezar bei der Vorstellung der Herbst/ Winter-Kollektion von Chanel in Paris
funden, in der Lagerfelds Eltern die
Geburt ihres Karl Otto bekannt geben. Jetzt steht est: Am 10. September wird Karl der Große 80. Die Wahrheit über Lagerfeld trägt seine Lieblingsfarben: Schwarz auf Weiß.
WAS hALteN Sie VoN?
Sylv van d Vaa
Dass sie die Moderatorin Sylvie van der Vaart gern im Fernsehen sehen, sagen
24 % SterN-treND
34
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Mit dem TV-Sender RTL schloss die 35-Jährige gerade einen millionenschweren Deal, sie soll weiter „Let’s Dance“ moderieren und erneut beim „Supertalent“ in der Jury sitzen. Außerhalb der Show steigert die in Hamburg lebende Niederländerin Sylvie van der Vaart ihren Marktwert durch immer neue Berichte über ihr Liebesleben Doch gerade mal ein knappes Viertel der Deutschen ist von ihren Sendungen begeistert, am ehesten noch die Jüngeren (31 Prozent). 19 Prozent der Bürger sehen sie nicht gern. Die übrigen 57 Prozent kennen sie nicht oder schauen ihre Shows gar nicht.
Chiem van Houweninge über den Schauspieler, der ür das Team der Schimanski-„Tatorte“ die Vaterfgur war
U
lrich ist tot, der Mann, mit dem ich jahrelang zusammen im „Tatort“ gespielt
habe, und ich frage mich, ob ich eigentlich jemals wirklich per Du mit ihm war.Als Holländer duze ich ja grundsätzlich die halbe Welt, Ulrich Matschoss
gehörte aber zu den Menschen, bei denen mir das selbst immer ein
derbare Geschichten erzählen, und vertragen konnte er auch was. Ich habe ihn allerdings nie betrunken erlebt, daür war er zu souverän. Übrigens hatte er physisch so gar nichts von einem „Klops“, seinem Spitznamen als Kriminaloberrat. Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass der mit dem Nachnamen seiner Figur und den
bisschen komisch vorkam. Er war von seinem ganzen Wesen
Königsberger Klopsen zu tun hat.
her eine Vaterfgur, verströmte Respekt. Als ich im September 1981
stieg, fehlte plötzlich etwas. Er wurde auch nicht ersetzt. Seinen Serien-
beim „Tatort“ anfng, der Fall hieß
tod mit Anang 70 hat er im echten
„Der unsichtbare Gegner“, da war ich
Leben um fast 25 Jahre überlebt. Was will man als Schauspieler mehr? Ich habe immer geglaubt, er sei damals
gerade mal 40 Jahre alt – und er schon Mitte 60. Seine Rolle in der Schimanski-Familie war zwar nicht
besonders groß, aber sie war sehr wichtig: Als Kriminaloberrat Karl Königsberg musste er den wilden Hund Schimanski, den pedantischen
Beamten Thanner und mich, den lässigen Holländer, unter Kontrolle halten. Dabei half ihm seine souve-
räne Präsenz, seine Ausstrahlung: Er war der Boss, da gab es keinen Zweifel, das musste er gar nicht groß spielen. Alle im Team mochten ihn, akzeptierten seine väterliche Rolle – auch abseits des Sets. Bei den Partys nach
der letzten Klappe konnte er wun-
Als Ulrich 1991 aus der Serie aus-
aus Altersgründen bei Schimanski ausgeschieden, bis ich irgendwann eruhr, dass er mit über 80 noch in Hollywood gelandet war: Im Thriller „Red Corner“ spielte er an der Seite von Richard Gere. Für einen, der in der Kriegsgeangenschat zu seiner Liebe zum Schauspielberu and, ist das doch eine wunderbare Pointe. 2 Chim van Houwning, 72, spil dn nid ländischn Schimanski Assisnn „Hänschn“. Vil d Dhbüch sammn von ihm
s s e r P n o i t c A ; s A m o h t & s A m o h t ; o g A m i ; s e g A m i
y t t e g / n i A t e r g e s e l l A c s A P ; v i h c r A n r e t s : s o t o F
diese woche
Haderer
Nahöstliches Tohuwabohu 36
11.7.2013
www.stern.de/haderer Umfangreiches Archiv mit den Haderer-Cartoons
von Lügen und verrat
Geheimdienste setzen gern auf Masse: Am neuen BND-Sitz in Berlin (l.) arbeiten bald 4000 Leute. Und die Agenten nutzen schon immer neue Technik – unten das Moskauer KGB-Büro. Nur über augefogene Spione wird geredet: Hierzulande war es zum Beispiel Günter Guillaume (links neben Willy Brandt), in den USA Edward Snowden und die Russin Anna Chapman
Gesellschaft
Sie täuschen, tarnen und hintergehen, im Namen Ihrer Majestät, von Diktatoren oder Demokratien: Spione Die Enthüllungen des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden sind eine neue Episode in der langen Geschichte der Geheimdienste Von Holger Witzel und Florian Güßgen
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Leben sie in Festungen oder nur in
den zu Verrätern, um Helden zu werden. Wo haben die anderen ihre Truppen? Und wie viele? Wie weit sind die mit der Atombombe? Und welche Baupläne haben sie? Wer sind die Schläer unter uns? Es ist dieser Grenzgang zwischen Mut und Meineid, Schneid und Skrupellosigkeit, Tat und Untat, die Melange aus menschlichen Abgründen, santer Verührung und brutalem Hintergehen, die das Geschät der Spione ebenso aszinie-
Zelten? Ist der Boden ruchtbar, gibt
rend erscheinen lässt wie die Arbeit
d
er Beehl kam von ganz oben und war recht konkret. Einzeln und unauffällig sollten zwöl Spione
Land und Leute erkunden und wichti-
ge Fragen vor dem Überall klären: Sind die Menschen eher groß oder klein, stark oder schwach?
der Geheimdienste, das Schicksal der Nackttänzerin Mata Hari ebenproben sollten sie auch noch mit- so wie die Missionen der CIA oder bringen. Trauben am besten. des sagenumwobenen israelischen Heute würde man die verdeckte Geheimdienstes Mossad. Die GeOperation in Kanaan Kriegs- und schichte ist voll von Figuren mit Wirtschatsspionage nennen. Vor dramatischen Schicksalen, voll von über 3000 Jahren bereiteten die Sex und Crime, immer im RandIsraeliten damit ihre sogenannte bereich der großen Politik, ob im Landnahme vor. Mose schickte simplen Schwarz-Weiß des Kalten Krieges oder in der komplizierten zwöl seiner besten Männer. Die kamen nach 40 Tagen tatsäch- Welt nach den Anschlägen des lich mit Trauben und Granatäpeln 11. September 2001. Kein Wunder, zurück und priesen einmal mehr dass in Ian Flemings Fiktion das das gelobte Land, in dem „Milch und Überleben der menschlichen ZiviHonig fießen“. Aber sie berichteten lisation immer wieder von der auch von beestigten Städten und Manneskrat des Superspions krätigen Männern, die man nie- James Bond abhing – im „Dienst mals unterweren könne. Gegen die Ihrer Majestät“ und der westlichen sie sich „klein wie Heuschrecken“ Welt. es Bäume? „Habt Mut“, schwor sie
ihr Anührer ein. Und ein paar Kost-
vorgekommen seien. Mose, so überlieert es das Alte Testament, geriet
Sie wollen alles wissen. Alles
Und doch zeigen die Enthüllungen Edward Snowdens über die Sammelwut der amerikanischen NSA verlassen? Die Spionage – das Aushorchen, und des britischen Geheimdiensdas Beobachten, der Verrat – gehört tes, dass die Spionage der Gegenvon der Antike bis zur Gegenwart wart eine neue Stue erreicht hat: zum Handwerk der Eroberer und Per Knopdruck eines Beamten irder Mächtigen, von Mose bis Barack gendwo in den USA können die Obama. Die Spionage ist Teil des Agenten in das Privateste ast jeden menschlichen Verhaltensreper- Bürgers westlicher Staaten eindrintoires. Die Logik ist einach: Wer gen. Die Dienste sind einem Ziel mehr weiß als der Gegner, hat die nahe, von dem ihre sinistren 4 Kontrolle. Und wer die Kontrolle hat, der siegt. Gegen die Menschen in Kanaan. Oder gegen die Russen. Oder gegen islamistische Terroristen. Weil es um so viel geht, den TopSpione und ihre GeSchichTe Fünf Menschen, fünf Abgründe. Ein Bl vielleicht entscheidenden Vorteil Die Kriegerin: Louise de Der Journalist: Richard im Ringen um die eigene Existenz, Bettignies (1880–1918) Sorge (1895–1944) dringen Spione in die innersten in eine Führungskrise. Wie sehr konnte er sich au seine Leute
Zirkel der anderen vor; deshalb zah-
len sie ot jeden Preis ür Geheimnisse, auch jeden menschlichen Preis. Spione täuschen, belügen, betrügen, um das eine, entscheidende Stück Wahrheit herauszufnden, sich den vielleicht entscheidenden Vorsprung zu verschaen. Sie wer40
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Unter dem Decknamen „Alice Dubois“ baute sie im Ersten Weltkrieg ein Netzwerk von Geheimagenten im besetzten Teil Frankreichs au, genannt „Alice Service“. Sie beschaten ür die Alliierten Inormationen und organisierten Fluchtrouten ür Kriegsgeangene. Doch de Bettignies fog au und starb kurz vor Kriegsende in deutscher Geangenschat.
Zur Tarnung arbeitete er als Korrespondent der „Frankurter Zeitung“ in Japan. Doch der russischdeutsche Kommunist war im Zweiten Weltkrieg auch ür Jose Stalin tätig: Dank enger Beziehungen zur deutschen Botschat kannte er die Angrispläne der Deutschen und der Japaner und gab sie weiter. Sorge wurde 1941 enttarnt, 1944 hingerichtet.
y t t e G / D n a r u D . G s i o c n a r F ; ) 2 ( s i B r o c / a m G y s ; a P D ; n i e t s l l u / n o i t c e l l o c r e G n a r G e h t ; s s e r P n o i t c a / n o i t c e l l o c t t e r e v e ; s s e r P n o i t c a / o t o h P r u n / n h o l B n o v D i v a D : s o t o F
Held oder Verräter? Sie haben sich entschieden. Die Demonstranten vor dem Berliner Kanzleramt wollen, dass Deutschland Edward Snowden Asyl gewährt. Die Jagd au ihn begann am 9. Juni, als die britische Zeitung „Guardian“ ein Videointerview mit ihm veröentlichte. Snowden, 30 Jahre alt, Amerikaner, hatte ür die NSA gearbeitet – bis er auspackte. Erst enthüllte er, dass der US-Geheimdienst direkten Zugang zu den Nutzerdaten großer US-Internetkonzerne hat; dann, dass der britische Geheimdienst alle Daten abzapt, die über ein wichtiges Glasaserkabel von Europa in die USA fießen – und dass die Amerikaner auch die EU ausspionieren. Snowden sucht nun ein Land, das ihm dauerhat Asyl gewährt Im Auftag Moskaus – das Ehepaar Ethel und Julius Rosenberg, beide Kommunisten. Der Vorwurf: Atomspionage. Sie wurden 1951 in den USA zum Tod verurteilt – eine ungewöhnlich harte Strafe in Friedenszeiten. Selbst der Papst protestierte. Vergebens. 1953 starben beide auf dem elektrischen Stuhl
ick in die Welt berühmter Spitzel Der Verführer: Markus Wolf (1923–2006) Er leitete 34 Jahre lang den Auslandsnachrichtendienst der Stasi und etablierte die „Methode Romeo“: Er setzte charmante Spitzel auf Sekretärinnen in BRD-Behörden an, sie gaukelten Liebe vor. Ein Opfer: Leonore Sütterlin im Außenministerium. Ein Spion hatte sie „gezielt nachrichtendienstlich geheiratet“. Sie beging Selbstmord, als sie es erfuhr.
Der Verräter: Aldrich Ames, geboren 1941 Schon Ames’ Vater hatte bei der CIA gearbeitet, er selbst ng mit Anang 20 dort an, wurde später Abteilungsleiter „Gegenspionage UdSSR“. Tatsächlich spionierte er ür die Russen. Etwa drei Dutzend US-Spitzel hat er verraten, ür einige endete das tödlich. S ein Motiv: Geld. Mehrere Millionen Dollar zahlte der KGB. 1994 fog Ames au, er bekam lebenslänglich.
Die Verratene: Valerie Plame, geboren 1963 Die CIA-Agentin war Spezialistin für den Nahen Osten. Sie wurde 2003 in einem Zeitungsartikel geoutet, in dem es um ihren Mann ging, den Diplomaten Joseph Wilson. In einem Nebensatz stand, dass sie Agentin sei. Es gilt a ls erwiesen, dass die US-Regierung Plame verriet, weil sie die Dienste des Paars nicht mehr wollte. 11.7.2013
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Vorgänger,vom ranzösischen Kardinal Richelieu bis hin zu den Schergen des Stasi-Regimes, nur geträumt haben: Sie können alles erahren. Alles, alles. Was einen Spion zu einem guten Spion macht und wie der kluge Herrscher seine Kundschater hegt
und pfegt, das hat bereits der chinesische General und Philosoph
Sunzi beschrieben, etwa 500 Jahre vor Christus. Seine Schrit „Die Kunst des Krieges“ dient in Militärakademien und Managementseminaren bis heute als eine Art Strategie-Bibel. Der erleuchtete Herrscher, heißt es darin, werde die
Intelligentesten seiner Armee als Spione einsetzen und so hervorragende Erolge erzielen.
Keine vertrauteren Beziehungen als zu Spionen düre er, der Herrscher, pfegen und nicht mit Silber-
unzen ür sie geizen. Ihr Charakter müsse vorher au Rechtschafenheit geprüt werden. Nur undurchschaubare Spione seien noch gefährlicher
als jede Unternehmung ohne sie. Dabei wollte sich der Chinese weder au die Technik noch au die Wissen-
schat verlassen. Geister-Orakel und mathematische Schlüsse könnten Menschen nicht ersetzen, wenn es darum gehe, „Vorauswissen“ über den Gegner zu erlangen. Die Deutschen – taub und plump
Erolgreiche Strategen wie Napoleon und die vielen intriganten Fürsten des alten Europas kannten Sunzis Regeln und hatten sie verinnerlicht. Zwischen ihren zahlreichen Kriegen lieerten sich alle Königshäuser Spionageschlachten – um Erbolge und Allianzen, mit Päpsten und Barbaren rundum. Während die klassischen Großmächte England und Frankreich, aber auch Spanien und ÖsterreichUngarn in den Phasen ihrer Macht und Ausbreitung bereits Hoch-Zei-
Eli Cohen wurde am 18. Mai 1965 in Damaskus gehängt. Der Agent des israelischen Mossad pegte in Syrien ein Image als Judenhasser, eruhr so von neuen Wafen, wurde angeblich als syrischer Verteidigungsminister gehandelt. Er og au, als er nachlässig wurde, weil er nach Hause zu seiner Familie wollte. Alle Versuche Israels, den Meisterspion auszutauschen, scheiterten.
wer wird spion – und warum? Sie wollen alles über uns wissen. Aber wir würden auch gern alles über sie wissen. Wer sind diese Spione? Warum machen sie das? Leider kann man Agenten nicht einach beragen. Es bleiben nur die Enttarnten. Ihre Geschichten lieern Anhaltspunkte über ihre Herkunt, ihre Motive und ihre Träume. Casanova war pleite, und er wollte nach Hause, unbedingt. Die Venezianer hatten ihn 42
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Die Biograen der Augefogenen geben Auschluss über mögliche Gründe ür
aus ihrer Stadt verbannt. Aus Sehnsucht und Geldnot also wurde der große Frauenheld und Lebemann Giacomo Casanova im Jahr 17 74 zum Spion ür die Venezianer – um wieder i n der Haenstadt leben zu düren. Persönliche Krisen wie seine können ein Motiv sein, Spion zu werden. Aber da sind viele weitere. Aber immer wieder geht es vor al lem um Geld. 2004 haben Forscher, die ür das
US-Verteidigungsministerium arbeiten, 150 Fälle bekannter Spitzel untersucht. Allesamt US-Bürger, die augefogen waren. Für 69 Prozent war der versprochene Lohn der Hauptgrund. Aldrich Ames zum Beispiel, der Amerikaner, der ür die Sowjets spionierte, leistete sich von den Geheimdienst-Millionen ein großes Haus und einen Jaguar. Und dann sind
ten der Geheimdiplomatie erlebt hatten – mit berühmten Strippenziehern wie eben Richelieu, Joseph Fouché oder dem Wiener Fürsten Metternich –, spielten die deutschen Kleinstaaten in dem Gewerbe lange keine große Rolle. Und waren den Methoden und Techniken der Großmächte nicht gewachsen.
M
it den Weltkriegen und den brutalen Diktaturen dieser Zeit samt Geheimpolizei, getrieben vom technischen Fortschritt,
schlug auch in Deutschland die gro-
ße Stunde der Geheimdienste. Das 20. Jahrhundert gilt als Blütezeit der
gesamten Branche. Der Kalte Krieg zwischen Ost und West prägte
Rechts: Er war dem Kanzler so nahe. Der unaufällige Herr hinter Willy und Rut Brandt – ein Stasi-Spitzel. Günter Guillaume (1927–1995), gebürtiger Berliner, trat 1957 der SPD bei und stieg zum persönlichen Reerenten des Bundeskanzlers au. 1974 wurde er wegen des Verdachtes au Spionage estgenommen. Die Verhatung war einer der Gründe ür den Rücktritt Brandts. 1981 konnte Guillaume dank eines Agentenaustausches in die DDR ausreisen. Oben: Die Glienicker Brücke bei Potsdam ist als „Agentenbrücke“ in die Geschichtsbücher eingegangen. Hier anden drei Austauschaktionen zwischen den USA und der Sowjetunion statt
nachhaltig alle Klischees vom aben-
teuerlichen Agentenleben, von Beschattungen, toten Briefkästen und
Schlapphüten, Mikroflmen und Morden mit der Regenschirmspitze, aber auch vom Agentenaustausch. Das zum Teil groteske Spiel von Doppelagenten, Überläuern und Abhörorgien wurde dabei gern in neutralen Ländern wie der Schweiz oder Österreich inszeniert.
ein Leben als Spitzel da die Überzeugungstäter, die für ihre politische Ideologie spionieren, und jene, die Rache üben wollen für ein Unrecht, das ihnen ein Regime angetan hat. Einige spionieren auch, weil sie ein Familienmitglied darum bittet, also aus sozialem Druck. Andere werden unter Druck gesetzt, in der DDR zum Beispiel nutzte die Stasi Erpressung als Mittel der Rekrutierung. Die
US-Forscher räumten in der Studie mit einem beliebten Klischee auf: Für die meisten sei der Kick und die Aufregung, die ein A gentenleben bringt, allenfalls zweitrangig. Spione sind übrigens zu 93 Prozent Männer. Und sie sind jung: 46 Prozent steigen vor dem 30. Lebensjahr in das Spionagegeschäft ein. Mehr als die Hälfte sind beim Einstieg schon verheiratet.
Die Geschichten aus jener Zeit sind ebenso aszinierend wie verwirrend. Bei Topspionen wie dem legendären Kim Philby etwa weiß bis heute angeblich niemand, au welcher Seite der Mann wirklich stand. Erst galt der Cambrigde-Absolvent wie vier seiner Studienreunde als glühender Kommunist. Er belieerte die Russen, ließ sich dann aber auch vom britischen Geheimdienst MI6 anwerben. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Verbindungsmann zur CIA, aber teilte sein Haus immer noch mit einem Freund, der später als Sowjet Agent enttarnt wurde. Philby stand immer wieder unter Verdacht, erhielt aber auch Orden, wurde in den Ruhestand genötigt und tauchte als MI6-Agent im Nahen Osten wieder auf. 1963 beantragte er politisches Asyl in Moskau und arbeitete weiter beim KGB. Befreundet war er bei alldem mit dem ehemaligen MI6-Agenten und Autor Graham Greene. Irgendwann soll Philbys Geschichte den Schritsteller John Le Carré zum Roman „Dame, König, As, Spion“ inspiriert haben. Der Rest ist Fiktion. Kommen Sie noch mit? 4 11.7.2013
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n o m i s n e v s ; a p d ; n i e t s l l u : s o t o F
Mata Hari (1876–1917), die wahrscheinlich bekannteste Spionin der Geschichte. Jedoch überragte ihre Selbstdarstellung als Femme fatale wohl ihre Leistung als Spitzel. Mata Hari war ihr Künstlername, die Niederländerin war Tänzerin und hieß bürgerlich Margaretha Geertruida Zelle. Sie wurde wegen Spiona-
wer in deutschland spioniert Die CIA (Central Intelligence
Agency) ist der wichtigste von 16 Geheimdiensten der USA. Im bereundeten Deutschland fießen die Inormationen vor allem über die Berliner Botschat und Konsulate. Neben der NSA, die Kommunikationsleitungen und Funkverkehr anzapt, ist auch die dem Militär angegliederte DIA (Deense Intelligence Agency) mit Agenten tätig. Ihr Hauptquartier liegt in einer Stuttgarter Kaserne. 44
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ge in Frankreich zum Tode verurteilt, hatte angeblich als Doppelagentin für Frankreich und Deutschland gearbeitet. Doch bis heute ist unklar, ob und an wen sie brisante Informationen weitergegeben hat. Das Bild oben zeigt ihre Hinrichtung am 15. Oktober 1917 nahe Paris. Sie verzichtete auf die Augenbinde
Ausländische Geheimdienste interessieren sich für Bürger im Exil genauso Über Aktivitäten des israelischen Mossad auf deutschem Boden steht im Verassungsschutzbericht kein Wort. Die Stuxnet-Cyberattacke au das iranische Atomprogramm wird von dem NSA-Enthüller Snowden der NSA und dem Mossad zugeschrieben. Die Sabotage-Sotware legte Industrieanlagen von Siemens lahm. Und
somit war auch dieser deutsche Konzern direkt oder indirekt ein Angrisziel des Mossad.
ist mit mehreren Diensten aktiv. Das Ministerium ür Staatssicherheit (MSS) hat Oppositionelle (etwa Tibeter) und die Wirtschat au dem Schirm, der Militärdienst MID Militär und Wi ssenschat. Firmen bemerken regelmäßig digitale Spähangrie mit Spuren zu chinesischen Hackern. Der parteieigene Dienst „Büro 610“ überwacht auch in Deutschland die systemkritische Meditationsbewegung Falun Gong. China
Dabei ist es keineswegs so, dass sich Drehbuch- und Roman-Autoren nur an den Spionen orientiert hätten. Auch umgekehrt unktio-
nierte der Ideenaustausch: Agenten klauten bei Schritstellern und Regisseuren. So soll es beim KGB eine Spezialeinheit gegeben haben, die sich mit dem Nachbau von Spionagetechnik aus Filmen beschätigte.
Der wohl berühmteste Fall innerdeutscher Spionage trägt den Na-
men Günter Guillaume. Der hatte in der kurzen Phase der westdeutschen Entnazizierung seine Zugehörig-
keit zur NSDAP verschwiegen – eine Steilvorlage ür die Stasi, das Ministerium ür Staatssicherheit der DDR, ihn diskret zur Mitarbeit zu bewegen. Guillaume galt als Organisationstalent. In der westdeutschen SPD arbeitete er sich über Jahre bis zum Assistenten des Bundeskanzlers hoch. Guillaume saß schließlich im Machtzentrum der Bonner Republik.
Markus Wol, Stasi-Auslandsche und lange als „Mann ohne Gesicht“ berüchtigt, verdankte seiner TopQuelle regelmäßige „Stimmungsberichte“ aus dem Kanzleramt. Darunter el zum Beispiel auch die Einschätzung, dass Willy Brandts Ostpolitik keineswegs ein taktisches Manöver war, sondern ernst gemeint. Umso bitterer war es ür die Stasi und die DDR, dass mit Guillaumes Verhatung im April 1974 auch die Ära Brandt zu Ende ging. Der erste SPD-Kanzler der Bundesrepublik musste zurücktreten. Ein paar Jahre später wurde der Spion gegen andere ausgetauscht und in der DDR als „Kundschater des Friedens“ geeiert. Spionen ist ot nichts Menschliches remd. Besonders perde war jedoch die Taktik der sogenannten
Romeo-Spione, die von der Stasi in den 60er und 70er Jahren in ganzen Rudeln au westdeutsche Sekretärinnen angesetzt wurden, die bei der Nato in Brüssel oder in Ministerien arbeiteten. Die Stasi-Oziere im besonderen Einsatz waren nicht nur charmante Liebhaber, sondern hielten die Lüge ot jahrelang durch oder überredeten ihre Frauen sogar noch selbst zur Mitarbeit. Wie im Fall des Ehepaars L. im Bonner Verteidigungsministerium. Einmal wurde L. von einem Bundeswehrozier beim Fotogra-
eren von Unterlagen erwischt und mit dem Scherz bedacht, Spionieren sei hier aber verboten. Erst Monate später fog das Ehepaar au. Die
Sekretärin Leonore Sütterlin – nach der Inhatierung ihres Ehemannes erstmals mit der Liebeslüge konrontiert – nahm sich in der U-Hat das Leben. Hauptmotive: Geld und Glaube
Etwa 2500 Jahre nach dem chinesischen Spionage-Theoretiker Sunzi – und mit mehr historischem Material – hat der Geheimdiensthistoriker Wolgang Krieger die Theorie vereinert, wie Menschen zu Spionen werden. Ihm ging es dabei nicht so sehr um schillernde Figuren, die Stars der Spionage-Historie, wie etwa jene niederländische Nackttänzerin Margaretha Geertruida Zelle, Mata Hari genannt, die mal ür die Deutschen, mal ür die Franzosen spioniert haben soll – und am Schluss als „größte Spionin“ des Ersten Weltkriegs hingerichtet wurde. Krieger hält die „unscheinbaren Beschafer“ hinsichtlich ihrer Spionageerträge ür viel erolgreicher: die Hausangestellte oder den Perdeknecht, einache Soldaten, Wanderarbeiter oder Gaukler, die durch die Städte und Dörer ziehen. Das 4
wie für Industriegeheimnisse Der russische zivile Auslandsgeheimdienst SWR (früher KGB) nutzt Methoden aus dem Kalten Krieg. Vor Kurzem wurde ein Agentenehepaar in Stuttgart verurteilt, das über 20 Jahre lang Hunderte Dokumente von Nato und EU nach Moskau gelieert hatte. Aber auch elektronische Angrife etwa über präparierte Trojaner-E-Mails an Behörden oder Firmen werden russischen Diensten zugeschrieben.
Der Iran steuert die Aktivitäten des Nachrichtendienstes MOIS von der Botschat in Berlin aus. Neben Wirtschatsspionage und verdeckter Beschafung von Technologie zum Beispiel ür das Atomprogramm werden Oppositionsgruppen ausgeorscht. Rückblick: 1992 wurden in Berlin vier Anührer der kurdischen Minderheit im Iran im Restaurant „Mykonos“ ermordet. Einer der Täter war rüher beim Geheimdienst Irans.
Das syrische Regime kämpt mit seinem allgemeinen und dem militärischen Geheimdienst in Deutschland gegen seine Gegner. Bei Demonstrationen werden Exil-Syrer identiziert, um sie durch Repressionen gegen Angehörige in der Heimat unter Druck zu setzen. Vier syrische Diplomaten wurden 2012 wegen Spionage ausgewiesen, ein Deutsch-Libanese wurde in Berlin als syrischer Spion verurteilt. 11.7.2013
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A P i s / e C N A l A l r U M A N ; t e l o i v r e g o r . h : s o t o F
Ein komisch gemeinter Post au einer Facebook-Seite illustrierte die Wirklichkeit dieser schönen neuen Welt am vergangenen Wochenende deutlicher als viele wortreiche Analysen. „Lieber Barack Obama, liebe CIA und NSA“, schrieb dort jemand. „Mir ist heute meine Festplatte kaputt gegangen. Frage: Könntet Ihr mir bitte eine Kopie meiner Daten schicken? Porto übernehme ich, danke.“ Es ist das Absurde der neuen Welt, dass selbst diese absurde Forderung technisch nicht absurd ist. Die digitale Technik schaft so auch eine neue Qualität der Spionage. Sie erlaubt es den Spitzeln welt-
weit, ihren Zielobjekten ganz nah zu kommen – und doch in der Ferne zu
bleiben. Wenn heute über die Ethik
des Tötens diskutiert wird, weil Soldaten von Kasernen in den USA aus Kampdrohnen in Aghanistan steuern, dann ndet diese Entwicklung auch in der Spionage ihre Ent-
sprechung. Er brauche nur Angaben zum Facebook-Konto oder der E-Mail eines Zielobjekts – und könne dann die gesamte digitale Kommunikation jeder x-beliebigen Person beobachten, sagte Edward Snowden.
Sicher, die menschlichen Spione, jene, die sich in Gesellschaften einschleichen, die gibt es immer noch.
Aber zumindest die westliche Welt lässt sich, davon müssen wir jetzt ausgehen, bequem von einem James 48
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Bond mit Turnschuhen und Kafeetasse in einem NSA-Rechenzentrum beobachten. Die Spione kommen nicht mehr aus der Kälte, sondern haben sich durch Abertausende Nächte vor Computerbildschirmen qualiziert. Sie sind Hacker, Nerds, Beamte. Nicht nur das Böse ist ast schon komisch banal, auch der
mus ist auch die Ängstlichkeit in Demokratien gewachsen“, sagt Krieger. Seitdem werden auch hierzu-
Verrat.
neu denieren, wo die Grenze zwischen dem legitimen Streben nach Sicherheit und den Freiheitsrechten
Das älteste Spionage-Desaster
Dass über die Ethik der Spionage gesprochen wird, ist historisch gesehen ohnehin relativ neu. „Die Geheimdienste sind erst in den letzten Jahrzehnten Gegenstand der öfentlichen Diskussion geworden“, sagt Wolgang Krieger. Bis zum Zweiten
lande unschuldige Bürger in einem
Maße überwacht, wie man das bisher nur aus Spiellmen wie „Das Leben der Anderen“ kannte. Die politische Aufgabe liegt für Krieger auf der Hand: „Wir müssen ständig
der Bürger ist.“
Worin der Nutzen all der Sammelwut besteht, ist ohnehin umstritten. Die Erfolgsgeschichten bleiben ne-
bulös, mit denen Barack Obama sein Schleppnetz im Internet rechtertigt. Konkret werden dagegen im-
Weltkrieg seien die Dienste tatsäch- mer nur die Fälle, in denen alle techlich auch weitestgehend geheim ge- nische und menschliche Spionage wesen. Von vielen wusste die Öfent- nichts nutzte und niemand ausreilichkeit nicht einmal, dass es sie gab. chend vorbereitet war: der japani Aber selten, wohl nie, wurde Sinn sche Angrif au Pearl Harbor, die und Zweck der Geheimdienstarbeit Anschläge des 11. September 2001, in so grellem Licht diskutiert wie in die Attacken in London und Boston. den vergangenen Wochen, seit klar Dass es, trotz aller Technik, letztist, dass ofenbar auch demokrati- lich wieder ein Mensch war, der den sche Regierungen mehr Angst vor jüngsten Spionageskandal ausgeinneren und äußeren Feinden ha- löst hat, hat durchaus etwas Beruhiben, als ihnen die Grundrechte ihrer gendes. Es war kein NSA-Computer, Bürger und Verbündeten wert sind. der die Seiten wechselte und sich an Die Arbeit von Geheimdiensten die Weltöfentlichkeit wandte, sonist auch immer Ausdruck von Angst, dern mit Edward Snowden ein einer Furcht, die aus dem Geühl 30-jähriger Amerikaner mit vier entsteht, die Kontrolle zu verlieren. Laptops in der Tasche und einem – „Durch die Bedrohung des Terroris- nach allem, was man heute weiß –
Was haben s Die Bundesregierung tut so, als hätte sie keine Ahnung von Amerikas Lauschangrif. Kann
Drei Fragen zu nsa, snoWDen unD PrisM erstens Wann genau eruhren Sie von den Abhörprogrammen Prism und Tempora? Haben Sie vor den jüngsten Enthüllungen Hinweise darau gehabt, dass der amerikanische Geheimdienst NSA den Teleon- und Internetverkehr in Deutschland ächendeckend überwacht?
zWeitens Wie bewerten Sie diesen Lauschangrif Amerikas? Verstößt er gegen deutsches Recht?
Drittens Was gedenken Sie zu tun, um die Bundesbürger vor solchen Ausspähprogrammen zu schützen? Wie können die Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen im Netz geschützt werden?
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Angela Merkel Bundeskanzlerin
Eine Regierungssprecherin teilt mit: Die Bundeskanzlerin hat von den genannten Programmen sowie der angeblich fächendeckenden Ausspähung Deutschlands erst durch die aktuelle Berichterstattung Kenntnis bekommen. Eine Bewertung kann erst erolgen, wenn die Tatsachen hinreichend eststehen. Die Bundesregierung wird den Sachverhalt gemeinsam mit ihren amerikanischen und europäischen Partnern auklären. Darüber hat die Bundeskanzlerin mit Präsident Obama bei seinem Berlin-Besuch ausührlich gesprochen, in einem Teleonat am 3. Juli haben beide das Ziel der gemeinsamen Sachauklärung noch einmal bekrätigt. In diesen Tagen reist eine Delegation von Spitzenbeamten der Bundesregierung nach Washington, um über alle Fragen im Detail zu reden. Anschließend wird Bundesinnenminister Friedrich Gespräche in den USA ühren. Darüber hinaus werden Expertengruppen au EU-Ebene Gespräche mit den amerikanischen Partnern über die Ausicht über die Nachrichtendienste sowie Fragen von Datengewinnung und Datenschutz aunehmen. Die Bundeskanzlerin sieht sich dem Schutz der Bürger in Deutschland in doppelter Hinsicht verpfichtet – dem Schutz vor terroristischen Bedrohungen ebenso wie dem der Privatsphäre. Jeder Eingri in die Privatsphäre muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.
Jürgen Trittin Fraktionschef der Grünen
Bereits vor zwanzig Jahren gab es Hinweise au Spionage der NSA gegen Deutschland. Allein, das Ausmaß der gesammelten Daten sowie die Dreistigkeit der Abhöraktionen übertreen selbst Verschwörungstheorien. Das war bisher unvorstellbar. Eine Überwachung dieses Ausmaßes enthüllt zu haben ist das Verdienst Edward Snowdens. Deshalb muss derjenige, der uns diesen Dienst erwiesen hat, geschützt werden. Diese Verpfichtung können Demokratien nicht Despoten überlassen. Die Überwachungspraktiken verstoßen au massive Weise gegen unsere elementaren Grundrechte. Die Totalüberwachung kann kaum den Kamp gegen den Terror zum Ziel haben, sonst wären keine Büros in Brüssel oder Botschaten ausspioniert worden. Im Übrigen bleibt richtig: Wenn die Sicherheit die Freiheit abschat, haben die Terroristen ihr Ziel – die Zerstörung einer oenen Gesellschat – erreicht. Die Kanzlerin muss gegenüber den USA und Großbritannien klarmachen, dass diese Praktiken gestoppt werden müssen. Bestehende Vereinbarungen zum Datenaustausch (SWIFT, PNR) müssen augekündigt werden. Die Bürger müssen in die Lage versetzt werden, ihre digitale Kommunikation sicher zu verschlüsseln.
ie geWusst ? das sein? Der stern fragt nach – bei der Kanzlerin, jetzigen und ehemaligen Ministern Hans-Georg Maaßen Präsident des Verfassungsschutzes
k e h t o t o h p / h t u a f r e n ü h l e a h p a r ; e k c I h c s s n e J ; ) 3 ( o g a m I ; s d I V a d ; s a m o h t & s a m o h t : s o t o f ; a s r o f : e l l e u Q , I l u J . 4 d n u . 3 m a e t g a r f e B 3 0 0 1 : k I f a r g o f n I
Sein Sprecher teilt mit: „Ich kann Ihnen keine Antworten zukommen lassen. Der Sachverhalt ist ungeklärt.“ Vor der Bundespressekonerenz Anang Juli sagte Maaßen, sein Dienst habe von den Spähaktionen der NSA erst aus der Zeitung erahren. Sabine LeutheusserSchnarrenberger Justizministerin
Ich habe über den „Guardian“ und die „Washington Post“ am 6. Juni von den NSA-Programmen erahren. Ich habe darauhin soort gesagt, würden die Vorwüre zutreen, sei das eine Katastrophe. Die Vorwüre klingen nach einem Albtraum à la Hollywood. Im Vordergrund stehen jetzt Transparenz und Auklärung. Eine Totalüberwachung der Bürger dar es nicht geben. Das Ausspähen bereundeter Botschaten oder Vertretungen kann wohl kaum mit Terrorismusbekämpung erklärt werden. Ich habe in einem Krisengipel mit Philipp Rösler die deutschen Vertreter von Google, Facebook, Apple und Microsot mit dem Ziel von Auklärung eingeladen. Hinterher waren mehr Fragen oen als vorher. Jetzt müssen auch Soortmaßnahmen eingeleitet werden, dazu habe ich mit Philipp Rösler und Rainer Brüderle ein 13-PunkteProgramm vorgelegt.
Hans-Peter Friedrich Innenminister
Peer Steinbrück Kanzlerkandidat der SPD
Ich habe von den Programmen erst durch die Medienberichterstattung erahren. Dass Deutschland ächendeckend überwacht wird, ist bisher nicht bewiesen. Gesetze müssen eingehalten werden. Wir arbeiten daran, Klarheit zu schaen. Die Wahl der Mittel bei der Bekämpung von Kriminalität und internationalem Terrorismus muss rechtsstaatlich und verhältnismäßig sein. Es kann keinesalls um eine ächendeckende, anlasslose Überwachung aller Kommunikationsinhalte gehen, wie sie nun im Raum steht.
Ich habe von den Abhöraktivitäten aus der Presse erahren. Sie verlangen eine grundsätzliche Debatte darüber, in welchem Verhältnis private Schutzrechte zu Sicherheitsinteressen stehen. Defnitiv unvorstellbar war ür mich, dass die USA bereundete Regierungen und Einrichtungen der EU aushorchen. Dies ist strikt zu unterbinden. Es ist nach wie vor oen, in wieweit der BND und auch die Bundesregierung von Ausmaß und Tiee der Abhöraktivitäten gewusst haben. Ich bin kein Experte, was die
rechtliche Basis und Kontrolle der Nachrichtendienste betrift. Aber mir scheint ganz klar, dass
Gerhard Schindler Präsident des BND
Sein Sprecher teilt mit: „Vielen Dank
ür Ihr Interesse an der Arbeit des
BND. Zu Fragen, die den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel
angehen, nimmt der Bundesnachrichtendienst grundsätzlich nur gegenüber der Bundesregierung und den geheim tagenden parlamentarischen
Gremien Stellung.“
Programme wie Prism oder TemGlauben Sie der Erklärung der Bundesregierung, dass sie nichts von den Aktionen des US-Geheimdienstes NSA gewusst habe?
15 % ja
pora nach deutschem Recht nicht
erlaubt sind. Wenn Bundesbürger oder deutsche Unternehmen in ihren Rechten verletzt wurden,
dann muss sich damit auch die deutsche Justiz beschätigen. Klar sein muss: Die EU-Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung darf keinen Bestand mehr haben. Sie muss grundlegend überarbeitet und geändert werden. Der Datenschutz der Bürger-
innen und Bürger muss dabei im Mittelpunkt stehen.
80 % nein Stern-trend
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Guido Westerwelle in der von antiken Statuen gesäumten Rotunde des Alten Museums in Berlin
das stern-Gespräch
Allein mit den Göttern Verraten von vermeintlichen Freunden und menschlich tie verletzt, erlebte Außenminister Guido Westerwelle seinen Sturz als FDP-Che. Nun gibt er erstmals Einblick in seine Seele, beichtet Fehler und ofenbart seine Pläne Von Hans-Ulrich Jörges und Dominik Wichmann; Fotos: Gene Glover
H
err Westerwelle, wie tief war das Tal, das Sie in den vergangenen vier Jahren durchwandern mussten?
Ziemlich tie. Wenn ich nicht schon vorher Krisen überstanden hätte, dann hätte ich es als noch tieer empunden.
Wann war es am tiefsten?
Vor zwei Jahren, nach Fukushima und den beiden verlorenen Wahlen in Rheinland-Palz und Baden Württemberg. Ich war noch FDP Vorsitzender. Da habe ich etwas erlebt, von dem ich abstrakt wusste, das mich aber dann, als ich mittendrin war, doch erschüttert hat. Ich hörte abällige Bemerkungen über mich von Leuten, bei denen ich es nie erwartet hätte. Sie waren zehn Jahre Parteichef, hatten das beste Wahlergebnis aller Zeiten für die FDP geholt – plötzlich waren Sie ein Ausgestoßener.
Natürlich war es außerordentlich verletzend, dass ich von Menschen persönlich attackiert wurde, bei denen ich mir sicher war, dass sie nicht nur politisch, sondern auch menschlich eng und verlässlich mit mir verbunden waren. Der eine oder andere war ja auch durch mich etwas geworden. Wenn gerade die unter den Ersten sind, die sich besonders abschätzig äußern, dann lernt man daraus ürs Leben. Wer war das? Ich habe nicht einen oder eine speziell in Erinnerung, sondern eine schmerzhafte Phase menschlicher Enttäuschung – keineswegs übrigens politischer. Daraus ist bloß Politik gemacht worden. Wir müssen fein unterscheiden zwischen den politischen Konsequenzen und der persönlichen Enttäuschung. Da ich mir ohnehin vorgenommen hatte, nicht ein viertes Mal die FDP als Spitzenkandidat in eine Bundestagswahl zu führen, nämlich jetzt 2013, ist es mir politisch auch nicht so schwergefallen abzutreten. Ich bin mit der Entscheidung, den Parteivorsitz abzugeben, nicht nur einverstanden, sondern völlig im Reinen. Das war richtig?
Es war richtig ür die Koalition, ür die FDP … Auch für Sie?
Für mich ohnehin. Ich trauere dieser Entscheidung nicht nach. 54
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Ich war erleichtert, als es entschieden war. Haben Sie sich allein gelassen gefühlt? Wer hat noch zu Ihnen gestanden? Es gab auch viel Zuspruch. Aber Schlagzeilen produzieren natürlich jene, die einen Namen haben und besonders derb auf den Putz hauen. Wer hat in der FDP-Führung noch zu Ihnen gestanden? Genscher?
Hans-Dietrich Genscher war mir immer ein wichtiger Ratgeber, auch damals. Ansonsten gilt: Wer wo wie stand, ist vergossene Milch. Schwamm drüber. Wie hat sich Angela Merkel verhalten?
Außerordentlich korrekt und angenehm. War sie nur korrekt, oder hat sie auch menschliche Zuwendung gezeigt?
Westerwelle auf dem Weg zum stern -Gespräch im Alten Museum. Es wurde 1823 bis 1830 von Karl Friedrich Schinkel am Lustgarten errichtet und gilt als eines der schönsten Gebäude des Klassizismus. Heute beherbergt es die Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin
Ja, sicher. Zwischen der Kanzlerin und mir gibt es nicht nur die politische Zusammenarbeit, die man sieht. Wir haben eine mehr als 20-jährige gemeinsame Wegstrecke zurückgelegt. Ich bin mir ganz sicher: Wenn irgendwann mal alle Ämter hinter uns liegen, werden Angela Merkel und ich uns immer noch au ein Glas Wein treen. Gab es in der Krise einen Moment, als sie Ihnen unter vier Augen gesagt hat: Auf mich kannst du dich verlassen?
Ja, den gab es. Solche Momente haben wir übrigens in den
„Bis heute kommen die schrecklichsten Droh- und Schmähbriefe“ vergangenen 20 Jahren in beide Richtungen erlebt. Sie haben Merkel gestützt?
Es gibt niemanden in der ersten Reihe der Politik, der nicht schon durch schwere Krisen gegangen ist.
tieen Tälern besteht. In der Demokratie hat jeder eine zweite, dritte oder auch vierte Chance. Ist Merkel eine persönliche Freundin, oder gibt es so etwas nicht in der Politik? Ich bin mit ihr freundschaftlich verbunden, aber Freund ist für mich ein so exklusives Wort, dass man froh sein darf, wenn man im Leben eine Handvoll solcher Menschen hat. Mit meinem besten Freund bin ich schon als Zehn jähriger in die fünfte Klasse gegangen. Gibt es Menschen in der Politik, die Sie Freunde nennen?
Ja, die gibt es. Zum Beispiel?
Merkel nach der Wahl 2005. Da haben Sie zu ihr gestanden und den Lockungen Gerhard Schröders für eine Ampelkoalition widerstanden.
Wenn ich irgendwann mal ein Buch über mein Leben schreibe, sagte ich es Ihnen. Es gibt auch ein paar wirkliche, persönliche Freunde in meiner FDP.
Es gibt eine unausgesprochene Schicksalssolidarität zwischen Menschen, die lange einen gemeinsamen Weg gehen und wissen, dass Politik auch aus
Gab es mal einen Moment, in dem Sie daran dachten, ganz aus der Politik auszusteigen?
Nein. In puncto Pfichtgeühl bin ich ein preußischer Rheinländer.
Aber andere haben damit gespielt, Sie vielleicht ganz zu kippen. Mancher mag meinen Rückhalt in der Partei unterschätzt haben. Ich bin glücklicherweise nie zu einer Schachfgur geworden, mit der andere Züge planen können. War diese Krise vergleichbar mit der nach dem Selbstmord Jürgen Möllemanns vor zehn Jahren? Nein. Vielleicht in einer einzigen Hinsicht: Hätte ich diese Tragödie nicht erlebt, wäre ich 2011 nicht so stabil gewesen. Sie wirkten beide Male wie versteinert. Das stimmt sicherlich. Man zieht Schutzmauern um sich hoch. Der Tod Jürgen Möllemanns war eine menschliche Tragödie. Das Jahr nach seinem Tod war ür mich das mit Abstand schlimmste meines politischen Lebens. Waren Sie depressiv? Konnten Sie schlafen? Ich schlae kurz, aber gut und tie. Als Außenminister muss man das
überall und zu jeder Zeit können. Ich habe schon im Stehen geschlaen. Wie haben Sie den Druck auf die Seele ausgehalten? Mein Rezept gegen Druck ist Sport. Ich laue viel. Wichtig ist außerdem: viel Wasser und wenig Alkohol. Und: raus in die Natur. Wie haben Sie Ihren Sturz intellektuell verarbeitet? Welche Fehler erkennen Sie heute? Ich habe vor allem einen schweren Fehler begangen. Nach der Wahl 2009 habe ich zu lange gebraucht, um vom Wahlkämper und Oppositionsührer in die Mechanismen, Techniken und Kommunikationsormen einer Regierung reinzufnden. Ich hätte anangs nicht drängen, sondern gelassen erkennen müssen, dass eine Legislaturperiode vier Jahre dauert. Ein Skandal war Ihr Wort von der „spätrömischen Dekadenz“. Es ärgert mich ungemein, dass ich diesen Begri verwendet habe. Er war einach töricht. Es hieß,
ich hätte Sozialhileempfänger beschimpt. So hatte ich es aber gar nicht gemeint, ich wollte bloß klarmachen, dass sich Leistung lohnen muss. Au diese Weise aber habe ich mir den Vorhang selbst zugezogen. War es ein Fehler, dass Sie Außenminister geworden sind? Hätten Sie Finanzminister werden sollen? Nein. Wenn der Finanzminister in der europäischen Schuldenkrise von der FDP gestellt worden wäre, bin ich nicht sicher, ob die Koalition gehalten hätte. Sie meinen, wenn nicht Wolfgang Schäuble, sondern ein Liberaler die Euro-Stützungsaktionen verantwortet hätte, wäre die CSU von der Fahne gegangen, die Koalition wäre geplatzt? Ich schließe nicht aus, dass es erheblich größeren Widerstand in der CDU/CSU-Fraktion gegeben hätte. Erst wäre die Koalition zerbrochen, dann womöglich der Euro? Ob es so schlimm gekommen wäre, weiß ich nicht. Aber rückblickend betrachtet, war die Ressortverteilung goldrichtig. Niemand kann sich einen schlanken Fuß machen und Schuld au den Partner abwälzen. Was die Außenpolitik angeht, scheint sich die Kanzlerin die wichtigsten Felder angeeignet zu haben: Europa, USA, China … Das täuscht. Natürlich ist die Rolle der Regierungschefn in der europäischen Schuldenkrise groß, aber wenn es um die Weiterentwicklung Europas geht, ist das Auswärtige Amt unverzichtbar. Die Außenpolitik wird unverändert im Auswärtigen Amt gemacht, in enger Abstimmung mit der Kanzlerin. Dann müssen Sie das deutlicher machen. Wenn Sie den Eindruck haben, muss ich daran arbeiten. Aber in bewegten Zeiten sind Einvernehmen und Miteinander in einer Regierung gewiss auch kein Manko. War die Stimmenthaltung im Weltsicherheitsrat 2011 ein Fehler, als es um die Intervention in Libyen ging? Wir haben die Entscheidung sorgältig abgewogen. Ich wollte keine deutschen Soldaten nach Libyen schicken, und genau dazu wäre es gekommen. 4 11.7.2013
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gut zu wissen
Peinlicher Abschied: Günter Kießling mit Manfred Wörner beim Zapfenstreich
Die Kießling-Afäre Die Kießling-Afäre erschütterte in den Jahren 1983 und 1984 das politische Bonn. Dem Viersternegeneral und stellvertretenden Nato -Oberbeehlshaber Günter Kießling wurde im Kalten Krieg Erpressbarkeit wegen angeblicher Homosexualität vorgeworen. Verteidigungsminister
Wessen Idee war das? Ihre? Merkels? Wir haben gemeinsam entschieden. Ich bin gespannt, wie das Urteil darüber mit mehr Abstand ausallen wird. Eines jedenalls hat sich schon als Irrtum herausgestellt: Niemand kann ernsthat behaupten, dass sich Deutschland isoliert habe. Sie würden auch im Falle Syriens so entscheiden? Beides ist überhaupt nicht vergleichbar. Richtig ist aber, dass wir in Syrien keine militärische Lösung erreichen können, die nachhaltig Frieden und Stabilität bringt. Es wird nur eine politische Lösung geben. Ich bin ein Anhänger der Kultur militärischer Zurückhaltung. Ich setze immer zuerst auf Politik und Diplomatie. Das wird gelegentlich als Westerwelle-Doktrin bezeichnet. Aber das sollte die Grundkonstante deutscher Außenpolitik sein, wie sie in der Präambel des Grundgesetzes verankert ist. Ich könnte kein Zeichen der Reifung Deutschlands darin erkennen, dass wir die militärische Zurückhaltung aufgeben. Anangs mussten Sie auch gegen den Apparat des Auswärtigen Amtes kämpen. Man hat schlecht über Sie geredet und das nach außen getragen. Einige aus dem Haus haben das getan, aber nicht das Auswärtige Amt. Das Amt als Institution hat darau äußerst allergisch reagiert. Am Anang hieß es auch, ein Homosexueller könne nicht Außenminister sein, er fnde keine Anerkennung, vor allem in der islamischen Welt. Ein erheblicher Teil des Establishments hatte größte Probleme damit, dass jemand Deutschland in der Welt vertritt, der mit einem Mann zusammenlebt. Auch manche in den Medien. Ich wusste, 56
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Manred Wörner (CDU) hielt ihn ür ein Sicherheitsrisiko und entließ ihn. Nach Entkrätung des Verdachts wurde Kießling am 1. Februar 1984 in den aktiven Dienst zurückgeholt, schon am 26. März aber wieder verabschiedet – ehrenhat mit Großem Zapenstreich.
was au mich zukommt. Mittlerweile sind diese Bedenken au ein Minimum geschrumpt. Gab es Respektlosigkeit im Ausland? Es gab eine einzige ernst zu nehmende Konrontation, mit dem weißrussischen Diktator Lukaschenko. Was ist passiert? Nachdem ich von Herrn Lukaschenko die Achtung von Menschen- und Bürgerrechten verlangt hatte, sagte er etwas später öentlich: Besser Diktator als schwul. Das spricht ür sich. Ist Deutschland in dieser Hinsicht liberaler geworden? Deutschland zweiellos, in der Welt gibt es leider gegenläuge Entwicklungen. Auch in Europa …
„Lukaschenko, der Weißrusse, sagte: Besser Diktator als schwul“ Sie sprechen von Russland? … auch in unserer Nachbarschat. Diese Entwicklung empnde ich als außerordentlich bedrohlich. Ich kann nur alle zur Wachsamkeit auruen, denn es geht nicht um eine spezielle Minderheit. Heute sind es die Schwulen, morgen andere, die herhalten sollen als Blitzableiter ür Unzuriedenheit. Das macht mir große Sorgen. Kann es sein, dass Ihr Sturz als FDP-Che auch damit zu tun hatte, dass Sie schwul sind? Man kennt doch die Witze in der FDP-Führung. Ich hab das keinen Augenblick so erlebt. Schon als ich zum Generalsekretär gewählt wurde, wusste meine Partei, wer ich bin. Auch meine guten Wahlergebnisse
sprechen für wachsende Akzeptanz in der Gesellschat. Sehen Sie das bitte mal mit meinen Augen. Als ich schon nicht mehr FDPChe war und in Berlin meinen 50. Geburtstag geeiert habe, kamen Repräsentanten aller Parteien und gesellschatlichen Kräte, einschließlich der Kirchen. Für jemanden, der 1980 angeangen hat, als Schwuler zu studieren, und die Kießling-Wörner-Aäre erlebt hat, ist das eine große menschliche Freude und ein Triumph ür die Gesellschat. Und der ist völlig ungetrübt? Bis heute kommen die schrecklichsten Droh- und Schmähbriefe ins Auswärtige Amt, oft mit Namen und Adresse. Aber das ist nur noch eine kleine, schrille Minderheit. Wie geht Ihr Partner Michael Mronz damit um? Wir hatten uns zu Beginn meiner Amtszeit gemeinsam überlegt, ein Zeichen zu setzen. Michael Mronz übernahm, so wie die Partner rüherer Außenminister, eine soziale Augabe bei „Ein Herz ür Kinder“. Dann unternahmen wir gemeinsam zwei Auslandsreisen, nach Absprache mit den Zielländern. Dass das soort skandalisiert wurde, haben wir als ungemein ärgerlich empunden. Man hat Herrn Mronz bei den Reisen gar nicht als Partner wahrgenommen, sondern als Geschäfts-
mann, der auf Ihrem Ticket reist. Das and ich unerhört. Wie hat er das verkratet? Er ist außerordentlich stabil und engagiert sich weiter. Aber mir bleibt es in schlechtester Erinnerung. Wollen Sie ihn noch mal mitnehmen au einer Auslandsreise? Schauen wir mal. Sie haben ein halbes Jahr vor Ihrem Rücktritt als Parteiche geheiratet. Wie haben sich da Unionspolitiker verhalten, die gegen die Schwulenehe waren? Es wurde fächendeckend gratuliert. Wie leben Sie mit Herrn Mronz? Wir haben zwei Wohnungen in Berlin und im Rheinland, wo er arbeitet. Und Sie haben ein gemeinsames Haus, ein Reugium au Mallorca. Da nden wir Ruhe, ohne dass uns schon morgens beim Kaee jemand otograert.
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Nach dem Freitagsgebet verlangen Muslimbrüder in Kairo lautstark die Wieder-
einsetzung ihres Präsidenten
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Politik
Euer Blut gegen unser Blut
Einst demonstrierten die
Ägypter gemeinsam
für Demokratie, sie wurden weltweit zum Symbol eines neuen, friedlichen Widerstandes. Heute bekämpfen sie sich auf den Straßen, unversöhnlich und brutal. Das Land droht zu zerbrechen Von Stefen Gassel; Fotos: Ed Ou
„Nach 30 Jahren Diktatur haben wir keine Zeit Nahe dem mehr zu verlieren“ Tahrir-Platz feiern Ägypter den Sturz der Regierung mit Trommeln und Fahnen 60
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„Mursi war ein dummer Präsident, umgeben von einer Riege von Idioten“
Den GrafitiSpruch „Nein zum neuen Pharao“ sprühte Bahia Shebab aus Protest gegen den Präsidenten der Muslimbrüder au Wände in Kairo
s ist nicht schwer, Bahia Shehabs Freude über den Sturz Muhammad Mursis zu verstehen. „Dieser Mann widert mich an“, sat die 35-Jährie. „Im Gespräch mit der australischen Premierministerin kratzt er sich vor lauenden Kameras im Schritt. Au Staatsbesuch in Berlin macht er sich mit seinem schlechten Enlisch zum Gespött. Er war ein dummer Präsident, umeben von einer Riee Idioten. Er repräsentierte uns Ägpter nicht.“ Verstreut über den Boden des Hinterzimmers im Atelier der Künstlerin liet das Inventar der ägptischen Revolutionsbeweun: roße, arbverschmierte GraftiSchablonen. Seit der Austand au dem Tahrir-Platz Anan 2011 Präsident Mubarak aus dem Amt fete, und Säkularen, Arm und Reich hinhat Bahia Shehab alle paar Wochen we. „Gemeinsam sind wir Ägpter neue Sloans aus Plastik und Pappe stark“: Das war der Geist des Tahrireschnitten, ist im Morenrauen Platzes, eboren aus der Revolte losezoen und hat sie au die Mau- een das alte Reime, der die junern und Häuserwände von Kairo e- e Demokratie etraen hatte, trotz sprüht: „Nein zu Gewehrkueln“ all ihrer Unzulänlichkeiten. Davon oder „Nein zur Gewalt een Frau- ist nichts eblieben. Während Kunstustafeln der en“ oder „Nein zum neuen Pharao“. Jeder in der ägptischen Hauptstadt Lutwafe jeden Ta aus Neue Herkennt ihre Protestkunst. Immer zen in den Nationalarben Schwarztraen Shehabs Grafti zielsicher Weiß-Rot in den Himmel über den Nerv der Zeit. Doch heute ist der Kairo malen, zerfällt das Land darunter – mit unabsehbaren Folen Zeiteist aus den Fuen. Erst ein Jahr ist es her, dass der ür Ägpten und die anze Welt. Au Wahlsie des Muslimbruders Mursi den Straßen der Hauptstadt spielen über seinen Gener, einen General sich bizarre Szenen ab. Da schmäht aus der Mubarak-Elite, die Straßen- die liberale Juend Amerika, weil die künstlerin zu Tränen rührte. Auch Sprecherin des Außenministeriums wenn zwischen ihm und ihr Welten in Washinton den Coup des Mililaen: Für sie war es ein Triumph der tärs als Geahr ür die Demokratie Revolution und Demokratie. Nun bezeichnet hat. „Obama unterstützt jubelt sie wie Millionen ihrer Lands- Terroristen“, steht au einem riesien leute der Armee zu, weil diese den Banner über einer der Zuahrtsstraewählten Präsidenten aus dem ßen zum Tahrir. Ein paar Kilometer Amt ejat hat. Und will von einem weiter östlich vor einer Moschee im Putsch nichts wissen. „Mursi hätte Stadtteil Nasr City skandieren derdie Probleme dieses Landes anpa- weil lanbärtie Islamisten, die cken können, aber er hat es vermas- in den USA traditionell die Wurzel selt. Unter Mubarak haben wir 30 allen Übels sehen, „Yes we can“. Sie Jahre verloren. Wir haben keine Zeit, ühlen sich als wahre Verteidier drei Jahre bis zur nächsten Wahl zu von Rechtsstaat und Demokratie. „Oh Allah, bereie Ägpten von warten“, sat sie. „Ich persönlich laube ja an die Demokratie. Aber den Diktatoren. Wir wollen unseren Millionen meiner Landsleute sind ewählten Präsidenten und die isla Analphabeten. Die wählen jeden, mische Verassun zurück.“ Die der ihnen einen Sack Reis schenkt. Stimme des Vorbeters scheppert aus Wie soll man denen Demokratie den Lautsprechern. „Oh Allah, beibrinen?“ durchkreuze die Pläne der SäkulaEtwas ist zerbrochen in diesen Ta- ren. Wir werden ihnen unseren Zorn en des Auruhrs im Land am Nil: zeien und sie umerziehen.“ Seit verdas Geühl der Zuversicht, ein Glau- anenem Mittwoch ist die roße be an Gemeinsamkeit über all die Kreuzun vor der Rabi’a -al-AdawiGeensätze zwischen Islamisten ja-Moschee der Geenpol zum Tah-
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„Wie soll ich je
wieder an Demokratie
glauben?“
s E G a m I
y t t E G / u o d E : s o t o F
Der Ingenieur und Mursi-Anhänger Hischam Ataya fragt, wie man den Willen der 13 Millionen Wähler des Präsidenten einfach ignorieren könne
rir-Platz eworden. Zehntausende Mursi-Anhäner haben sich hier zum Sitzstreik versammelt. Den Gottesdienst verrichten sie unter der lühenden Juli-Sonne au dem Asphalt. Das Abendebet schließen sie ohne Unterbrechun an das Mittasebet an. Dieses Ritual sieht der Koran ür Krieszeiten vor: Wer mehrere Gebete au einmal verrichtet, hat mehr Zeit ür den Kamp. „Wie soll ich je wieder an die Demokratie lauben?“, rat Hischam Ataya. Seit dem Putsch des Militärs verbrint der 33-jährie Inenieur jede reie Minute beim Mursi-Sitin. Er schlät soar hier, au einer schmutzien Matratze im Freien. „13 Millionen Ägpter haben Mursi ihre Stimme eeben. Wie können sie uns alle einfach inorieren?“ Hinter der Tamarrud-Beweun der Mursi-Gener vermutet er eine Verschwörun alter Mubarak-Geolsleute. Private Fernsehsender, die von diesen kontrolliert werden, haben seit Monaten Kampanen een den Präsidenten eahren. Die Kanäle der Muslimbrüder antworteten mit Hetze een die Kritiker. Genau diese TV-Stationen wurden au Anweisun der Armee noch in der Putschnacht vom Äther enommen. Auch die meisten Zeitunen der Muslimbrüder düren nicht mehr erscheinen. „Ihr züchtet Kriminelle heran“
Die verbliebenen Medien verbreiten ausschließlich die Sicht der Armee, Berichte über Demonstrationen der Muslimbrüder ehlen. Ataya sieht sich als Oper eindlicher Propaanda: „Die Leute lauben, Mursi hätte versucht, die Armee zu islamisieren. Wenn das wahr wäre: Hätte ihn dann nicht wenistens die Präsidentenarde beschützt?“ Anschließend warnt er das Militär und die Tamarrud-Leute. „Es wird eine Reaktion eben. Ihr züchtet Kriminelle heran. Wenn der Glaube an die Demokratie verloren eht, werden die Leute das Gesetz in die eiene Hand nehmen. Nicht ich, aber andere.“ Viele Ägpter haben den Eindruck, enau das passiere schon. Im Internet kursiert ein Amateur Video, das zeit, wie eine Gruppe Islamisten in Alexandria zwei Juendliche von einem hohen Wassertank hinab au ein Hochhausdach stößt. Die Oper hatten versucht, durch Klettern dem Mob zu entkommen. Einer der Anreier 4 11.7.2013
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wissen
DiagnoSe
Ein Stich zu viel Eine junge Frau klagt über Schmerzen in der Brust. Die Ärzte in der Notaufnahme vermuten einen Insektenstich und empfehlen Kühlung. Wenig später erscheint die Patientin erneut. Ihre Beschwerden sind schlimmer geworden. Sie äußert einen unglaublichen Verdacht
D
Scheu und verängstigt berichtete
mir die 23-Jährige von stechenden Schmerzen in ihrer linken Brust, als ich sie an jenem 20. September 2004 zum ersten Mal sah. Am Sonntag zuvor war sie bereits in unserer Notaunahme in der Uniklinik Frankurt gewesen. Doch die Kollegen hatten nichts entdecken können. Die Brust war weder gerötet noch angeschwollen gewesen, im Ultraschall war nichts Auffälliges zu sehen. Schließlich hatten die Kollegen einen
eingedrungen sein.
Das änderte die Lage. Im Ultraschall könnte ich eine Nadel nur mit Mühe ent-
Ich musste schnell handeln. Denn die Nähnadel war bereits bis zur Brustwand gewandert, und ich hatte Sorge, dass sie in den Brustkorb und in die Lunge gelangen
würde. Darum beschloss ich, den Fremdkörper gleich am nächsten Tag zu enternen. Da ich die Lage der Nadel kannte, konnte ich sie nun auch im Ultraschall nden und markierte sie mit
Nun kam sie zu uns in das Brustzentrum, weil sich die Schmerzen seit Sonntag verschlimmert hatten. Die krätige Frau mit den dunklen Haaren sprach zwar nicht fießend Deutsch, konnte sich aber gut verständlich machen. Es war ofensichtlich, dass sie beunruhigt war. Und dass sie sich die Beschwerden nicht erklären konnte. Immer wieder sprach sie von ihren
einem Draht, den ich unter lokaler Anäs-
thesie an die Nadel heranührte. Während des Eingrifs hangelte ich mich an diesem Draht entlang, um zur Nadel zu gelangen. Nach 40 Minuten hatte ich das spitze Metallstück entfernt.
Schmerzen, klagte über eine hohe Druck-
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sich am selben Tag au das Soa gelegt habe. Die Nadel, so ürchtete die Mutter der Patientin, könnte in die Brust der Tochter
Nadel versehentlich in die Brust gelangte.
Brust regelmäßig zu kühlen.
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leichten Stich in der Brust verspürt, als sie
medizinischen Literatur nur ein einziger Fall weltweit beschrieben worden – der Bericht über eine Schneiderin, bei der die
mit der Empehlung heimgeschickt, die
Daher verschrieb ich ihr ein Antibiotikum und schickte sie wieder nach Hause. Damit sollten die Beschwerden vorübergehen, hofte ich. Doch zwei Tage später stellte sich die Patientin erneut bei uns vor. Die Schmerzen hätten noch zugenommen,
er au dem Soa ihres Wohnzimmers einen Knop angenäht hatte. Und dass er die Nähnadel nicht hatte wiedernden können. Die junge Frau erzählte, sie habe einen
vier Zentimeter lang. Bis dahin war in der
Insektenstich vermutet und die Patientin
schallbilder sprachen dafür.
vermeiden. Dann aber berichtete mir die Patientin, woran sich ihr Bruder erinnert hatte: dass
decken. Bei einer Mammograe dagegen würde das Stück Metall gut sichtbar sein. Ich veranlasste also die Untersuchung. Und tatsächlich: In der linken Brust der Patientin beand sich eine Nähnadel, etwa
ie Patientin war schüchtern, daran erinnere ich mich noch genau.
empndlichkeit. Diesmal war die Brust leicht gerötet und leicht angeschwollen. Bei der Tastuntersuchung konnte ich ein etwa drei Zentimeter großes, verhärtetes Areal im Brustgewebe ertasten. Ich vermutete eine Entzündung, auch die Ultra-
scheiden. Eine Mammograe der Brust stellt eine Strahlenbelastung dar, die wir besonders bei jungen Frauen tunlichst
berichtete sie. Wenn sie den linken Arm hebe oder sich au die linke Seite lege,
Die Patientin konnte noch am selben Tag die Klinik verlassen. Die Nadel habe ich mir augehoben. Sie liegt in einem Kunststoffbehälter in meinem Arztzimmer und erinnert mich immer aus Neue daran, dass wir Ärzte unseren Patienten zuhören und sie ernst nehmen müssen. Denn in diesem Fall waren es die Hinwei-
sei die Pein besonders groß. Ich war über-
se der Patientin und ihrer Mutter, die mich
rascht, hätte doch die Entzündung mithile
zur richtigen Diagnose führten. 2
des Antibiotikums abklingen sollen.
Während ich noch nachdachte, platzte die sonst so stille Patientin unvermittelt mit einer Forderung heraus: Sie brauche dringend eine Mammograe, das habe ihre Mutter gesagt. Ich war entrüstet und erwiderte unwirsch, dass es wohl mir als Ärztin zustehe, über das weitere Vorgehen zu ent-
An dieser Stelle schildern regelmäßig Ärzte ihre außergewöhnlichsten Fälle. Diese Woche: Prf. Dr. Chrst Slbch, 47
Sie ist Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und leitet heute das Brustzentrum der Universitätsmedizin Mainz
o n a i c i v d i r t s a
n o v t e n h c i e z e g F u a ; e K c n u F n i r t a K : n o i t a r t s u l l i
„Ich habe bestimmt schon 8000 Liter Tomatensaft ausgeschenkt. Vielleicht weil das Zeug satt macht, so ein minimalistisches Sandwich ist ja nicht viel“
„Wenn Ihr Level normalerweise bei vier Bieren liegt, um lustig zu sein, dann sind Sie oben sturztrunken. Nur die Russen können das ab“
„Einmal hat eine Dame einen Herrn mit der Hand befriedigt. Als er fertig war, haben einige applaudiert“
gesellschaft
„in der economy geht im Kathrin Leineweber arbeitet seit mehr als zwei
mer der Punk ab “ Jahrzehnten als Stewardess Zeit ür ein paar ofene Worte 11.7.2013 11.7.2013
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itte einmal ehrlich, nervt es Sie eigentlich, dass niemand mehr bei Ihren Sicherheitshinweisen vor dem Start hinschaut? Nervt mich total. Diese Zeitungs-
leser, die kommen im Ernstall doch nie raus aus der Kiste. Aber dann ist ja die nette Trulla da, die sie durch Kreischen rausleiten soll, oder was? Ich könnte jedem die Zeitung aus der Hand schlagen, ehrlich. Wann hat das angefangen, dass die Leute nicht mehr hingeguckt haben? Seitdem wir die Filme haben. Früher haben wir bei unserer Airline noch selbst gezeigt, wie man die Westen anlegt. Das war wie Wasserballett. Da guckt man hin. Die jungen Mädels, und dann verheddern die sich manchmal in der Schwimmweste. Was helfen mir diese Sicherheitshin weise, wenn ein Flugzeug abstürzt? Über dem Atlantik wissen Sie, wo Ihre Schwimmweste ist. Die meisten Leute kommen in den Flugzeugen um, weil sie die Weste zu rüh augeblasen haben, dann unter der Decke hängen und nicht mehr rauskommen. Thema Handys. Glauben Sie wirklich, dass die Leute ihre Smartphones auf Flugmodus schalten? Die meisten machen das nicht. Die wundern sich dann, dass sie nach der Landung den Akku leerhaben, weil das Handy oben immer einen Sender sucht. Sobald das Flugzeug gelandet ist, springen immer alle auf. Nervt Sie das auch? Diese Aggressivität von einigen. Ich könnte mich totlachen, es kommt ja niemand deswegen schneller raus. Piloten haben diesen gemeinen Spruch: Fracht kotzt nicht und motzt nicht. Aber das ist alsch. Ich liebe meinen Job und auch die allermeisten Passagiere. Wer klatscht noch nach der Landung? Die Leute, die selten iegen. Die älteren. Und die, die Angst haben. Die Griechen haben zum Beispiel alle Schiss vorm Fliegen. Da ist Jubel an Bord. Lieber Gott, danke! Wieso haben Griechen Angst vorm Fliegen? Das ist nur eine Beobachtung. Viele Griechen assen das Flugzeug auch an, bevor die einsteigen. Wo sitzt man am besten? 70
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Kathrin Leineweber,
46, bloggt unter www.happyairways.de. Dort schreibt sie über Saftschubsen, Turbulenzen und darüber, was sie tut, wenn
ein ganzes Flugzeug hustet
„Ich kann jeden verstehen, der ausrastet “ An den Notausgängen. Da haben Sie am meisten Platz. Der Trick bei den großen Flugzeugen, zum Beispiel dem Airbus 330: Irgendwann verjüngen sich die Viererreihen au Dreierreihen, hinten im Schwanz. Da haben Sie mehr Platz. Aber hinten wackelt es auch mehr. Wie kriegt man diese Plätze? Früh reservieren, anders geht das nicht. Gibt es nicht gute Ausreden, Übelkeit oder so? Am Notausgang düren nur Menschen sitzen, die im Notall helen können. Also brauche ich den Typen, der sich übergibt, da schon mal gar nicht. Bei Durchall würde ich natürlich versuchen, Sie in die Nähe einer Toilette zu setzen. Lassen Sie uns mal über Beinfreiheit in der Economy sprechen. Ganz urchtbar. Geht gar nicht. Ich bin 1,81 Meter und kann da auch nicht sitzen, ohne dass die Knie vorne anstoßen. Ich verstehe jeden, der an Bord ausrastet. Sitzt man besser am Fenster oder am Gang? Fenster. Erstens: Sie schlaen besser, weil Sie sich an die Wand anlehnen können. Kissen zwischen, ertig. Zweitens: Beim Gangplatz hält sich jeder an den Rückenlehnen est, wenn er durch das Flugzeug läut. Oder Sie kriegen den Trolley vors Knie. WelcheToilette sollte man nehmen? Hinten, weil alle nach vorne rennen. Vorn ist auch meist nur eine, hinten sind mehrere.
Wie schmuggelt man am besten übergroßes Handgepäck ins Flugzeug? Als Erster einsteigen. Bei den ersten 20 Gästen, die einsteigen, sage ich als Stewardess nix. Aber wenn die Gepäckfächer irgendwann voll sind, dann haben Sie Pech. Und kommen Sie bitte nicht mit dem Spruch: Aber bei Ihren Kollegen kommt das immer au die Toilette. Nein. Warum trinkt man in Flugzeugen so gern Tomatensaft? Ich habe mal nachgerechnet. Ich habe bestimmt schon 8000 Liter Tomatensat ausgeschenkt. Vielleicht weil das Zeug satt macht, so ein minimalistisches Sandwich ist ja nicht viel. Oder weil man was zum Spielen hat. Man kriegt Pefer, Salz und Tabasco. Und das Rührstäbchen. Damit ist man gut beschätigt. Studien haben bewiesen, dass der Sat oben ganz anders schmeckt, weil die Geschmacksknospen so weit oben viel tauber sind. Interessant. Ja, das ist oben eher süßlich und angenehm und unten eher mufg und herbe. Russen können ohne Tomatensat gar nicht iegen. Wenn Sie nach Moskau iegen, brauchen Sie ün Tüten extra. Und immer diese Kettenreaktion: Wenn Sie es schaen, die ersten zehn Reihen ohne Tomatensat zu überstehen, dann bleibt das so. Aber wenn einer von den ersten drei schon anängt, dann probieren das alle.
Das Bier ist meistens auch schnell alle. Stimmt. Warum nehmen Sie denn so wenig Bier mit?
h c a b s a k i n i
m o d : o t o F
gesellschaft
Habiburrahman Dastageeri in einer Stuttgarter Moschee. Sein HandyProgramm hilft beim Hadsch
ein besonderer mensch
App nach Mekka Habiburrahman Dastageeri weiß, wie schnell man bei der Pilgerfahrt die Orientierung verlieren kann. Darum hat er einen mobilen Wegweiser programmiert
A
ls Habiburrahman Dastageeri ein kleiner Junge war, machte er eine große Reise: die Pilgerahrt nach Mekka. Seine gesamte aghanische Familie kam mit, und Habiburrahman, der schon als Kind sehr perektionistisch war, wollte, dass sich alle gut vorbereiteten. Die Familie gab ihr Bestes. Alles, was man über eine Pilgerreise wissen muss, weiß ich jetzt, dachte er,als es losging. Doch in Mekka angekommen, merkte er rasch, dass das nicht stimmte: im richtigen Moment beten, das richtige Gebet können, die Rituale kennen und überhaupt erst mal wissen, wann man wo hinmuss – alles gar nicht so einfach. Dazu die saudi-arabische Sonne, 40 Grad im Schatten, und Millionen von Menschen, 74
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die nicht minder planlos umherlieen. Für App errechnet dann eine personalisierte Habiburrahman keine schöne Erinnerung. Pilgerreise. Sie bietet Kategorien wie „ProSpäter reiste er noch dreimal nach Mek- bleme und Lösungen“ an und inormiert ka – und erlebte immer dasselbe Chaos. über „Erlaubtes und Verbotenes“. Wie verManchmal gehen während des Hadsch hält man sich, wenn man gefucht hat? Das sogar Leute verloren oder bleiben tagelang sollte man während der Pilgerreise natürverschwunden, weil sie sich verirrt haben. lich nicht tun. Passiert es trotzdem, muss Es müsste eine Hile geben, dachte sich etwas bezahlt oder geopfert werden – was Habiburrahman, der mittlerweile in Stutt- genau, sagt einem die App. Gebetstexte gart Inormatik studierte, einen Weg- und sind ebenalls dabei, au Wunsch zum Anhören und in ün verschiedenen Sprachen. Verhaltensweiser. Heute ist er 32 Jahre alt und hat so einen Vergangenes Jahr machte Habiburrahman Wegweiser programmiert: die Mekka-App. wieder eine große Reise: Mit dem badenSie heißt „Amir“, arabisch ür „Führer“, und württembergischen Wirtschatsminister funktioniert für Männer und Frauen. Hat uhr er nach Saudi-Arabien, um seine man sie heruntergeladen, wählt man eine Erfndung vorzustellen. Das Interesse an Hadsch-Art aus und gibt an, nach welcher seiner App sei dort sehr groß, sagt er. 2 Aïcha Reh Rechtsschule man verahren möchte. Die
r e g r e B n e l a m h c s s i r o B : o t o F
Gesellschaft
Ein Land unter Fe Ob lässig im Park oder straf durchorganisiert in Abendkursen: Grillen ist die neue
uer alters- und klassenlose Sommer-Leidenschat der Deutschen. Eine Erkundung
Grillen als Lebensgefühl: draußen sein, unbeschwert sein, abhängen. Kölns Grüngürtel zwischen Uni und Aachener Weiher 11.7.2013
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F i a l / t H c e p S o k i e H : o t o F
Koch Gerhard Volk (l.) bei einem seiner Durbacher Sommerkurse. Im Vordergrund, mit daumendickem Fettrand: fünf Pracht-Steaks
Es geht auch ohne Kurs. Hier die Berliner BordsteinVariante. Eine Improvisation mit Stil: Der Grill ist ein HighEnd-Modell
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s l e F d e u s n e t s r o h t ; h c s r e o h a i l u J ; e h t o r k n a r F ; n a h n e g a W n i t r a M : s o t o F
Erstaunliches geschieht in diesen Wochen in Deutschland: Wohin man blickt, es wird gegrillt und gebrutzelt, „gesmoked“ und „gebarbecued“. Mag der Frühsommer auch noch so verregnet gewesen sein – die Regale der Baumärkte und Gartencenter quellen über mit Grillutensilien. Auf den Aktionstischen der Buchläden stapeln sich die Ratgeber und Rezeptbücher: „Grillen wie die Meister“ oder „Weltmeister am Grill“. Es lodert und glodert, es glutet und lutet, dass Edmund Stoiber seine Freude haben dürte. Ein Land unter Feuer. Viele Grillkurse quer durch Deutschland sind bis in den September hinein ausgebucht. Und das bei Gebühren von Sechs Brocken. Jeder sechs- bis acht- 100 Euro und mehr. 1,1 Milliarden hundert Gramm schwer, blassrosa, Euro gaben die Deutschen 2012 ür est, zart marmoriert, mit einem Geräte und Zubehör aus – rund 40 daumendicken Fettrand. So eben- Prozent mehr als 2008. In diesem mäßig, als wären sie aus dem Stein- Jahr werden vermutlich 250 000 bruch von Carrara gemeißelt. Ger- Tonnen Holzkohle vereuert. Tonhard Volk streichelt die Steaks, mit nen, nicht Kilogramm. Händen und mit Worten: „Das ist Niemand proftiert so sehr vom kein Fleisch, das ist der Wahnsinn!“ Bedürnis nach dem Draußensein Die Runde schaut andächtig au wie der amerikanische Hersteller das Fleisch und au den Koch. Die Weber-Stephen. Zweistellig sind die Steaks von amerikanischen Weide- Zuwachsraten, zweistellig ist der rindern, „Dan Morgan Qualität“, Marktanteil; genaue Zahlen mag werden au der Terrasse eines Weinman nicht nennen. Auch andere guts im badischen Durbach au den bauen gute Gerätschaten, aber nieGrill gelegt. Fleisch von Rindern, die mand versteht es in dieser Branche „drei Jahre lang über die Prärie zo- so gut, sich zu positionieren: mit gen“und zum Schluss noch eine Zeit Grillbüchern und einer ächendelang „au der Koppel gemästet wur- ckenden Grillakademie, die in 14 den“, wie Gerhard Volk schwärmt. deutschen Städten Kurse anbietet – Der Mann, Streichholzrisur und und natürlich die passenden ProLausbubengrinsen, trägt euereste dukte. Mit einem edel gestalteten blaue Handschuhe und eine eng sit- Journal und der rechen Behaupzende schwarze Jacke mit blanken tung: „Der Grill. Das Original.“ RichMetallknöpfen. tig daran ist, dass Firmengründer Der Oenburger Gerhard Volk be- George Stephen 1952 am Lake Mitreibt seit zwöl Jahren neben seiner chigan eine Schisboje zum Grill Koch- auch eine Grillschule, er umbaute: Im unteren Teil loderte weiht selbst Sterneköche in die Ge- ortan die Glut, im oberen Teil, unter heimnisse des perekten Grillens dem Deckel, zirkulierte die Hitze. ein. An einem Mittwochabend Ende Ein kleiner Schritt ür George SteJuni – es regnet mal nicht – hat er phen, ein großer ür die grillende Otto-Normal-Griller in seinem Menschheit: Weil die Kohle im Bofünfstündigen Kurs. Menschen, die jen-Bauch ringörmig angelegt wurgerade von der Arbeit kommen, von de, die Mitte blieb rei, verbrannte der Autobahn, die müde sind, vor al- das Grillgut au dem Rost nicht lem aber: hungrig. Der Anblick der soort, sondern wurde mittels der Wahnsinnssteaks befügelt die Fan- Rundumwärme indirekt, also schotasie. Volk weiß das, deshalb serviert nend und schmackhaft, gegart. er zur Besänftigung eine Bratwurst Bis sich das Prinzip in Deutschvorneweg. land durchsetzte, dauerte es noch 4
Rezept 1
BBQ-Ribs Für 4 Personen. Gut vorzubereiten, einach
Wer kocht, der kann auch grillen. Aber wer grillt, muss nicht kochen können: Die alte Faustregel schwinde, sagt Achim Ellmer, 47, Küchenche des Food-Magazins „Essen & Trinken“. Die Deutschen grillten heute auwendiger, legten Wert au gute Produkte. Für den stern wählte Ellmer
drei Rezepte aus seinem Fundus aus
150 g Zwiebeln, 2 Knoblauchzehen, 3 Stiele Thymian, 4 EL Sonnenblumenöl, Paprikapulver, 3 EL Aceto Balsamico, 300 ml naturtrüber Apfelsaft, 3 EL Ahornsirup, 1 EL mittelscharer Sen, 1–2 TL Tabasco, 2 EL Worcestershire-Sauce, 4 EL Tomatenketchup, 1 EL Oregano, 2 EL Sojasauce, 1 TL S alz, Pefer, 2 Schweinerippchen am Stück (à ca. 600 g), 1 Handvoll Räucherchips (Heimwerker- oder Angelbedar). Außerdem: Gerierbeutel 1. Für die Marinade Zwiebeln und
Knoblauch klein würeln. Die Thymianblättchen abzupen und grob hacken. Öl in einem Top erhitzen. Zwiebeln und Knoblauch darin glasig dünsten. Thymian und Paprikapulver zugeben und kurz mitbraten. Mit Balsamessig und Apelsat ablöschen. Ahornsirup, Sen, Tabasco, Worcestershire-Sauce, Ketchup, Oregano und Sojasauce dazugeben. Zehn Minuten bei mittlerer Hitze kochen lassen. Mit Salz und Pefer würzen. Mit einem Schneidstab ein pürieren und abkühlen lassen. 2. Die Rippchen mit der Marinade in einen großen Gerierbeutel geben und est verschließen. Im Kühlschrank acht Stunden lang, am besten über Nacht, marinieren. Das Fleisch abtropen lassen und au dem heißen Grill, am besten bei indirekter Hitze (nicht direkt über der Glut) und geschlossenem Deckel, 30 Minuten garen. Dabei ab und zu wenden und mit der Marinade bestreichen. Fün Minuten vor Ende der Garzeit die Räucherchips direkt au die Glut geben und mit geschlossenem Deckel zu Ende garen. Zubereitungszeit: 50 Minuten plus Marinierzeit über Nacht 11.7.2013
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Jahrzehnte: Hierzulande waren Ge-
Lachsflet mit Waldbeerenglasur
nerationen vornehmlich männlicher Griller Bratwürste und Na-
und Meerrettichcreme? Wie man einen Grill richtig beeu-
ckensteaks au den Rost, der unmittelbar über der, Achtung!, lodernden
ert, das wissen hier die meisten schon, es ist ja der Fortgeschritte-
Glut positioniert war. Würstchen
nenkurs. Au der Terrasse steht eine Armada an Grillgeräten augereiht.
und Fleisch wurden binnen Sekun-
den braun, um weitere zwei Minuten später tieschwarz und holzkoh-
letrocken vom Grill genommen zu werden. Nicht selten mit einer leichten Rußschicht bedeckt, weil Mann
Bier über Gut und Glut geschüttet
Schwenker Ihn kennt man von Haengeburtstagen und Oktoberesten: der Schwenkgrill, made im Saarland
hatte, des vermeintlich besseren Ge-
schmacks wegen. Heute kommen au den Grill „Kalbsbrüstle in Blätrenden Deutschen Grillmeister
Dorade mit Kräutern Für 4 Personen, einach 4 Doraden (à 400 g, küchenertig), 100 g Schalotten, Salz, Pefer, 8 Biozitronenscheiben, 4 Stiele Fenchelkraut, 8 Stiele Thymian, 3 EL Zitronensat, 9 EL Olivenöl 1. Doraden innen und außen gut
waschen, dann trocken tupen. Schalotten in grobe Scheiben schneiden. Doraden au jeder Seite zwei- bis dreimal schräg einschneiden, innen und außen mit Salz und Pefer würzen und die Bauchhöhlen mit je 2 Zitronenscheiben, 1 Stiel Fenchelkraut, 1 Stiel Thymian und den Schalotten üllen. Die Fische bis zum Grillen mit einem euchten Küchentuch abgedeckt kalt stellen. 2. Für die Marinade vom restlichen
Thymian die Blättchen abstreien und ein hacken. Thymian mit Zitronensat und 6 EL Olivenöl verrühren. Mit Salz und Pefer würzen. 3. Doraden von beiden Seiten mit dem
restlichen Olivenöl einpinseln und in eine Fischgrillzange geben. Jede Dorade mit Marinade bestreichen und 10 bis 15 Minuten grillen, dabei immer wieder mit der Marinade bestreichen. Zubereitungszeit: 35 Minuten
Michael Hofmann aus Rösrath bei Köln, „Handgeangener schottischer Wildlachs mit Zitronen butterüllung und Pomery-Senfkruste“. Was aber macht die Faszination aus? „Kochen und Grillen sind Gemeinschatserlebnisse. Das Bedürnis danach nimmt zu“, sagt Achim Ellmer, Küchenche von „Essen & Trinken“,
Für ambitionierte GrillerInnen: gut zu bedienen, ruck, zuck au Temperatur, einach zu säubern
um grillen zu können. Es geht schlichter, ein wenig wilder, jeden-
alls improvisierter. Beispielsweise an einem Samstag in Berlin-Kreuzberg. Wenige Meter vom Mariannen-
platz enternt ist gerade die Parade
stehen. „Die Leute sind den ganzen Tag irgendjemandes Geisel, sie sehnen sich nach dem Genuss, sie wol-
des Alternativen Christopher Street Day zu Ende gegangen. Vier Polizeiwagen ahren in den Feierabend. Au dem Bordstein steht ein rauchender
len runterkommen“, ergänzt Gerhard Volk, der Metzgerssohn und
Grill, au dem marinierte Steaks
Menschenfscher. Sein Grillkurs be-
steht aus 18 Männern, dazwischen verstecken sich zwei Frauen. Alters-
spanne etwa 30 bis 50. André, Michael, Jürgen, Stean, Thomas und die anderen sollen ein üngängiges Menü kochen, mit Burger, Lachs und
Rindersteaks. Beste Produkte. Nichts, was man mal so eben au den Grill haut. „Wer Fußball gucken und
brutzeln, davor ein Holztisch, darau SMOKER
Garen mittels Rauch: Durch eine Öfnung gelangt er von der Feuerbox (r.) in den Garraum. Grillen bei 60 bis 90 Grad, bis zu 24 Stunden lang
ein Sommerblumenstrauß, Salat, Baguette und Wassermelone. Keiner der Polizisten wagt es, den Kop nach links zu drehen, zu der Gruppe und ihrem Grill. Dann müssten sie ja an-
halten und ihnen 20 Euro Bußgeld aubrummen ür ordnungswidriges Grillen, und das so kurz vor dem Feierabend. Die Polizisten ahren weiter.
nebenbei grillen will, macht Hals-
U
schnitzel. Wollt ihr genießen, kaut richtig gute Sachen“, sagt Volk. Genießen wollen sie alle. Michael, schon „Basic-Kurse“ hinter sich hat Klaus, Entwickler ür Zahnpastaver-
packungen, der nach „neuen Ideen und Impulsen“ ür seinen Kugelgrill
schaut. Genießen also – und ein bisschen beeindrucken, beispielsweise die Eherau. Würstchen grillen kann schließlich jeder. Aber
m den Tisch sitzen acht Leute.
Sie sind alle zwischen 28 und 37 Jahren alt und nach dem Studium in Berlin gelandet,
um dort zu arbeiten. Einer bei einem Umweltschutzverband, eine betreut
und jetzt, im „Classic-Kurs“, nach „Upper-Class-Rezepten“ sucht.
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gendwo zu kauen: Geduld. Man muss keinen Kurs besuchen,
dessen Rezepte au diesen Seiten
Techniker im Außendienst, der
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glänzende Geräte neuesten Typs, mit elektronischem Zündsystem und peppig beleuchteten Schaltknöpen. Sie heißen Genesis, Spirit oder schlicht Q, manche sehen aus wie eine Kreuzung aus ahrbarem
nehin zweitrangig. Die wichtigste Zutat ür Rinderrückensteak mit Chili-Kräuter-Butter gibt es nirGasgrill
Genuss hat seinen Preis
auch Gas- und Elektrogrills, chrom-
Metallschrankund Leopard-Panzer. „Kult“ seien die, schwärmt Volk, aber ansonsten hält er sich mit Produktwerbung zurück. Die Technik ist oh-
terteighaube“ oder, wie beim amtieRezept 2
Klassiker, schwarze Kugeln, aber
Kugelgrill Der HolzkohleKlassiker mit Deckel. Er sorgt ür gleichmäßige Hitze – und damit perekte Bräunung
die Facebook-Seite eines Großkonzerns, einer hat sein eigenes Startup. Im Sommer treen sie sich au dem Bordstein vor der Kreuzberger
WG von Daniel und Rana. Die liegt im Erdgeschoss. Über den Balkon reichen sich die Freunde Stühle, Teller, Gläser und kühles Bier. 4
k i F a r g o F n i n r e t s : n e n o i t a r t s u l l i ; r e g n a r t n e F F a a t i n a ; r e g e F . J s u k r a M ; s l e F d e u s n e t s r o h t : s o t o F
Der Dreibeiner in Aktion am RheinHerne-Kanal bei Castrop-Rauxel: Würstchen und Spieße, dazu Cola und Krombacher
Bodensee-Gastwirt Artur Frick-Renz (l.) mit Jagdreunden. Sein Smoker lieert zarte Rehkeule, mit Reh-Hack und Emmentaler geüllte Kartoeln, Pfrsich mit Salbei und Speck umwickelt, Reh-Bratwürste
Rezept 3
Gewürzöl-Garnelen Für 2–4 Portionen, rafiniert 4 Stiele Thymian, 4 Stiele Salbei, 6 Stiele Petersilie, 15 g rischer Ingwer, 1 Knoblauchzehe, 1 EL Fenchelsaat, 1 EL schares Paprikapulver, Meersalz, Schale von 1 Bioorange, Schale von 1 Biolimette, 1 TL schwarze Peferkörner, 8 El Olivenöl, 8 Riesengarnelen (ohne Kop, mit Schale, küchenertig, à ca. 80 g) 1. Thymian-, Salbei- und Petersilien-
blätter abzupen und grob hacken. Ingwer schälen und klein schneiden. Den Knoblauch klein schneiden. 2. Die vorbereiteten Zutaten mit Fenchelsaat, Paprikapulver, 1 EL Meersalz, Orangenschale, Limettenschale, Peferkörnern und Olivenöl in den Blitzhacker geben und ein pürieren. 3. Garnelen am Rücken entlang einschneiden, entdarmen und in einer Schüssel mit der Marinade mischen. Abgedeckt im Kühlschrank eine Stunde marinieren. Garnelen abtropen lassen und au dem heißen Grill zehn Minuten von allen Seiten grillen.
Zubereitungszeit: 20 Minuten plus eine Stunde Marinierzeit
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Bis vor Kurzem grillten sie noch au diesen Tankstellen-Dreibeinern, die schon nach der halben Saison gern durchrosten und abknicken. Die Berliner Clique hat vor ein paar Wochen deshalb zusammengelegt: 450 Euro ür einen gediegenen Grill samt Deckel mit eingebautem Thermometer, damit Nackensteaks und Hähnchenschenkel saftig bleiben. Noch hat sich keiner der Nachbarn beschwert, weder über den Fleischgeruch noch darüber, dass die Freunde über einen mobilen Lautsprecher, an den sie ihre iPhones anschließen, eine wilde Musikmischung hören, von Daft Punk bis zum Duett von Udo Lindenberg und Clueso. Unbeschwert ging es bis zum vergangenen Jahr auch im Berliner Tiergarten zu. Weil aber an Montagen nach sommerlichen Wochenenden auf den Wiesen zwischen Schloss Bellevue, Siegessäule und Botschatsviertel sechs bis acht Tonnen Knochen, Einwegteller und leere Ketchup-Flaschen lagen, verbot die Stadt die Völker und Kulturen verbindenden Grill-Happenings.
„Tanke“
Fürs schnelle Schlichtgrillen, bei dem das Bier im Vordergrund stehen soll und die Wurst nur als gute Grundlage dient
JVA-Version
Holzkohlegrill mit Resozialisierungsefekt: zu beziehen in verschiedenen Formen über die Geängnis-Shops in Deutschland
S
chade, denn das Grillen hat weltweit einen hohen gesellschatlichen Stellenwert. In Argentinien ist der „Asador“, der Mann am Grill, unumschränkter Herrscher jeder kulinarischen Festgesellschat. Asado ist der Grill, der Asador also das, was im spanischen Stierkamp der Matador ist. Das Wort „Churrasco“, wie die brasilianische Spielart des Grillens heißt, geht vermutlich au die lautmalerische Beschreibung des ins Feuer tropenden Fettes zurück. Braii ist die südarikanische Variante. „Lass die Finger von der Frau und dem Feuer eines Mannes“, gilt als überlieertes Sprichwort. Wo das alles seinen Anang nahm, lässt sich nicht eindeutig belegen. Der ranzösische Maler und Abenteurer Jacques Le Moynes hielt die Eindrücke einer kolonialen Amerikareise im 16. Jahrhundert in einem Bild est: „How to grill animals“. Die heute noch ehrwürdige Zunt „Chaîne de Rôtisseur“, der Spießbräter, geht au das 13. Jahrhundert zurück. Aber natürlich wurde auch schon vorher die Nahrung in der Glut ge-
So grillte das wilde Amerika im 16. Jahrhundert. Stich nach einem Aquarell des Franzosen Jacques Le Moynes. Nicht klar ist, was schneller verbrannte: das Getier oder das Gestell
gart. Der britische Anthropologe und Harvard-Proessor Richard Wrangham behauptet gar, die „Kontrolle des Feuers und die Erndung des Kochens“ hätten uns zu Menschen gemacht. Und das nicht vor 800 000 Jahren, sondern vor zwei Millionen. Bisherige Lehrmeinung: Erst als die Gehirne groß genug waren ürs Denken und Nachdenken, nutzte der Mensch das Feuer zur Zubereitung von Mahlzeiten. Wranghams These: Unsere Vorahren wuchsen, weil sie das Kochen, also Grillen überm Feuer, viel rüher entdeckten. Mit pfanzlicher Nahrung allein hätten die Gehirne nicht so wachsen können. Und weil parallel dazu die Zähne und Münder kleiner wurden, könne die Nahrung nicht rohes Fleisch gewesen sein. Es müsse sich um „weiches Essen“ gehandelt haben. Wer Feuer macht, steht oben
Wie so ot in der Geschichte der menschlichen Evolution habe der Zuall eine Rolle gespielt. Irgendwann sei ein Stück Essen ins Feuer geallen, ein neugieriger Homo erectus muss es wieder herausgepolkt haben. Das kennt man ja heute noch vom Tankstellengrill mit seinem unpraktischen Gitterrost: Man will das Würstchen drehen und, schwupps, rutscht es durch und in die Glut. Es qualmt, es kokelt. Man hebt hektisch den Rost an einer Seite – und schon kullern die restlichen Würstchen hinterher. Farblich passt sich das Gesicht in solchen Momenten der Weißglut an. Wer das Feuer macht, sagen uns die Soziologen, steht von Alters her in der Sozialhierarchie ganz oben. Nix Heimchen 4 s i b r o C / n o i t C e l l o C y r e l l a G e h t ; s l e F d e u s n e t s r o h t : s o t o F
am Herd, der Herr am Grill. Und dass die Männer lieber richtiges Fleisch denn Huhn, Fisch oder Gemüse essen, ist auch tradiert. Schreibt jedenalls der emeritierte Frankurter Ethnologe Klaus E. Müller in seinem einen Buch „Nektar und Ambrosia“. In allen Kulturen „kamen den Männern, vornehmlich den ältesten und den Haushaltsvorständen, das Vorrecht au Fleischkost zu“. In Europa habe das noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gegolten. Speziell in Notzeiten: „Männer standen im Rang über den Frauen.“ Vielleicht stehen sie deshalb so treu und unverbrüchlich est am Grill. Doch auch diese Bastion bröckelt. „Noch vor drei, vier Jahren verlor sich in unseren Kursen eine Frau, heute haben wir nicht selten vier oder gar ün unter den jeweils 20 Teilnehmern“, sagt die Hamburger Köchin Aleksandra Karimova. Holzkohle und Briketts, das stand ür heiß und geährlich, schwer zu kontrollieren.
Der Siegeszug des Gasgrills bringt das Männerbild ins Wanken, denn er ermöglicht fligranes, weniger schweißtreibendes Grillen. Und die Gasfasche kann der Mann anschrauben. Er wechselt ja auch die Reien. Nur was ist mit dem Geschmack:
Schön Rauchiges vom Gasgrill, wie soll das gehen? Ist es nicht die Holzkohle, die diesen einzigartigen Gout gibt, dieses Karamellige? „Beißen Sie
mal au ein Stück Holzkohle“, sagt Michael Homann, der deutsche Meister, der mit seinem Team „Gut Glut“ seinen Titel im Mai erolgreich verteidigte.„So soll das Fleisch doch wohl nicht schmecken.“ Der rauchige Grill- und Barbecue-Geschmack entstehe durch die hohen Tempera-
turen. Über 250 Grad karamellisiere der Fleischsat, es entstehe eine schmackhate Kruste au dem Fleisch. „Da ist es egal, ob die Hitze durch Holzkohle oder Gas erreicht wird.“ Gegen Gas spricht allenalls nur der Umstand, dass der sozialde-
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Auf den Geschmack gekommen? Bei www.stern.de/ grillen fnden Sie einen ausührlichen Grill-Führer mit vielen Rezepten, Fotos und Videos. Dazu: Rudol Jäger, Sprecher des Deutschen Grillsportvereins, über Whiskey im Holz und Männer am Scheideweg zwischen Smoker und Schwenker
mokratische Gesundheitsapostel Karl Lauterbach dauernd und enervierend dafür trommelt.
Ein Zweites: das womöglich ehlende „heimelige Geühl“, von dem der Oenburger Koch Gerhard Volk spricht, als er geühlte drei Stunden
nach Kursbeginn den Deckel des Grills önet. Er holt das Steak heraus, den vormals dicken Brocken,
würzt ihn mit Fleur de Sel und schwarzem Peer, schneidet ihn eierlich in dünne Scheiben. Und reicht sodann Scheibchen um Scheibchen au der Messerspitze. Gegessen wird mit den Fingern. Rosa-warmes, rauchiges Fleischaroma. Zarte Kruste. Grandios!
Was aber ist mit dem Feuer und dem Mythos, mit tradierten Menschheitsweisheiten wie „erloschenes Feuer = erloschene Familie“? Feuer wärmt die Seele und gibt
doch der männlichen Sehnsucht nach Romantik Ausdruck. Schließlich lagerten Männer am Lagerfeu-
Hoch hinaus: viel Bein bei Istanbul Next, der Plattform für junge türkische Designer
FotograFie
Weniger Stars, mehr Mode: Weniger Die Berliner Fashion Week war in diesem Jahr vor allem eine Bühne für den Nachwuchs. Der Fotograf Thomas Rabsch hat sich umgesehen
Gut gelaufen 11.7.2013
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Mode zieht zieht an – die Schönen Schönen wie die Unper Unperfekten fekten Patrick Mohrs Kleider werden von Models, Türstehern und Rollstuhlfahrern wie Nina Wortmann präsentiert
Warmlauen ür Lala Berlin: In den alten Opernwerkstätten üben die Models die Choreografe
Backstage beim Arica Fashion Day. Hier haben junge arikanische Designer die Möglichkeit, sich zu präsentieren
Auch Sänger Roger Baptist alias Rummelsnuf ist Model bei Patrick Mohr. Und gerade schlecht gelaunt, weil er nichts zu e ssen bekommt
Wie jedes Jahr lädt Michael Michalsky ins Berliner Tempodrom und eierte diesmal mit etwa 1500 Gästen seine neue Mode
Eine der wenigen VIPs: Mischa Barton, umringt von Bodyguards und Fotografen, bei der Show von Marc Cain
Ein seltenes Exemplar in der ersten Reihe
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Die Designerinnen von Augustin Teboul teilten mit weißen Stofbahnen einen alten Supermarkt aus den Sechzigern
Die Schauspielerinnen Peri Baumeister, Claudia Michelsen, Fritzi Haberlandt und Anna Fischer (v. l.) beim P & C-Nachwuchspreis „Designer or Tomorrow“
Auf der Wies’n: Für die Streetwear-Messe Bread & Butter wurde das Rollfeld des ehemaligen Flughafens Tempelhof in eine kleine Freizeitanlage verwandelt
Mann aus Eisen: Sven Marquardt, 51, Türsteher im Club Berghain und Fotograf, machte die Bilder für Patrick Mohrs Show
Impressum 1
Gegründet von Henri Nannen † Gruner + Jahr AG & Co KG Druck- und Verlagshaus
Sitz von Verlag und Redaktion: Am Baumwall 11, 20459 Hamburg Postanschrit: Brieach 18 20444 Hamburg Teleon: 040/37 03-0 Fax: 040/37 03-56 31 E-Mail: brie
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journal 4 Am 14. nix vornehmen: Lars Eidinger im TV! seite 100 4 Im Bett mit Amelie Fried seite 106 4 Klingt nach Sommer: Pop von Robin Thicke seite 116 4 Hüttenurlaub im Allgäu seite 120
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M e e r l es e m i t n Ax el P ra h l s e i t e 1 1 2
Hä? Der Künstler Leandro Erlich überlistet die Schwerkraft. Seite 110
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„Gleich bin ich ... Er wirkt so ruhig, so besonnen, doch wehe, wenn er losgelassen wird: Lars Eidinger ist die Sensation im deutschen Theater. Seine Kraft spürt man auch im Fernsehen
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Wahnsinnig mitreißend: Als Hamlet begeistert Lars Eidinger an der Schaubühne in Berlin das Publikum. Und die Kritiker
... frei“
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journal Kultur
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ines Nachts weckte der Schauspieler Lars Eidinger seine Frau und sagte: „Ich habe im Traum unsere Tochter getötet.“ Ein solcher Traum, ein solcher Wahnsinn, lässt sich bei ihm als Beruskrankheit einordnen: Ot balanciert Eidinger in seinen Rollen über den Abgründen der Seele. „Mich reizen extreme Charaktere und Psychopathen“, hat er mal gesagt. Das zeigt sich auch in der Rolle, die er im bislang besten deutschen Krimi des Jahres spielt, im neuen „Polizeiru 110“ aus München: Matthias Brandt als Kommissar Hanns von Meufels muss den Tod einer Frau aufklären, die mal ein Mann war, Polizeibeamte sind in den Fall verwickelt. Au dem rauen Weg zur Keine Hektik umströmt ihn, kein Wahrheit begegnet er der Trans- Künstlergehabe, eher Besonnenheit. sexuellen Almandine Winter, geSchauspielerische Urgewalt spielt von Lars Eidinger. Der stöckelt über die Straßen, Wir wollen über Leidenschat und stark geschminkt, die Augenbrauen den Inhalt seines Lebens sprechen, gezupt. Die Stimme aber klingt wie das Spielen. Denn wenn Lars die eines Mannes. Einmal muss sich Eidinger spielt, kann man nicht Almandine erleichtern, sie biegt ab, wegschauen. So wie in jenem Kieler lässt die Hose herunter und hockt „Tatort“ von 2012: Er war der Postsich wie eine Dame hin, obwohl boten-Mörder, er schwebte wie ein sie wie ein Herr gegen die Wand Geist in die Wohnungen seiner Opurinieren könnte. Wir sehen einen er. „Wer ist der Psycho-Mörder aus Menschen, der im alschen Körper dem ,Tatort‘?“, ragte darauhin die lebt, umweht von der Einsamkeit Boulevardpresse. eines Ausgestoßenen. Dank sol cher Eine schauspielerische Urgewalt war über die Fernsehgucker herein Autritte beginnt der Krimi zu iegen. gebrochen. Eingeweihte Kinozu„Die Szene war meine Idee, ich schauer kannten ihn bereits aus musste in dem Moment wirklich“, dem Film „Alle anderen“ von 2009, sagt Lars Eidinger. „Der Regisseur einer Studie über den Schlufhatte den Mut, das mitzudrehen.“ Mann von heute. In der SchaubühLars Eidinger ist zum Gespräch ne hat er bis heute mehr als 150 Mal ins Caé der Schaubühne in Berlin den Hamlet gespielt und sich mehr gekommen, seit 14 Jahren gehört als 150 Mal an den Punkt gebracht, er zum Ensemble des Hauses am „wo man ast im Jenseits ist“, wie Kurürstendamm. In wenigen Stun- er sagt. den muss er au die Bühne, Titel Ein Punkt, an dem er trotzdem des Stücks: „Dämonen“ – wie pas- noch Krat ür Ausbrüche hat. Einsend. Der 37-Jährige ist groß ge- mal verolgte er einen Zuschauer wachsen, die Haare trägt er halblang, bis zur Garderobe, weil dieser nach er erscheint im blauen Jackett. den letzten Worten – „Der Rest ist 102
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Disco-Lars
In unregelmäßigen Abständen tritt Lars Eidinger als Discjockey au. In seiner „Autistic Disco“ spielt er Musik, zu der „alle 500 Besucher tanzen“, wie er sagt. Nächster Termin: 16. 8., Schaubühne
Schweigen, das Licht geht aus“ – gesagt hatte: „Na endlich.“ Einmal erlitt ein Zuschauer einen Herzinarkt, nachdem Eidinger, der sich vom ständigen Husten gestört ühlte, ihm zugeruen hatte, er solle doch endlich gehen. Der Mann überlebte. Eidinger tritt als schauspielerischer Extremist au. „In dieser Schublade ühle ich mich wohl“, sagt er. Seinen Autritt im „Polizeiru“ erklärt er so: „Diese Rolle hat mir klargemacht, warum ich Schauspieler geworden bin. Man sucht sich selbst.“ Es sei ein Missverständnis zu glauben, ein Schauspieler wolle durch seine vielen Rollen von sich selbst weggehen. „Ich begreie meinen Beru genau andersherum: Ich will durch andere Figuren mehr über mich herausfnden.“ In der Schule hatte er sich zum Klassensprecher wählen lassen, allerdings nicht, um sich ür die Bedürnisse der Mitschüler starkzumachen. „Es ging mir ums Gewinnen der Wahl. Ich wollte hinter meinem Namen 30 Striche sehen.“ Da habe er gemerkt, dass er nicht richtig ticke. „Ich habe immer dazwischengeruen – und den war-
o t o F r e t n i ; a p d / t d n e W G r o e G ; r B / r e t l e t s n i t s r e K : s o t o F
Er kann Seelenzustände sichtbar
men Schauer genossen, der mir den Rücken herunterlie, als die Klasse
lachte.“Er wählte die Schauspielerei als Beru, weil er diesen Schauer immer aus Neue erleben wollte. Ein Gespräch mit Lars Eidinger bietet ein seltenes Erlebnis. Bald balanciert man mit ihm über die
Abgründe. Wir reden über die Intensität, die er au der Theaterbühne erlebt. „Der Moment, nach dem ich mich sehne, ist eigentlich der Tod“, sagt er. „Da gibt es, wie in der abso-
luten Gegenwart beim Spielen, kein Vorher und Nachher.“ Wir reden über das Streben nach Glück. „Meine Sehnsucht ist nicht
erüllbar. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder erkenne ich, dass diese Unerüllbarkeit meinem Leben einen Sinn verleiht und mich antreibt. Oder ich bringe mich um.“ Es änden sich viele Beispiele, in denen Künstler den zweiten Weg gewählt hätten. Und wir reden über die Angst. Nach der Geburt seiner Tochter
als Schauspieler. „Mein Intendant Thomas Ostermeier sagt, erst diese Angst habe mich ür den Hamlet qualifziert.“ Und noch etwas habe er gelernt: „Ein Arzt hat eine klare Augabe:
Provinz über verehlte Träume und Swingerklubs.
Er soll Leben retten. Und der Schau-
wenn ich etwas Peinliches in einem
spieler? Der macht das Leben, das der Arzt rettet, schön. Ich bin ver-
Interview gesagt habe. Sie holt mich
antwortlich daür, dass dieses Leben einen Wert bekommt.“ Seine Frau darf „Stopp“ rufen Es sind noch etwa zwei Stunden bis zum Autritt. Eidinger scheint rei von Auregung zu sein. Es reiche ihm, kurz vor Beginn der Auührung die Augen zu schließen und an die Anarchie au der Bühne zu denken – „gleich bin ich rei, alles machen zu können“. Eidinger spielt so viel, dass er sich wie austrainiert ühlt. Er kann jederzeit loslegen. Im Herbst werden zwei weitere
Fernsehflme mit ihm zu sehen sein. Einmal „Du bist dran“, das Drama eines Mannes, der die Kinder groß-
stellten die Ärzte est, dass das Mäd-
zieht und das Klo putzt, während die
chen am Herzen operiert werden musste. Der Eingri gelang, Eidingers Tochter ist gesund. Die Angst um sie aber hat ihn geprägt, auch
Frau Karriere macht. Zum Zweiten die Verlmung des Erolgsbuches „Grenzgang“ von Stephan Thome, einer Geschichte aus der deutschen
„Ich habe im Moment einen Run“, sagt Eidinger. Aber seine Frau, eine Opernsängerin, dar ab und zu mal
„Stopp“ ruen. „Sie beschimpt mich, von meinen Höhenfügen zurück.“ Einmal hat er sich, noch berauscht von seiner Rolle als der Dichter Georg Trakl, in Amsterdam eine Lederjacke und eine Lederhose ge-
machen, intensiv, immer au den Punkt: Lars Eidinger als Transsexuelle im „Polizeiru 110“, als mörderischer Paketbote im „Tatort“ und als ewiger Zweier im Kinoflm „Alle Anderen“ (v. l. n. r.)
kaut. Für 3000 Euro. „Mein Frau hat mir den Vogel gezeigt. Eine Lederhose! Ob ich mich ür Jim Morrison hielte?!“ Er hat die Sachen zurückgeschickt. „Seitdem habe ich in Amsterdam einen Gutschein über 3000 Euro.“
Und der Wahnsinn? Alles nur vorgetäuscht, sagt Lars Eidinger. „Ich
spiele halt gern den Wahnsinnigen.“ Im Moment fndet sich kein Zweiter, der diese Täuschung so gut beherrscht wie er. 2
Oliver Creutz
6
Einschalten
Die „Polizeiruf“-Folge „Der Tod macht Engel a us uns allen“ ist am 14. 7. um 20.15 Uhr in der ARD zu sehen 11.7.2013
103
journal mobil
Wirklichkeit
Die Experten vom stern: Harald Kaiser, Jan Boris Wintzenburg und Frank Janßen (v. l.)
voRwäRTs!
Aus drei mach eins Der neue Renault Captur lockt Familien, die das jeweils Beste verschiedener Fahrzeugkategorien wollen
Der modische Captur am Rhein in Köln
Technik Mtren Benziner: 0,9/1,2 l, 90/120 PS; Diesel: 1,5 l, 90 PS
Fahrleitungen Riesenhandschuhach
0–100 km/h: 10,9–13,1 Sek.; Spitze: 171–192 km/h; Normverbrauch: 3,6–5,4 Liter; CO 2: 95–125 g/km
Geicht/Prei 1,18–1,25 t, ab 15 290 Euro
Koferraum mit doppeltem Boden
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Mobile Rückbank. Kleinamilien werden sich reuen. Für Eltern mit einem Kind ist der Captur als Transportmittel wie geschafen. Nicht nur der Nachwuchs kann sich hinten mit seinem Krimskrams ausbreiten. Schön auch, dass die Rückbank um 16 Zentimeter verschiebbar ist, wodurch mehr Knieraum entsteht – allerdings au Kosten eines kleineren Koferraums. Das Design ist gefällig, sofern man auf trendiges Aussehen steht. Während die Schnauze mit den großen Scheinwerern relativ bullig wirkt, ist der Rest der Karosse optisch au schlank getrimmt. Wobei das stets schwarz lackierte Querstück zwischen den Rädern als Taille ungieren soll, optisch aber eher wie ein Trittbrett wirkt. 4 MäßigeAusstattung. Innen gibt es keinen Krieg der Knöpe. Die meisten Schalter sind im zentralen Bedienelement untergebracht, dem Berührungsbildschirm in der Mitte. Man sitzt ordentlich und hat auch nach vielen Kilometern keine Kreuzschmerzen. Mitunter etwas schrill allen die Farbkombinationen ür Sitze und Seitenteile aus, was aber natürlich Geschmackssache ist. Keine zwei Meinungen hingegen gibt es bei Bremsen, Lenkung, Fahrwerk oder Schaltung: alles gut, bissig, präzise oder kommod, wie die Federung. Schade nur, dass es in der Grundversion „Expression“ zwar ein verstellbares Lenkrad und auch einen Tempomaten gibt, ein Sechsganggetriebe, Klimaanlage und Radio aber nur gegen Aufpreis. 4 Abziehbare Sitzbezüge. Wer den Wagen als Familienkutsche nutzen will, fährt mit dem 90-PSDiesel gut. Der verbraucht etwa fünf Liter und hat Damp ür 170 km/h. Eltern wird es freuen, dass Schmierereien au den Sitzen der Topversion unproblematisch sind. Die Bezüge können in die Waschmaschine gesteckt werden. 2 Harald Kaiser 4
Anspruch Man nehme eine Portion Limousine, ein bisschen Geländewagen und einen Schuss Van, füge die Zutaten zusammen, und schon ist ein sogenanntes Crossover-Auto entstanden. Der neue Renault Captur, jetzt im Handel, ist so ein Kreuzungsgeschöp. In ihm sind Vorzüge wie höhere Sitzposition (Geländewagen), größeres Raumangebot (Van) und bessere Fahrdynamik (Limousine) vereint. Ziel ist es, mit diesen Multi-Eigenschaften jene Kunden zu locken, denen etwa ein höherer Sitz allein zu wenig ist. Basis des Captur ist die um sechs Zentimeter verlängerte Plattform des Clio, Renaults erfolgreichen Kompaktwagens.
Der Renault Captur in Beegung Im eMagazine des stern sehen Sie das Video zum Fahrbericht
k c l e Z e r d n A : S o t o F
journal persönlich
t h c e r a n i g e r : o t o F
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I m B e tt tt m I t
Amelie Fried
W
enn es um auregende Bettgeschichten geht, ist ist die BestsellerB estsellerautorin („Am Anang war der Seitensprung“) eine erstklassige
Gesprächspartnerin. Privat sieht das Liebesleben der Amelie Fried entspannter aus, zum Fototermin bringt sie ihr Lieblings-
blumenkissen mit. Der fauschige, blaue Bademantel stammt ursprünglich aus der stern-Requisite, jetzt hängt er im Fried’schen
Badezimmer im Bayerischen Oberland und wird täglich getragen. Schlaen Sie gut?
Eher nicht so. Wenn man Mutter ist, ist man ständig mit einem Ohr bei den Kindern. Das hört leider auch nicht au, wenn sie mal aus dem Haus sind. Ganz ehrlich: nackt oder Schlaanzug Schlaanzug? ?
Weder noch. Nachthemd. Mit langen langen Ärmeln. Für Negligés ist es in Deutschland zu kalt. Was ällt Ihnen leichter: austehen oder einschlaen?
Mit dem Alter hat sich das verändert, heute stehe ich besser au. Andererseits schlae ich beim größten Gebrabbel ein. Partys machen mich unwahrscheinlich müde. Schlaen Sie vor dem Fernseher?
Soort! Egal, welches Programm. Ich könnte wahrscheinlich auch au dem Evangelischen Kirchentag in irgendeiner Ecke liegen und schlaen. Schnarcht Ihr Mann?
Manchmal. Er bestreitet das. Um dennoch ein-
schlaen zu können, höre ich Hörbücher. Genauer: Genauer: ein Hörbuch – „Schnee, der au Zedern fällt“. Ich weiß bis heute nicht, worum es geht, weil ich immer spätestens
in der zweiten Hälte der ersten CD einschlae. Was halten Sie von getrennten Betten?
Gute Idee. Was soll man sich die Nächte zur Hölle machen? 88-Jährige in Löfelchenstellung sind wunderbar – aber es muss sich doch keiner wegen des
Mythos vom ehelichen Schlazimmer oltern. Denken Sie beim Sex?
Je besser der Sex, desto weniger. Wenn Ihr Liebesleben ein Stück Musik wäre, dann hieße es …?
Boléro von Maurice Ravel. Nicht irre originell, oder? Lassen Sie Ihre Katze ins Bett?
Nein, das tue ich nicht! Sie liegt au einem Handtuch au der Tagesdecke au dem Bett. Jedenalls theoretisch. Mein Mann hasst das alles wie die Pest. Eine Tasse Tee, das geblümte Lieblingskissen – und für die 53-jährige Moderatorin und Schriftstellerin ist die Welt in Ordnung
Wovon würden Sie gern häufger träumen?
Den intensivsten Traum hatte ich als Kind. Ich erinnere mich noch heute in allen Einzelheiten, obwohl ich mittendrin augewacht bin: Ich war Erbin eines Schuhgeschäts. Ein Traum! Neben wem wollen Sie niemals auwachen?
Neben einem Pathologen im Dienst. 2 Interview: Christoph Wirtz 11.7.2013
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journal stil
bi 10 Ero
bi 1000 Ero
Gechüz
Ger
Die Macher dieses
Eine gewöhnliche Sonnencremeasche? Würden wir an dieser Stelle kaum empehlen. Tatsächlich sehen Sie hier das wohl sicherste Strandversteck ür Schlüssel, Geld und Handy. Über coolstuf.de, 9,90 Euro
bunt gepixelten Sonnenschirms
behaupten, nichts sei ihnen vertrauter als aule Sommertage am Strand. Kein Wunder: Sie kommen ursprünglich aus Australien. Der Schirm spendet nicht nur Schatten, sondern hat
auch noch einen Lichtschutzfaktor 50! basilbangs.com, ca. 170 Euro
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Das Kinder-T-Shirt aus Biobaumwolle von Stella McCartney kommt zusammen mit verschiedenen lustigen Klettverschluss-Bärten, die je nach Laune kombiniert werden können. stellamccartney.com, ca. 45 Euro
Geküh
Der Fiat 500 aus den Sechzigern ist ein Klassiker. Sein Koferraum war da, wo sonst der Motor ist. Dieser durchgesägte Fiat 500 hat nun vorn eine Kühlbox. Damit wird der Liebhaberwagen zum Luxuskühlschrank. smeg.de, ca. 6500 Euro
was uns G Efällt
Für die beste Zeit des Jahres Schönes und Gutes von 9,9 bis 65 Euro
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Y t t E G / S P I L L I h P N h o J ; P F A / S I L L A t N I t S U J : S o t o F
journal augenblick
Haus über Kopf Abhängen an der Fassade? Ein Illusionskunstwerk in London macht’s möglich
M Illusionskünstler Leandro Erlich stammt aus einer Architektenfamilie. Viele seiner Werke stellen die Wahrnehmung von Räumen und Gebäuden infrage – und damit Selbstverständlichkeiten des Alltags
it magischer Anziehungskrat verzaubert eine hellgraue Hausassade die Menschen am Rand einer kleinen Londoner Straße. Kaum einer, der nicht die Backsteinwand hinaufbalancieren, aus dem Fenster stürzen oder am Sims baumeln möchte. Geährlich? Kein bisschen. Denn die Fassade liegt fach au dem Boden. In den Himmel ragt lediglich ein haushoher Spiegel, im 45-Grad Winkel über der Wand installiert. Ein begehbares Kunstwerk, das die Welt au den Kop zu stellen scheint. Umgekrempelt hat sie der argentinische Künstler Leandro Erlich. Der 1973 Geborene gilt als Meister der Illusion. 1999 sorgte seine Installation eines begehbaren Swimmingpools ür Schlagzeilen: Besucher konnten trockenen Fußes im Becken unter der Wasseroberfäche entlangspazieren. Es ist das Grundprinzip von Erlichs optischen Täuschungen: Besucher und Betrachter werden zum Teil des Werks, die Grenze zwischen Publikum und Kunst löst sich au und stellt die gewohnten Wahrnehmungsmuster infrage. Den Ort seiner neuesten Installation hat der Künstler nicht zufällig gewählt: Die begehbare Fassade gleicht den viktorianischen Häusern, die im Zweiten Weltkrieg an genau dieser Stelle in London durch deutsche Bomben zerstört wurden. 2
Auch mal ausprobieren? The Dalston Ho use, 1–7 Ashwin Street, London. Bis 4. August, Eintritt frei, www.barbican.org.uk 11.7.2013
111
journal buch
sTern-BesTseller
Tabu 1 (–)
Crossre. Erüllung Sylvia Day (Heyne) Die US-Autorin Sylvia Day ist vielseitig einsetzbar. Eine exible Schreibkrat, deren Portolio ebenso breit wie ach ist. Urban-Fantasy-Romane, historische Romane, Romane über Paranormales: Sylvia Day schreibt, was au dem Markt geragt ist – und das auch noch in Serie. Im dritten Band ihrer „Crossfre“-Reihe geht es um „Erüllung“. Die fndet ihr Protagonist, ein superreicher, supergut aussehender Arschloch-Manager, in den Armen einer superhübschen, superunterwürgenBerusanfängerin. Ihre qualvollen Kindheitstraumata bewältigen die beiden über 480 Seiten mit ausgiebigen Sexorgien. Ein zurzeit sehr populärer Therapieansatz, der schon „Shades O Grey“ zum Weltbestseller machte.
2 (1)
Ein ganzes halbes Jahr Jojo Moyes (Rowohlt)
3 (2)
Die Toten, die niemand vermisst Michael Hjorth, Hans Rosenfeldt (Rowohlt)
4 (3)
Der Lavendelgarten Lucinda Riley (Goldmann)
5 (4)
Blackout – Morgen ist es zu spät Marc Elsberg (Blanvalet)
6 (5)
Shades o Grey – Geheimes Verlangen E. L. James (Goldmann)
7 (10)
Das Salz der Erde Daniel Wolf (Goldmann)
8 (–)
Sommerprickeln Mary Kay Andrews (Fischer)
Mein Lieblingssatz: „Die Weite des Himmels, der unverstellte Blick in alle Richtungen, gibt mir ein unbeschreibliches Geühl von Freiheit.“ WAs Ich lese
Vom Leben an der See Schauspieler Axel Prahl liebt das Meer – und ein Buch über Menschen, die den „Inselstolz“ in sich tragen
O
bwohl ich momentan in Berlin lebe, werden die, die schon mal meine CD „Blick aus Mehr“ gehört haben, vielleicht meine große Afnität zum Meer und der Seeahrt bemerkt haben. Ich bin eben doch ein Kind der Küste. Ich wuchs in Neustadt in Holstein au, mein Vater Dieter uhr zur See, und ich erlebte eine Jugend am Strand inklusive der Butterahrten, au denen wir die Touristen bei etwas Wellengang gern mit dem Erbsensuppentrick geärgert haben: Mit etwas Erbsensuppe stellten wir uns damals an die Reling …, aber lassen wir das. Noch heute verbringe ich meine reie Zeit am liebsten am Wasser. Mein Buchtipp beschätigt sich also natürlich mit dem Meer. In „Insel112
11.7.2013
stolz“ erzählen 25 Menschen von Deutschlands Nordseeinseln ihre Geschichten vom Leben an der See: Sylts Austernprinzessin, Halligkinder, ein alter Fischer, der letzte Strandräuber oder der Fußballheld von Langeoog berichten, wie das ist, dort zu wohnen, wo andere Urlaub machen. Mir kamen die Insulaner beim ersten Lesen seltsam vertraut vor. Ich mochte die Art, wie sie von Einsamkeit erzählen, vom Leben zwischen Strandkorb und Brandung, vom Alltag au den kleinen Welten vor der Küste. Wie die Inseln selbst sind ihre Bewohner rau, aber charmant. Voller Inselstolz. Ich mag das. 2 Axel Prahl, 53, ist Musiker und Schauspieler. Als Hauptkommissar Thiel ist er einer der beliebtesten „Tatort“-Ermittler
Uw Ba, Gad Wad, Axad Babi: „Itoz“,
Ankerherz Verlag, 29,90 Euro
9 (–)
Die Hummerschwestern Beverly Jensen (BTB)
10 (6)
Shades o Grey – Gefährliche Liebe E. L. James (Goldmann)
y t t e g ; S u a l K g r ö J : S o t o F
„La le lu“ geht imm er, aber wie wär’s mal mit „Viire takka“ aus Estland? Das Buch „Wiegenlieder aus aller Welt“ (inkl. CD) lädt ein zum internationalen Wegschlummern (Reclam, 24,90 Euro).
Sachbuch
Belletristik
1 (–)
Duden – Die deutsche Rechtschreibung (Bibliographisches Institut)
2 (1)
Schantall, tu ma die Omma winken! Kai Twilfer (Schwarzkopf & Schwarzkopf)
3 (2)
Die große Volksverarsche Hannes Jaenicke (Gütersloher Verlagshaus)
4 (3)
1913 Florian Illies (S. Fischer)
Inerno Dan Brown (Bastei Lübbe)
2 (2)
Silber – Das erste Buch der Träume Kerstin Gier (Fischer)
3 (3)
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand Jonas Jonasson (Carl’s Books)
4 (5)
Er ist wieder da Timur Vermes (Eichborn)
5 (4)
Bretonische Brandung Jean-Luc Bannalec (Kiepenheuer & Witsch)
5 (5)
Vegan or Fit. Die Attila Hildmann 30-Tage-Challenge Attila Hildmann (Becker Joest Volk)
6 (4)
Weber’s Grillbibel Jamie Purviance (Gräfe und Unzer)
6 (6)
Allmen und die Dahlien Martin Suter (Diogenes)
7 (–)
FC Bayern München – Triple 2013 Ulrich Kühne-Hellmessen, Detlef Vetten (Die Werkstatt)
7 (7)
Bretonische Verhältnisse Jean-Luc Bannalec (Kiepenheuer & Witsch)
Das große Los Meike Winnemuth (Knaus)
8 (9)
8 (6)
Das Lavendelzimmer Nina George (Knaur)
9 (WE)
Blick in die Ewigkeit Eben Alexander (Ansata)
9 (8)
Tierische Profte Donna Leon (Diogenes)
10 (10)
Joyland Stephen King (Heyne)
10 (WE) Showdown
Dirk Müller (Droemer) g E i t S n i E r E d E i W = ) E W ( ; g E i t S n i E u E n = ) ( ; K a r t n E r / l o r t n o c a i d E m : E l l E u Q
1 (1)
Bis heute weiß niemand, wer sich hinter dem reizenden Pseudonym einzlkind versteckt, unter dem vor drei Jahren der absolut lesenswerte Roman „Harold“ erschien. Nicht minder großartig nun der Nachfolger: „Gretchen“, um die 75, Superdiva des
Theaters, Fashion Victim, dreist, spitzzüngig – und von einem Londoner Richter
au eine Insel bei Island verbannt. Ein vergnüglicher Clash der Kulturen mit Seitenhieben und überraschendem Ende (Edition Tiamat, 18 Euro).
22222
Man nehme: langsam wachsende Ahnungen.
Man denke: das Nächstmögliche. Man prüe: neue Kombinationen bekannter Bausteine. Man gestatte sich: wegwei-
sende Irrtümer. Was seltsam klingt, sind Maximen aus Steven Johnsons klugem, unterhaltsamem Buch „Wo gute I deen herkommen“, einem
Führer durch die Geschichte der Innovation. Johnson plädiert ür einen vernetzten Geist in assoziationsreudigem Zustand – selten so gedacht (Scoventa, Ü.: Michael Pfngstl, 19,99 Euro).
22222 11.7.2013
113
journal Film
Was ist das denn – und was mache ich hier? Ein Besucher der „Four Horsemen“-Show steckt plötzlich im Tresorraum einer Pariser Bank
Alles völlig illusorisch Ohne Netz, aber mit doppeltem Boden: der rasante Zauber-Thriller „Die Unfassbaren – Now You See Me“
die Toleranzschwelle. Und wer Lust au einen eskapistischen Hochgeschwindigkeits-Trip ohne philoso-
phischen Überbau, tiefenpsychologische Atempausen und sonstige handlungsverzögernde Nebengeräusche verspürt, wird zwei höchst
vergnügliche Stunden verbringen. Der Thriller des Luc-Besson-
Schülers Louis Leterrier („Transpor-
rüher kennen. Keine monströs übergewichtige Kinoversion
ter“) erzählt von den Kapriolen der Entesselungskünstlerin Henley (Isla Fisher), des ngerertigen Trickbetrügers Jack (Dave Franco), des Mentalisten Merritt (Woody Harrelson) und des Magiers Daniel (Jesse Eisenberg). Im Autrag eines mysteriösen Unbekannten veranstalten die vier Illusionisten als
eines Comics oder einer T V-Serie.
„The Four Horsemen“ bombastische
Für Hollywood-Verhältnisse ist der Film „Die Unassbaren – Now
Zaubershows, in deren Verlau sie
You See Me“also durchaus originell.
Das Geld behalten sie allerdings
Das allein macht natürlich noch
nicht. Gleich beim ersten und spek-
kein gutes Kino aus, aber immerhin hebt dieses Überraschungsmoment automatisch schon mal ein bisschen
takulärsten Trick teleportiert das Quartett einen Zuschauer von der Bühne in Las Vegas in eine Pariser
F 114
ast schon eine Seltenheit. Keine Zahl hinter dem Titel. Kein maskierter Superheld weit und breit. Keine Neuauage
einer Geschichte, die wir von
11.7.2013
millionenschwere Beute machen.
Bank und lässt die dort erbeuteten APPS DER WOCHE
Safe Der Tresor fürs Smartphone schützt wichtige Daten (PINs, Passwörter) und Fotos vor neugierigen Blicken (iOS, 2,69 Euro, Light Version: 1,79 Euro)
Scheine auf sein Publikum regnen. Sie sind wirklich nicht zu assen, weder vom zunehmend unleidlich werdenden FBI-Agenten Dylan Rhodes (Mark Rufalo) noch von seiner hübschen Interpol-Kollegin Alma (Mélanie Laurent) oder dem zwielichtigen Thaddeus Bradley (Morgan Freeman), der seinen Lebensunterhalt mit dem Entlarven
von Zaubertricks bestreitet. Bis zum erstaunlichen Finale bleibt bei dieser Kaskade um Täuschung, Betrug, Verschwörung, Rache und geheime Identitäten völlig unklar,
wer hier eigentlich warum welches Spiel spielt. Dass dabei auch der Magic Kit Lehrt zwölf magische Tricks, die oftmals wirklich überraschend sind. Sogar mit Kaninchen! (iOS, 4,49 Euro)
Zuschauer nicht immer auf Augenhöhe ist – geschenkt. „Sehen Sie
genau hin“, brummelt Thaddeus im Trailer des Films. „Denn je näher Sie zu sein scheinen, desto weniger werden Sie sehen.“ Weiß der Him-
mel, was er damit meint. Wen kümmert’s? Macht auch so Spaß. Bernd Teichmann 22222
e d r o C n o C : o t o F
DVD-TIPP
STErn-BESTSELLEr
Film 1 (–)
Ich – Einach unverbesserlich 2 Trickflmspaß um geläuterten Fiesling. Spielt nicht im Iran. Besucher: 515 971
2 (1)
World War Z Lebende Tote erobern den Globus. Die Rolling Stones scheinen wieder au Tour zu sein. Besucher: 205 825; gesamt: 918 330
3 (–)
Tafe Mädels Zwei total unterschiedliche Polizistinnen im Einsatz. Favorit auf den Innovationspreis. Besucher: 116 851
4 (2)
5 (3)
Man o Steel Superman 2013: wenig Stahl, viel Blech. Besucher: 54 980; gesamt: 656 108
6 (4)
Hangover 3 Der längste Kater aller Zeiten. Und kein Gegenmittel weit und breit. Besucher: 45 318; gesamt: 2 959 140
7 (5)
g e i t s n i e r e d e i W = ) e W ( ; g e i t s n i e u e n = ) – ( ; k a r t n e r / l o r t n o C a i d e m : e l l e u Q
Die Monster Uni Dank der Bachelor-Studiengänge au dem Vormarsch. Besucher: 79 255; gesamt: 968 576
Fast & Furious 6 Rasen, bis der Arzt kommt. Der Film zur deutschen Autobahn. Besucher: 21 465; gesamt: 2 785 191
8 (6)
The Purge – Die Säuberung Horror ohne Bügeln und Fensterputzen. Besucher: 16 283; gesamt: 270 438
9 (–)
Fliegende Liebende Hysterisch-komische Zustände über den Wolken. Auch bekannt als: Urlaub mit der Tui. Besucher: 12 415
10 (8)
The Place Beyond the Pines Ryan Gosling als cooler Biker. Leider nur im ersten Dr ittel. Besucher: 12 194; gesamt: 205 630
Im britischen Fernsehen wird sie weiter zelebriert, die gute alte Zeit. Nach „Downton Abbey“ und „The Hour“ kommt n un die erste Stael der BBC-Hit-Serie „Call The Midwife“ au DVD. Sie schildert die Erlebnisse einer Hebamme und ihrer aufopferungsvollen Mitstreiterinnen im tristen Londoner East End der 50er Jahre. Das ist nicht nur sauber, sondern rein: Der Kitsch ist hier ot nur eine Windelbreite enternt – aber das au sehr hohem Niveau.
Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs lässt der katalanische Regisseur Cesc Gay in seinem Episodenflm „Ei Fei tag i Baceloa“ aueinandertreen und gemeinsam leiden. An Scheidungsschmerzen, Neurosen oder Erektionsstörungen. Gut gespielte Komödie, aber sehr dialoglastig und ormal eher wie ein TV-Film.
22222
Caseys Leben hängt an der Strippe von Notruteleonistin Jordan (Halle Berry, o.), die in „The Call – Leg icht auf!“ alles daransetzt, um den Wagen zu orten, aus dessen Koerraum die entührte 16-Jährige anruft. Die Schnitzeljagd ist schweißtreibend inszeniert, aber als Jordan selbst eingreit, geht dem Thriller arg schnell die Lut aus.
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Während die Welt das Gezerre um den NSAInormanten Edward Snowden verolgt, erinnert Alex Gibneys esselnde Doku „We Steal Secets: Die Wikileaks Geschichte“ an die Entstehung der Enthüllungs-Website und entwirt zugleich das Psychogramm des Gründers Julian Assange (l.) und seines Geheimnislieeranten Bradley Manning.
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journal muSik
STeRN-BeSTSeLLeR Robin Thicke stellt uns vor die Frage, wieso gut aussehende Männer auch noch gute Musik machen dürfen
CD 1 (–)
Liebe ist meine Religion Frida Gold
2 (2)
13 Black Sabbath
3 (4)
Mit den Gezeiten Santiano
4 (–)
The Weight Of Your Love Editors
5 (5)
Bei meiner Seele Xavier Naidoo
6 (6)
Im Herzen jung Amigos
7 (8)
Random Access Memories Daft Punk
8 (7)
New York, Rio, Rosenheim Sportfreunde Stiller
9 (9)
Glücksgefühle Beatrice Egli
10 (1)
D.N.A. Genetikk
SoNNe zum miTSiNgeN Summertime (Ella Fitzgerald & Louis Armstrong)
Freudentaumel Erst schrieb Robin Thicke Songs für Christina Aguilera und Pink. Jetzt glänzt er mit einem eigenen Album
N
ur mal angenommen, Michael Jackson wäre nach „Thriller“ und „Bad“ nicht durchgedreht, hätte ein bisschen mehr Spaß am Leben gefunden, hätte sich etwas mehr Leichtigkeit, Witz und
Neugierde bewahren können. Dann wäre Jackson vielleicht noch einmal gelungen, was jetzt ein ärgerlich gut aussehender 36-jähriger Kalifornier namens Robin Thicke mal eben so raushaut: ein nahezu perfektes Popalbum voller „blurred lines“, voller verwischter, verschwimmender Linien, in dem der Musiker all das mischt, was ihn geprägt hat: Jackson und Prince, 116
11.7.2013
Stevie Wonder und Marvin Gaye,
Hip-Hop, Pop, Soul und R’n’B. Thicke (sprich: Thick) begann mit zwölf Klavier zu spielen und komponierte bald eigene Musik. Später schrieb er Songs für Christina Aguilera, Mary J. Blige oder Pink. Schon sein Album „The Evolution Of Robin Thicke“ (2006) deutete an, was
dieser Mann kann. Seitdem schritt seine Evolution weiter voran: Die Titel-Single „Blurred Lines“ ist neben Daft Punks „Get Lucky“ bereits der Sommerhit des Jahres. Wen Thickes Song nicht in sofortigen Freudentaumel versetzt, der sollte dringend seine Vitalwerte überprüfen lassen. Möglicherweise ist man unbemerkt
verstorben.
Cruel Summer (Bananarama) Summer Wine (Nancy Sinatra & Lee Hazlewood) Summer Night City (Abba) Unemployed In Summertime (Emiliana Torrini)
Ärger mit Chef oder Ehepartner? Brechen Sie aus! Werden Sie Rapper! Fordern Sie, dass sich der ein oder andere Mitmensch einfach mal f***en soll. Der sozialen Ächtung durch Vorgesetzten, Kegelbruder oder Schwiegermutter entgehen Sie durch einen fabelhaften Trick, abgeschaut bei Sido, Cro oder Genetikk: Sie setzen sich eine Maske auf. Bleiben schön privat. Und dann stellen Sie sich auf die Straße und schreien: „F***en! F***en! F***en!“ Tut sicher gut.
Tobias Schmitz
Rbn Thck: „Blrrd Lns“
erscheint am 12. Juli
22222
Neil Tennant ist gerade 59 geworden. Und trotzdem schat er es einach nicht, seine Pet Shop Boys wie Frührentner klingen zu lassen: „Electric“ vereinigt Pathos und großen Dancefoor-Pop. Das beste Stück trägt zugleich den besten Titel: „Love Is A Bourgeois Construct “.
22222
y t t e G ; i
d i H a V n a t o o H : S o t o F
A L L T A G S T I P W P * ir d
b ei u t p o f ns m nic al d ht a w ir i lle er h inn , sc E so n i nd c hü ht w e t r t n w e n u ns g , isc e e r T he n r S e d o r p am p e it ie nha ch t u le s ’ . s ck b er n e i un ac s im h G ek e o r ch te m m.
Sätze für die Ewigkeit Heute: Gastronomie
„Die am Fenster zahlen gleich.“ „Geht sofort los bei euch!“ Personenkontrolle
s e G a M I
y t t e G / y B M u M x a M ; o t o F ; k c e B ; h c s I t t o r e v I l o : n e n o I t a r t s u l l I
Queen Elizabeth II So mancher Mensch Schluckt Medizin, Sein Leiden zu zerstreuen. Der Brite hält sich eine Queen Und dar sich täglich reuen.
„Moment, ich wisch noch mal kurz drüber“
48 %
„So, wer war die Funghi?“ „Treppe runter, dann links!“
aller Deutschen fänden es gut, wenn aller guten Dinge mindestens vier wären
erziehungsberatung
Ihr Sinn so roh, ihr Herz so leicht, Dass alle Korken knallen! Und noch der härtste Stein erweicht, Lässt sie ein Späßchen allen.
Das Mofa-Problem
Ein Lächeln blüht aus ihrem Mund So warm wie blaue Bohnen. So steigt ihr Lohn aus gutem Grund Demnächst um zwei Millionen.
FALSCH: „Ich hatte auch kein Mofa!“
Thomas Gsella
* V o n L e s e r au s H e i n H e r z D D e c k e . V i e t z i e L e n D a n k !
Kind: „Papa, ich will ’n Mofa!“
RICHTIG: „Jay-Z hat auch kein Mofa!“ 11.7.2013
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Ein Mann wie eine Bergzinne: Hüttenwirt Jochen Krupinski, 62 Jahre, davon 36 auf der Hütte
journal reise
Welch ein Panorama! Doch daür ehlt dem Autor (l.) der Blick. Beim Abstieg vom Kemptner Köpfe versucht er, mit Bergührer Michael Schott mitzuhalten
leben, wo andere urlaub machen
Die Wacht am Stein Kein Handy, kein WLAN, keine Hektik: Bei Jochen Krupinski ist die moderne Welt abgemeldet. Dafür lehrt er Besucher seiner Mindelheimer Hütte, wie man die Stille der Allgäuer Alpen genießt. Aber Vorsicht: Übers Wetter reden sollte man mit ihm lieber nicht
11.7.2013
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journal rEisE
Über allen Wipfeln ist endgültig Ruh: Jochen Krupinskis HandyAusschalter rettet die Stille der Berge
Jochen Krupinski
Seine besten Tipps Essen & schlafen
Gasthaus Traube: züntige Brotzeiten im wunderbaren Biergarten unter dem Blätterdach von zwöl Kastanien – nach einer Wanderung der Kracher. Urige Hotelzimmer mit Himmelbett. DZ ab 109,80 Euro. Hauptstraße 6, 87561 Oberstdor, www.hotel-traube.de
Gastho Christlessee im Trettachtal: Was ist hier besser? Der Bergblick vom Garten oder das Essen? Es gibt Kässpatzen, Krautkrapen, Schweinsbraten, Kaiserschmarren – viele Zutaten aus eigener Landwirtschat. Ferienwohnungen ab 60 Euro.
Und täglich grüßt … … au einer Wanderung in den Allgäuer Alpen das Murmeltier. Sein Fett, das „Mankei-Schmalz“,
gilt als Heilmittel. Fast wäre das Murmeltier deshalb im 18. Jahrhundert ausgerottet worden. Heute ist der Bestand stabil
Christlessee 1, 87561 Oberstdor, www.christlessee.de Erleben
Alpe Eschbach in Birgsau/Stillachtal: Hier kann man zuschauen, wie Allgäuer Käse hergestellt wird. Und ihn am besten gleich mitnehmen, denn er ist besonders gut. 87561 Oberstdor, geöfnet von Mai bis Oktober Feiern
Viehscheid: Jedes Jahr im September wird das Vieh von den Bergen hinab ins Tal getrieben. Dort werden die glockenbehangenen Tiere in den einzelnen Gemeinden au dem Scheidplatz gesammelt, an ihre Besitzer zurückgegeben – und es wird groß geeiert. Termine unter www.oberstdor.de/ erlebnis/viehscheid/ 122
11.7.2013
Blaues Wunder: Am Wegesrand
hinauf wächst langstieliger Enzian
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raußen zieht es sich zu . Mit der Dämmerung kommen die Wolken, und Jochen, der hier oben das Sagen hat, droht: „Wenn du nach dem Wetter ragst, musst du ’nen Sack Kartoeln schälen.“ Also lieber keine Fragen. Man weiß ja nie, aber Jochen Krupinski – Hausherr, Hüne, Allgäuer – meint das bestimmt ernst. Also kein Wort über den Graupelschauer, der Minuten später gegen die Fensterscheiben trommelt. Ich wollte das Allgäu der schrofen Felswände erkunden, der schmalen Bergkämme und engen Felsscharten; das Allgäu, wo selbst noch sommers Schneereste in schattigen Bergnischen überdauern. Ich wollte das wilde Allgäu. Saß im Regen und tra Jochen Krupinski, und der machte alle Wetterkapriolen vergessen. In Oberstdor war ich augebrochen, von hier aus kann man einige der schönsten Wanderungen Deutschlands beginnen, die Alpen überqueren, es ruhiger au Tagestouren angehen lassen, Mountainbike ahren – oder wie ich au dem „Heilbronner Weg“ über die Grate des Allgäuer Hauptkamms steigen. Am frühen Nachmittag, nach vier Stunden Wanderung, hockte ich noch oben auf dem Kemptner Köpfle auf gut 2200 Meter Höhe. Der Fels war warm von der Nachmittagssonne, der Blick frei und weit, die Leere groß und gewaltig. Hinter uns Got-
tesacker und Hölloch. Vor uns Hohes Licht, Mädelegabel, Biberkopf. Was für Namen, welch Panorama! Dohlen kreisten um den Gipel, Murmeltiere quiekten und huschten in ihre mit Gras gepolsterten Höhlen. Nur noch selten wehte mit dem Wind auch das Schellen der Kuhglocken hinau. Hier oben beginnt die Welt von Jochen Krupinski, der jetzt, da es draußen immer dunkler wird, in der Mindelheimer Hütte vor dampenden Töpen und brutzelnden Pannen steht. Ich rage ihn nicht nach dem Graupelschauer draußen. Die Kartofelsäcke im Lager sind groß. Wir reden lieber über seinen Job: Jochen Krupinski, hier oben nur „der Jochen“, rosige Wangen, weißer Bart und eine Statur wie die Bergzinne hinter seiner Hütte, rührt in der Bouillon und erklärt: „Alle hier oben wollen das Gleiche. Sie haben geschwitzt und haben Hunger. Hier rücken alle zusammen, das ist der schönste Arbeitsplatz der Welt!“ 36 seiner 62 Lebensjahre hat der gebürtige Allgäuer während der Sommermonate in der Hütte gelebt. Als er anfng, gab es Erbsensuppe oder Eintop. Heute türmen sich Berge von selbst gemachten Nudeln in der Küche, schwimmen Semmelknödel im Top und schmoren Rinderbraten im Oen. Seine Hütte gilt unter Bergwanderern als Gourmettempel, und es gibt wirklich nichts Besseres nach einem Tag in den Bergen als seine Braten und Maultaschen. Darüber vergisst man sogar das Wetter. Doch dann macht unter den Gästen in der krachgemütlichen Gaststube eine schlimme Prognose ür den nächsten Tag die Runde: Temperatursturz, Schauer, Schnee. „Das sind die Berge“, sagt der erahrene Bergührer Michael Schott langsam. „Man weiß hier nie, warten wir es ab.“ Da setzt sich Hüttenwirt Jochen an den Tisch, und ich wechsle lieber das Thema. 4
r E l h ä m E n i t s i r h C : E t i s i u q E r ; l E z t n E W E d l E f r E t s o l K s E i l r a m : g n i l y t s d o o f , n n a m r E t s E W r E t E p n a J : d o o f ; s E g a m i o i r a v , ) 4 ( a z t i p a K o n n E : s o t o f
Wanderers Traum: Jochen Krupinskis Maultaschen mit Gemüsefüllung
journal REisE
Was Jochen Krupinski gern isst
Maultaschen mit Gemüsefüllung Für ca. 16 Maultaschen 200 g Weizenmehl und etwas ür die Arbeitsäche; 50 g Hartweizengrieß; 4 Eier (1 x getrennt, Größe M); Salz; 200 g Möhren; 100 g Lauch; 200 g Knollensellerie; 1 Knoblauchzehe; 300 g Spinatblätter; 1 mittelgroße, gekochte Kartofel; ½ Bund glatte Petersilie; 1 EL selbst geriebenes Semmelmehl; schwarzer Pefer aus der Mühle; risch geriebener Muskat Von Juni bis Oktober begrüßen Jochen Krupinski und sein Team Gäste in der Mindelheimer Hütte. Eine Wanderung zu ihr hinau dauert drei bis vier Stunden. Viele Wanderer machen hier Station während einer Tour zum Heilbronner Weg, einem der beliebtesten Höhenwanderwege der Alpen. www. mindelheimerhuette.de
Auf halber Strecke: Reporter Nicolas Büchse (r.) und Bergführer Michael Schott
Jochen stellt Wassergläser au den Tisch und schenkt Grappa ein. „Hier oben bist du ein Teil der Natur, hier bist du ein Teil von allem, in der Stadt bist du nichts“, sagt er bedächtig. „Wenn ich geschätlich ins Tal muss, sag ich: Ich geh ins Elend.“ Jochen gießt jedem, der nicht schnell genug seine Hand über das Glas hält, Grappa nach und erzählt, wie schwer es geworden ist, die Magie dieses Ortes zu verteidigen. Wie es damals anfng mit dem ersten Handy im Gastraum und er den Gast rausgeschmissen hat: „Ich mag dein Geplärre nicht mehr hören, raus, avanti!“ Seitdem ührt er, der Hüter der Bergruhe, einen einsamen Kamp. Im Vorraum hat er einen „Handy-Ausschalter“ augestellt: einen großen Holzklotz samt Schmiedehammer. Am nächsten Morgen wird der Kop so grausam pochen, dass ich bei jedem Quieken eines Murmeltiers glaube, er zerspringt. Doch das weiß ich natürlich an diesem Abend noch nicht, und so wehre ich mich kaum, wenn er vom Grappa nachschenkt. Erst matt, bald angetrunken, höre ich ihm zu. Höre von einer alten Dame, die aus dem Seniorenheim im Tal zu ihm in die Hütte ausgebüxt 124
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war, sie trug Kittelschürze und aß nur weich gekochte Kartofeln. Von einem Lebensmüden, der mit einer Flasche Korn in der Hand autauchte, Jochen sorgte daür, dass man ihn lebensroh hinunterbrachte. Ich höre ihn sagen, das Allgäu sei die Rosine Bayerns, welch prächtiger Satz ür das Berghütten-Poesiealbum. Doch dann passiert es. Ein Wanderer in grellgrüner Goretex-Jacke kommt au den Wirt zu und ragt: „Wird das morgen nicht vielleicht doch ein schöner Tag?“ Jochen blickt dem Mann est in die Augen. „Jeder Tag ist ein guter Tag, wenn du ihn erlebst.“ Und holt dann doch nicht den Kartofelschäler. 2
1. Für den Teig Mehl und Grieß mit 2 Eiern, 1 EL kaltem Wasser und ½ TL Salz verkneten, in Folie wickeln und mindestens ½ Stunde ruhen lassen. 2. Gemüse waschen, putzen. Möhren, Lauch und Sellerie ein würeln (3 mm), mit der Knoblauchzehe im Top in kochendem Salzwasser 1–2 Minuten blanchieren. Spinat 30 Sekunden blanchieren, im Sieb gut ausdrücken und fein hacken; das Wasser zur Seite stellen. 3. Kartoel pellen und mit dem blanchierten Knoblauch in einer Schüssel
zerdrücken. Petersilie ein schneiden und mit Semmelmehl, Gemüse, 1 Ei und 1 Eigelb dazugeben und vermengen. Mit Salz, Peer und Muskat würzen.
Nicolas Büchse
4. Teig au bemehlter Arbeitsfäche oder besser mit einer Nudelmaschine dünn ausrollen, in ca. 16 cm große Quadrate schneiden. 1 Eiweiß verquirlen und die Teigränder damit bestreichen. Jeweils 1 gehäuten EL Füllung in die Teigmitte setzen, die Quadrate zu Dreiecken zusammenklappen und die Ränder est zusammendrücken.
ALLGÄU
5. Maultaschen portionsweise in einem breiten Top in siedender Brühe oder dem Blanchierwasser 5 Minuten ziehen lassen, wenden, nach weiteren 5 Minuten herausholen und anrichten.
Oberstdorf
ÖSTERREICH
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Alpe Eschbach
Kemptner Köpfle Mindelheimer Hütte
Beilage: Tomatensauce aus rischen Tomaten mit Olivenöl, Zwiebeln und Knoblauch gekocht und mit Salz und einer Prise Zucker abgeschmeckt. Eisbergsalat mit Wildkräutern (Löwenzahn, Gänseblümchen, Vogelmiere, Brennnessel) und Schnittlauchblüten, angemacht mit einer Vinai grette.
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journal
WAS MACHT EIGENTLICH?
Giuliana Sgrena Das Video der 2005 im Irak entührten italienischen Kriegsreporterin, in dem sie ihre Regierung um Hile anfeht, ging um die Welt
16. Februar 2005: Giuliana Sgrena appelliert unter Tränen, die Bedingungen für ihre Befreiung zu erfüllen: die italienischen Truppen aus dem Irak abzuziehen. Die Soldaten blieben, zwei Wochen später kam Sgrena dennoch frei
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rau Sgrena, Ihre Entführung liegt nun acht Jahre zurück. Was macht so eine Erfahrung mit dem eigenen Leben? Die Todesangst bleibt ein Trauma, das mich nicht mehr loslässt. Vor allem im Frühjahr, der Jahreszeit meiner Geangenschat, ist die Erinnerung mein ständiger Begleiter. Ich dachte, diese Bilder in mir würden irgendwann verblassen, aber das stimmt nicht. Manchmal sind sie sogar schwerer zu ertragen als damals. Wie äußert sich das? Ich habe jeden Tag Angst, dass er mein letzter sein könnte. Diese Unsicherheit macht mir wirklich zu schaen. Sie hat aber auch eine gute Seite: Ich lebe jetzt intensiver als rüher. Nach Ihrer Freilassung wurden Sie von US-Soldaten beschossen, Ihr Begleiter, der italienische Agent Nicola Calipari, starb im Kugelhagel. Wie konnte das passieren? 126
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Das ist bis heute ungeklärt. Die Amerikaner haben den Fall nach einer kurzen Beragung der Verantwortlichen damals einach geschlossen. Wir haben dann versucht, den Soldaten, der Calipari erschossen hat, in Italien vor Gericht zu stellen, und sind daür durch alle Instanzen gegangen – vergebens. Es sollte diesen Prozess nicht geben. Warum nicht? Um die Beziehungen zu den USA nicht zu belasten, ürchte ich. Zumindest bestand vonseiten der italienischen Regierung plötzlich kein Interesse mehr daran, wieso der hochrangige Geheimdienstagent Calipari sterben musste. Stattdessen wurde ich verurteilt, die Gerichtskosten zu tragen. Für mich als Oper der blanke Hohn! Keinen Cent werde ich zahlen. Da müssen die schon meine Möbel pänden. Das klingt bitter. Es war ein harter Schlag. Ich versuche damit umzugehen, indem ich
Giuliana Sgrena, 64, in ihrer Wohnung in Rom
darüber spreche und schreibe. Es gibt auch ein Theaterstück zum Thema – „Caliparis Reise“ –, das durch Italien tourt. An den Erönungsabenden bin ich dabei und diskutiere mit den Zuschauern, damit sie nicht vergessen. Damit sie sich an Calipari erinnern. Trotz allem fahren Sie weiter in Krisengebiete? Ja, ich war auch wieder in Bagdad. Ich bin aber nie waghalsig gewesen, wie man es mir so ot vorgeworen hat. Ich verlasse mich nur nicht au Inormanten, sondern gehe selbst raus, um die Fakten zu prüen. Kidnapping von Journalisten ist mittlerweile ein forierendes Geschät, gerade in Kriegsgebieten. Das ist mir und anderen zum Verhängnis geworden. Trotzdem dar man sich davon nicht abhalten lassen, als Reporter seinen Job zu machen. Wohin geht die nächste Reise? Gerade war ich beruich in Tunesien, jetzt muss ich erst mal sparen. Weil die Zeitung „Il Maniesto“, ür die ich gearbeitet habe, bankrottgegangen ist, bin ich letztes Jahr verrentet worden. Seitdem ist die Autragslage leider schlecht. Aber ich mache weiter, solange es geht. Meine Arbeit ist und bleibt ür mich die eektivste Art, Pazifstin zu sein. Indem man berichtet, was Krieg bedeutet, kann man am besten zeigen, worau es ankommt: dass wir Menschen alles tun müssen, um ihn zu verhindern. 2 Interview: Sarah Schelp
Zur Person Giuliana Sgrena, 1948 im Piemont geboren, schloss sich nach dem Studium in Mailand der Friedensbewegung an. Seit 1988 arbeitete sie als Kriegsreporterin der linksgerichteten Zeitung „Il Manifesto“. Am 4. Februar 2005 geriet sie in Bagdad in die Gewalt sunnitischer Aufständischer. Bei ihrer Freilassung am 4. März wurde das Auto, in dem sie mit dem Unterhändler Calipari saß, von der US-Armee beschossen – Calipari starb. Sgrena wohnt mit ihrem Lebensgefährten in Rom.
p a ; i t t o G n e G e i
n a h p e t S : S o t o F