Welt Der Wunder - Oktober 2016

Österr. 4,30 €, CH sfr 7,60, Belg. u. lux. 4,50 €, Ital., spa., port. (Cont.) 5,50 €, grIe., Kanar., slow. 5,70 €

welt der wunder

Ent d EckEn– S taunEn– wiS S En 3,80 €

Von wegen dumm ...

wie Wildschweine jede Falle austricksen

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en m i e h e Die g o-codes g n u Psych r h nä r e r e D

Iss Das!

warum die Food-industrie alles dafür tut, uns dick werden

zu lassen...

...und wie man wirklich mit ess-Fallen umgehen sollte ...

Hitler vs. Stalin Edward Snowden vs. NSA Napoleon vs. Kutusow Edison vs. Tesla Cäsar vs. Cicero

Sie wollen jeden Zweifel töten

DIe Grössten

Duelle

Der MenschheIt

Wie die neue DNA-Forschung das perfekte Verbrechen unmöglich macht

ni a Br ster BooiDeoV eS gam

warum Zocken unser gehirn schneller und klüger macht

© Pabel-Moewig Verlag KG, Illustration: Arndt Drechsler

Er ist der einsamste aller Menschen ... ... 131 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt!

PERRY RHODAN 2875 »Die vereiste Galaxis« Als gedruckter Roman, als Hörbuch und als E-Book – ab sofort erhältlich. Jede Woche ein neuer Roman! www.perry-rhodan.net

experten in dieser ausgabe Jonathan KresKe, Rettungsschwimmer der US-Küstenwache in Alaska Gemeinsam mit seinen Kameraden überwacht der 33-Jährige das Beringmeer und fliegt dort Einsätze mit einem MH-60 Jayhawk-Helikopter (im Hintergrund) Ab Seite

Michio KaKu, Physiker Der 69-Jährige ist einer der bekanntesten Wissenschaftler in den USA. In wdw warnt er vor den apokalyptischen Folgen eines möglichen Vulkanausbruchs im Yellowstone-Nationalpark

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Ab Seite

cornelius courts, Forensischer Genetiker Der 39-Jährige leitet das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und forscht an der Entschlüsselung von DNA-Spuren an Tatorten

selbst das beste training gibt nur eine vage vorahnung auf die realität.

FOTOS: U.S. Coast Guard; Laif; DDP; PR (3)

Wir neigen dazu, uns auf das Essen zu fokussieren und nicht auf die Umgebung. Brian WansinK, Der Psychologe der Cornell University (New York) hat Hunderte Studien zu unserem Essverhalten ausgewertet und so die geheimen Psycho-Codes der Ernährung entschlüsselt Ab Seite 64

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Ab Seite

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Viele Läufer scheitern, weil ihnen die Muskelmasse für die steilen Hänge fehlt.

Kilian Jornet, Marathonläufer Der 28-jährige Extremsportler läuft die höchsten Berge der Welt hinauf und pulverisiert dabei Rekorde. Aber was genau ist sein Erfolgsgeheimnis? Ab Seite

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DaviD nott, Chirurg Der Londoner Arzt gilt als „Indiana Jones der Operationen“. Er arbeitete bereits in Afghanistan, im Irak, in Sierra Leone und in Syrien. Heute hilft er per Internet-Schaltung aus England syrischen Laien bei Operationen Ab Seite

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inhalt* entdecken - staunen - wissen *Die Titelgeschichten sind rot markiert.

TITEL

TITEL

thema

Sie wollen jeden Zweifel töten …

thema

Wie verhindert man

das perfekte Verbrechen?

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Sie verwüsten Felder, patrouillieren

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TITEL thema

Hitler vs. Stalin Snowden vs. nSa CäSar vs. CiCero

durch Städte – und lassen sich doch nie dabei erwischen …

der tag, an dem die usa 20 bundesstaaten verlieren Zeitbomben werden ... des Im YellowstoneNationalpark tickt eine der gefährlichsten

duelle der weltgeschichte 40

warum wilde schweine einfach schlauer sind

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Planeten

TITEL thema

BrainBooster Videogames

Welche Spiele machen mich schlauer?

S U A H N E E D K N R A E R E D DA S K R UNTER

Neue Studien zeigen: Videospiele

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können bestimmte Gehirnregionen zum Wachsen bringen ...

Dieser Bunker ist der einzige ort

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in Syrien, an dem Kranke vor Assads Bomben noch sicher sind …

200 km/h schnelle Schneestürme, zwei Grad Wassertemperatur und acht Meter hohe Wellen sind für sie

AlAskA

Die RettungsschwimmeR von

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ein normaler Arbeitstag

Wissenschaft 10 Sie wollen jeden Zweifel töten …

Wir treffen täglich 250 Essens-Entscheidungen – und bei den meisten werden wir manipuliert!

TITEL thema

die psychologie

des essens Oder: WAS UNS WIrKLICH dICK MACHT

Was seine DNA über das Aussehen eines Killers verrät

natUR 20 Warum die wilden Schweine schlauer sind Wie die Borstenträger Fotofallen und Scharfschützen überlisten

52 Wie groß kann ein Fisch werden? Welche Giganten im Teich vor unserer Haustür lauern

54 Yellowstone – der Tag, an dem die USA 20 Bundesstaaten verlieren Wann explodiert das größte Naturparadies Amerikas?

mensch 26 Die Rettungsschwimmer von Alaska Wie birgt man Schiffbrüchige in der wildesten Region der Erde?

38 Schlauer in 60 Sekunden 64 Iss das! – Die Psychologie des Essens Die geheimen Tricks der Food-Industrie

80 Brainbooster Videogames

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Warum Zocken unser Gehirn klüger und schneller macht

Warum der Polizeieinsatz von Dallas nur der Anfang war …

Geschichte 40 Die größten Duelle der Weltgeschichte Welche historischen Zweikämpfe die Menschheit geprägt haben

ZeitGeschehen 86 Das Krankenhaus unter der Erde Wie operiert man in einem Bunker, der im Fels verborgen liegt?

technik 92 Der Roboter, der Menschen tötet Warum Drohnenangriffe in den USA bald Alltag sein könnten

DER

ROBOTER,

DER MENSCHEN TÖTET

92

RUbRiken 3 Experten in dieser Ausgabe 6 Ein Foto und seine Geschichte Faszinierende Bilder – und was dahintersteckt

74 Fragen & Antworten Verblüffendes aus Wissenschaft, Technik und dem Alltag

96 Was am Ende zählt Schulbus der Dschungel-Kinder

98 Rätsel / Impressum / Leserbriefe

TITELFOTOS: Edward Urrutia; DDP; Max Aguilera-Hellweg; Getty Images; Bauer Stock; PR

Thema: Alaskas Küstenwache

ein foto und seine geschichte

Atemwunder Vor allem seine Lungenkapazität macht Kilian Jornet zum perfekten Bergläufer: Sein VO2max-Wert, der die maximale Sauerstoffaufnahme misst, liegt bei 90 ml/kg/Min. – ein Level, das sonst nur wenige Olympiasportler haben. Superheldenbeine Starke Beine sind ein Muss für Bergläufe: „Viele Läufer scheitern, weil ihnen die Muskelmasse für die steilen Hänge fehlt“, so Jornet. Zu dick dürfen die Beine allerdings auch nicht sein, denn dann „sind die Muskeln eine Belastung“.

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SchArfe Augen Jornets visuelle Wahrnehmung ist so stark, dass er das Terrain vor ihm blitzschnell analysieren kann. „Ich schaue nicht, wo ich gerade auftrete, sondern blicke bereits 50 Meter voraus“, erklärt er.

Der härteste

Marathon-

mann Der welt

Kilian Jornet steigt nicht auf Berge, er rennt hinauf. Ob Mont Blanc oder Aconcagua – er pulverisiert sämtliche Rekorde. Jetzt wartet seine größte Herausforderung auf ihn: der Mount Everest …

D

ein foto und seine geschichte

FOTOS: PR (4); Fotolia (2); Shutterstock (2); Wikipedia (2)

ie Beinmuskeln brennen. Jede Faser seines Körpers schreit nach einer Pause, aber Kilian Jornet läuft einfach weiter. Dabei darf seine Konzentration nicht eine Sekunde lang aussetzen, denn auf den steilen Berghängen kann jeder falsche Schritt tödlich enden. Mittlerweile ist er allein, sein Partner, mit dem er am Fuß des Berges gestartet war, hat längst aufgegeben. Als der 28-jährige Spanier endlich wieder anhält, dreht er sich um. Sein Blick fällt auf den Mont Blanc – den Giganten, den er gerade in nur vier Stunden 57 Minuten hoch- und wieder hinuntergerannt ist. Ein neuer, spektakulärer Rekord. Kilian Jornet ist der härteste Bergläufer der Welt. Mit minimaler Ausrüstung erklimmt er die höchsten Berge und knackt dabei sämtliche bisherigen Rekorde. Noch in diesem Jahr will Jornet den gefährlichsten aller Berge hochrennen – den Mount Everest. Schon hochzuklettern ist selbst für erfahrene Bergsteiger ein lebensgefährliches Unterfangen. Jornet aber geht noch einen Schritt weiter: Er will auf Sauerstoffflaschen und Fixseile komplett verzichten und den 8800-Höhenmeter-Giganten in einem Rutsch ohne Zwischenlager bezwingen. „Ich muss mich mit den Bergen auseinandersetzen, sie verstehen“, erklärt Jornet. Auch den Everest muss er verstehen – sonst wird er ihn das Leben kosten. david gerhold

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fesTer TriTT Das wichtigste Werkzeug für den Everest­Rekord: Spezielles Schuhwerk mit sicherem Tritt.

WarMe LaufkLeiDung Bei Temperaturen bis minus 30 Grad Celsius muss die Kleidung warm­ halten, darf ihn aber gleichzeitig nicht bremsen.

kein BaLLasT Sauerstoffflaschen, Sherpas, Gaskartuschen und eine Unmenge an Fixseilen: Was professionelle Alpinisten als überlebenswichtige Ausrüstung empfehlen, ist für Jornet nur ausbremsender Ballast bei seinem Geschwindigkeitsrekord.

MörDerisches Training Um fit für seine übermensch­ lichen Kraftakte zu bleiben, trainiert Kilian Jornet im Schnitt mehr als 1000 Stunden pro Jahr. Dabei legt er rund 15 000 Kilometer und 550 000 Höhenmeter zurück.

Todesgefahr Kilian Jornet braucht den Adrenalinkick, den ihm die waghalsigen Bergläufe geben. Doch 2012 wurde sein Bergpartner im Montblanc-Gebiet von einer Lawine in die Tiefe gerissen und getötet. „Danach hört man mehr auf die Angst“, sagt Jornet.

Der rekorDvernichter normale Marathonläufe sind für kilian Jornet nur ein Spaziergang: viel lieber nimmt er es mit dem 270 kilometer langen tahoe rim trail auf, dem härtesten Ultra-Marathon der Welt. Über 38 Stunden lief er fast ununterbrochen durch – nur zweimal machte er eine minimale Schlafpause, weniger als zwei Stunden. Den tahoerim-trail-rekord brach Jornet dabei ohne Probleme – er unterbot ihn um mehr als sieben Stunden.

MonTblanc Die 4810 Meter hohe Innominata-Route über den Montblanc meistert Jornet in 8 Stunden und 42 Minuten. MonTblanc Auf einer anderen Route schafft er es im Jahr 2013 in 4 Stunden 57 hoch und wieder runter.

MaTTerhorn Kaum oben, schon wieder unten: 2013 meistert Jornet den 4478 Meter hohen Berg in nur 2 Stunden 52 Minuten. el brus 2013 scheitert Jornet an dem 5642-Meter-Berg aufgrund der Wetterverhältnisse – nicht wegen seiner Kondition.

denali Den alten Rekord des 6168er-Berges unterbietet Jornet 2014 mit 11 Stunden 48 um mehr als 5 Stunden.

aconcagua 6960 Höhenmeter hinauf und zurück schafft Jornet im Dezember 2014 in 12 Stunden 49 Minuten. everesT Die größte Herausforderung: 2016 nimmt sich Jornet den 8840-MeterGiganten vor.

Wunder Wissenschaft

Sie wollen jeden Zweifel töten … Es gibt keine Kameras und keine Augenzeugen –

und trotzdem entkommt der Täter nicht unerkannt.

Eine revolutionäre Technik ermöglicht es Ermittlern,

anhand von DNA-Spuren Phantombilder zu

erstellen. Das „Forensic Phenotyping“ soll Zeugenaussagen künftig überflüssig machen. Doch wie sicher ist das neue Verfahren wirklich?

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Rätsel im Wald

Eine Landstraße irgendwo im US-Bundesstaat Louisiana: Nur ein Holzkreuz erinnert noch an die 19-jährige Sierra Bouzigard, die hier im November 2009 von einem Unbekannten zu Tode geprügelt wurde. Detective Les Blanchard (Foto) vom Ermittlerteam des Sheriffs Office im Bezirk Calcasieu hofft, mithilfe eines Phantombildes, das aus am Tatort gefundenen DNA-Spuren erstellt wurde, den Killer nun endlich aufspüren zu können.

E

s ist Tony Mancusos ganz persönlicher Cold Case: Jahrelang hat der Sheriff aus dem Calcasieu Parish im US-Bundesstaat Louisiana versucht, den Mord an der 19-jährigen Sierra Bouzigard aufzuklären – vergeblich. Das Problem: Es gab weder Fingerabdrücke noch Augenzeugen und schon gar kein Phantombild. Die einzige heiße Spur, fremde DNA-Reste unter den Fingern des Opfers ergab keinen Treffer beim Abgleich mit der Datenbank. Die Ermittler treten auf der Stelle – bis eines Tages eine Pressekonferenz einberufen wird. Die Medienvertreter trauen ihren Augen nicht, als der Sheriff ihnen wie aus dem Nichts ein gestochen scharfes Bild des möglichen Killers präsentiert. Es ist der erste Hinweis seit sechs Jahren – und er ändert alles. Denn nun kann die Suche nach Sierras Mörder endlich fortgesetzt werden. Doch woher hat Mancuso das Foto so plötzlich?

Was verrät die dNa über das ausseheN eiNes Killers? Das Bild von Sierras mutmaßlichem Killer stammt von Parabon NanoLabs, einer Firma aus Virginia, die Gesichter anhand von DNA-Proben rekonstruiert. Was klingt wie Science-Fiction, ist in vielen US-Bundesstaaten bereits gängige Praxis und nennt sich Forensic DNA Phenotyping – eine bahnbrechende Technik, die Licht in zahlreiche ungelöste Mordfälle bringen könnte. Für ihren Phantombild-Dienst „Snapshot“ hat Parabon NanoLabs schon jetzt mehr

als 40 Strafverfolgungsbehörden als Kunden gewonnen. Im Januar 2015 gab die Firma dem Tatverdächtigen in einem Mordfall aus Columbia ein Gesicht, ein halbes Jahr später erstellte sie die Phantombilder dreier Männer, die ebenfalls wegen Mordes gesucht wurden. „Diese neue Technologie macht die Verbrechensbekämpfung noch effizienter“, erklärt Steven Armentrout von Parabon NanoLabs. Und der Service wird längst nicht mehr nur für die Lösung von Mordfällen genutzt: In Hongkong errechnete Snapshot für eine Kampagne gegen Straßenverschmutzung aus DNA-Spuren auf weggeworfenen Abfällen Gesichter, die den Umweltsündern gehören könnten – und machte sie öffentlich. Doch wie verlässlich und aussagekräftig können diese DNA-basierten Phantombilder nach jetzigem Forschungsstand überhaupt sein? Wie viel kann eine DNA-Spur verraten? Wohl niemand kann diese Fragen besser beantworten als Manfred Kayser. Der deutsche Wissenschaftler leitet die Abteilung für Genetische Identifizierung an der Erasmus-Universität Rotterdam und gilt als Begründer der Forensischen DNA-Phä-

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Zeugenaussagen führen leider häufig in die Irre. Beim Phenotyping hingegen wird die DNA selbst zum biologischen Zeugen.“ Manfred Kayser | Forensiker an der Erasmus-Universität in Rotterdam welt der wunder

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notypisierung. Gemeinsam mit seinem Team hat er nicht nur Gene aufgespürt, die das menschliche Aussehen steuern, sondern auch Modelle entwickelt, die anhand von Tatortspuren die Augen- und die Haarfarbe sowie die Verwandtschaft und sogar die biogeografische Abstammung potenzieller Täter ermitteln können. „Bestimmte DNA-Sequenzen geben Aufschluss darüber, ob die väterlichen Vorfahren eines Unbekannten aus Asien, Europa oder Afrika stammen“, erklärt Kayser. Schon diese Information kann reichen, um einen Täter einzukreisen und ganze Gruppen zu entlasten. Jetzt sprechen Experten von einer Zeitenwende in der Verbrechensbekämpfung ...

In welchen ländern Ist dnA PhenotyPIng legAl? Rund 99,9 Prozent des Erbguts sind bei allen Menschen identisch. Winzige Marker, sogenannte SNPs, Variationen eines einzelnen Basenpaares in einem DNA-Strang, die sich über unser gesamtes Genom verteilen und weitervererbt werden, sorgen für die Unterschiede. Sie bestimmen die Augenfarbe, die Breite des Gesichts oder auch die Neigung zu Diabetes. „Wir suchen nach genau diesen Markern, die uns etwas über das Aussehen des Täters verraten“, erklärt Kayser. „Dabei sind wir genauer in unseren Aussagen als Augenzeugen, deren Berichte abhängig sind von Vorurteilen, dem Erinnerungsvermögen, den Wetterbedingungen. Diese Subjektivität gibt es bei der DNA nicht.“ Mit anderen Worten: Der Mensch kann sich irren, die DNA jedoch nicht. Allein in den USA wurden in den vergangenen Jahren mehr als 300 Fehlurteile aufgedeckt, die sich auf falsche Augenzeugenberichte stützten. Kaysers Ziel ist es, diese Aussagen eines Tages überflüssig werden zu lassen. Es gelang ihm nicht nur, fünf Gene, die für die Form der Nase und die Distanz zwischen den Augen wichtig sind, zu lokalisieren, sondern 10/16

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auch die sechs Positionen im Erbgut eines Menschen zu entschlüsseln, die die Augenfarbe verraten. Blaue und braune Augen erkennt er bereits mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit. Bei rotem Haar liegt die Trefferquote bei 92 Prozent, gefolgt von schwarzem (85), blondem (81) und braunem Haar (75). Auch ob jemand größer als zwei Meter ist, verrät das Erbgut in drei von vier Fällen. Dass die Tests keine 100-prozentige Sicherheit liefern, sei kein Problem: „Die Ermittler nutzen sie in Fällen, wo sie gar nichts wissen. Das heißt, alles was über 50 Prozent geht, reicht ihnen schon“, so Kayser, dank dessen Forschung bereits komplizierte Kriminalfälle gelöst werden konnten – allerdings nur in den Niederlanden, da sie bislang der einzige Staat in Europa sind, dessen Gesetzgebung DNA Phenotyping in der Forensik explizit gestattet. In anderen Ländern wie Deutschland darf DNA nach wie vor nur genutzt werden, um die Identität einer Person zu überprüfen, Aussagen über äußere Merkmale sind nicht erlaubt. In den USA dagegen kommt DNA Phenotyping längst in großem Stil zum Einsatz. Die neue Forschungsmethode macht eines deutlich: Die Forensik ist im

Bestimmte DNA-Sequenzen verraten, ob die väterlichen Vorfahren eines Unbekannten aus Asien, Europa oder Afrika stammen.“ Manfred Kayser | Forensiker

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Phantombild eines toten

Seit mehr als 30 Jahren gibt dieser Schädel, der 1985 in einer Mülltonne gefunden wurde, der Polizei von Maryland Rätsel auf. Parabon NanoLabs gelang es, das Gesicht des Mannes zu rekonstruieren, indem sie die Schädeldaten mit Erkenntnissen der Forensischen DNA-Phänotypisierung kombinierten. Die Ermittler hoffen, so die Identität des mysteriösen Toten lüften zu können.

GoldfinGer

Fingerabdrücke zählen neben DNA-Resten zu den wichtigsten Spuren, die ein Täter am Tatort zurücklassen kann. Das Problem: Häufig lassen sich die Abdrücke nicht zweifelsfrei zuordnen, da sie beschädigt oder unvollständig sind. Eine neue Technik könnte das bald ändern: Dabei wird der Fingerabdruck mit einer winzigen Menge Gold bestäubt und anschließend in eine Entwicklerflüssigkeit gelegt – selbst Wochen alte Spuren werden innerhalb von Sekunden sichtbar.

BissspUr Zahnmedizinforensiker überführen Mörder anhand von Bissabdrücken, die die auf ihren Opfern zurücklassen. Doch auch hier unterlaufen selbst erfahrenen Gutachtern immer wieder Fehler, wie zahlreiche Fälle belegen.

Um ein Haar Kirk Odom aus Washington, D.C., wurde in den 80erJahren irrtümlich schuldig gesprochen, eine Frau vergewaltigt zu haben. Ein Gutachter hatte ausgesagt, ein Haar auf dem Nachthemd des Opfers stamme von Odom. Erst nach 22 Jahren Haft gelang es der Polizei, den wahren Täter durch einen DNA-Test zu ermitteln. In der Folge wurden 267 weitere Gerichtsurteile untersucht – 95 Prozent beruhten auf falschen Haaranalysen. Umbruch. Nachdem sie in den USA zuletzt wegen falscher Haaranalysen, die Hunderte Unschuldige ins Gefängnis gebracht hatten, stark in Verruf geraten ist, treten die Wissenschaftler die Flucht nach vorn an und erschließen laufend neue Untersuchungsfelder. Das größte Potenzial sehen Experten jedoch in der DNAForschung, denn der Träger unserer Erbinformation kann Ermittlern viel mehr liefern als ein paar Hinweise zum Äußeren eines Killers …

Hat eine Waffe ein DnaGeDäcHtnis? Eine andere neue Forschungsrichtung beschäftigt sich zum Beispiel mit der kleinen Schwester der DNA: der Ribonukleinsäure (RNA). Anhand dieses Moleküls lässt sich bestimmen, aus welchem menschlichen Gewebe eine Spur stammt. Der forensische Genetiker Cornelius Courts hat Verfahren entwickelt, um aus Tatortspuren, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, Mikro-RNA zu isolieren und anschließend zu analysieren. „Wir können bei einer Mischspur feststellen, ob Speichel, Sperma oder

Blut enthalten ist. Und auch, ob es sich um Blut aus einer Verletzung oder um Menstruationsblut handelt“, erklärt Courts. Damit kann die RNA entscheidende Hinweise zum Tathergang liefern und im Fall sich widersprechender Zeugenaussagen helfen, den Täter zu überführen – wie etwa bei einer Vergewaltigung. „Mit DNA findet man heraus, wer etwas getan hat. Anhand der RNA erfährt

Mit DNA findet man heraus, wer etwas getan hat. Mit RNA findet man heraus, was geschehen ist.“ Cornelius Courts | Forensischer Genetiker an der der Universität Bonn

man, was geschehen ist“, bringt es Courts auf den Punkt. Ein Beispiel: Bei einem Schuss aus geringer Distanz werden kleinste Gewebespuren des Opfers ins Innere der Tatwaffe zurückgeschleudert. Man nennt dies Backspatter-Effekt. Courts fand mit seinem Team heraus, dass man die DNA und RNA aus Backspatter, der aus dem Inneren der Waffe geborgen wird, für forensisch-genetische Analysen nutzen kann, um beispielsweise das Opfer zu identifizieren und Rückschlüsse auf die Trefferzone zu ziehen. Courts: „Die Waffe bildet sozusagen ein DNA-Gedächtnis aus: Sie erinnert sich, wer mit ihr erschossen wurde.“ Diese Spuren lassen sich noch nach zehn Jahren nachweisen und können speziell bei Fällen helfen, in denen die Leiche verschwunden ist und nur die Tatwaffe gefunden wurde. Selbst ohne Projektil lässt sich das Opfer mithilfe von DNA-Spuren eindeutig identifizieren. Ein Mordfall in Neuss konnte dank des von Courts entwickelten Verfahrens bereits aufgeklärt werden. Ein Mann hatte seine Frau und seine Töchter durch Kopfschüsse getötet. welt der wunder

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WaS die dna

über mein ÄuSSereS verrÄt

Forensiker sammeln biologische Spuren am Tatort und schicken sie anschließend ins Labor, wo Wissenschaftler die Millionen genetischen Marker in der DNA auf nützliche Hinweise zur Identität des Täters untersuchen. Die Grafik rechts zeigt die Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Ausprägungen bestimmter Merkmale beim Täter vorkommen: Die Wahrscheinlichkeit, dass er grüne Augen hat, liegt bei 51,9 %, dass er blaue Augen hat, bei 46,4 % etc.

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DatEnBank

Mithilfe einer speziellen Datenbank, die dreidimensionale Gesichtsscans und DNAProben von Tausenden Menschen umfasst, werden komplexe Algorithmen entwickelt, die nach Übereinstimmungen der DNA mit bestimmten Gesichtsmerkmalen suchen.

In der Tatwaffe entdeckte der Genetiker Mikro-RNA-Spuren der Opfer, die sich zweifelsfrei dem Hirngewebe zuordnen ließen und so den Beweis lieferten, dass der Täter aus nächster Nähe und vor allem gezielt auf die Opfer geschossen haben musste …

Welche Risiken biRgt das dna PhenotyPing? Experten sind sich einig: Die neuen Methoden können die Forensik revolutionieren – wenn klar ist, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt nur als Hilfsmittel eingesetzt werden können. Es geht um Wahrscheinlichkeiten, Indizien, die den Kreis der Verdächtigen eingrenzen und Unschuldige als Täter ausschließen. „Noch stehen wir am Anfang“, sagt Manfred Kayser. „Es reicht nicht, eine Hand voll DNAMarker zu analysieren. Es werden Tausende nötig sein – und die muss man erst mal alle finden und verstehen.“ Die Frage sei nicht, wie viele Jahre das dauert, sondern, wie viel Geld man in diese Forschung stecke. Ein Problem bleibt jedoch – zumindest beim DNA Phenotyping: Das 10/16

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0% Anteil der DNA 100% GENOMISCHE HERKUNFT Europäisch 0% AFRIKANISCH 0% OZEANISCH

Misha angrist | Genomforscher an der Duke University in North Carolina

68,1% NordwEstEuropäisch 22,8% ZENTRALWESTEUROPäISCH

0% AMERIKANISCH INDIGEN 0% NAHöSTLICH 0% OSTASIATISCH 0% ZENTRALASIATISCH

genetische und das tatsächliche Aussehen einer Person sind fast nie zu 100 Prozent identisch – so verändert sich bei vielen Menschen die Haarfarbe im Laufe ihres Lebens, und auch andere Faktoren wie Bartwuchs oder Tätowierungen lassen sich natürlich nicht anhand der Erb-

Forensische Genetik könnte unsere Gesellschaft sicherer machen – aber sie birgt auch Gefahren.“

98,3%

information bestimmen. Der Genomforscher Misha Angrist sieht die neue Methode daher zwiespältig: „Sie hat das Potenzial, unschuldig Verurteilte zu entlasten, aber genauso kann sie Unschuldige ins Gefängnis bringen.“ Und nicht nur das: Forscher können mittlerweile auch Anfälligkeiten für Krankheiten prognostizieren – Daten, die neben der Polizei auch Großkonzerne und sogar Kriminelle interessieren und die leicht missbraucht werden könnten. „Es ist wie mit jeder Technologie“, erklärt Misha Angrist. „Die Forensische Genetik könnte die Gesellschaft sicherer machen, aber sie birgt auch Gefahren – sobald sie in die falschen Hände gelangt.“ Tony Mancuso interessieren diese Bedenken nicht – für ihn ist das DNA Phenotyping die letzte Chance. Dank des Phantombildes von Parabon NanoLabs (siehe Grafik rechts) haben die Ermittlungen endlich wieder Fahrt aufgenommen. Der Sheriff hofft, Sierras Mörder in den nächsten Wochen zu finden, damit er seinen persönlichen Cold Case endlich aufgeklärt hat … J. Klevesath

FOTOS: Max Aguilera-Hellweg ILLUSTRATION: NGS

BEwEismatErial

Wenn eine an einem Tatort entdeckte DNA-Spur sich keiner Datenbank zuordnen lässt, können die Ermittler seit Kurzem auf eine andere Technik zurückgreifen, um einem unbekannten Täter ein Gesicht zu geben: Beim Forensic DNA Phenotyping wird das genetische Beweismaterial in Speziallabore geschickt, wo Wissenschaftler die Spur auf Variationen im DNA-Strang

untersuchen, die bei Menschen mit einem bestimmten Körpermerkmal (z. B. blaue Augen) häufiger vorkommen. Anhand dieser lassen sich Vorhersagen über das Äußere des Verdächtigen treffen – von der Herkunft über die Nasenform bis zur Haarfarbe oder dem Augenabstand. Die Methode kann helfen, Unschuldige zu entlasten und so den Täterkreis einzugrenzen.

Grad der

0% Übereinstimmung 100% HAUTFARBE

AUGENFARBE 62,2%

HEll SEHR HEll

50,5%

GrüN BlAU

HAARFARBE

51,9% 46,2%

BrAUN

SOMMERSPROSSEN 85,5%

27,4% SCHWARZ

EINGE

25% HEll OlIVFARBEN

17,9% HASElNUSSBRAUN

5,3% ROT

VIElE

5,7% DUNKEl OlIVFARBEN

0,7% BRAUN

4,3% BlOND

9% KEINE

0% DUNKEl

0% SCHWARZ

2

79,2%

WENiG

59,6% 50%

TäTerprofil

Während die DNA-Probe durch die Datenbank gejagt wird, beginnt der Algorithmus, bestimmte Merkmale zu berechnen – beispielsweise Haut-, Augen- und Haarfarbe. Jede Prognose engt den Täterkreis weiter ein und schließt so bestimmte Gruppen aus. VARIANZ BEI EINEM GESICHT

GesichTsmerkmale

Der Algorithmus verwendet Tausende von genetischen Markern – darunter Geschlecht und Herkunft – um Rückschlüsse auf die Gesichtsmaße des Verdächtigen zu ziehen.

DNAPrognose

3-D-iDenTifikaTion

10 bis 20 Gesichtsspektren werden typischerweise berechnet.

In dem rekonstruierten dreidimensionalen Gesicht sind alle gesammelten genetischen Informationen berücksichtigt. Dieses vom Computeralgorithmus erstellte Phantombild zeigt den mutmaßlichen Mörder von Sierra Bouzigard, wie er im Alter von 25 Jahren wahrscheinlich ausgesehen hat.

3 WEiTErE FAKTorEN Das Bild kann später noch modifiziert werden, um zu zeigen, wie der Täter im fortgeschrittenen Alter aussieht. Dabei werden auch Faktoren wie Gewichtzunahme oder Haarausfall hinzugerechnet.

Wunder Natur

warum wilde schweine einfach schlauer sind Wildschweine lassen sich nichts vormachen, vermehren sich rudelweise auf dem ganzen

Planeten und sind einfach nicht zu stoppen. Und warum? Weil sie’s können!

wildschwein: (Sus scrofa) GröSSe: 55 bis 110 Zentimeter Schulterhöhe, Erwachsene Gewicht: 50 bis 90 Kilogramm (Erwachsene Tiere) LebenSraum: Wildschweine passen sich unterschiedlichsten Lebensräumen an. Dabei hilft ihnen, dass sie ausgesprochene Allesfresser sind, die sich schnell neue Nahrungsnischen erschließen. welt der wunder

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E

r war größer, als ich je erwartet hätte.“ „Als er mich mit seinem Stoßzahn rammte, fühlte sich das an, als stoße jemand einen Dolch durch mein Bein.“ „Wenn du sie knurren hörst, ist es schon zu spät.“ „Er rannte auf mich zu, und ich dachte: ,Das war’s jetzt!‘“Diese Zitate stammen nicht etwa von wagemutigen Großwildjägern, die sich mit ausgehungerten Großkatzen oder zu allem bereiten Nashörnern konfrontiert sahen. Diese Aussagen stammen von gestandenen Farmern aus den Südstaaten der USA, die wissen, wie man mit wilden Pferden umgeht. Mit tobsüchtigen Rindern. Und mit einem Winchester-Jagdgewehr. Doch dem, was im undurchdringlichen Dickicht von Texas, Tennessee oder South Carolina lauert, scheint mit konventioneller Jagd-

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wir habEn grossE plänE Wildschwein-Nachwuchs hat keine Saison: Eine Bache bringt pro Jahr mindestens 12 Frischlinge zur Welt. So kann die Population ungehemmt steigen. Und Sus scrofa hört nicht auf, Forscher zu verblüffen: Offenbar verfügen die Tiere über einen inneren Magnetsinn, mithilfe dessen sie sich beim Fressen und Ausruhen bevorzugt in Nord-Süd-Achse ausrichten.

Sind sie erst einmal in Freiheit, verwildern Schweine schneller als alle anderen Haustiere.” jack mayEr Zoologe am Savannah River Laboratory Artillerie kaum mehr beizukommen. Denn dieser Gegner ist unerhört schlau, besitzt unbändige Kräfte und ist der Kontrolle durch den Menschen schon lange davongaloppiert: Die Rede ist vom Wildschwein. Die dunklen Borstenträger, die im Rottenverband durch die Landschaft rumpeln, sind längst weitaus mehr als ein Teil der Wald-WG mit niedlich gestreiftem Nachwuchs im Gefolge. Wildschweine haben die Gabe, sich auch bei widrigen Bedingungen zu

vermehren. Sie warten nicht, bis sich ein geeigneter Lebensraum für ihre ungebremst wachsende Population ergibt – sie besetzen einfach den, der da ist. In Deutschland geht ihre Zahl in die Millionen, bei einer durchschnittlichen Vermehrungsrate von 260 Prozent pro Jahr. Längst haben viele der Schwarzröcke die Wälder verlassen, verwüsten Felder und patrouillieren durch Städte. Doch Sus scrofa und seine Verwandten sind längst ein globales Phänomen geworden. Und zwar auch dort, wo Wildschweine eigentlich nie oder seit Jahrhunderten schon nicht mehr ansässig waren. Woran das liegt? „Sind sie erst einmal in Freiheit, verwildern Schweine schneller als alle anderen Haustiere“, erklärt der Zoologe Jack Mayer vom Savannah River Laboratory in South Carolina. Nehmen wir die USA: Die ersten Schweine, die nordamerikanischen Boden betraten, kamen mit den spanischen Er-

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THE MAGICIANS DER US-SERIENHIT FREITAGS 20:15

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auf fallen fallen wir nicht herein!

oberern, büchsten schnell aus – ihre Nachfahren leben bis heute zu Zig­ tausenden in den Wäldern und Sümpfen Floridas. Die ersten Siedler des Westens hielten ihre Schweine halbwild. Erst zum Schlachten trie­ ben sie die Sauen wieder zusam­ men – logisch, dass ein Teil dieser unbeaufsichtigten Tiere zwischen­ zeitlich entwischt war. Zu dieser Population trugen im 19. und 20. Jahrhundert noch unzählige europä­ ische Wildschweine bei, die zwecks Sportjagd in die USA eingeführt wur­ den. Bald entstand eine extrem wehr­ hafte, robuste Art von Schwein – die sogenannten Razorbacks, so be­ nannt nach ihren kämpferisch aufge­ stellten Rückenhaaren. „Ultimate Survivors“ nennt man sie ehrfurchts­ voll in US­Jägerkreisen – die ultima­ tiven Überlebenden. Was angesichts einer schlichtweg nicht zu beziffern­ den Wildschweinpopulation – die Zahlen rangieren von 500 000 bis zwei Millionen – eindeutig gesichert 10/16

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welt der wunder

ist: Das Schwarzwild ist dem Men­ schen in so ziemlich allen Bereichen überlegen. Groß angelegte Jagd­ kampagnen mit Scharfschützen in Helikoptern – vergebens. Wild­ schweine sind mit 50 km/h viel zu schnell im nächsten Unterholz ver­ schwunden. Dem Wild zu bestimm­ ten Zeiten auflauern? Lachhaft. Wildschweine können je nach Be­ darf problemlos zwischen tag­ und nachtaktiv hin und her schalten. Und Kamerafallen? Netter Versuch. Wild­ schweine sind schlauer als Hunde, sobald sie nur eine Spur Mensch wittern, sind sie über alle Berge. In IQ­Tests sind sie selbst Schimpan­ sen weit überlegen, befreien sich aus jedem Labyrinth und können sogar einen Cursor auf einem Bildschirm per Joystick mit der Schnauze bewe­ gen. Ein Zaun? Bitte! Eine Wildsau, die auf sich hält, springt darüber oder schafft sich selbst einen Aus­ gang. Eine Studie in South Carolina ergab, dass es im Durchschnitt 29

Arbeitsstunden braucht, um ein ein­ ziges wildes Schwein in eine Falle zu locken. Als wenn das nicht schon aufwändig genug wäre, gibt es da noch jene Vertreter der umtriebigen Schwarzkittel, die die Dimensionen des bislang Vorstellbaren sprengen. „Hogzilla“ – ein 2004 in Georgia er­ legter wildes Eber, dessen Gewicht damals auf 450 Kilo geschätzt wur­ de, und der vom Rüssel bis zum Rin­ gelschwanz 3,60 Meter lang gewe­ sen sein soll. Im Nachhinein erwiesen sich diese Angaben als um 100 Kilo bzw. einen Meter übertrieben. Doch mehren sich die Berichte und Fotos von erlegten riesenhaften Schwei­ nen. „Meist handelt es sich dabei um ausgebrochene Mastschweine“, sagt Experte Mayer. Tiere, die für den Konsum unnatürlich groß ge­ züchtet wurden und die nur das wol­ len, was Generationen vor ihnen schon gelang: dem Ruf der Wildnis folgen. Und ein Teil davon werden. Ein sehr großer Teil … astrid kessler

FOTOS: Nicolas Tarragoni, Christian Steinboeck/500px (2); New York State Dept. of Environment

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Allein in den USA richten Wildschweine einen Schaden von geschätzten 1,5 Milliarden Dollar pro Jahr an. Selbst die ausgeklügeltsten Fallen, die es durch kabellose, solarbetriebene und internetgebundene Steuerung vermeiden, dass die Schweine einen Menschen wittern könnten, helfen nur begrenzte Zeit. Nachtaufnahmen mit Kamerafallen zeigen: Entgeht nur ein Tier einer Rotte dieser Falle, kann es ganz leicht beobachten, wie der Mechanismus funktioniert und solche Fallen künftig meiden. Mehr noch: Diese Vermeidungsstrategie kann ein weibliches Schwein sogar seinen Frischlingen beibringen. Der Mensch muss sich also immer neue, fortschrittlichere Fallen-Technologien ausdenken, um mit den schlauen Schweinen Schritt halten zu können.

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Wunder mensch

AlAskA Die RettungsschwimmeR von

Sie kämpfen in haushohen Wellen um das Leben von Schiffbrüchigen und fliegen Einsätze in den Schneestürmen der Beringsee: Um Rettungsschwimmer der Küstenwache von Alaska zu sein, braucht man mehr als nur das „Seepferdchen“ – viel mehr …

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WASSER: +2 GRAD CElSiuS luFT: -8 GRAD CElSiuS Vor Kodiak Island an Alaskas Küste liegen die Wassertemperaturen im Winter nahe dem Gefrierpunkt. Ohne Spezialausrüstung würden die Rettungsschwimmer der Küstenwache hier innerhalb weniger Minuten erfrieren. „Selbst das beste Training erlaubt nur eine vage Vorahnung auf die Realität“, sagt der Rettungsschwimmer Jonathan Kreske (hier im Bild bei einer Übung vor Kodiak Island, südliches Alaska).

E s ist drei Uhr früh, als O’Brien StarrHollow von der U.S. Coast Guard von einem Rettungspiloten aus dem Schlaf gerissen wird. Der 42-Jährige liegt auf einem Feldbett in einer Baracke auf der Pazifik-Insel St. Paul, einem Außenposten in der Beringsee, 1200 Kilometer westlich von Kodiak. Starr-Hollow ist Mitglied eines Teams, das dort während der Krabbenfangsaison Wache hält. Acht Minuten zuvor hat der Trawler „Alaska Ranger“ einen Notruf abgesetzt. Ein Leck im Bug. Die „Alaska Ranger“ sinkt 370 Kilometer südlich der Insel. Der Rettungsschwimmer springt aus seinem Bett. „Nach dem Briefing wusste ich, dass es ernst wird“, erinnert er sich. „In den meisten Fällen retten wir Drei- bis FünfMann-Besatzungen kleiner Fischerboote. Die ‚Alaska Ranger‘ war ein knapp 58 Meter langer Trawler. An Bord arbeiteten 47 Menschen.“ In wenigen Minuten hat Starr-Hollow seine Sachen gepackt. Gemeinsam mit seinem Piloten rast er im SUV zum Rollfeld. Die Nacht ist stockdunkel. Draußen fällt Schnee. Die Lufttemperatur beträgt minus 22 Grad Celsius. Nur Alaskas Küstenwache ist selbst unter diesen Bedingungen noch im Einsatz, wenn jeder andere am Boden bleibt. Sie sind damit die letzte Hoffnung für viele > Schiffbrüchige …

„DAS SCHIFF WAR BEREITS GESUNKEN. SEINE CREW TRIEB ÜBER EINE MEILE VERSTREUT IM OZEAN.“ Ein Flugmechaniker (r.) an Bord des Eurocopter MH-65 „Dolphin“. Die Rettungsteams fliegen Hunderte Kilometer weit über den Pazifik – selbst bei Schneestürmen. Damit sind sie die letzte Chance, wenn alle anderen Rettungskräfte aufgeben müssen.

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Die letzte Hoffnung Im Hangar klettern Pilot und Co-Pilot in das Cockpit des Jayhawk-Helikopters und klappen ihre Nachtsichtgeräte über die Augen. Starr-Hollow zwängt sich mit dem Mechaniker hinten in den Frachtraum. Der ist kaum größer als der Innenraum des SUVs. Und da draußen kämpfen 47 Menschen ums Überleben. Kurz nach fünf Uhr morgens schwebt der Jayhawk über der Unfallstelle. Keine Spur von der „Alaska Ranger“. „Das Schiff war bereits gesunken“, sagt Starr-Hollow. „Die Crew trieb über eine Meile weit verstreut im Ozean. Man sah nur die Blinklichter ihrer Rettungswesten im Wasser. Wie die Lichter einer Flugzeuglandebahn bei Nacht.“ Starr-Hollow legt seine Ausrüstung an: Trockenanzug, Schwimmweste, Funkgerät, Signalfackeln, Satelliten-Ortungsgerät, Finnen, Schnorchel. Das Schwesterschiff der „Alaska Ranger“ und der Kutter der US-Küstenwache werden erst in einer Stunde eintreffen. Die Besatzung des Hubschraubers ist allein. In den Frachtraum passen laut Handbuch fünf Überlebende. Oder im Notfall: so viele, wie man irgendwie an Bord packen kann. Der Mechaniker startet die Seilwinde und klickt den Metallhaken am Ende des Kabels in den Stahlring an Starr-Hollows Brustgurt. „Er zeigte auf ein Blinklicht“, sagt Starr-Hollow. „Wir begannen den Einsatz mit dem Mann, den die Strömung am weitesten abgetrieben hatte.“ Starr-Hollow sinkt abwärts Richtung Ozean. Er ist hüfttief im Wasser, als er nach dem Schiffbrüchigen greift. Er fixiert den Fischer am Brustgurt. Dann streckt Starr-Hollow den Daumen hoch Richtung Helikopter – das Zeichen für den Flugmechaniker. Mit der Seilwinde zieht er die beiden an Bord. Starr-Hollow hilft dem Mann in den Frachtraum. Dann zeigt der Mechaniker auf den nächsten blinkenden Punkt im Wasser. Starr-Hollow zieht in dieser Nacht 16 Menschen aus dem Pazifik. Die Crew des Küstenwachenkutters „Munro“ und das Schwesterschiff der „Alaska

>

„WENN ES UM LEBEN UND TOD GEHT, REAGIEREN WIR ALLE GLEICH.“ Maßarbeit: Je nach Wetter und Wellen schwebt der Helikopter drei bis 60 Meter über dem Wasser.

DAS BOOTCAMP DER SCHWIMMER IST GNADENLOS: IN MANCHEN KLASSEN FALLEN ALLE DURCH.

Schnellstmöglich zum Einsatzort: Ein Coast-Guard-Rettungsschwimmer springt aus fünf Metern Höhe aus dem Helikopter in den eiskalten Ozean. welt der wunder

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Ranger“ bergen 26. Fünf Seeleute überleben die Nacht nicht. „Unser Einsatz dauerte bis in den Vormittag“, sagt Starr-Hollow. Das „Alaska Ranger“-Unglück ist bis heute eine der größten Rettungsaktionen in der 226-jährigen Geschichte der US-Küstenwache. Aber was sind das für Menschen, die in dieser endlosen Eishölle ihr Leben für andere riskieren? Wie wird man Rettungsschwimmer in Alaska? Welche Qualen muss man dafür ertragen?

die gefährlichsten gewässer der usa

BERINGSEE, POLARMEER: DIE RETTER WACHEN ÜBER EIN GEBIET VON DER GRÖSSE EUROPAS.

Training vor der Insel Kodiak: Ein Coast-GuardFlugmechaniker und sein Kollege im Beiboot testen die Führungsleine, die verhindert, dass man in dem meterhohen Wellengang den Kontakt zur Helikoptercrew verliert.

Die Coast Guard Air Station auf Kodiak Island nimmt eine ganze Bucht im Osten der Insel ein. Drei Hangars für Helikopter und Transportflugzeuge, ein Kommandogebäude. Das Rollfeld führt direkt am Ozean entlang. Es ist die Startrampe in die gefährlichsten Gewässer der USA. Von Kodiak aus fliegen Rettungshubschrauber ins nördliche Polarmeer, wo Eisschollen, groß wie Fußballfelder, im Wasser treiben. Im Westen wacht die Coast Guard über die Beringsee, in der arktische Stürme die Wellen zu dunkelblauen Wänden auftürmen. Das Einsatzgebiet der Air Station Kodiak erstreckt sich über zehn Millionen Quadratkilometer. An manchen Tagen bilden sich zwei verschiedene Wettersysteme innerhalb seiner Grenzen. O’Brien Starr-Hollow blinzelt in die flache Polarsonne. Nur zaghaft dämmert der Morgen an Alaskas rauer Küste. In wenigen Minuten beginnt das Überlebenstraining. „Wir üben den Star Run“, sagt der Mann mit dem Gesicht eines Jungen und der Statur eines Triathleten. Der Star Run ist die Berglaufstrecke der Rettungsschwimmer von Kodiak im US-Bundesstaat Alaska. Ein Schotterweg, flankiert von Fichten, der sich in engen Kehren auf den Old Women’s Mountain windet. Er endet oben am Fliegerdenkmal der Stadt – einem fünfzackigen Stern aus Stahl. Die Rettungsschwimmer laufen die 110 Höhenmeter auf 400 Metern viermal hintereinander im Drill-Modus. Man- >

che von ihnen übergeben sich. Zum heutigen Training hat Starr-Hollow ein Fitnessgerät mitgebracht. „Das ist eine Muringleine“, sagt er und reckt das zerfranste Ende eines Schiffstaus in die Höhe. „Damit bindet man Kutter am Bootssteg fest.“ Die Muringleine ist dick wie eine Anaconda, 15 Meter lang und wiegt 50 Kilo. Starr-Hollow schultert das Ende des Taus. Er hastet los, vorbei an den Fichten. Die Muringleine zieht er wie den Schwanz eines Tieres hinter sich her … Auf Berge laufen, bis man kotzt. Und dann noch 50 Kilo Extragewicht draufpacken. Das morgendliche Workout sagt viel über Starr-Hollows Beruf aus. Denn Wille und Ausdauer können entscheiden, ob man den Tag überlebt. Die sogenannten CoastGuard-Rettungsschwimmer müssen 100 Kilo schwere Fischer, die in glitschigen Trockenanzügen stecken, in Rettungskörbe zerren und in arktischen Stürmen gegen haushohe Wellen ankraulen. Die Ausbildung ist eine der härtesten beim US-Militär: 18 Wochen Wasser-Drill an der Schwimmerschule in North Carolina. Gefolgt von siebenwöchigen Schulungen in Notfallmedizin. Die Drop-out-Quote an der Schwimmerschule liegt höher als 50 Prozent. Ausdauerschwimmen unter Schlafmangel, psychischer Stress  – in manchen Klassen fallen alle Rekruten durch. Auf dem Hügel über Kodiak schleppt Starr-Hollow seine Muringleine zum zweiten Mal hinauf zum Fliegerdenkmal. Von hier aus hat man die beste Aussicht auf die Basis der Küstenwache. Weiße Hangardächer reflektieren die Morgensonne. Hinter dem Rollfeld beginnt der dunkelgraue Ozean. Sein Wasser bedeckt den gesamten Horizont. Kodiak Island liegt eine Flugstunde südlich von Alaskas größter Stadt Anchorage im nördlichen Pazifik. Eine bergige Insel mit dichten Nadelwäldern. Das Sportgeschäft in der Hauptstadt Kodiak verkauft Pfefferspray zur Abwehr von Braunbären.

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leine des leidens Rettungsschwimmer O’Brien Starr-Hollow (l.) beim Lauftraining in Kodiak. Die Muringleine bringt 50 Kilo Extragewicht.

whiteout – als würde man durch eine schneekugel fliegen

wie sieht ein polarmeertraining aus?

Hier sind die Mindestwerte des monatlichen Fitness-Tests der Rettungsschwimmer: 50 Liegestütze (Hände schulterbreit) binnen zwei Minuten. 60 Sit-ups binnen zwei Minuten. 10 Klimmzüge (je 5 im Unter- und Obergriff). 500 Yards (457 Meter) in 12 Minuten kraulen. 25 Yards (22,9 Meter) viermal hintereinander tauchen mit je 60 Sekunden Pause pro Länge. 200 Yards (183 Meter) eine Person im Wasser transportieren.

trockenübung Die Rettungsschwimmer von Kodiak trainieren an der Eisenleiter eines Wassertanks Klimmzüge.

den Freifall aus dem Helikopter – die schnellste Ausstiegsvariante, für die Rettung bei ruhiger See. Kreske streckt seine Beine in den Langsitz Es ist elf Uhr am Vormittag: Starrund stößt sich mit beiden Händen von Hollow führt durch den Helikopterder Kante ab. Im Pool trainieren die Hangar. Der Amerikaner ist der Sohn Rekruten das Überleben im Ozean. eines Navy-SEALs. Seit acht Jahren Kreske, neun Jahre jünger als Starrfliegt er in die Beringsee, länger als Hollow, erinnert sich noch gut an die jeder andere Rettungsschwimmer der Schwimmschule: „Die wecken dich Basis. Die Coast-Guard-Crews rüum drei Uhr früh und lassen dich vier cken bei Tag und Nacht aus. Wenn Stunden WorkMenschenleben outs machen. auf dem Spiel Dann musst du stehen, auch bei sechs Menschlimmstem schen, die UnfallWetter. opfer darstellen, Piloten berichten in einer stockvon sogenannten dunklen WhiteoutSchwimmhalle Zuständen, bei retten. Zwei bedenen es so stark wegen sich nicht schneit, dass die mehr, die andeScheinwerfer nur ren vier schlagen noch Schneefloum sich.“ Wie cken reflektieren. Kreske das BootDurch die Cockcamp durchgepitscheibe sieht halten hat? „90 es dann so P ro z e n t s i n d aus, als würde mental“, sagt er. man durch eine Um RettungsSchneekugel schwimmer zu fliegen. werden, müsse Die Standardman weder BoBesatzung eines dybuilder sein Sikorsky MH-60 noch besonders „Jayhawk“ der schnell schwimKüstenwache Jayson Marrero ist Mechaniker men können. besteht aus Pilot, eines Rettungshelikopters der Alaska Coast Guard. „Die Ausbilder Co-Pilot, Flughaben nur ein mechaniker und Ziel: Sie wollen Schwimmer. Der wissen, ob du unter Druck zusamPilot steuert, der Co-Pilot berechnet menbrichst.“ den Treibstoffverbrauch, der Flugmechaniker bedient die Seilwinde an der wie übersteht man einen rechten Seitentür. Am Ende des finpanik-drill? gerdicken Stahlkabels hängt der Rettungsschwimmer. Die wohl am meisten gefürchtete Der nächste Tag: Training in der Übung, die jedoch eine Notsituation Schwimmhalle. Der Rettungsschwimam realistischsten simuliert, heißt mer Jonathan Kreske sitzt an der „Stiergatter“. Ein Panik-Drill im WasKante des Fünfmeterturms und macht ser. Der Rekrut schwimmt mit verbunsich bereit für den Absprung. Er übt denen Augen auf die Ausbilder zu, die

„in florida ist wind mit 90 km/h ein tropensturm. in alaska nennen wir das einen ganz normalen arbeitstag“

>

Bis zum letzten Atemzug Rettungsschwimmer Jon Kreske im Trainingspool in Kodiak: „Sie wollen sehen, ob du unter Druck zusammenbrichst.“

wie entkomme ich eineR toDesFAlle?

Crash-Training: Rettungsschwimmer in Kodiak zeigen einem Piloten, wie man sich unter Wasser aus dem Cockpit befreit.

tauchen, Kämpfen, ruhe bewahren

„Sind leben in gefahr, darf man alS rettungSSchwimmer mehr riSKieren.“ Die Beringsee gehört zu den wildesten Regionen der Erde. Sie ist das Einsatzgebiet des Helikopter-Piloten John D. Hess.

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wöchentlich im Pool. Wichtige Übungen sind das Ziehen eines etwa 80 Kilo schweren Kollegen, der ein Opfer spielt („Buddy Tows“), Geräteschwimmen mit Finnen und Schnorchel sowie die Anwendung von Rettungsgriffen bei panisch um sich schlagenden Überlebenden.

am tiefen Ende des Pools einen Kreis bilden. Erreicht der blinde Re­ krut den Kreis, drückt der erste Ausbilder seinen Schnorchel unter Wasser. Er stürzt sich auf den Re­ kruten wie ein Ertrinkender in Panik, umklammert seine Arme und zieht ihn auf den Boden des Schwimm­ beckens. Der Rekrut muss sich aus dem Klammergriff befreien und sei­ nen Ausbilder sicher zurück an die Wasseroberfläche bringen. Taucht der Rekrut auf, stürzt sich der nächste Ausbilder auf ihn und zerrt ihn unter Wasser. Die Attacken wie­ derholen sich beliebig oft. Drei Mal. Fünf Mal. Sieben Mal. „Sie wollen sehen, ob du aufgibst“, sagt Kres­ ke. Kreske gab nicht auf. „Aber selbst das beste Training ist nur eine Vorahnung auf die Realität.“ Schließlich kann man in einem Pool kaum einen 200 km/h schnellen und ohrenbetäubenden Schnee­ sturm, zwei Grad Celsius Wasser­ temperatur und acht Meter hohe Wellen simulieren. Genau diese Bedingungen erwar­ ten die Rettungsschwimmer jedoch

in einem echten Notfall. Umso ent­ scheidender ist die mentale Stärke der Coast Guards. „Während einer Rettungsmission funktionierst du wie eine Maschine. Du machst im­ mer weiter, darfst nicht aufgeben“, sagt Starr­Hollow. „Wie wenn du eine Muringleine auf den Berg schleppst.“ Hat ihn seine Arbeit verändert? „Du begreifst, dass jeder Mensch ein­ fach ein Mensch ist“, sagt Starr­ Hollow. „Der Idiot, der dich im Stau anpöbelt. Die murrende Kellnerin. Wenn es um Leben und Tod geht, will jeder von ihnen zurück zu seiner Familie. Wir alle haben das gemein­ sam. Das hat meinen Blick auf die Menschen geprägt.“

Die RettungsschwimmeR von AlAskA Die Geschichte über Alaskas Rettungsschwimmer ist auch im aktuellen „The Red Bulletin“ zu lesen.

FOTOS: Justin Bastien/ The Red Bulletin Magazine

Ein Rettungsschwimmer der U.S. Coast Guard muss in der Lage sein, 30 Minuten lang Menschen bei schwerem Wellengang aus dem Wasser zu ziehen. Um das Fitness-Level zu halten, trainieren die Schwimmer zusätzlich zu den Ausdauereinheiten im Ozean zweimal

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Kann ich von Kälte betrunken werden?

Präzisionsarbeit Bei der Luftbetankung dockt der Helikopter mit seiner Sonde an den Fangtrichter des Transporters an. Die Druckbetankung ermöglicht 3000 Liter pro Minute.

Wie weit kann ein Jayhawk fliegen?

sich haben, werden sie von Lockheed C-130 Hercules Transportflugzeugen begleitet. Diese können bis zu 8000 Kilometer fliegen und sind für eine Luftbetankung der Helikopter ausgerüstet.

Wie entsteht ein Der Horizont verschwindet, Boden und Himmel gehen nahtlos ineinander über, und man sieht nichts als weißen, unendlichen Raum – keine Seltenheit für die Rettungshelikopterpiloten in Alaska. Dieses Phänomen wird Whiteout genannt: Der schneebedeckte Boden und Schneefall oder Nebel reflektieren das Sonnenlicht und führen zu einer sehr hohen minimalen Leuchtdichte. Für unsere Augen entsteht eine starke Kontrastverringerung – alles wirkt gleichmäßig hell, ohne Konturen und Schatten. Die Piloten können sich daher nur noch auf die Navigationsgeräte im Cockpit verlassen.

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Wie groß ist das Gebiet der Kodiak Coast Guards? Die Air Station Kodiak von Alaskas Küstenwache überwacht das mit zehn Millionen Quadratkilometern (28-mal so groß wie Deutschland) größte Einsatzgebiet aller 17 Küstenwachen-Bezirke der USA. Die Crews fliegen bei ihren Rettungseinsätzen nach Westen bis an die russische Seegrenze, ins nördliche Polarmeer und nach Süden bis zum 50. Breitengrad. Einsätze erfolgen meist nach Notrufen der Fischereiflotte vor Alaska, der größten in den USA.

Whiteout?

FOTOS: Getty Images (2); Shutterstock

Jeder der sechs Jayhawk-Helikopter einer Staffel der Kodiak Coast Guards kann mit einer Tankladung eine Strecke von etwa 500 Kilometern fliegen. Wenn sie größere Strecken vor

Die Kerntemperatur unseres Körpers liegt bei 37 °C. In den eiskalten Fluten des Beringmeeres kann ein Mensch in wenigen Minuten extrem abkühlen. Ab einem Wert von 32 °C hören die Muskeln auf zu zittern und werden steif, da die Energiereserven des Körpers aufgebraucht sind. Außerdem sorgt die Kälte für eine Betäubung der Nervenbahnen. In diesem Stadium arbeitet das Gehirn nur noch sehr langsam, was gezielte Bewegungen unmöglich macht. Gleichzeitig wird dadurch das Sprachzentrum beeinträchtigt, der Unterkühlte wirkt verwirrt. Die Symptome ähneln dann denen eines Betrunkenen.

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Wunder geschichte

V hitler die tödliche macht der Paranoia

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talin ist der Einzige, der seine Pläne durchkreuzen kann, da ist sich Adolf Hitler sicher. Rastlos läuft der Führer des Deutschen Reichs im bayerischen Berghof auf und ab. Wenn er Polen angreifen will, muss Hitler zuerst den sowjetischen Diktator auf seine Seite ziehen – und bietet diesem 1939 im Hitler-Stalin-Pakt die Hälfte von Polen an. 2000 Kilometer entfernt liest Josef Stalin im Kreml zum wiederholten Male in Hitlers „Mein Kampf“ die Stellen über die Vorherrschaft der arischen Rasse, über die Vernichtung der Juden – und über die Zerstörung des Bolschewismus, also der Sowjetunion. Stalin hat zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 20 Millionen Menschen in der UdSSR ermorden lassen – er erkennt dasselbe Potenzial in Hitler, der Nazi-Führer ist ein Spiegelbild seiner eigenen Unmenschlichkeit. Der Pakt wird schließlich geschlossen –

duelle der w

s. stalin doch es ist nie ein Bündnis. Es ist die Angst vor dem jeweils anderen, der sie zu dem Pakt drängt. Dieser hält nur zwei Jahre, zu mächtig ist die Furcht vor einem Angriff des Verbündeten. Hitler geht in die Offensive, befiehlt 1941 den Angriff auf Russland. Es kommt zum brutalsten Duell der Weltgeschichte, zu einem Kampf, der Europa in einer Sintflut aus Blut ertränkt. Ein wahnsinniger Diktator wie Hitler allein hat schon gravierenden Einfluss auf die Weltgeschichte – zwei paranoide Tyrannen aber setzen eine Eskalationsmaschinerie in Gang, die die Grundfesten der Menschheit erschüttert. Um ihre Paranoia in den Griff zu bekommen, reagieren sie mit Unterdrückung – jede vermeintliche Gefahr muss im Keim erstickt werden. Und so erhöhen sie den Terror sowohl gegen innere Feinde als auch gegen Feinde von außen. Bis sie sich schließlich ihrer größten Nemesis zuwenden: dem ehemaligen Verbündeten. Mehr als 15 Millionen Menschen sterben allein auf dem deutsch-sowjetischen Schlachtfeld wegen dieser Spirale aus Wahnvorstellungen. Am Ende triumphiert Stalin. Das geringere Übel, sagen heute Historiker, denn der Holocaust Hitlers hätte die Opferzahlen von Stalins Säuberungen um ein Vielfaches übertroffen.

eltgeschichte

Sie prallen auf Schlachtfeldern aufeinander, bekämpfen sich auf dem politischen

Parkett oder ziehen im Hintergrund die Fäden. Wenn zwei sich streiten, kann das den Lauf der Weltgeschichte grundlegend verändern … welt der wunder

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Der ToD Der GranDe armée Im Oktober 1812 befahl Napoleon Bonaparte den Rückzug aus Russland. Von mehr als 500 000 Soldaten kehrten nur 10 000 heim.

nApoleon Vs. Kutusow die erfindung des Asymmetrischen Kriegs

D

as Wasser der Beresi­ na ist bitterkalt, bis zu zwei Meter große Eis­ schollen treiben den Fluß herunter. Die Pontoniere haben sich bis auf die Unterhose ausgezogen, stehen jetzt bis zur Brust im Wasser, während sie die Pfeiler für die Be­ helfsbrücken in den schlammigen Unter­ grund rammen. Immer wieder brechen

Brückenbauer vor Kälte und Erschöp­ fung zusammen und werden leblos von der Beresina weggetrieben. Sie wissen, dass der Bau der beiden Brücken einem Todesurteil gleichkommt. Doch nichts zu tun, wäre noch schlimmer: Dann würde es das Leben aller 75 000 Männer, Frau­ en und Kinder kosten, die den erbärmli­ chen Rest von Napoleons Grande Ar­ mée darstellen. 400 Pontoniere gehen daher ins Wasser – nur 20 kommen wie­ der heraus. Es ist der dramatische Schlussakt des größten Duells des frü­ hen 19. Jahrhunderts. Es beginnt in der Nacht zum 24. Juni 1812: Der französische Kaiser Napoleon Bonaparte eröffnet mit mehr als 500 000 Mann den Angriff auf Russland. Sein Gegner ist Michail Kutusow, der Gene­ ralfeldmarschall der russischen Armee.

Es ist ein auf den ersten Blick ungleiches Duell: Der bisher ungeschlagene Erobe­ rer von Europa, Napoleon Bonaparte, hat rund sechsmal so viele Soldaten un­ ter Waffen wie Kutusow, die zudem er­ fahrener, motivierter und besser aus­ gerüstet sind. Generalfeldmarschall Kutusow hingegen besitzt noch nicht einmal das Vertrauen seines Zaren, hat sich Jahre zuvor mit Alexander I. über­ worfen. Nur auf Druck des russischen Adels darf Kutusow überhaupt die Trup­ pen anführen. Das ist sein größter Vorteil: Er hat nichts zu verlieren … Das erste Aufeinandertreffen entschei­ det Napoleon für sich: Bei der Schlacht von Borodino am 7. September 1812 sind die französischen Verluste zwar hoch, doch Kutusow muss sich so weit zurückziehen, dass er Napoleon sogar kampflos Moskau überlässt. Der Zar tobt: Kutusow soll den damaligen Re­ geln der Kriegsführung folgen und Na­ poleon in offener Schlacht gegenüber­ treten. Doch dieser weiß, dass der Franzose so nicht zu bezwingen ist. Und entwirft einen Plan, den Militärhistoriker heute als genial bezeichnen – der Ku­

2. tRuppenaufteIlung Bei Wilna lässt Napoleon sein Heer aufteilen. 60 000 Mann sollen nach Polozk maschieren. 30 000 davon schließen sich Napoleon auf dem Rückzug wieder an (3).

1. InvasIon In Russland Diese historische Grafik zeigt die Entwicklung von Napoleons Armee im Russlandfeldzug abhängig vom Ort. Anfangs besteht die Armee aus 422 000 Mann. Der beige Balken zeigt, wie das Heer auf dem Weg nach Moskau schrumpft (1 Millimeter entspricht 10 000 Männern). Der schwarze Balken ist der Rückweg. Am Ende (6) kehren nur 10 000 heim.

4. Besetzung Moskaus Napoleon muss starke Verluste und viele Desertationen hinnehmen. Als er Moskau einnimmt, ist sein Heer auf 100 000 geschrumpft.

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tusow aber damals als feige und unehrenhaft vorgeworfen wurde: den asymmetrischen Krieg. Statt sich dem Gegner offen zu stellen, will er ihn mit nadelstichartigen Angriffen aus dem Hinterhalt zermürben. Zunächst lässt Kutusow Moskau räumen. Als Napoleon eintrifft, ist keiner da, um mit ihm über die russische Kapitulation zu verhandeln. Weil der russische Winter mit unbarmherziger Macht naht und Napoleons Truppen nur unzureichend dafür ausgerüstet sind, befiehlt der Kaiser am 13. Oktober 1812 schließlich den Rückzug. Dem Tross schließen sich viele, meist ausländische Bewohner Moskaus an, unter ihnen etliche Frauen mit ihren Kindern, die Angst vor russischen Repressalien haben, wenn die Zaren-Armee wieder zurückkehrt – sie werden diese Entscheidung mit dem Tode bezahlen … Mit Raubschätzen schwer beladen und mit ausgemergelten Kühen und Schafen im Schlepptau, kommt die Grande Armée nur langsam voran. Desertationen und Krankheiten haben das Heer schon vor dem Rückzug auf 100 000 Mann schrumpfen lassen – es sollen bald noch viel weniger werden … Beobachten, überraschend attackieren und blitzschnell wieder in den Untergrund abtauchen. Immer wieder lässt

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Generalfeldmarschall Kutusow die frierenden und hungernden Franzosen auf ihrem Rückzug angreifen. Es ist eine Strategie, die später als Guerillataktik oft kopiert wird: von Fidel Castros Revolution in Kuba (1953 bis 1959) über den Vietcong gegen die USA im Vietnamkrieg (1955 bis 1979) oder von den Mudschahidin gegen die Sowjetunion in Afghanistan (1979 bis 1989). Napoleon wird nun klar, dass sich die Regeln des Duells grundlegend geändert haben – und er nicht mehr gewinnen kann. Wieder und wieder schlagen die Russen aus dem Hinterhalt zu. Als die Franzosen schließlich an der Beresina ankommen, sind nur noch 75 000 Menschen übrig.

„Napoleons Karriere gleicht einem Duell – sein Gegner ist das gesamte Europa.“ JOsEPH CONRAD, sCHRiftstEllER An der Beresina will Kutusow den Rest der Grande Armée zerquetschen und das Duell endgültig für sich entscheiden. An den Übergängen hat er seine Truppen aufstellen lassen. Napoleon weiß aber, dass er dort keine Chance hat, und fasst den Plan, die Beresina mit eigenen Brücken zu überqueren. Eine Kapitulation

5. schlacht von BeResIna Die Grande Armée verliert beim Rückzug (schwarzer Balken) immer wieder Männer. Beim Übergang über die Beresina kommt es zu einem Gemetzel.

kommt für den Kaiser nicht in Frage, lieber opfert er das Leben seiner Leute – was er schließlich auch tut … Als die Russen von Napoleons Plan erfahren, lässt Kutusow alle nahe gelegenen Einheiten vorrücken. Es ist ein Spiel auf Zeit: Gerade als die Franzosen übersetzen, beginnen die Russen, die dicht gedrängten Menschen mit ihrer Artillerie zu beschießen. Napoleon will zunächst seine kampffähigen Soldaten retten, zwingt Frauen und Kinder unter Waffengewalt zurück. Es sind brutale Szenen: In Panik springen Männer und Frauen in die eiskalte Beresina. Mütter recken ihre Neugeborenen in die Höhe, flehen um die Rettung ihrer Kinder – bis sie von Eisschollen zerquetscht oder umgerissen werden. Am Ende kehren von der Grande Armée nur rund 10 000 Menschen heim. Napoleon wird sich politisch nie wieder erholen – 1814 beendet eine Allianz aus Russland, Preußen und Österreich seine Herrschaft und stellt die alte Ordnung, die vor der französischen Revolution galt, wieder her. Napoleons moderne Reformen – alles umsonst? Nein, aber die europäischen Völker mussten erst durch ihre dunkelsten Stunden gehen, um ihre bürgerlichen Verfassungen zu bekommen. Napoleon hätte sie durchgesetzt. Er wäre dafür über Leichen gegangen.

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Lebensversicherung Kurz nachdem Edward Snowden 2013 abgetaucht ist, gab er aus seinem Versteck heraus ein Interview. Der Grund: Solange die Welt nicht wusste, wer er ist, befürchtete er, dass ihm etwas zustoßen könnte.

VS. SnoWden nSa die angSt einer Supermacht Vor der Wahrheit

D

as Telefon klingelt. Mit weit aufgerissenen Augen blickt Edward Snowden durch das Hongkonger Hotelzimmer. Der ehemalige IT-Spezialist der NSA muss den Hörer nicht abnehmen, um zu wissen, wer ihn anruft. Er weiß: Sie ha-

ben ihn gefunden – und sie werden kommen, um ihn zu holen. Hastig packt er seine wenigen Habseligkeiten zusammen und flieht. Es ist der 10. Juni 2013, und es ist gerade drei Wochen her, dass Snowden der NSA 1,7 Millionen streng geheime Datensätze über illegale Ausspähprogramme gestohlen hat – Informationen, für die jeder Geheimdienst dieser Erde töten würde. Der Ex-Agent will sie nicht verkaufen oder einer feindlichen Regierung übergeben – sondern der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dass er damit den mächtigsten Geheimdienst der Welt zu einem Duell herausgefordert hat, das er im Grunde nicht gewinnen kann, ist Snowden bewusst. Es ist das vielleicht

ungleichste Duell der Menschheitsgeschichte – und Snowdens einzige Chance zu überleben, ist, seinen mächtigen Gegner auf Distanz zu halten – und sich nicht auf ein direktes Kräftemessen einzulassen. Wenige Stunden nach seiner Flucht aus dem Hotel betritt Snowden ein heruntergekommenes Haus am Stadtrand von Hongkong. Hier wohnen verarmte Menschen ohne Papiere und ohne Zukunft. Doch es ist auch der letzte Ort, an dem die NSA nach ihm suchen würde – und ein Versteck, in dem die übermächtige NSA keine Augen hat. Hier in den Slums von Hongkong gibt es kaum Handys oder Computer, keine Überwachungskameras oder Polizeistreifen.

luther

Vs.

der kampf um die gunst gottes

Es ist Snowdens Plan B – mit dem niemand rechnen konnte. Denn auch wenn es sich absurd anhört: Die Menschen im Slum verstehen seine Mission und haben den Mut, ihn bei seinem Kampf zu unterstützen. Niemand verrät Snowden, trotz des Kopfgelds, das auf ihn ausgesetzt wird. Und tatsächlich: Die NSA schafft es nicht, ihren Staatsfeind Nr. 1 zu fassen – und das, obwohl sie in der Lage ist, über Satelliten und gigantische Serverfarmen jeden Ort dieser Erde zu beobachten, jedes Handy in Echtzeit abzuhören, jede E-Mail mitzulesen und rund um den Globus jede Kamera anzuzapfen. Snowden dagegen hat nur seinen Verstand – und die 1,7 Millionen Daten. Diese verschleudert er nicht auf Wikileaks, sondern lässt sie nach und nach von Enthüllungsspezialisten veröffentlichen. Als Lebensversicherung entwirft er ein Totmannsystem, das automatisch die ganze Wahrheit enthüllt, wenn ihm etwas zustoßen sollte. Nachdem er sich zwei Wochen in den Slums versteckt hat, entkommt Snowden nach Moskau – und bekommt Asyl. „Wieso Moskau?“, wird er danach oft gefragt. Doch die Antwort liegt auf der Hand: Weil es der einzige Ort ist, an dem die NSA nicht die Macht hat, ihn zu holen.

E

s sind zwei Männer, wie sie Gott kaum unterschiedlicher erschaffen konnte: Der eine, Giovanni de Medici, wird 1513 als Papst der Christenheit zu einem der mächtigsten Männer der Erde. Nur der römische Kaiser Karl V. kann dem Florentiner das Wasser reichen. Leo X. nennt sich der Medici nach seiner Wahl – ein Löwe, der im Auftrag des Herrn die irdische Macht der Kirche mit aller Kraft zur Entfaltung bringen will. Er verschleudert ein Vermögen für Prunkbauten und ausschweifende Feiern der Kurie – mit 37 Jahren ist der Löwe bereits so fett, dass ihn zwei Diener jeden Morgen aus dem Bett heben müssen. Für Martin Luther ist dieser Papst schlichtweg der „Antichrist im Vatikan“, Rom das biblische Sündenbabel. Leo X. amüsiert sein Widersacher: ein hagerer Bettelmönch mit heller Stimme aus dem Barbarenland Thüringen. Kirchenbann und Verurteilung zum Ketzer – das ist das übliche Vorgehen in solche Fällen. Und doch reißt ausgerechnet dieser Luther einen Graben innerhalb der Christenheit auf, der bis heute nicht überwunden ist. Denn Luther ist der Star eines neuen, vibrierenden Zeitalters: Portugiesische Karavellen überbringen Kunde aus exotischsten Länden, der Buch-

leo x.

druck verbreitet Ideen über Kontinente – und Luther befreit den Geist: Kein Priester sei mehr nötig, um den himmlischen Segen zu erlangen. Den Fahrschein ins Paradies gebe es nur für ein gottgefälliges Leben, aber nicht bei den Sündenablass verhökernden Drückerkolonnen des Papstes. Es ist das Duell zweier Systeme: einer mittelalterlichen Welt des Adels und Klerus, die den Fortschritt bekämpft – und einer Welt, in der jeder Gottes Gnade erlangen kann. Ohne Luthers Impulse sind Aufklärung, Industrialisierung und der Aufstieg des Bürgertums schwer vorstellbar. Deutschland wäre heute keine wirtschaftliche Supermacht, sondern rückständig wie viele religiös erstarrte Länder im Nahen Osten. Luther predigte Elan, Leo X. hinterließ dagegen bei seinem Tod 1521 nur Schulden – so viele, dass es bei seinem Begräbnis nicht einmal mehr für Kerzen reichte …

Gottes zehnter Löwe Papst Leo X. machte den Vatikan zu einem Vergnügungspark – und löste schließlich die Reformation aus. welt der wunder

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Formatkrieger Um „seinen“ Gleichstrom in den USA durchzusetzen, ging Thomas Edison über Leichen: Der Krieg um das künftige „Format“ des Stroms gilt als Vorläufer der Verdrängungswettbewerbe von heute.

edisOn Vs. tesla die erfindung des raubtierkapitalismus

D

er Todeskampf von William Kemmler dauert über eine Minute. Zwischen Kopf und Rücken surrt hörbar Strom durch den Leib des zum Tode Verurteilten – erst bei 1000, später bei 2000 Volt. Der festgezurrte und sich verkrampfende Körper verströmt einen unerträglichen Geruch nach verbranntem Fleisch. Dieser 6. August 1890 im Auburn-Staatsgefängnis im Bundesstaat New York ist der Höhepunkt des Stromkrieges in den USA. Und eines Duells zweier unerbittlicher Genies, das sich an der Frage ent-

zündet: Soll Energie immer in dieselbe Richtung fließen, soll also in Amerikas Adern Gleichstrom pulsieren? Ja, sagt Thomas Alva Edison. Der Erfinder und erfolgreiche Unternehmer ist ein amerikanischer Held, seit Jahrzehnten erhellen seine Glühbirnen in Verbindung mit seinen Generatoren und Leitungen USamerikanische Städte. Nein, sagt Nikola Tesla, ein genialer 34-jähriger „Wissenschaftspoet“, den Edison anfangs für naiv hält und später als Konkurrenten fürchtet. Denn der visionäre Serbe Tesla, mit nur vier Cent Bargeld nach New York gekommen, will zusammen mit dem Unternehmer George Westinghouse die Wechselstrom-Revolution entfachen: Sein Strom ändert immer wieder rasend schnell die Richtung in der Leitung. Der Vorteil: Gleichstrom verliert durch den Eigenwiderstand der Kabel relativ schnell an Kraft, die Stromquelle darf höchstens eine Meile vom Verbraucher stehen – die zahlungskräftigen Kunden wollen aber auf Dauer nicht neben einem stinkenden und lärmenden Kraftwerk

wohnen. Wechselstrom lässt sich unter höhere Spannung setzen, im übertragenen Sinn herrscht also mehr Druck in der Leitung, und der Strom fließt weiter. Doch im Stromkrieg geht es nur zweitrangig um die bessere Idee, im Vordergrund steht das Milliardengeschäft um die Elektrifizierung Amerikas: Es ist der erste Wettbewerb um die Durchsetzung eines Wirtschaftsstandards in der Geschichte. Der Gewinner wird einen Welt-

„Ohne Tesla würde heute kein Rad laufen, Züge würden stillstehen. Unsere Städte wären dunkel.“ BerNarD arThur BehreND, elekTroINGeNIeur konzern besitzen, der Verlierer geht unter. Platzhirsch Edison nutzt seinen guten Ruf, um seinen Gegner in Verruf zu bringen: Um zu beweisen, wie gefährlich Teslas Wechselstrom ist, verkabelt er öffentlich einen Hund sowie den ZirkusElefanten Topsy und tötet die Tiere grausam vor den Augen Tausender Zuschauer mit Stromschlägen. Edison, eigentlich ein Gegner der Todesstrafe, ordnet sogar den Bau des ersten elektrischen Stuhls der Welt an, der natürlich mit einem Tesla-Wechselstromgenerator arbeitet. Die als humane Alternative zum Strang geplante Hinrichtung von William Kemmler liefert eine grausame Demonstration der Gefahren des neuen Stroms. Fast gewinnt Edison diesen Krieg, unsere Städte würden heute vollgestopft mit Generatorenhäuschen ein völlig anderes Bild abgeben. Doch am Ende gelingt Tesla und Westinghouse ihr Meisterstück: Nach einem harten Bieterkampf erhalten sie den Zuschlag für die Beleuchtung der Weltausstellung 1893 in Chicago: Ein bis dato einzigartiges Meer aus 100 000 leuchtenden Glühbirnen überzeugt auch die letzten Zweifler …

Beweismittel Über 700 Patente hat Nikola Tesla angemeldet. Damit seine Ideen umgesetzt wurden, schreckte er vor Manipulation nicht zurück: Dieses Bild besteht aus einer Doppelbelichtung. Tesla wollte damit die Gefahrlosigkeit „seines“ Wechselstroms demonstrieren. welt der wunder

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mOHammed die wiege des islam

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almhütten, Sandstürme, Hitze: Um 600 n. Chr. ist der Karawanenort Mekka kaum mehr als ein lebensfeindlicher Fleck Erde an der arabischen Wüste  – weit entfernt von seinem späteren Status als heiligstes Zentrums einer künftigen Weltreligion, das über eine Milliarde Muslime fünfmal täglich anbeten müssen. Ausgerechnet an diesem Ort beginnt ein etwa 40-Jähriger namens Mohammed plötzlich, das Wort Gottes zu rezitieren – mit zunächst desaströsen Folgen: Denn indem er sich für Allah und gegen die Götter seines Stamms, den Quraisch, entscheidet, verliert er seine Lebensversicherung in der Wüste: den Schutz der Gemeinschaft. Abu Dschahl, ein mächtiger Quraisch, verbannt ihn aus dem Stamm. Zwischen beiden entwickelt sich ein Duell der alten Götter gegen den einen Allah: Mit nur ein paar Dutzend Getreuen, den ersten Muslimen der Geschich-

Vs.

aBU dsCHaHl

te, flieht Mohammed 622 in die Nachbarstadt Medina. Von dort aus betätigt sich Mohammed, „der Vielgepriesene“, als eine Art Robin Hood: Immer wieder überfällt er Karawanen aus Mekka, einmal sogar in einem heiligen Monat – ein böser Bruch der arabischen Traditionen. Abu Dschahl stellt daraufhin 624 eine Streitmacht zusammen und schickt eine Karawane als Köder los. Doch trotz drückender Überlegenheit verliert die dreimal so große Truppe der Mekkaner den Kampf. Auch Feldherr Abu Dschahl findet in der Schlacht von Badr den Tod – laut Koran durch göttlichen Eingriff, Historiker machen dafür aber eher das strategische Talent Mohammeds verantwortlich. Der Sieg ist ein Fanal für die neue Religion, Anhänger strömen ihr zu. Bei einer Niederlage würden heute wohl niemand von Mohammed wissen. Und Badr ist nur der Auftakt einer beispiellosen Expansionswelle: Unter dem Banner des Islam dringen Muslime in den nächsten Jahrhunderten bis nach Spanien und Österreich vor, sie erobern Teile Asiens und Afrikas – und verneigen sich bis heute in aller Welt zum einstigen Wüstendorf Mekka …

mekka Das ehemalige Wüstendorf ist heute eine Metropole: Pro Jahr pilgern etwa 15 Millionen Muslime zum zentralen Heiligtum des Islam, der Kaaba (Mitte). Nichtmuslimen ist das Betreten der Stadt verboten.

Mann der Worte Marcus Tullius Cicero forderte Julius Cäsar heraus – mit der Macht der Sprache.

CiCero

VS.

die ermordung der republik

N

un gibt es kein zurück. Seit dem Morgengrauen des 10. Januar 49  v. Chr. überschreitet die 13. Legion im strömenden Regen den Rubikon. Julius Gaius Cäsar, das Schwert Roms, kehrt nach Hause zurück. Doch er kommt nicht als gefeierter Bezwinger Galliens – er und seine 6000 Mann starke Elitetruppe kommen als Eroberer. Sein Gegner: der Senat, der ihn seines Amtes enthoben hat. Vier Jahre später hat Cäsar jede Armee geschlagen, die ihm der Senat entgegengeschickt hat. Auf dem Höhepunkt seiner Macht angekommen, ernennt er sich zum dictator perpetuus (Diktator auf Lebenszeit) und schafft die Republik faktisch ab. Das Ende dieses Kampfes ist aber erst der Anfang eines Duells, das nicht auf dem Schlachtfeld entschieden werden kann, sondern in den Hallen des Forum Romanums. Cäsar wird von Marcus Tullius Cicero, Roms größtem Dichter und Denker, herausgefordert. Kriegsherr gegen Philosoph, Schwert gegen Feder. Cicero hat zwar keine Armee hinter sich

das ende der republik

Mit Julius Cäsars Aufstieg zum Diktator endete die Republik. Cäsars Nachfolger Octavian begründete als Augustus das Römische Reich.

CÄSAr

– doch er ist Roms beliebtester Politiker. Noch während Cäsar mit unbeholfenen Schmeicheleien versucht, den Volkshelden auf seine Seite zu ziehen, stellt sich Cicero vor den Senat und bezeichnet Cäsar als Tyrannen. Wo immer er auftritt, kritisiert er die Errichtung von CäsarDenkmälern, mit denen der Imperator die Gunst des Volkes erlangen möchte. Cäsar dagegen kommt gegen den hochintelligenten Redner rhetorisch nicht an.

„Was hat der Tod Cäsars gebracht, außer einen Tyrannen sterben zu sehen?“ CiCeRO Es ist ein Duell, das nicht den Tod des Kontrahenten zum Ziel hat, vielmehr soll der Gegner entwaffnet werden. Cäsar muss Cicero auf seine Seite ziehen, um nicht in der Gunst der Bürger Roms zu fallen. Cicero hingegen weiß, dass die Republik nur wiederhergestellt werden kann, wenn Cäsar sein Amt freiwillig aufgibt. Doch Cicero hat nicht bedacht, wie mächtig seine Worte wirklich sind … Am 15. März 44 v. Chr. wird Julius Cäsar im Theater des Pompeius mit 23 Dolchstichen ermordet. Rund 60 Senatoren sind am Attentat beteiligt. Ihr Codewort: Cicero. Nun bewahrheiten sich die Ängste des Dichters. Rom fällt ins Chaos, als neue Despoten nach der Macht greifen, die Republik ist endgültig tot. Und Cicero? Wird 43 v. Chr. ermordet. Seine Leiche wird verstümmelt und ausgestellt – damit es künftig niemand wagt, seine Stimme gegen die Machthaber Roms zu erheben. Für Rom ist der Sieg der Diktatoren eine Katastrophe. Dekadenz und die mangelnde Fähigkeit zur Erneuerung führen zum Untergang des Weltreichs – und sind gleichzeitig der Türöffner in die Ära des dunklen Mittelalters in Europa.

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saladin

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die HoHe Kunst der diplomatie

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urchtlos reitet Richard Löwenherz auf einem Schlachtross die Linien seines Heeres ab, während die sarazenischen Krieger Saladins Woge um Woge an dem Bollwerk aus Schilden und Lanzen abprallen. Es ist der 7. September 1191 – und vor wenigen Tagen ist der englische König an der Küste Akkons gelandet, um das Heilige Land von den Ungläubigen zu befreien. Es ist der Startschuss für ein Duell zweier Giganten, die sich auf Augenhöhe begegnen – und bei dem keiner der Kontrahenten die Oberhand gewinnen kann. Denn Richards Armee ist zwar zahlenmäßig unterlegen, doch die christlichen Ritter sind stärker gepanzert und kämpfen disziplinierter. Auch unter den Sturmangriffen der Sarazenen hält die Schlachtordnung stand – eine Phalanx, die Saladin nicht durchbrechen kann. Er befiehlt einen ungeordneten Rückzug, allerdings nur, um hinter einer Hügelkette einen Hinterhalt zu legen. Saladin hofft, dass sein wagemutiger Gegner an der Spitze seiner Kavallerie die Verfolgung aufnimmt. Doch Richard durchschaut den Bluff – und kontert ihn auf untypische Weise: mit Zurückhaltung. Unbeirrt lässt er seine Armee die kompakte Schlachtordnung halten. Saladin muss abziehen – und Richard, der sonst nie das Risiko scheut, gelingt ausgerechnet mit einer Defensiv-Taktik sein größter Sieg. Nach der Schlacht bei Arsuf vermeiden beide Herrscher eine direkte Konfrontation. Militärisch herrscht ein Gleichgewicht des Schreckens – und Respekt vor den Fähigkeiten des Kontrahenten. Und entgegen der Legende entscheidet dieses Duell nicht eine epische Schlacht, sondern ein aus-

lÖWenHerZ gehandelter Kompromiss. Im Friedensvertrag von Ramla verzichtet Richard auf Jerusalem. Saladin gewährt den Christen im Gegenzug freien Zutritt zur Heiligen Stadt – und hält sich daran. Für kurze Zeit leben Christen und Muslime friedlich nebeneinander. Was, wenn dieser Frieden gehalten hätte? Tatsächlich spricht einiges dafür, dass durch den kulturellen Austausch zwischen den Religionen die endlose Spirale des Hasses, des Blutvergießens und der sich immer weiter zuspitzenden Zivilisationsbrüche im Heiligen Land beendet worden wäre. Doch die Chance wird vertan. 1198 bricht ein deutscher Kaiser den Vertrag. Heinrich VI. schickt erneut ein Kreuzfahrerheer nach Jerusalem …

Ein gutEr rat Saladin und König Richard von England lieferten sich ein Duell am Verhandlungstisch. Sogar die Verheiratung von Richards Schwester wurde für einen langfristigen Frieden erwogen.

die Geburt der Weltmacht uSa

E

s ist der Moment, in dem die USA ihre Unschuld verlieren: Am 23. April 1898 ziehen Tausende US-Soldaten in den Krieg  – erstmals außerhalb des eigenen Festlands. Mit einer beispiellosen Invasion erobern die Marines die spanischen Kolonien auf Kuba, in Puerto Rico und Guam. Dann wird auch die Unabhängigkeitsbewegung auf den Philippinen blutig niedergeschlagen, rund eine Million Filipinos sterben – darunter viele Zivilisten. Aber was führt zu diesem Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik? Der Grundstein für Amerikas Imperialismus

wird 16 Monate zuvor gelegt: Am 3. November 1896 stehen die Bürger der USA vor der Wahl zwischen zwei Präsidenten – in Wirklichkeit ist es ein Duell zweier Weltanschauungen.

„1896 fiel die Entscheidung, ob die USA eine Republik bleiben oder ein Imperium werden sollten.“ PeTeR KUznicK, US-HiSToRiKeR Für den republikanischen Kandidaten McKinley ist klar: Wenn Amerika überleben will, muss es neue Absatzmärkte erschließen. „Sein Herausforderer William Jennings Bryan war dagegen ein überzeugter Antiimperialist“, sagt der Filmemacher Oliver Stone in einer TVDokumentation. McKinley gewinnt das

FOTOS: Alamy (2); DPA; Getty Images (5); Wikipedia; PR (2) ILLUSTRATIONEN: Napoleon Gemälde von Adolph Northen, Druck erhältlich bei King & McGaw, www.kindandmcgaw.com; C.F. Minard

brYaN VS. mcKiNleY

Duell und setzt seine Vision um. „Zum ersten Mal eroberten US-Soldaten Land jenseits ihrer Küsten. Die einstige Kolonie war selbst zum Kolonialisten geworden“, sagt der US-Historiker Stanley Karnow. Amerikas Siegeszug ist nicht mehr aufzuhalten. Mehr noch: Auch die gewaltsame Einflussnahme hat hier ihren Ursprung. Sechs Jahre später, 1902, greifen die USA Kolumbien an und gründen den Staat Panama, um den Panamakanal zu beherrschen. Bald vergrößern sie überall in der Welt ihren Einfluss. Doch was wäre passiert, wenn nicht McKinley sondern Bryan der 25. USPräsident geworden wäre? „Wir Amerikaner haben nichts mit Eroberung zu tun“, sagte Bryan noch während des Wahlkampfs 1896. Bei seinem Sieg hätte er alle Weltmachtspläne beerdigt, er sah in den USA in erster Linie einen Agrarstaat. Historiker sind sich aber sicher, dass Amerika sich trotzdem zu einer modernen Industrienation gewandelt hätte – nur Weltmacht wären es nicht. Seine Vision vom US-Imperium wird McKinley zum Verhängnis. 1901 fällt er einem Anschlag zum Opfer – der Attentäter nennt als Grund die Gräuel während der Invasion auf den Philippinen.

Revanche

Vier Jahre nach ihrem ersten Duell treffen McKinley und Bryan wieder als Kandidaten für das Präsidentenamt aufeinander. Doch weil McKinley (l.) den Krieg mit Spanien als humanitäre Aufgabe verkauft, wird er noch deutlicher vor Bryan wiedergewählt als noch vier Jahre zuvor. Sein Vize, Theodore Roosevelt (r.), wird später selbst US-Präsident.

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Wie gRoSS kAnn ein FiScH WeRden? In Deutschland berichten Angler regelmäßig von unglaublichen Riesen-

als einen Meter wird. Das Exemplar jedoch, das Franziska angegriffen hat, schätzen die Experten auf über zwei Meter Fischen – so groß, dass sie sogar und bis zu 100 Kilogramm. Doch ist das möglich? Kann ein Fisch wirklich so groß werden, dass er einem MenMenschen gefährlich werden können. schen gefährlich wird? Lange wurden sie dafür belächelt. Die Antwort überrascht: „Fische wachsen, so lange sie leben“, erklärt der Doch nun erklären Forscher: Es gibt Biologe Zeb Hogan von der Unidiese See-Monster wirklich … versity of Nevada. „Und weil viele Fische sehr alt werden können, stoßen wir immer wieder auf Giranziska sieht den Schatten nicht kommen, der ganten.“ Zwar denken die meisten langsam vom Grund aufsteigt und sich ihren Menschen bei See-Monstern an Beinen nähert. Die 14-Jährige schwimmt 150 Kreaturen aus der Tiefsee, doch Fakt Meter entfernt vom Ufer eines Badesees in Ösist: Es gibt sie auch in den Teichen, Seen und Flüssen direkt terreich – als plötzlich die Wasseroberfläche vor unserer Haustür. „Wir wissen von etwa 30 Arneben ihr regelrecht explodiert. Etwas Großes packt ten, die größer als zwei Meter und schwerer das Mädchen am Unterschenkel und versucht, als 100 Kilogramm werden können“, erklärt es unter Wasser zu ziehen. Panisch tritt „Früher wurden Hogan. Darunter: Drei-Meter-Hechte mit Franziska mehrmals mit ihrem freien Bein Riesenfische als daumengroßen Zähnen, Störe, die ein nach dem massigen Angreifer – und hat Anglerlatein ausgewachsenes Pferd überragen, und Erfolg. Er lässt von ihr ab – und der See abgetan. Heute Welse, in deren Bäuchen die Kadaver ist wieder ruhig. Franziska dagegen ist stoßen wir immer wieder auf sie.“ von Schwänen gefunden wurden. Stimvollkommen außer sich. Was für ein Fisch men die Bedingungen, kann aus jedem würde hierzulande einen Menschen anZeb Hogan, Fisch ein Monster werden. greifen? Und wohin ist dieses Monster nun Universität Nevada Das zeigt sich auch am Lake verschwunden? Kaum ist Franziska an Land, in Reno Tahoe in Kalifornien, wo vor wird ihr Bein versorgt. Später untersuchen ExJahrzehnten Goldfische ausgesetzt perten die Bisswunde an ihrem Bein – und kommen wurden. Da sie dort kaum Fressfeinde haben zu einem erschreckenden Ergebnis: Der Teenager wurde und sehr viel Nahrung finden, können sie bis von einem Wels angegriffen – einem Raubfisch, der überall zu einem halben Meter groß werden. Sven Gernand in Europa verbreitet ist und normalerweise nicht viel größer

FOTOS: Shutterstock; Alamy (2); Getty Images (2)

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Wunder Natur

Größe eines Menschen zum Vergleich

goldfisch See-StÖr

(Acipenser fulvescens) größe: bis 350 cm gewicht: bis 300 kg lebenserwartung: bis 150 Jahre Verbreitung: Süßwasserfisch, heimisch in Nordamerika

alligatorhecht

(Atractosteus spatula) größe: bis 305 cm gewicht: bis 137 kg lebenserwartung: bis 50 Jahre Verbreitung: Süßwasserfisch, heimisch in Nordamerika

(Carassius auratus) größe: bis 47 cm gewicht: bis 1,8 kg lebenserwartung: bis 40 Jahre Verbreitung: Süßwasserfisch, heimisch in Ostasien

EuropäischEr WEls (Silurus glanis) größe: bis 278 cm gewicht: bis 148 kg lebenserwartung: bis 100 Jahre Verbreitung: Süßwasserfisch, heimisch in ganz Europa

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Wunder natur

washington north dakota montana

minnesota

yellowstone-nationalpark oregon

south dakota idaho

wyoming

iowa nebraska

nevada

utah colorado

kansas

oklahoma arizona

new mexico

todeszone „Wenn der YellowstoneSupervulkan ausbricht, könnte die Stärke der Eruption den USA buchstäblich die Eingeweide herausreißen. Statt 50 Bundesstaaten hätten wir dann nur noch 30“, erklärt Michio Kaku, Physiker an der New York University. Tatsächlich würde die Todeszone einen Durchmesser von mehr als 800 Kilometern haben, die gesamte Region würde über Jahre von einer bis zu drei Meter dicken Ascheschicht bedeckt sein.

texas

erste asche-zone Bei einem Ausbruch der höchsten Kategorie (8) würde in der sogenannten Primary Ash Zone rund um die Todeszone sämtliches Leben im Umkreis von bis zu 1000 Kilometern zerstört werden. Die Ascheschicht würde bis zu einem Meter betragen. Häuser würden infolge der Hitze einstürzen, Straßen schmelzen und Millionen Hektar Wald würden vernichtet. Experten rechnen mit bis zu 100 000 Todesopfern in dieser Region.

Wann explodiert das größte Naturparadies Amerikas? zweite Asche-zoNe michigan

wisconsin

illinois

missouri

arkansas

der tag, an dem die usa 20 bundesstaaten verlieren werden ...

Selbst in einer Entfernung von 2000 Kilometern würden mehr als ein Dutzend Bundesstaaten unter einer zehn Zentimeter dicken Ascheschicht versinken. 50 Millionen Menschen müssten ihre Heimat verlassen, ihr Land wäre über Jahre nicht bewohnbar. Durch den Ernteausfall in Amerikas größter Kornkammer im Mittleren Westen käme es zu Versorgungsengpässen. Der Schaden würde knapp 500 Milliarden Dollar betragen.

Im Yellowstone-Nationalpark tickt

eine der gefährlichsten Zeitbomben des Planeten. Jetzt fanden Geologen heraus: Die Kammer des Supervulkans ist nur ein Teil eines viel gigantischeren Höllenschlunds – der bei seinem Ausbruch halb Amerika in Schutt und Asche legen wird …

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... und so faszinierend sieht amerikas gefährlichstes pulverfass von oben aus! ein park,

10 000 hotspots Der älteste Nationalpark der Welt (1872 gegründet) liegt im Nordwesten der USA, zum größten Teil im Bundesstaat Wyoming. Seine Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 102 Kilometer, die Ost-West-Ausdehnung 87 Kilometer. Der Yellowstone-Nationalpark liegt über einem der größten Magmakammersysteme der Welt (siehe Grafik Seite 58). Genau dieses

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System hat im Laufe der Jahrtausende mehr als 10 000 heiße Quellen entstehen lassen. Die Thermen und Geysire sind die stummen Zeugen dafür, dass der unterirdische Supervulkan noch immer aktiv ist. Der letzte Ausbruch, der einen 70 Kilometer breiten und 40 Kilometer langen Krater hinterlassen hat, war vor 640 000 Jahren. Forscher warnen jetzt: Die nächste Mega-Eruption könnte sich bereits noch in diesem Jahrhundert ereignen – oder sogar in diesem Jahr. Denn dieses Pulverfass ist bis zum Rand gefüllt mit Magma …

50 meter tief

Im Herzen des Yellowstone-Nationalparks liegt die Grand Prismatic Spring. Das Becken der größten Thermalquelle der USA misst etwa 80 Meter im Durchmesser und ist knapp 50 Meter tief. Das Wasser wird durch die unterirdischen Magmakammern des Yellowstone-Vulkans auf 71 Grad Celsius erhitzt.

2000 liter Wasser

Vom Druck der unterirdischen Magmakammern an die Oberfläche gepresst, strömen aus der Grand Prismatic Spring im Schnitt jede Minute 2000 Liter Wasser. Nur selten ist der Blick so frei wie auf diesem Foto – meist verhüllt dichter Wasserdampf die Quelle.

4 milliarden jahre

Sogenannte Archaeen, die sich in den unterschiedlichen Temperaturzonen der schwefligen Quelle angesiedelt haben (am heißesten ist es in der Mitte), lassen die Therme in allen Farben des Regenbogens leuchten. Die winzigen Quell-Bewohner sind Pioniere der Erdgeschichte: Diese Einzeller lebten bereits, als es vor vier Milliarden Jahren weder Sauerstoff noch festen Boden auf dem Planeten gab.

bEwEglichE krUstE

Die Kruste der nordamerikanischen Kontinentalplatte rutscht in jedem Jahr 2,5 Zentimeter nach Südwesten. Der Hotspot, der sich über dem Mantel-Diapir – einem Bereich, in dem Material aus tiefen Schichten aufsteigt –, bildet, bleibt jedoch immer an der derselben Stelle.

kratErlandschaft Die erkaltete Lava ist ein Hinweis, dass der Nationalpark über mehreren alten Kratern liegt. Hitze und austretende Gase sind weitere Beweise für die vulkanischen Vorgänge unterhalb der Erdoberfläche.

Salt lake city

MantelDiapir

Vor 16 Millionen Jahren ließ die Hitze des Diapirs die Erdkruste schmelzen. Die Folge war der erste große Vulkanausbruch.

o idah g

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utah

Picabo 10,3 Millionen

Pocatello

Big Bend Ridge Caldera 2,1 Millionen

Yellowstone Lake

Yellowstone Caldera 0,64 Millionen

Sour Creek Dome

Mallard Lake Dome

YellowstoneNATIoNALPARK

Vor zwölf Millionen Jahren entstanden weitere Krater. Weil die Erdoberfläche wandert, liegen sie heute zum Teil in Nevada. diE ErstE kammEr In der bisher bekannten oberen Kammer brodelt fünf bis 15 Kilometer unter dem Yellowstone-Nationalpark genug Magma, um den Grand Canyon 2,5-mal zu füllen. Vor 2,1 Millionen Jahren schuf die Huckleberry-Ridge-Eruption den Big-Bend-Ridge-Krater. Und verteilte 2500 Kubikkilometer Asche.

E

diE zwEitE kammEr Mithilfe eines Hightech-Seismografen fanden die Forscher jetzt in 20 bis 70 Kilometern Tiefe eine zweite, bisher unbekannte Mega-Kammer. Sie ist 4,5-mal größer als die obere Kammer und speist diese mit Millionen Tonnen Magma. dEr magma-diapir Ursprünglich dringt das Magma aus dem äußeren Erdkern (siehe rechts) nach oben. Dort bildet sich ein sogenannter Hotspot, der durch das Magma wie von einem Bunsenbrenner hochgekocht wird.

s kann unmöglich wahr sein. Victor Tsai kontrolliert immer wieder die Daten – doch alles stimmt. Monatelang hatte der Geophysiker vom California Institute of Technology mit einem Seismografen den Untergrund des Yellowstone-Nationalparks abgescannt. Tsai wollte mehr über die Magmakammer unter dem größten Supervulkan der Erde erfahren. Und genau das ist ihm jetzt gelungen. Die beängstigenden Ergebnisse zeigen, dass die fast

DIE ERSTE MAGMA-KAMMER

760 °C DIE ZWEITE MAGMA-KAMMER

982 °C MAGMASCHLoT

1200 °C

800 Grad heiße Kammer, die unter dem Nationalpark pulsiert, nur die Spitze eines noch viel gewaltigeren Magmasystems ist (siehe Grafik oben). Und das könnte jederzeit explodieren …

Und siE dachtEn, nUr diE EinE kammEr sEi das problEm … Der Yellowstone-Nationalpark gilt als grüne Lunge und wildes Herz Amerikas – und nicht zuletzt durch Victor Tsais Entdeckung als tickende Zeitbombe. Bis vor weni-

NAME DEr CALDErA ALtEr iN JAhrEN

zeitBomBe

Owyhee-Humboldt 13,8 Millionen

Bruneau-Jarbidge 12,5 Millionen

yellowstone

Twin Falls 8,6 - 10 Millionen

Heise 4,3 - 6 Millionen

Der Yellowstone-Nationalpark befindet sich im Nordwesten der USA. Unter den grünen Wiesen und Wäldern tickt eine der größten Zeitbomben der Erde. Lange nahmen Wissenschaftler an, dass der gigantische Magma-Diapir unter dem Vulkan nur eine Kammer speist – bis sie jetzt eine atemberaubende Entdeckung machten …

Die Beweiskette Die Spuren vergangener Ausbrüche oberhalb des Diapirs findet man noch heute auf einer Strecke von 750 Kilometern entlang der Snake-River-Ebene.

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tan n o m

Die energiequelle Des vulkans

Frühere Schätzungen gingen davon aus, dass sich der Yellowstone-Magma-Diapir in 900 Kilometern Tiefe befinden würde. Nach neuesten Erkenntnissen reicht der Hotspot bis zum äußeren Erdkern. Yellowstone-Nationalpark Erdkruste 40 km

Bozeman

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Maßstab 0 km

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965 Mantel 2900

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Äußerer Kern 1000

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5100 6300

40 km Erdm

Innerer Kern

ante

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gen Monaten gingen die Forscher davon aus, dass der durchschnittlich knapp 2500 Meter hoch gelegene Nationalpark auf einer 10 000 Kubikkilometer großen Magmakammer thront, die bis zu 15 Kilometer unter der Erdoberfläche liegt. Durch die neuen seismologischen Untersuchungen ist jetzt jedoch klar: Die Kammer hat noch eine Art großen Bruder – einen mehr als 4,5-mal größeren Bruder, um genau zu sein. Er liegt unter der ersten Kammer in 20 bis 70 Kilometern Tiefe und wird direkt aus dem Erdmantel von einem Mag-

maschlot gespeist. Welche Ausmaße der YellowstoneVulkan hat, wird erstmals klar, als der Geologe Robert Christiansen auf Satellitenbildern der NASA den Krater (Caldera) entdeckt: Es ist eine gigantische Senke von mindestens 70 Kilometern Länge und 40 Kilometern Breite. Eine stille Zeitzeugin des letzten Ausbruchs des Yellowstone-Supervulkans. Die wissenschaftlichen Berechnungen ergeben schließlich: Vor rund 640 000 Jahren fand hier einer der größten Vulkanausbrüche in der Geschichte der Erde statt. welt der wunder

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Der zweite GranD canyon Der sogenannte Grand Canyon of the Yellowstone ist bis zu 400 Meter tief und 1300 Meter breit. Er entstand gegen Ende der letzten Eiszeit – vor 14 000 Jahren.

Der Atem Des VulkAns

für mehrere Jahre verdunkeln würde. Ernten würden ausfallen. Die Welt wäre über Jahre im Ausnahmezustand. „Yellowstone ist ein schlafender Godzilla. Wenn er erwacht und seine Eruption Kategorie 8 erreicht, reißt er Amerika buchstäblich die Eingeweide heraus, und es gibt statt 50 vielleicht nur noch 30 Bundesstaaten“, erklärt Michio Kaku, Physiker und BestsellerAutor. Nach Aussage von Experten kommt es alle 700 000 Jahre zu einem solchen Supervulkanausbruch. Wer jetzt jedoch denkt: „Kein Problem – dann ist es ja erst in 60 000 Jahren so weit“, der irrt sich gewaltig. Denn Wissenschaftler räumen ein, dass es sich beim Yellowstone Victor tsai, Geophysiker vom California um ein unberechenbares MonsInstitute of Technology ter handelt. Und das kann durchaus früher erwachen. Auch 60 000 Jahre früher …

„Die Entdeckung der zweiten Kammer sagt uns vor allem eines: Der nächste Ausbruch wird noch viel heftiger, als wir bisher annahmen.“

Tatsächlich häufen sich seit einigen Jahren die Anzeichen, dass der Supervulkan im Yellowstone nicht erloschen ist, sondern gerade erst erwacht. So ergaben Messungen, dass sich das Zentrum des Kraters binnen 50 Jahren um 60 Zentimeter angehoben hat – um sich dann innerhalb kürzester Zeit wieder abzusenken. Seit 2004 steigen Teile des Plateaus im Nationalpark nun um fast acht Zentimeter pro Jahr. Es ist der schnellste Auftrieb seit dem Beginn der Messungen. Die Begründung der Geologen: Gase und Magma verteilen sich auf einer großen Fläche, schmelzen immer mehr Gestein und sorgen dafür, dass sich die gesamte Region auf und ab bewegt wie der Brustkorb eines schlafenden Drachen. Was passiert, wenn dieses Ungeheuer tatsächlich aufwacht, darüber gibt es viele apokalyptische Theasphalt-rowDies orien. Genau weiß es allerdings Im Yellowstone-Nationalpark leben mehr als niemand. 4000 Bisons. Wenn es Winter wird, ziehen die Spätestens seit der Entdeckung Herden aus höheren Regionen ins Tiefland, da sie dort mehr Weideflächen finden. Dann der zweiten Kammer ist jedoch kreuzen die bis zu 800 Kilo schweren Rinder klar: Bricht der Yellowstone-Vulauch Straßen und lösen dort regelmäßig Staus kan aus, explodiert buchstäblich aus – wie hier auf dem Highway 89 in Gardiner. der Boden und schleudert minMichio KaKu, Physiker destens 5000-mal mehr feurige und Bestseller-Autor wie Aus einem Masse als ein normaler Bergvulinferno ein kan heraus. 1200 Grad Celsius nAturpArADies wirD heiße Lavalawinen würden mehrere US-Bundesstaaten im WesDennoch: So dramatisch die ten Amerikas unter sich begraben und Tausende KubikPrognosen sind, so wichtig ist eine Mega-Eruption für die kilometer Lava und Asche mit einer Sprengkraft von Umwelt des Yellowstone. Lange sahen Forscher in dem mehreren Tausend Atombomben in die Stratosphäre Ausbruch des Supervulkans nur eine zerstörerische Naschießen. Experten rechnen damit, dass sich der Himmel turgewalt, die eine fruchtbare Landschaft in eine leblose >

„Yellowstone ist ein schlafender Godzilla. Wenn er erwacht, gibt es statt 50 nur noch 30 Bundesstaaten.“

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s i e h st e i v o m v Mit t u da s , a n e g r e du imm l l st. i w n e h e wa s d u s

nen Magma kilometerweit in die Höhe, die Region verAschewüste verwandelt. Kurzfristig gesehen stimmt dies schwand für viele Jahre unter einer dicken Ascheschicht. auch, langfristig jedoch machen oft erst das Feuer und Heute wachsen mehr als 2000 Pflanzenarten in den Tädie Asche eine Region zu einem grünen Hotspot der Nalern und Wäldern des Nationaltur. So auch den Yellowstoneparks. Biber bauen Dämme, Nationalpark. Nachdem beim Luchse und Pumas streifen letzten Ausbruch die Wiesen und durch die Wälder, und Tausende Bäume zunächst zerstört wurBisons und Hirsche grasen auf den, bildeten sich durch die miden fruchtbaren Wiesen. Einzig neralhaltige Asche fruchtbare die Geysire, die unter hohem Böden, die Feuchtigkeit lange Druck heißes Wasser aus dem speichern konnten. Die Folge: Erdinneren bis zu 100 Meter in Die Keime der verbrannten Bäudie Höhe schießen, lassen erahme im Erdboden begannen zu nen, dass unter der Grasnarbe sprießen, neue Tier- und Pflandes Yellowstone eine glutrote zenarten siedelten sich an, und Lavahölle brodelt. Und das ofes entstand eine nie da geweseRobeRt ChRistiansen, fensichtlich so stark wie seit viene Vegetation. „Die faszinierende Geologe und Yellowstone-Experte len Jahrtausenden nicht mehr ... Natur, die wir Menschen sehen, wird daher nicht nur von dem KliHannes Wellmann ma erschaffen, in dem sie sich befindet, sondern auch von der Welt, die unter ihr liegt“, erklärt der Geologe Robert Christiansen. Der Beweis: Für aktuelle Informationen zum Stand der Vulkane: Beim letzten großen Ausbruch schossen Millionen Tonvolcanoes.usgs.gov/vhp/updates.html (auf Englisch)

„Die faszinierende Natur, die wir im Yellowstone sehen, wird nicht nur vom Klima erschaffen – sondern auch von der Welt, die unter ihr liegt.“

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FOTOS: Michael Nichols, Charlie Hamilton/NGS (4); PR ILLUSTRATION: NGS

das grosse fressen Grizzlys sind Opportunisten – sie fressen alles: Beeren, Insekten, Fische oder Großwild wie dieses Bison-Kalb. Dabei müssen die bis zu 800 Bären im Yellowstone-Nationalpark ihre Beute nicht nur vor Artgenossen, sondern auch vor Wölfen, Pumas und Aasfressern (im Bild: Kolkraben) verteidigen.

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Wunder mensch

die psychologie

des essens Oder: WAS UNS WIrKLICH dICK MACHT

Vergessen Sie alles, was Sie über Ernährung zu wissen glaubten – neueste Studien zeigen: Nicht was oder wie viel wir essen, sondern wo, wann und von welchem Teller entscheidet darüber, ob wir zunehmen oder nicht. Die gute Nachricht: Schon mit ein paar kleinen Tricks lassen sich unsere Essgewohnheiten verändern …

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wir treffen jeden tag rund 250 essensentscheidungen. bei den meisten werden wir manipuliert, ohne es zu merken. Brian Wansink, Psychologe an der Cornell University (New York)

E

in prüfender Blick – mehr braucht Brian Wansink nicht. Sein geschultes Auge erkennt schon in Sekundenbruchteilen, wo bei uns zu Hause oder in der Bürokantine unsichtbare Dickmacher lauern. Das Verblüffende daran: Was wir essen oder wie viel, interessiert den Psychologen gar nicht. Ihm genügt schon eine kurze Inspektion der Räumlichkeiten, um sagen zu können, wer am Ende des Abends mehr Kilos auf die Waage bringen wird und wer die richtige Menge zu sich genommen hat. Doch wie kann das funktionieren?

„Es ist lEichtEr, unsErE umgEbung zu ändErn, als das gEhirn umzupolEn“ Nach mehr als 25 Jahren Forschung und Hunderten Studien ist der 56-jährige Verhaltenspsychologe von der Cornell University im US-Bundesstaat New York geheimen psychologischen

Faktoren auf die Spur gekommen, die seiner Überzeugung nach bei der Entstehung von Übergewicht eine entscheidende Rolle spielen – jedoch noch immer unterschätzt werden. „Wir treffen jeden Tag 250 Essensentscheidungen“, rechnet Wansink vor. „Chips oder Salat? Große oder kleine Portion? Teller auskratzen oder gleich wegräumen? Das Faszinierende: In den meisten Fällen werden wir durch Millionen unterschwellige Trigger dazu verleitet, die wir kaum bemerken.“ Wansink gibt daher nicht viel auf die üblichen Diättipps. „Wir neigen dazu, uns auf das Essen zu fokussieren und nicht auf unsere Umgebung“, so Wansink. „Dabei sind wir meist viel zu sehr darauf bedacht, weniger von dem einen und mehr von dem anderen zu essen, oder klammern uns an irgendwelche zermürbenden Modediäten und Fitnesspläne.“ Seine Erkenntnis: Selbst der intelligenteste, disziplinierteste kalorienzählende Diäthalter kann genauso leicht von seiner Umgebung manipuliert

checkliste für das richtige ernährungsverhalten

ESSFALLEN tESt

Wenn Sie wissen wollen, welche versteckten Dickmacher in Ihren vier Wänden lauern und wo es Optimierungsbedarf gibt, beantworten Sie einfach diesen von Brian Wansink entwickelten Fragebogen mit Ja oder Nein. Wenn Sie mehr als sieben Fragen mit Ja beantwortet haben, sind Sie auf dem richtigen Weg!

fragen 1) Servieren Sie vor der Hauptmahlzeit Salat oder Gemüse?

Ja

Nein

2) Platzieren Sie das Essen eher auf dem Herd/der Arbeitsplatte anstatt auf dem Tisch?

Ja

Nein

3) Beträgt der Durchmesser Ihrer Teller nicht mehr als 22 bis 25 Zentimeter?

Ja

Nein

4) Sitzen Sie beim Essen am Tisch, ohne dabei fernzusehen?

Ja

Nein

Ja

Nein

6) Ist Ihre Küchenarbeitsfläche stets sauber, und sind die Utensilien ordentlich angeordnet?

Ja

Nein

7) Schneiden Sie im Voraus Obst- und Gemüsehäppchen und legen sie gut sichtbar ins mittlere Kühlschrankfach?

Ja

Nein

Ja

Nein

Ja

Nein

5) Befinden sich nie mehr als zwei Dosen Limonade gleichzeitig in Ihrem Kühlschrank?

werden wie der Rest von uns. Doch damit muss man sich nicht abfinden: Neueste For­ schungen beweisen, dass schon ein paar klei­ ne Veränderungen ausreichen, um nicht in diese Fallen zu tappen. Brian Wansink hat hierzu eine Checkliste zusammengestellt, mit der wir den Spieß umdrehen und unsere Psy­ che so austricksen können, dass wir abneh­ men statt zuzunehmen. Sein wichtigster Rat: „Man sollte nicht auf seinen Magen hören, ob man schon satt ist – der kann lügen.“ Auf den folgenden Seiten stellt wdw die drei Risiko­ zonen des Essens (zu Hause, im Supermarkt und im Restaurant) vor und zeigt, welche Ge­ fahren dort lauern und mit welchen Tricks man ihnen entgeht … JULIAN KLEVESATH

8) Haben Sie mindestens sechs Portionen proteinhaltiger Lebensmittel im Kühlschrank (z. B. Eier, Joghurt, Tofu etc.)? 9) Liegen Ihre Snacks und Süßigkeiten in einem umständlich zu erreichenden Küchenschrank?

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Was unser Zuhause mit unserem hunger Zu tun hat RISIKOZONE 1: ZUHAUSE

Laut Brian Wansink sind die eigenen vier Wände voll mit Essfallen und geheimen Dickmachern. Tatsächlich kann uns schon die Farbe eines Tellers manipulieren. Im Rahmen eines Versuchs durften Probanden Brezeln aus roten, weißen und blauen Schalen wählen – das verblüffende Ergebnis: Aus der roten wurde am wenigsten gegessen. „Rot ist eine Warnfarbe, von der Gefahr ausgeht“, erklärt der Ernährungspsychologe Christoph Klotter. Ein weiterer Farb-Effekt: Wansink lud zu einem Pasta-Essen an der Cornell University, bei dem die 60 Probanden wählen durften, ob sie ihre Nudeln mit Tomaten- oder heller Sahnesoße essen wollen. Auch hier bediente sich der Forscher eines kleinen Psycho-Tricks und verteilte nur rote und weiße Teller. Auffällig: Diejenigen, bei denen die Farbe des Tellers mit der Farbe des Essens übereinstimmte, aßen 18  Prozent mehr. Wansinks Erklärung: „Pasta, Reis und Kartoffeln sind stärkereich. Aufgrund ihres farblosen Äußeren neigen wir dazu, zu viel von diesen Kalorienbomben zu essen. Dunklere Teller verstärken dagegen den Kontrast und sind eine clevere Strategie, wenn man Gewicht verlieren möchte.“ Überhaupt sollte man beim Essen auf zu viele verschiedene Farben verzichten. Bei einem Schälchen mit Schokolinsen in sieben unterschiedlichen Farben greifen wir deutlich weniger zu, als wenn sich in der Schale zehn Linsen-Farben tummeln. „Wenn da ganz viele Farben sind, wollen wir alle schmecken, riechen und essen. Dementsprechend greifen wir

da rein, wo die Vielfalt blüht.“ In Zahlen: 70 Prozent mehr. Eine weitere Essfalle, die man leicht vermeiden kann, ist die Sichtbarkeit von Nahrungsmitteln. Wansink hat 230 Haushalte in Syracuse, New York, besucht und dabei festgestellt: Menschen, die ihre Frühstücksflocken offen in der Küche stehen hatten, wogen im Schnitt 9,5 Kilo mehr als diejenigen, die sie in den Schränken verstauen. Massiven Einfluss auf unsere Figur haben außerdem auch unser Medienkonsum und unser Schlafverhalten. Diverse Studien belegen, dass Menschen, die zu wenig schlafen, zu Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck neigen. Wer demnach unter fünf Stunden pro Nacht schläft, baut erhöhte Blutzuckermengen deutlich langsamer ab – dasselbe gilt auch für Menschen, die mehr als acht Stunden schlafen. Flimmernde Bildschirme beim Essen sollten ebenfalls vermieden werden – wie ein Experiment des Psychologen Jeffrey Brunstrom zeigt: Die eine Hälfte der Teilnehmer spielte während des Essens ein Computerspiel, die andere Hälfte widmete sich einzig der Nahrungsaufnahme. Ergebnis: Wer beim Essen abgelenkt wurde, aß 30 Minuten später doppelt so viele Kekse. Allerdings wirkt sich nicht jede Sendung gleich auf unser Essverhalten aus. So nehmen Zuschauer 98 Prozent mehr Snacks und 240 Kilokalorien mehr zu sich, wenn sie einen Actionfilm sehen, als wenn sie eine Talkshow verfolgen. Die Menge variiert mit dem Grad der Ablenkung durch die jeweilige Sendung.

Je grösser der teller, desto grösser der hunger Auch die Größe des Geschirrs und Bestecks spielt eine wichtige Rolle: So essen wir beispielsweise bis zu 22 Prozent weniger von einem Teller, der nur 25 statt 30 Zentimeter im Durchmesser misst, unabhängig davon, wie groß die Portion ist. Wenn man zum Auffüllen einen Esslöffel statt einer Schöpfkelle verwendet, nimmt man noch mal 14 Prozent weniger zu sich.

Wer Weniger selbst kocht, nimmt mehr zu „Menschen, die ihre Mahlzeiten zu Hause selbst zubereiten, nehmen weniger Kohlenhydrate, weniger Zucker und weniger Fett zu sich als Menschen, die weniger oder gar nicht selbst kochen“, sagt Julia A. Wolfson von der Johns Hopkins University in Baltimore. Sie fand in einer Studie heraus, dass Personen, die höchstens einmal pro Woche selbst zum Kochlöffel greifen, pro Tag im Schnitt 2301 Kilokalorien verzehren. Menschen, die dagegen mindestens sechsmal pro Woche selbst kochen, konsumieren im Schnitt nur 2164 Kilokalorien pro Tag.

Je lauter, desto dicker Baustellen- und Fluglärm, Radiomusik, laute Fernseher – eine Studie des schwedischen Karolinska-Instituts in Stockholm fand heraus: Mit einem Anstieg des Lärmpegels um fünf Dezibel nimmt der Taillenumfang im Durchschnitt um 1,5 Zentimeter zu. Zurückzuführen ist der Effekt demnach auf eine verstärkte Ausschüttung von Stresshormonen wegen des Lärms, insbesondere von Cortisol.

Je näher sich das essen befindet, desto gieriger sind Wir Die Erreichbarkeit spielt eine entscheidende Rolle beim Essverhalten: Je näher sich Lebensmittel in unserer Reichweite befinden, desto schwerer fällt es zu widerstehen. Der Psychologe Brian Wansink rät daher, das Essen vom Herd aus zu servieren, statt es direkt auf dem Tisch zu platzieren. Der Effekt ist deutlich: Wir nehmen 19 Prozent weniger zu, da das mehrmalige Aufstehen, um sich einen Nachschlag aufzufüllen, uns davon abhält, gedankenlos weiterzuessen.

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Je länger der gang ist, desto öfter greifen wir zu Studien ergaben: Lange Regalreihen, durch die Kunden auf dem Weg zur Kasse mit ihren Einkaufswagen gehen (müssen), verleiten zum Kauf von weitaus mehr Produkten, als man eigentlich kaufen wollte. Dabei gilt: Je mehr Lebensmittel man zu Hause hat, desto mehr isst man auch.

Je tiefer, desto günstiger Was auf Augenhöhe ist, fällt schnell auf. Daher positionieren Supermärkte ihre teuren Markenprodukte auch genau dort. Die Schnäppchen liegen unterhalb der 140-ZentimeterGrenze. In diesem Bereich befinden sich die günstigeren Varianten der Markenprodukte – bei identischem Inhalt. Ein Blick nach unten spart diversen Studien zufolge viel Geld.

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warum wir im Supermarkt unSeren VerStand Verlieren RISIKOZONE 2 : SUPERMARKT

Je langSamer wir Sind, deSto mehr kaufen wir Schon beim Betreten des Supermarkts bremsen uns Drehangeln und Schranken aus. Ohne es zu bemerken, gehen wir langsamer. Obst- und Gemüse-Auslagen sollen unseren Gang zusätzlich verlangsamen, indem sie mit ihren Aromen Wochenmarkt-Flair verbreiten. Der Grund für diese Entschleuniger im Eingangsbereich: Je länger wir im Supermarkt verweilen, desto mehr Produkte beachten und kaufen wir, wie Untersuchungen belegen.

Die eigenen vier Wände von sämtlichen heimlichen Essfallen zu befreien, kann aber nur der erste Schritt sein. Denn was nützt die optimale Umgebung zu Hause, wenn schon der nächste Einkauf alle Bemühungen zunichte machen kann? „Jeder kennt den Spruch: Niemals mit leerem Magen im Supermarkt einkaufen“, sagt Wansink. „Fakt ist jedoch: Das Verlangen kann jederzeit zuschlagen, egal, ob man satt oder hungrig ist.“ Sein Tipp: Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte man stets einen Kaugummi kauen. Studien belegen, dass die minzige Frische unsere Gelüste quasi kurzschließt, sodass es uns schwerer fällt, die knusprigen Chips oder das cremige Eis sinnlich wahrzunehmen. Erstaunlicherweise reicht schon ein Kaugummi aus, um unseren Junk-Food-Einkauf um sieben Prozent zu reduzieren. Damit sind jedoch längst nicht alle Reize gebannt, denen wir beim Shopping ausgesetzt sind. Denn auch Markenlogos, die uns speziell beim Einkauf ständig begegnen, haben einen massiven Effekt auf unsere Psyche und damit auf unser Verhalten – und zwar mehr, als wir ahnen: In einem Experiment setzte Sanford DeVoe von der Universität Toronto seine Probanden vor einen Computer. Bei einigen Testpersonen blitzten nun für Millisekunden Logos von Fast-FoodKetten auf – gerade so lang, dass die Teilnehmer die Symbole unterbewusst wahrnehmen konnten. Als DeVoe die Probanden im Anschluss einen Lesetest absolvieren ließ, zeigte sich: Die LogoGruppe las viel hektischer und

schneller. Ähnliche Entdeckungen machte DeVoe in weiteren Tests: Fast-Food-Erlebnisse ließen die Teilnehmer eher zeitsparende Waren wählen oder steigerten die Ungeduld bei ökonomischen Entscheidungen. Offenbar löst Fast Food in uns ein Gefühl des Zeitdrucks aus und steigert das Bedürfnis nach schneller Belohnung. Die dritte große Risikozone betreten wir immer dann, wenn wir mit einer fremden Essens-Umgebung konfrontiert werden, einem Restaurant, einer Kantine oder gar – der Worst Case – ein All-You-CanEat-Buffet. Versuchungen, auf die wir uns nicht im Vorfeld vorbereiten können und denen wir hilflos ausgeliefert sind. Wansinks Forschungen haben ergeben, dass bereits die ersten Sekunden, in denen wir ein Lokal betreten, darüber entscheiden, wie viel wir zu uns nehmen werden. Denn schon die Wahl des Sitzplatzes kann fatale Folgen haben …

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WARUM KAUfEn WiR ofT zU viEl Ein? Bei unserem Kaufverhalten – und damit auch unserem Essverhalten – spielen Einkaufswagen eine entscheidende Rolle. Sie sind wesentlich größer als früher, und der Boden ist häufig schräg eingebaut. Dadurch rollen einige Produkte nach hinten – und damit aus unserem Sichtfeld. So haben wir das Gefühl, gar nicht so viel im Wagen zu haben. Mittlerweile gibt es sogar schon Wagen mit manipulierten Rädern. Sie lassen sich leichter schieben, wenn der Inhalt schwerer wird. So merkt der Kunde nicht, wie viel er eingekauft hat.

Wo man im RestauRant am meisten isst

FOTOS: Getty Images (9); PR

RISIKOZONE 3 : restaurant

Es klingt unglaublich: Gibt es wirklich „ungesunde“ Sitzbereiche oder Risikozonen in Restaurants? Tatsächlich zeigen Tests, dass Menschen, die an einem Fensterplatz sitzen, wesentlich gesündere Gerichte bestellen, während in dunklen Ecken dagegen deutlich fettigeres und kalorienhaltigeres Essen bestellt wird. „Je dunkler es ist, desto unsichtbarer und damit auch umso weniger schuldig fühlen wir uns, da keiner sieht, wie viel wir essen“, erklärt Wansink. Wer an einem hohen Bar-Tisch sitzt, bestellt wiederum mehr Salat und weniger Desserts. Die Erklärung der Forscher: Da wir uns nicht ausstrecken oder krumm dasitzen können, ist unsere Haltung kontrollierter, was sich auch auf die Bestellung auswirkt. Doch es gibt weitere Tricks, die uns davon abhalten, zu viel zu bestellen: Werden beispielsweise im Menü die Nährwertangaben aufgelistet, wählen Gäste im Schnitt 102 Kilokalorien weniger – ein Unterschied von bis zu 20 Prozent. „Beim Lesen der Speisekarte glauben Sie, Ihre Wahl aus freien Stücken zu treffen“, sagt Wansink grinsend, „in Wahrheit werden Sie jedoch subtil beeinflusst.“ Und auch die Musik, die im Hintergrund läuft, kann einen Effekt darauf haben, ob uns das Essen auf die Hüften schlägt. Forscher der University of Arkansas stellten fest, dass Menschen mehr essen, wenn im Hintergrund Jazz läuft. Bei HipHop dagegen schmeckt ihnen das Essen weniger gut. Rock und klassische Musik haben hingegen offenbar keinen großen Einfluss auf das Essverhalten ihrer Hörer.

Einen großen Unterschied macht es auch, ob wir allein oder mit anderen essen. „Wir orientieren uns an der Essensmenge, die andere Personen in unserer Umgebung wählen, und passen unseren Konsum an“, so der Verhaltensforscher Brent McFerran. Die Portionsgröße der anderen fungiert als eine Art Anker der Orientierung für uns. Forscher von der Southern Illinois University stellten zudem fest, dass die Testpersonen 31,6 Prozent mehr Pasta aßen und 43,5 Prozent weniger Salat, wenn korpulente Menschen mit am Tisch saßen. „Das Ziel, gesund zu essen, wird deaktiviert, sobald eine übergewichtige Person anwesend ist“, sagt der Psychologe Mitsuru Shimuzu. Und auch die Essgeschwindigkeit ist ansteckend: Bei einem Keksessen gesellte sich zu jeder Testperson eine zweite, die von Brian Wansink den Auftrag erhalten hatte, in unterschiedlichem Tempo ebenfalls Kekse zu essen. Je schneller die zweite Person aß, desto mehr nahm auch der Versuchsteilnehmer zu sich. Auffällig: Das Essen in Gesellschaft wirkt sich dabei unterschiedlich stark auf die Geschlechter aus. Meredith Young von der kanadischen McMaster University untersuchte in einer Studie, wie sich 469 Personen in einer Uni-Mensa beim Essen verhielten. Das Ergebnis: Befanden sich Frauen in männlicher Begleitung, wählten sie deutlich häufiger kalorienarme Speisen. Die Männer beeinflusste die Anwesenheit einer Frau dagegen in keiner Weise bei der Wahl ihres Essens.

Je dunkleR die umgebung, desto ungesündeR die eRnähRung Gäste, die am weitesten von einer Tür beziehungsweise Fensterfront entfernt sitzen, ordern am wenigsten Salat und bestellen dafür mit 73 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit einen Nachtisch. „Je dunkler es ist, desto unsichtbarer und damit auch umso weniger schuldig fühlen wir uns, da keiner sieht, wie viel wir essen“, erklärt der Psychologe Brian Wansink.

Je gröSSer die gruppe, deSto gröSSer die portionen

Je näher am Buffet, deSto üBergewichtiger der gaSt Studien ergaben: In All-You-Can-Eat-Restaurants wählen Übergewichtige meist einen Platz, der sich in der Nähe des Buffets befindet – die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich in Sichtweite der Essenstheke platzieren, ist dreimal so hoch wie bei schlanken Menschen. Diese setzen sich im Unterschied zu Übergewichtigen meist mit dem Rücken zum Essen an den Tisch.

Mit der steigenden Anzahl der Personen am Tisch wird meist auch die Mahlzeit selbst größer, bis zum Doppelten der normalen Portion. Studien zeigen: Sobald wir in Gesellschaft sind, essen wir bis zu 44 Prozent mehr als sonst. Dabei spielt speziell das Essverhalten der anderen eine wichtige Rolle: Nehmen die Leute um uns herum große Portionen zu sich, essen auch wir mehr. Füllen sie sich jedoch weniger auf den Teller, halten wir uns ebenfalls zurück.

Je Breiter daS glaS iSt, deSto mehr trinken wir Wer im Restaurant zu den servierten Getränken auf dem Tisch ein eher breites Glas bekommt, statt ein schlankes, hohes, der schenkt sich im Schnitt 19 Prozent mehr ein. Barkeeper füllen sogar 32 Prozent mehr ein, wenn das Glas breit und flach geformt ist. Der Grund: Das Gehirn nimmt vertikale Linien im Vergleich zu horizontalen Linien als länger wahr. Dadurch lässt es sich von der Form der Gläser irritieren.

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fragen

rekordfelsen Im Tianmen Mountain in Zentralchina versteckt sich die höchstgelegene Höhle der Welt.

Tiefer fall

Ein Zusammenbruch des Skywalks bedeutet einen tödlichen Sturz von mehr als 300 Metern.

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NerveNkitzel

Das Geländer, das die Besucher von dem Abgrund trennt, ist nur rund einen Meter hoch.

würden sie hier

spazieren gehen? Nur sechs Zentimeter dickes Glas unter den Füßen verhindert den tödlichen Sturz in die Tiefe. Auf 1400 Metern Höhe schlängelt sich eine neue Glasbrücke um einen gigantischen Karststeinfelsen in einem chinesischen Nationalpark, dem Zhangjiajie National Forest Park. Der nur 1,60 Meter breite „Coiling Dragon Cliff“ Skywalk wurde vor wenigen Monaten eröffnet und bietet einen spektakulären Ausblick über die Berge. Der schmale Pfad führt 100 Meter lang auf den Gipfel des Felsens. Der Boden besteht aus drei extra für den Skywalk konstruierten Schichten Sicherheitsglas. Dieses hält nicht nur das Gewicht mehrerer Tausend Besucher pro Tag aus, sondern auch die starken Höhenwinde. Lediglich bei Schnee und bei Stürmen muss der Skywalk wegen Verletzungsgefahr geschlossen werden. Er ist nicht die einzige spektakuläre Attraktion des Nationalparks in Zhangjiajie. Dort befindet sich auch die längste Glasbrücke der Welt. Im Gegensatz zu dem neuen Skywalk sorgte diese allerdings bereits für Kontroversen. 2015 musste die Brücke für mehrere Monate geschlossen werden. Der Grund: Risse im Glasboden – und das in 300 Metern Höhe.

&antworten

fragen

Kann dieser bohrer singen?

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17 Meter hoch, 99 Meter lang und 7000 Tonnen schwer – das ist Bertha, die größte Tunnelbohrmaschine der Welt. Mit ihr soll eine 2,8 Kilometer lange Autobahn unter der US-Westküstenstadt Seattle gebaut werden. Pro Tag frisst sich Bertha durch zehn Meter Felsen und spielt dabei über Lautsprecher eine markante Melodie ab. Der „Gesang“ des MonsterBohrers hat einen einfachen Grund: Er lässt die Arbeiter im Tunnel wissen, dass die Maschine läuft und arbeitet, sodass diese sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können, um nicht

von herumfliegenden Trümmerteilen getroffen zu werden. Denn nur weil die 25 000 PS-Motoren laufen, heißt das nicht, dass Bertha bohrt. Ist die Melodie hingegen zu hören, wissen alle, dass Bertha mit ihren sich durch den härtesten Fels fressenden Stahlklingen ein weiteres Stück Tunnel durch den Boden fräst, das anschließend mit Betonringen fixiert wird. Mittlerweile hat der Riesenbohrer 18 Meter unter der Erde bereits 1,2 Kilometer ausgehoben. Laufen die Arbeiten weiter wie geplant, soll die Autobahn 2019 eröffnet werden.

können bienen ein erdbeben vorhersagen?

Flugtiertracking

Alle 92 Minuten informiert der Funkchip die ISS über die neue Position der Biene.

400 Kilometer über der Erde schwebt die Internationale Raumstation (ISS). In ihr erforschen Wissenschaftler Solaraktivitäten, Magnetfelder – und demnächst auch Vögel und Bienen. 2017 startet auf der ISS das „Big Data“-Projekt Icarus: Dafür werden Tausende Flugtiere mit Sensoren ausgestattet und vom Weltraum aus beobachtet. Winzige Hochleistungs-Funkchips geben eine Positionsmeldung an die ISS. Die Forscher erhoffen sich anhand der Bewegungsprofile der Tiere Rückschlüsse für die Vorhersage von Naturkatastrophen. Viele Tierarten können Erdbeben oder Vulkanausbrüche spüren, bevor diese eintreten. Bis heute gibt es keine ausreichende Vorwarnzeit für Erdbeben. Eine rechtzeitige Warnung durch die Flugtiere kann dazu führen, dass man bereits Stunden vor der Katastrophe Schutzmaßnahmen einleiten kann.

Wer erfand das

Wie weit reiste der älteste Meteorit? 16 Jahre standen Forscher vor einem Rätsel: Woher stammt der Meteorit, der in den Tagish Lake in Kanada einschlug? Dank moderner Simulationen steht nun fest, dass er vom Kuipergürtel, mehr als sechs Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt, kommt. Er ist der am weitesten gereiste Meteorit, der die Erde erreicht hat – und der älteste: Er entstand bei einer Planetenkollision vor vier Billionen Jahren.

darknet? Der durch einen sogenannten Tor-Browser anonymisierte Bereich des Internets ist für jeden zugänglich. Was jedoch kaum jemand weiß: Das oft von Kriminellen genutzte Darknet ist eine Erfindung des US-Militärs. Auf der Suche nach einer sicheren und anonymen Form der Online-Kommunikation sollte das Netz die USA gegen Spionage absichern. Beginnend in den 1990er-Jahren, wurde das Darknet als ein Open-Source-Projekt von der U.S. Marine entwickelt. Anfang der 2000er wurde das Projekt unter dem Namen „Tor“ bekannt und 2007 an Non-Profit-Organisationen weitergegeben. Bis heute fließen jährlich mehrere Millionen Dollar von der US-Regierung in das Projekt, weil Militär und Geheimdienste das Darknet weiter nutzen.

&antworten

fragen

Ernährung 4,9 kg Brot,

Nudeln und Kartoffeln sollten pro Person gehamstert werden.

FlüssigkEitEn

150 000

Prepper soll es in Deutschland geben. Sie bereiten sich mit Schutzbauten, Ausrüstung, Waffen und Vorräten auf Katastrophenfälle vor.

was braucht man, um 10 tage zu überleben? Zum ersten Mal seit Ende des Kalten Krieges empfiehlt die Bundesregierung den Bürgern, einen Notvorrat im Haus anzulegen. Diese „Hamsterkäufe“ sollen dafür sorgen, dass sich die Bevölkerung im Falle einer Katastrophe über zehn Tage von den angelegten Vorräten ernähren kann. Die Lebensmittel müssen auch ohne Kühlung längerfristig haltbar sein. Beispielsweise werden etwa 2,1 Kilogramm Fisch und Fleisch pro Person empfohlen – zum Beispiel Bockwürstchen aus der Dose. 10/16

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welt der wunder

Pro Person sollten 28 Liter Wasser zum Trinken und Kochen vorrätig sein.

Aus der dose

Für 10 Tage werden 3,6 kg Obst und 5,6 kg Gemüse pro Person in Konservenform empfohlen.

10

die

lautesten

geräusche 1 320 Dezibel

Die Explosion des Tambora-Vulkans in Indonesien im Jahr 1815 ist in ihrer Lautstärke bis heute unerreicht.

2 204 Dezibel

Der Start der Trägerrakete Saturn V ist bis heute das lauteste von der NASA aufgezeichnete Geräusch.

3 182 Dezibel

Der in den USA erbaute Hyperspike HS-60 ist der stärkste Lautsprecher der Welt.

4 174 Dezibel

Im Meer orientiert sich der Pottwal mit Echolotung. Die Schallwellen erreichen weit entfernte Objekte.

5 140 Dezibel

Auf einem Flugzeugträger mischt sich der Maschinenlärm des Trägers mit den Startgeräuschen der Jets.

6 120 Dezibel

Forscher fanden heraus, dass der Schrei eines Babys lauter als eine Motorsäge sein kann.

7 120 Dezibel

Woran starb das letzte Mammut? Neueste Forschungen konnten beweisen, dass einige Mammutpopulationen die Eiszeit überdauert haben und Inseln noch in einer Zeit bevölkerten, als die Pyramiden errichtet wurden. Das Schmelzen der Gletscher und der Anstieg des Meeresspiegels hatte die Verbindung zwischen Asien und Nordamerika geflutet. Daher waren einige Populationen auf Inseln im Nordpazifik isoliert worden. Wissenschaftler fanden heraus, dass die Rüsseltiere dort verdursteten. Denn je höher der Meeresspiegel anstieg, desto kleiner wurde naturgemäß die Inselfläche. Daraus folgte eine Knappheit des Süßwassers und anhaltende Dürre. Somit war das Schicksal des pelzigen Riesen besiegelt. FOTOS: DPA (2); SPL; NASA; Shutterstock; Getty Images ILLUSTRATIONEN: iStock (8), Shutterstock; Bauer Stock

Die Lautstärke des Knalls bei Gewitterdonner nimmt mit der Entfernung zum Entstehungsort ab.

8 105 Dezibel

Bei Rockkonzerten kann es ohne Ohrstöpsel zu nachhaltigen Gehörschäden kommen.

9 100 Dezibel

Die regelmäßige Arbeit mit einem Presslufthammer kann trotz Gehörschutz schädlich für die Ohren sein.

10 90 Dezibel An stark befahrenen Straßen in Großstädten entsteht eine dauerhafte Lärmkulisse von 90 Dezibel.

Wunder Mensch

BrainBooster Videogames

Welche Spiele machen mich schlauer?

Machen Computerspiele das Gehirn leistungsfähiger? Bisher gab es ein vorsichtiges Ja vonseiten der Neurowissenschaftler. Jetzt zeigen neue Studien: Videospiele können bestimmte Regionen unseres Gehirns sogar zum Wachsen bringen …

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Wunder der Technik Beim Militär, in der Unterhaltungsbranche und in der Werbeindu­ strie – Virtual Reality kommt mittlerweile in den unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz. Jetzt werden VR­Brillen auch für Neurowissen­ schaftler immer wichtiger.

PRäFRonTALER CoRTEx Steuert unsere Selbstbeherrschung und bestimmt, wie wir in ungewohnten Situationen reagieren. Empathie und Kooperationsbereitschaft entstehen ebenfalls in diesem Bereich. HiPPoCAMPuS Evolutionär eine der ältesten Strukturen des menschlichen Gehirns. Steuert unter anderem die Überführung von Gedächtnisinhalten vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis.

PARiETALLAPPEn Einer der vier Lappen des Großhirns und sensorisches Rechenzentrum. Ist verantwortlich für unsere räumliche Wahrnehmung und die Fähigkeit zu lesen und zu rechnen.

GRAuE SuBSTAnz Wesentlicher Bestandteil des zentralen Nervensystems und damit an allen Prozessen im Gehirn beteiligt. Besonders wichtig für strategische Planung und Zielstrebigkeit.

Wie trainiere ich mein Gehirn? Die Funktionsweise des Gehirns lässt sich mit der eines Muskels vergleichen. Werden bestimmte Bereiche im Gehirn trainiert, so steigert sich auch ihre Leistungsfähigkeit. Aber wie kann man eigentlich seinen Hippocampus trainieren? Mit Actiongames zum Beispiel. Wer regelmäßig Videogames spielt, fordert das Gehirn und kann dadurch Reaktionszeit,

Gedächtnis und räumliche Wahrnehmung verbessern. Je schwerer ein Spiel ist, desto höher ist auch die erforderliche Denkleistung und damit der Trainingserfolg im Gehirn. Entscheidend ist jedoch, das richtige Maß zu finden. Denn wie beim Muskeltraining gilt auch beim Gehirn: Konstante Beanspruchung ist wirksamer als unregelmäßige Überbeanspruchung.

Spieler VS NichtSpieler Die Neurowissenschaftler Shawn Green und Daphne Bavelier wollten herausfinden, ob sich durch das Spielen von Videogames das Gehirn trainieren lässt. Zu diesem Zweck teilten sie Testpersonen ohne Videospielerfahrung in zwei Gruppen auf. Die erste musste über einen Zeitraum von mehreren Wochen

Wie präziSe iSt meiNe WahrNehmuNg?

Hier wird getestet, wie gut die Probanden Kontraste wahrnehmen können. Dazu muss der Blick zunächst auf die Mitte des Testbildschirms fokussiert werden. Anschließend wird ein neutrales Bild gezeigt, in das in unregelmäßigen Abständen Testmuster eingeblendet werden. Die Kontrastwerte der Muster nehmen dabei immmer weiter ab. Die Probanden werden anschließend nach der Ausrichtung des jeweiligen Musters gefragt. Fokuspunkt

Neutrales Bild

Testmuster 1

+

+

Korrekte Ausrichtung

regelmäßig Actiongames spielen, während die zweite Gruppe ihrem gewohnten Tagesablauf nachging. Bereits nach wenigen Tagen wurde deutlich, dass Videospiele einen positiven Einfluss auf das Gehirn haben. Noch erstaunlicher ist, dass dieser Effekt auch Monate nach dem Test (siehe unten) noch nachweisbar ist.

Wie eNtWicKelt iSt meiN räumlicheS DeNKeN?

Die räumliche Vorstellungskraft der Probanden wird überprüft, indem sie im Kopf ein dreidimensionales Objekt drehen müssen. Dazu wird ihnen zunächst die Ausgangslage eines Gegenstandes vorgelegt. Anschließend müssen sie aus einer Reihe von rotierten Objekten den entsprechenden Gegenstand herausfinden.

Ausgangslange

Objekt A

Objekt B

Neutrales Bild

Testmuster 2

+

Korrekte Rotation 20

0,2

+

Action-Games Kontrollgruppe

+

Neutrales Bild

0,1

Objekt C

Objekt D

Objekt E

10

+ 0

+

+

K

ugeln fliegen durch die Luft, Shawn sprintet in Richtung Bunker. Seine Mission: Er muss den strategischen Flaggenpunkt sichern. Neben ihm reißt eine ohrenbetäubende Explosion einen Krater in den Boden. Er erreicht das Missionsziel, jetzt muss er nur noch wenige Sekunden durchhalten. Plötzlich ein Schuss aus dem Hinterhalt! Der Bildschirm wird schwarz, und Shawn schlägt wütend auf die Tastatur – ein Heckenschütze hat ihm unerwartet in den Kopf geschossen. Sein virtuelles Leben hat Shawn verloren, dafür ist sein Gehirn gerade eben gewachsen.

Nach 2 Nach 5 Tagen Monaten

Computerspieler haben grössere gehirne Shawn Green arbeitet an der University of Wisconsin-Madison und ist leidenschaftlicher Team-FortressSpieler – ein Ego-Shooter, bei dem der Spieler dem gegnerischen Team eine Flagge stehlen und in die eigene Basis bringen muss. Rückblick: Ende der 1990er-Jahre wird an der Universität von Rochester ein Forschungsprojekt zur Untersuchung unbekannter Fähigkeiten des Gehirns ins Leben gerufen. Shawn Green und seine Kollegin Daphne Bavelier entwickeln in diesem Zusammenhang einen computerbasierten Test zur Messung mentaler Fähigkeiten (siehe Kasten oben). Shawn überprüft die Funktionalität des Tests an sich selbst, doch

0

Nach 2 Nach 5 Tagen Monaten

das Ergebnis lässt ihn zweifeln – er hat einfach zu gut abgeschnitten. Er prüft den Test mit einer Gruppe von Probanden  – eine Sensation: Die Auswertung ergibt, dass gerade die Testpersonen besonders gut abschneiden, die regelmäßig Computerspiele spielen. Ein Ergebnis, das die Forschungsarbeit der beiden Wissenschaftler grundlegend ändern sollte. Heute zeigen neueste Studien, dass regelmäßiges Computerspielen die graue Substanz in unserem Gehirn wachsen lässt. Der Fachbegriff hierfür lautet: Neuronale Plastizität. Dabei reicht schon eine Stunde Zocken pro Tag, um die Leistungsfähigkeit des Gehirns nachhaltig zu erhöhen. Besonders der präfrontale Cortex und der Hippocampus lieben Videospiele. Sie sind für unser Gedächtnis welt der wunder

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Videospiele fördern nachweislich unsere kognitiven Fähigkeiten. Durch unterschiedliche Spielmechanismen lassen sich verschiedene Bereiche des Gehirns trainieren.

Schneller reagieren

ActionGAmes:

TeaM FoRTReSS, oveRWaTch, Doom, GTa 5, coUNTeR STRike

Umzingelt von Feinden. Nur Millisekunden bleiben, um die richtige Waffe auszuwählen, zu zielen und abzudrücken.

Cleverer durCh kopfsChuss

Flexibler sein

echtzeitstrAteGie:

Starcraft II, ToTaL WaR-Reihe, DaWN oF WaR 3

Die Streitkräfte brauchen Befehle, parallel dazu müssen Rohstoffe abgebaut und neue Truppen ausgehoben werden.

Räumlicher denken

3-D-Puzzle:

Portal 2, TaLoS PRiNciPLe, Fez

Um eine verschlossene Tür zu öffnen, müssen Laser über Spiegel umgeleitet und raumkrümmende Portale benutzt werden.

Zusammenarbeit stärken

ProsoziAle sPiele:

StarDew Valley, aNiMaL cRoSSiNG

und die sogenannten exekutiven Funktionen des Gehirns zuständig – bestimmen also unsere Fähigkeit zur strategischen Planung, unsere Selbstbeherrschung und unsere Zielstrebigkeit. Durch Videospiele lassen sich diese Regionen wie ein Muskel trainieren. Welche Bereiche genau sich dabei weiterentwickeln, hängt allerdings von den Videospielen ab, die wir zocken. Actiongames erhöhen die Reaktionszeit und prosoziale Spiele die Kooperationsbereitschaft. Mit Echtzeitstrategie lässt sich das Multitasking verbessern und mit 3-DPuzzles die räumliche Wahrnehmung (siehe Kasten links). Wer beim Spielen Herausforderungen mag, trainiert sein Gehirn übrigens besonders gut. Generell gilt: Je anspruchsvoller das Spiel ist, desto größer ist am Ende auch der Lernerfolg.

Selbst der talentierteste Farmer kann nicht überleben, wenn er nicht anfängt, mit anderen zusammenzuarbeiten.

Actiongames eignen sich besonders gut dazu, das Gehirn zu trainieren. Spieler müssen dabei lernen, innerhalb von Sekundenbruchteilen einen Pixelhaufen als Freund oder Feind zu identifizieren. Das steigert die Reaktionszeit und das Gespür für Details. Außerdem funktionieren diese Spiele häufig nach dem Prinzip easy to learn, hard to master – sie sind schnell verstanden, bleiben aber dennoch herausfordernd. Das unterstützt den Lernprozess zusätzlich, weil es ständig kleine Belohnungen und Teilerfolge gibt, die den Spieler motivieren. Sogenannte prosoziale Spiele verfolgen einen ganz anderen Ansatz. Sie stellen den Spieler vor Probleme, die er nur auf friedliche Weise lösen kann. Dazu muss er beispielsweise Streit schlichten oder mit anderen Charakteren zusammenarbeiten. Im Gehirn werden dabei die gleichen Regionen angesprochen, die auch in der realen Welt unsere Kooperationsbereitschaft und Empathie bestimmen. Besonders der präfrontale Cortex profitiert von pro-

sozialen Spielen. In Echtzeit-Strategiespielen hingegen führt der Spieler als General teils riesige Armeen ins Feld. Parallel dazu muss er sich noch um die Wirtschaft hinter der Kriegsmaschinerie kümmern und seine Truppen mit Nachschub versorgen. Das trainiert das Multitasking und steigert die kognitive Flexibilität – also die Fähigkeit, schnell auf neue Situationen zu reagieren. Wer hingegen lieber sein räumliches Vorstellungsvermögen trainieren möchte, der greift am besten zum 3-DPuzzle. Durch das spielerische Jonglieren mit dreidimensionalen Objekten wird besonders der Parietallappen gefordert. Dieser ist neben der räumlichen Wahrnehmung unter anderem auch für unser Gedächtnis zuständig. Der Neurowissenschaftler und Team-Fortress-Spieler Shawn Green will sich die Reaktionen des Gehirns beim Spielen gezielt zunutze machen. Gemeinsam mit Daphne Bavelier arbeitet er an einem Computerspiel, das Patienten mit Hirnschäden heilen soll.

können Computerspiele lähmungen heilen? Ray steht die Anstrengung ins Gesicht geschrieben, Zentimeter für Zentimeter hebt er seinen rechten Arm in die Höhe. Vor ihm steht ein Bildschirm, auf dem sich simultan dazu ein Flugzeug bewegt – Ray steuert es dank Bewegungssteuerung durch einen Hindernisparcours. Nach einer Weile verlässt ihn die Kraft, und sein Arm sinkt herab. Er lächelt, so lange wie heute konnte er das Flugzeug noch nie in der Luft halten. Ray Thompson ist 32 Jahre alt und erlitt vor drei Jahren einen Gehirnschlag, der seine komplette rechte Körperhälfte lähmte. Mithilfe von Videogames lernt er nun, seinen Körper wieder zu kontrollieren. Beim Spielen werden Impulse an die Nervenzellen des Gehirns gesendet. Können diese Signale nicht verarbeitet werden, weil die entsprechenden

FOTOS: PR (6); Neuroscope Lab; SPL ILLUSTRATION: Bavelier, Green, Pouget, Schrater/Dept. of Psychology and Education Science/University of Geneva

Diese ViDeosPiele sinD echte BrAinBooster

„Computerspieler können visuelle informationen sChneller verarbeiten und 30 prozent mehr objekte Wahrnehmen als andere mensChen”

computerspiel-visionärin Daphne Bavelier untersucht seit mehr als 15 Jahren, wie Computerspiele das menschliche Gehirn beeinflussen.

Zellen beschädigt wurden, versuchen andere Bereiche des Gehirns, diese Funktionen zu übernehmen. Je häufiger dieser Prozess stattfindet, desto mehr gewöhnen sich die Zellen an ihre neue Aufgabe. Im Idealfall führt das dazu, das gesunde Regio-

Wachsende nervenzellen Videogames regen das Zellwachstum in bestimmten HirnRegionen an. Besonders das Volumen der grauen Substanz nimmt beim Zocken zu.

daphne bavelier,

Professorin an der Universität von Genf

nen des Gehirns die Funktionen beschädigter Zellen vollständig übernehmen. Virtual Reality könnte diese Effekte in Zukunft so sehr verstärken, dass manche Forscher schon jetzt von einer Revolution in der Neuromedizin sprechen …

Wunderheilung durch Virtual reality? Der US-Soldat Sam Brown sitzt in Afghanistan in einem gepanzerten Fahrzeug. Eine Standard-Patrouillenfahrt – doch schon in wenigen Sekunden wird sich sein Leben für immer verändern. Eine Sprengfalle wirft das Fahrzeug mit einer heftigen Explosion auf die Seite. Sam hat schwere Verbrennungen am ganzen Körper und wird sofort notoperiert. Selbst Wochen nach dem Vorfall leidet er noch unter unmenschlichen Schmerzen, weshalb ihm seine Ärzte eine experimentelle Therapie vorschlagen. Moderne VR-Brillen lassen den Nutzer fast vollständig in virtuelle Welten eintauchen. Erstaunlich dabei ist, das sich die visuellen Reize in einer Kettenreaktion auch auf an-

dere Sinneseindrücke übertragen. Genau diese Eigenschaft haben sich Sam Browns Ärzte zunutze gemacht. Mithilfe einer VR-Brille schickten sie ihn in eine künstliche Eislandschaft, und das Unglaubliche geschah: Seine Schmerzen gingen tatsächlich zurück. Der künstliche Schnee brachte Sams Gehirn dazu, ein Kältegefühl zu entwickeln, das seine Schmerzen verdrängte. VR-Brillen helfen aber nicht nur Verbrennungsopfern, sondern werden auch bei der Behandlung von Phobien eingesetzt. So lässt sich beispielsweise Höhenangst durch regelmäßige Sitzungen in der Virtuellen Realität lindern. Auch der Lerneffekt beim Computerspielen wird durch VR-Brillen verstärkt, wodurch selbst normale Games für den Heimnutzer zu einem echten Brainbooster werden. Neurowissenschaftler befassen sich immer intensiver mit den Möglichkeiten der virtuellen Realität und entdecken fast täglich neue Einsatzmöglichkeiten. Eines ist also sicher: Die Zukunft von VR hat gerade erst begonnen ... Jan-Hagen RatH

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Zeitgeschehen

DA

S U A H N E K N A R SK

bereinÜ n e r ä t humani n e l gezielt l a h c n u e a g e n sonder ffe: Entg , i n r e g t n s i a l t i f zen, Lu t nur Ziv t h ü c h i ch im c n o s f n e r s a m i e h g t c e b ,S ische R Hilfe gi r . y t Bomben r s Fels … ö s t m a s i r d f e t e z i ß t s e i t r besch 0 M e te d berei 2 n i g s r n e e B t s kommen Die mei in einem . h r c e i s s u t ä e h s befind e Kranken – l a t i ve H o s p a C l a r t Cen

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Getarnte retter Der einzige Zugang zum Central Cave Hospital im Norden der Provinz Hama (Bild oben) ist eine kleine Öffnung in der Felswand. Vor der Klinik parkt ein Van, der zum Krankenwagen umfunktioniert wurde. Ein Wagen mit Blaulicht wäre zu gefährlich.

E D R E R E D R E T UN

h assan al-Araj ist spät dran. Der letzte Kardiologe in der umkämpften Provinz Hama in Zentralsyrien hastet aus dem Keller der Krankenstation nach oben, er muss in einer anderen improvisierten Einrichtung weiteroperieren. An einigen vernarbten Betonbrocken – einst eine Türschwelle – hält Araj inne. Er lauscht. Mit geschärften Sinnen richtet der Arzt seinen Blick nach oben. Dass Araj getreu dem hippokratischen Eid alle Verletzten behandelt  – also auch Rebellen  –, macht ihn in den Augen der Truppen von Diktator Baschar al-Assad zu einem Verräter. In Sekundenbruchteilen wägt Araj die Situation ab.

Es ist kurz nach 12 Uhr Mittag, und der Himmel über der geschundenen Region wirkt so blau und friedlich wie früher, als die Provinz eher für ihre Pistazien als für den seit fünf Jahren dauernden Bürgerkrieg bekannt war. Die Ruhe ist verführerisch, in Arajs Kopf siegt Eile über Vorsicht: Statt sich wie Hunderte Male zuvor über Funk abzusichern, dass der Himmel wirklich sauber ist, hetzt er zu einem Van und fährt los. Sekunden später schlägt eine Rakete neben ihm ein. Ein Bergungstrupp wird später nur noch Körperteile und seinen zerrissenen Arztkittel finden …

Wie viele Mediziner sind in syrien gestorben? Zufall? Ein tragischer Irrtum? Achmed al-Dbis glaubt nicht daran: „Er war ein Ziel“, sagt der Pharmazeut und Kollege Arajs. „Der Standort des Hospitals ist bekannt. Wer hier herumläuft, ist entweder verletzt oder gehört zum Personal.“ Tatsächlich hat die Hilfsorganisation Physicians for Human Rights seit 2011 in Syrien mehr als 360 völkerrechtswidrige Angriffe auf Krankenhäuser registriert, mehr als 700 Mediziner verloren so ihr Leben. Mehr als 90 Prozent davon gingen auf das Konto von Assads Truppen, mindestens 16 Luftschläge haben russische Flugzeuge ausge-

Das Risiko DeR HelDen Da viele Ärzte auch Rebellen behandeln, werden sie von den Regierungstruppen als legitime Kriegsziele eingestuft.

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führt. Dahinter steckt nicht nur ein hinterhältiger Krieg gegen Menschen, sondern auch gegen das Wissen: medizinisches Wissen, das Kinder genau wie verwundete Rebellen heilen kann. Das vergangene Jahr markierte die blutigste Periode des gesamten Bürgerkriegs: Im Schnitt explodierte alle 72 Stunden ein Sprengsatz in oder nahe einem Krankenhaus …

Wie Macht Man ein KranKenhaus boMbensicher? „Es vergeht kein Tag, an dem nicht mindestens zweimal die Türen von den Druckwellen der Bomben auffliegen. Alles ist staubbedeckt, der OP, die Intensivstation, überall, furchtbar“, sagt Chalid al-Halabi. Er ist Chirurg in Aleppo, der seit über vier Jahren umkämpften Stadt nördlich von Hama. Die Bomben treiben Krankenstationen immer tiefer in den Erdboden – in Keller, Bunker oder Schächte. Statt unterschiedliche Fachleute zu bündeln, zerfallen Hospitäler in immer kleinere Einheiten, verstreut über ganze Stadtviertel. Das minimiert das Risiko, bei einem Treffer mit einem Mal viel Personal und Ausrüstung zu verlieren. Irgendwo an einem gut getarnten Ort zwischen Idlib und Hama City hat diese Flucht in die Tiefe ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht: Ende 2015 eröffnete dort das „Central Cave Hospital“ – fast 20 Meter unter der Erde. Um die 1500 Menschen finden hier pro Monat Hilfe, meist ist sie kostenlos. Wer nach unten auf die teilweise gefliesten Böden schaut, könnte glauben, sich in einem normalen Krankenhaus zu befinden. Erst die gewölbten Decken mit ihren dunklen Luftschächten, aus denen Kabel dringen, verraten den wahren Charakter dieses Ortes. Es ist ein Bunker der Medizin: „Die können hier bomben, so viel sie wollen“, sagt der Arzt Mohamed Yasser Tabaa. „Der Bau wird vielleicht erschüttert, aber er bricht nicht zusammen.“ Ein Jahr lang haben die Ingenieure entlang einer natürlichen Höhle daran

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„Für Kinder ist syrien derzeit der geFährlichste Ort auF diesem Planeten.“ Geneviève Boutin, unicef-nothilfekoordinatorin

Am seidenen FAden An einem geheimen Ort in douma befindet sich die vielleicht letzte Babystation der stadt. die wenigen Brutkästen hier wurden aus zerstörten Krankenhäusern zusammengetragen. da keine ersatzteile vorhanden sind, fallen sie nach und nach aus.

RetteR in deR FeRne Der Londoner Arzt David Nott hat nach Kriegsbeginn in Syrien als Notarzt gearbeitet. Heute gehört er zu einem internationalen Ärzte-Team, das per Internet-Schaltung aus dem Ausland syrische Laien medizinisch schult oder bei Operationen anleitet.

Kann SKype jeden zum Chirurgen maChen? Für die Regierungssoldaten ein gutes Geschäft: Mit ihren kaum 100 Dollar teuren Fassbomben – es handelt sich dabei um nichts weiter als mit Sprengstoff, Eisenschrott und

Wie leite ich eine operation per Whatsapp? Die ersten Webcams in syrischen Krankenhäusern wurden vor drei Jahren installiert. Seitdem werden Krankenpfleger, Sanitäter und sogar medizinische Laien von Chirurgen aus dem Ausland bei Notfall-Operationen angeleitet – per Videochat, Telefon oder zur Not auch per Whatsapp. Rund um die Uhr stehen dazu weltweit Ärzte auf Abruf. Die notwendige Internetverbindung wird über Satellit hergestellt. Zu den Aufgaben der zugeschalteten Ärzte gehört nicht nur die Anleitung, wo und wie tief ein Skalpell angesetzt werden muss, sondern auch die Abwägung, welche Patienten behandelt – und welche nicht mehr gerettet werden können.

einem Aufschlagszünder beladene Ölfässer, die Helikopter aus großer Höhe ziellos auf Wohngebiete werfen – sorgen sie beständig für neue „Nachfrage“ an medizinischem Materal. Militärisch sind Fassbomben weitgehend wertlos, denn sie lassen sich nicht zielgenau einsetzen: An der Front wäre das Risiko, die eigenen Leute zu treffen, viel zu groß. Ärzte stellen diese im Umkreis von bis zu 300 Metern mordenden Teufelswerkzeuge dagegen vor beinahe unlösbare Aufgaben: Die mit Splittern durchsetzte Druckwelle zerreißt Lungen, zerschmettert Gliedmaßen und taucht Wunden in Betonstaub. „Jeden Tag kommen Menschen so verstümmelt ins Krankenhaus, dass man nicht einmal mehr erkennt, welche Seite der Rücken und welche der Bauch ist“, erklärt David Nott, ein Londoner Arzt, der in Syrien als Notfallmediziner gearbeitet hat. Nott und seine Kollegen tragen bei Operationen oft GoPro-Kameras am Kopf, um damit Trainingsvideos für angehende Chirurgen aufzunehmen. Wenn wie in Aleppo 95 Prozent des medizinischen Personals aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg eingesperrt, geflohen oder tot sind, ist die Ausbildung von Fachleuten anders nicht mehr möglich. Zurzeit operieren viele ungelernte Chirurgen, die Anweisungen von Ärzten aus den USA oder Kanada über Apps wie Skype, Viber oder WhatsApp bekommen.

Wie viel zeit hat ein Sanitäter, einen verWundeten zu bergen? „Am Anfang waren wir nur zehn Leute im Krankenhaus“, erinnert sich Modar Shekho an die Zeit, als er von einem Moment auf den anderen vom einfachen Pfleger zum OP-Assistenten wurde. „Der Chirurg stand bei einem Bombenopfer in einer Pfütze aus Blut und rief: ‚Komm her, hilf mir, die Wunden zu trocknen‘. Ich musste raus, war kurz davor, mich zu übergeben. Dann hab ich mich gesammelt und bin wieder rein. Seitdem mache

Es vErgEht kEin tag, an dEm nicht mindEstEns zwEimal diE türEn von dEn druckwEllEn dEr BomBEn auffliEgEn. Chalid al-halabi, Chirurg in aleppo

ich einfach weiter, mein Körper hat sich daran gewöhnt.“ Fünf Jahre und eine halbe Million Tote später hat sich auch im Central Cave die schreckliche Routine des Kriegs eingespielt: Bomben schlagen ein, getarnte Ambulanzen versuchen, die Opfer möglichst schnell zu bergen: Oft bombardieren Assads Truppen ein Ziel zweimal innerhalb von 20 Minuten, um die herbeieilenden Hilfskräfte auch noch zu erwischen. „Double Tap“ nennt sich diese perfide Strategie. Im Krankenhaus – meist in engen Straßen gelegen, in denen Hubschrauber dem Weg der Verwundeten schlecht folgen können – werden die „Neuen“ sichtbar kategorisiert: Ein „Grüner“ kann noch laufen, „Gelbe“ überleben noch vier Stunden ohne Hilfe, „Rote“ brauchen sofort Behandlung. Dazwischen immer wieder Bomben, Schreie, Panik. Der Neurochirurg Rami Kalazi erinnert sich an 20 Einschläge in ein Krankenhaus in nur zwei Jahren, acht Mal musste die Einrichtung danach schließen: „Wir sind daran gewöhnt, Zielscheibe zu sein“. Araj kannte das Risiko – und machte dennoch weiter. Vor seinem Tod sagte er: „Besser eine Rakete erwischt mich, als dass sie mich nur 15 Minuten in einem Gefängnis foltern …“ MARCUS DUROLDT welt der wunder

FOTOS: Reuters (3); DDP (2)

gegraben, eine halbe Million Dollar kostete das unterirdische Krankenhaus. Internationale Hilfsorganisationen helfen bei der Finanzierung, sie tragen auch den monatlichen Unterhalt von gerade einmal 50 000 Dollar. „Es ist dennoch unendlich schwierig, Geld nach Syrien zu bewegen“, erklärt der Spendenbeschaffer Matthew Chrastek. „Bei jeder Transaktion steht sofort der Straftatbestand der Terrorfinanzierung im Raum.“ Auch das Central Cave Hospital braucht jeden Monat Tonnen an Medikamenten – und die gibt es oft nur beim Gegner, zum Beispiel in Barzeh, einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus. In dieser relativ neutralen Zone besorgen Ärzteteams rund um die Uhr den dringend benötigten Nachschub. Assads Truppen tolerieren den Handel mit ihren Feinden, denn sie kassieren 20 Prozent des Warenwerts als „Wegzoll“.

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Wunder technik

DER

ROBOTER,

DER MENSCHEN TÖTET Die Polizei von Dallas hat erstmals ein erfolgreiches Konzept des US-Militärs kopiert – das gezielte Ausschalten eines Gegners durch einen Angriff mit einer Maschine …

krieg der Technik Etwa 10 000 Drohnen und 12 000 Bodenroboter – hier auf dem Flugzeugträger USS George Washington – stehen in den Diensten des USMilitärs. In Zukunft könnten sie auch in den USA selbst töten: Die Polizei in Dallas hat dafür einen Präzedenzfall geschaffen …

O h, wie ich Weiße hasse, besonders weiße Bullen!“ Der Mann, der das schreit, hat gerade fünf Polizisten mit einem halbautomatischen Gewehr erschossen und neun weitere verletzt. Micah X. Johnson befindet sich verschanzt im zweiten Stock des gelben Backsteingebäudes des El Centro College im Zentrum von Dallas, 9,1 Meter trennen den Armee-Veteranen von den Spezialkräften der Polizei. Mehr als 200 Schuss haben er und die Polizei allein auf diesem Flur abgefeuert. Gegen 2.30  Uhr nachts trifft David Brown, Polizeichef von Dallas, eine weitreichende Entscheidung. Er ordnet zum ersten Mal in der Geschichte der USA die außergerichtliche Tötung einer Person durch Polizisten per Fernsteuerung an. Ein Tabubruch, denn die Tat lässt sich auch anders lesen: als der erste Drohnenangriff auf US-Territorium gegen einen US-Amerikaner …

Der erste terminator Der Usa Gerade einmal eine Viertelstunde dauern die Vorbereitungen. Dann beginnt ein Andros Mark V-A1 mit fünf Kilometern pro Stunde seinem Ziel entgegen zu rollen. Eigentlich soll der 136 000 Euro teure Roboter Leben retten, er dient normalerweise zum Entschärfen von Bomben. Jetzt soll

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Mikah X. Johnson ist außer sich: „Wie viele von euch hab’ ich erwischt? Kommt her, ich will noch mehr“, brüllt der Afghanistan-Veteran der U.S. Army aus seinem Versteck. Nach zwei Stunden Verhandlungen macht die Polizei kurzen Prozess und bringt eine per Roboter (Grafik unten) transportierte Sprengladung neben ihm zu Explosion. „Eine Variante eines Drohnenschlags“, befindet Ryan Calo, ein Jurist an der University of Washington: die erste Tötung eines Verdächtigen per Fernsteuerung in den USA.

andros mark

5a-1 Northrop Grumman Remotec

ANTRiEb

KAMERA GREiFARM (AUSFAhRbAR)

KRAN

STEiGRäDER FüR TREPPEN 10/16

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6es6gAb

keine AlternAtive zu diesem einsAtz DAVID BROWN – POLIZEICHEF VON DALLAS

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Andros jedoch ein Leben nehmen: An dem 170 Zentimeter langen Greifarm steckt ein halbes Kilogramm C4. Die Wirkung dieses militärischen Sprengstoffs lässt sich durch seine Form gezielt in eine Richtung steuern. Johnson sieht Andros kommen, er feuert mehrfach auf den gepanzerten Roboter, doch C4 braucht einen speziellen Zünder zur Explosion. Es detoniert weder durch Schüsse, noch durch Feuer oder Schläge. Der Roboter stoppt an der Wand vor Johnson, positioniert den Greifarm und zündet den Sprengstoff. Eine Detonationswelle breitet sich mit 8400 Metern pro Sekunde aus und lässt die massive Mauer zersplittern, Johnson ist sofort tot. Für den rund 360 Kilo schweren Andros ist der Einsatz alles andere als ein Selbstmordkommando: „Nur sein Greifarm ist etwas beschädigt“, so Brown. „Wir könnten ihn weiterhin für entsprechende Operationen einsetzen.“ Es gibt zu diesem Zeitpunkt weder eine gesetzliche Grundlage noch einen Präzedenzfall für einen solchen Einsatz. „Wir haben keine andere Möglichkeit gesehen. Alle anderen Optionen hätten Polizisten in Gefahr gebracht“, so Brown. Wirklich? Andros hätte durchaus auch eine Blendgranate zünden oder sogar mit einem Gewehr ausgerüstet werden

können. Bis heute gibt die Polizei keine Informationen heraus, warum sie sich für die Tötung entschieden hat. Offizielle Begründung: Die Details der Aktion seien „ohne begründetes öffentliches Interesse“. Eine auffällige Nähe zu den Drohnenschlägen der USA in Pakistan oder Afghanistan …

Aus AfghAnistAn Auf die strAsse Tatsächlich kopieren US-amerikanische Polizeibehörden immer öfter das Militär: Etwa 100 000 Maschinengewehre und fast 1000 gepanzerte Fahrzeuge aus Armee-Beständen sind bei ihnen im Einsatz. Fahrzeuge, die für Patrouillen in den Straßen von Bagdad oder Kabul gebaut wurden – aber nicht für den Dienst in New Orleans oder Chicago. Nach Angaben der American Civil Liberties Union finden täglich etwa 100 paramilitärische Zugriffe der Polizei in den USA statt, meist gegen kriminelle Banden aus dem Drogenmilieu, manchmal aber auch gegen Kreditkartenbetrüger. Was passiert, wenn Zehntausende Roboter und Drohnen des Militärs veralten? Zum Wegwerfen sind sie zu schade. Der Bundesstaat North Dakota erlaubt bereits seit 2015 den Einsatz von Drohnen – vorerst nur mit nichttödlichen Waffen wie Tasern oder Tränengas … Marcus duroldt

FOTOS: Imago; DPA (2); Laif; Getty Images

„VARIANTE EINES DROHNENSCHLAGS“

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was am ende zählt

SchulbuS der dschungel-Kinder Warum es für eine gute Ausbildung manchmal den nötigen Anschub braucht

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welt der wunder

FOTO: Animal Press

J

eden Morgen kurz nach Sonnenaufgang bugsiert Wildhüter Tom acht Vorschulkinder knapp zwei Kilometer zum Unterricht. Natürlich immer vorausgesetzt, die Bande trudelt endlich mal ein. Joss bleibt auf dem Weg immer wieder stehen, weil sie entweder ein ganz besonderes Blatt, einen extrem faszinierenden Zweig oder einen unerhört sensationellen Käfer auf der Stelle untersuchen muss. Rocky und Gordon, die nie mehr als zwei Meter voneinander getrennt sein können, spielen „roter Pelzball“ und rollen eng ineinander verschlungen ins nächste Gebüsch. Und Minnie, mit zehn Monaten die Jüngste, sieht mit großen Augen zu Tom hinauf und streckt die Arme hoch. „Na klar, das ist zu hoch für dich, ich hebe dich rein. “ Schubkarren spielen in Ketapang auf Borneo eine ganz besondere Rolle. Zunächst einmal erleichtern sie den Mitarbeitern des Orang-Utan-Rehabilitationszentrums enorm das Leben. Merke: Junge Orang Utans sind nicht anders als menschliche Lauf-Anfänger: Nach maximal acht Schritten lassen sie sich bedingungslos auf den Hintern plumpsen oder imitieren einen nassen Ein-Zentner-Sack am Arm dessen, der sie an der Hand hält. Zum anderen werden die insgesamt etwas mehr als 100 Schüler per Ein-Rad-Schubantrieb jeden Morgen ein Stückchen weiter hin zu einem eigenständigen Leben befördert. Denn jeder junge Orang Utan, der hier ankommt – oft sind es noch Babys – wurde einst von seiner Mutter getrennt. Entweder, weil die von Jägern erlegt wurde oder weil Händler die Jungtiere illegal an Privatpersonen verkauften. Dort bringt ihnen niemand bei, was eine Orang-Utan-Mutter ihr Kind bis ins Alter von acht Jahren lehrt: so gut und sicher zu klettern, dass eine Baumkrone bald zum selbstverständlichen Rückzugsort wird. Genau jene Blätter und Früchte zu fressen, die nahrhaft und ungiftig sind. Zu lernen, Gefahren einzuschätzen. Orang Utans eignen sich ihr Wissen an, indem sie imitieren und beobachten. Den Erdboden zu verlassen, sich ganz der Kraft eines Taus, der Greiffähigkeit ihrer Hände und Füße anzuvertrauen, sich Klimmzug um Klimmzug zaghaft immer weiter nach oben zu wagen, ist wohl eine der wichtigsten Lektionen im kleinen Kletterpark der Schule. In den weiterführenden Klassen dürfen größere Orang Utans schon selber Futter sammeln, sich eine Schlafstätte in einem Baum anlegen und dort sogar übernachten. „Man merkt sofort, wie stolz sie sind, wenn sie wieder etwas Neues geschafft haben“, sagt Tom. Warum sollte es bei Orang-Utan-Kids auch anders sein als bei uns? Die Tiere teilen 97 Prozent ihres Erbguts mit uns, und Experten bescheinigen bereits den Jungen ein Gefühlsleben, das nahezu identisch ist mit dem eines Menschenkindes. Einen Orang Utan wieder Orang Utan sein zu lassen – dafür werden in Ketapang jedes Jahr 80 Schubkarren verschlissen. Ein Materialeinsatz, der bitter nötig ist, betont Tom: „Es gibt nichts Schlimmeres, als einen Haufen zappeliger Primaten-Kinder auf einem platten Reifen durch den Urwald schieben zu müssen.“ a. kessler

leserbriefe

Das nächste Heft erscheint am

*Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe gekürzt abzudrucken.

Die Redaktion freut sich über Ihre Meinung. Schreiben Sie an: redaktion welt der wunder, Brieffach 30139, 20067 hamburg, oder per E-Mail an [email protected] wolkentyp: aspera

tus

Gibt es eine neue

Wolkenart?

meteorologen untersche iden bis zu zehn verschiedene Wolkenga ttungen: eine rätselhafte Himmelsfo rmation, die vor rund zehn Jahren entdeckt wurde, entzieht sich jedoch standhaft dieser Systematik, sodass für sie eigens eine neue klasse eingeführt wurde – erstmals nach über 60 Jahren. Was die sogenannte „Asperatus“ (heißt übersetzt so viel wie „aufgewüh lt“) von anderen Wolken unterscheidet, ist ihre raue Unterkante, die in riesigen Wellen über

den Himmel wogt. Während ne Formation

die seltehierzulande kaum auftritt, lässt sie sich regelmäßi g in den USA beobachten – speziell in der weiten Prärieebene östlich der rocky mountains. Wenn hier warme und kalte luftströmungen aufeinand ertreffen, bilden sich sogenann te Superzellen. Sie sind langlebiger als gewöhnliche Gewitterzellen und können sich zu gewaltigen orkanböe n oder Tornados ausweiten.

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WO WERDEN KÜNSTLICHE WOLKEN GEBOREN?

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KubiKmeter-edelstahltanK

Am Forschungszentrum CERN in Genf simuliert der Physiker Jasper Kirkby mit seinem Team in einer 26 Kubikmeter großen Kammer die Geburtssek unden (Foto). Ziel des sogenannte von Wolken ments ist es, ein globales n CLOUD-ExperiModell len, das zeigt, welche Teilchen zu erstelwo zur Wolkenbildung beitragen. Neben Staubpartikeln, die etwa 50 Prozent der Kondensationskeime ausmachen, zählen auch Blütenpollen und Pilzsporen zu den Regenmachern.

CLOUD ATLAS Wolken-neWcomer Seit ihrer Entdeckung in den USA wurden AsperatusWolken u.a. auch in Norwegen und Schottland gesichtet – hierzulande noch nicht.

Weiter so! hannah ro via facebook Der Bericht über den Ziesel ist euch echt super gelungen. Und auch das Kreuzverhör der Nahrungsmittel bzw. der Zusatzstoffe ist toll gemacht. Dadurch merkt man sich die Informationen sehr viel besser. Großes Lob. Macht weiter so.

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DER WAHRE

Wunder natur

freitag, dem 28. oktober 2016

Sie werden eine Milliarde Tonnen schwer, türmen sich zu kilometerhohen

Festungen auf und schweben doch meist nahezu unbemerkt über unseren

Köpfen: Wolken. Noch immer birgt die sich ständig wandelnde Welt aus Wasser, Staub und Eis zahlreiche Rätsel. Der 2017 erscheinende „Internationale Wolkenatlas“ soll die letzten Geheimnisse des Achten Weltmeeres lüften ... 9/16

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nanometer grosse PartiKel

Skandal

Erst ab einer Größe von rund 50 Nanometern eignen sich Partikel als Kondensationskeime für Wolkentröpfchen. Dazu müssen jedoch mehrere Hundert Partikel zusammenfinden. Bis zur Bildung richtigen Wolke vergehen einer Stunden, manchmal sogar Tage.

Wolken-Tsunami Eine sogenannte Shelf Cloud sorgte jüngst für Endzeitstimmung in der Bucht von Sydney. Der seltene Wolkentyp entsteht, wenn sich in der Nähe einer Gewitterzelle starke Abwinde mit aufsteigender warmer Luft vermischen. Diese Fallböen können Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h erreichen.

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Mehr Informationen achim berner per e-mail Ein großes Kompliment für eure Geschichte über den „Cloud Atlas“. Auch wenn ich mich schon länger mit dem Thema Wolken befasse, so waren mir viele Informationen in dem Artikel vollkommen unbekannt. Zudem ist der Bericht mit wirklich faszinierenden Bildern bestückt. Eine Frage habe ich noch: Wo kann ich mehr über den Internationalen Wolkenatlas erfahren? Auf der Internetseite www.wmo-cloudatlas.org findet man weitere spannende Informationen über die verschiedenen Wolkenarten. Zudem kann dort jeder seine eigenen Fotos von Wolken einsenden.

+++ In eigener Sache +++ Liebe Leser, in den vergangenen Monaten erhalten wir vermehrt kritische Briefe, Mails und Kommentare. Immer öfter mischen sich darunter Beleidigungen und Drohungen. Vor allem, wenn es um Artikel über die AfD, Wladimir Putin, Donald Trump oder Recep Tayyip Erdogan geht. Generell möchten wir hierzu Folgendes klarstellen: Wir sind ein politisch neutrales Magazin, das sowohl über Barack Obama, als auch über Angela Merkel, Trump, Erdogan oder Putin kritisch berichtet. Kein einziger Redakteur ist in einer politischen Organisation, und der Verlag lässt uns frei recherchieren und berichten.

Stephanie léela kaa via facebook Nachdem ich den Bericht über Couchsurfing gelesen habe, bin ich fast geplatzt vor Wut. Wie kann es sein, dass ein Mensch 16 Frauen missbraucht, darunter Minderjährige, und nur zu sechs Jahren Haft verurteilt wird? Das sind das gerade mal 4 1/2 Monate Gefängnis pro Opfer. Da ist es doch kein Wunder, wenn Missbrauch nicht zur Anzeige kommt.

Fehlender Psychopath Dominik both per mail Mir ist aufgefallen, dass in der Geschichte „Die größten Psychopathen der Geschichte“ Alexander der Große nicht vorkam. Meiner Meinung nach würde er dazu gehören, da er rücksichtslos und angstresistent war und somit Merkmale eines Psychopathen besaß.

Und nein, wir werden nicht von der CIA gelenkt oder von der Bundesregierung finanziert. Wir berichten faktenbasiert und nicht meinungsorientiert. Wenn angeblich alles von welt der wunder so „aus der Luft gegriffen“ ist und wir zur „Lügenpresse“ gehören, dann sollten diese Stimmen doch zumindest Beweise für ihre Anschuldigungen liefern. Das welt der wunder-Team freut sich über jede sachliche Diskussion und begrüßt ausdrücklich die Meinungsvielfalt im Netz und auf der Straße. Dabei sollte allerdings jeder so handeln, wie er selbst behandelt werden will. Euer welt der wunder-Team

Impressum

MITARBEITER DIESER AUSGABE Chefredaktion Uwe Bokelmann (verantwortlich für den redaktionellen Inhalt) Sebastian Junge (Text) Thomas Maresch (Art Direktion) redaktion Redaktionsleitung: Hannes Wellmann, Astrid Keßler, Nuno Ramos (Stellv.) Stv. Art Direktion: Dejan Bojcic, Anja Schächtele, B. Ramis de Ayreflor Chef vom Dienst: Gabriela Strobel (Stellv.), Marcel Malarz (techn. Koordinator) Leitender Redakteur: Dirk Simon Layout/Illustration: Wendy Lau, Pascal El Shakra, Sebastian Ritschel (Journalistenschüler), Jan Svensson Foto: Mathias Gottschalk (Ltg.), Kathrin Hilse (Stellv.), Sonja Hallmann Text: Marcus Duroldt, Sven Gernand, Sebastian Hess, Julian Klevesath, David Gerhold (Journalistenschüler), Sebastian Kutzner (Volontär), Hagen Rath (Journalistenschüler), Bjarne Rossen (Dualer Student) Verlagsleitung: Sven Dams Anzeigenleitung: Karsten Völker (Stv.) Anzeigen: Bauer Media KG, Brieffach 3927, 20077 Hamburg Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 11 Verantwortlich für den Anzeigen-Inhalt: Viola Schwarz Verantwortlich für die Anzeigen-Struktur: Roswitha Zasadni Druck: Drukarnia Wydawnictwa Bauer 06-400 Ciechanów Vertrieb: Bauer Vertriebs KG, 20078 Hamburg Bestell- und Aboservice: Bauer Vertriebs KG, 20078 Hamburg, Tel.: 01806/ 31 39 39 (0,20 €/Anruf aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunk max. 0,60 €/Anruf) Mo.–Fr. 8–18 Uhr, Fax: 040/30 19 81 82, E-Mail: kundenserviceonline@bauermedia. com, Änderung von Adressen, Bankdaten u. a. im Internet: www.bauer-plus.de/service Nachbestellservice: Im Online-Shop unter www.einzelheftbestellung.de oder Bestell-Hotline + 49 (0)1806/01 29 06 (0,20 € /Anruf aus dem dt. Festnetz, Mobilfunk max. 0,60 €/Anruf. Abweichende Preise aus dem Ausland möglich). Mo.–Fr. 8–20 Uhr Aboservice Österreich, Schweiz und restliches Ausland: Bauer Vertriebs KG, Auslandsservice, Postfach 14254, 20078 Hamburg, Tel.: +49/40/30 19 85 19, Fax: +49/40/30 19 88 29 (abweichende Preise aus dem Ausland möglich) E-Mail: [email protected] welt der wunder erscheint in der Heinrich Bauer Verlag KG, Brieffach 30139, 20067 Hamburg, Tel.: 040/30 19 42 77, E-Mail: [email protected] Verkaufspreis 3,80 Euro inklusive 7 % Mehrwertsteuer. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildbeiträge wird keine Haftung übernommen. © 2016 für den gesamten Inhalt, soweit nicht anders angegeben, by: Heinrich Bauer Verlag KG. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit vorheriger Genehmigung. Der Export von welt der wunder und der Vertrieb im Ausland sind nur mit Genehmigung des Verlages statthaft. Welt der Wunder (USPS no Pending) is published monthly by Bauer Media Group. Subscription price for USA is $90.00 p.a. K.O.P.: German Language Pub., 153 S Dean St, Englewood NJ 07631. Application to mail at Periodicals Rates is pending at Englewood NJ 07631 and additional mailing offices. Postmaster: Send Address changes to: Welt der Wunder, GLP, PO Box 9868, Englewood NJ 07631

Weitere Fragen und Antworten zu Themen aus dem Heft gibt es auf unserer facebook-Seite „Welt der Wunder Magazin“. ABO-BESTELLUNG FAX: 040/30 19 81 12, TEL.: 01806/31 39 39 (20 CENT/ANRUF AUS DEM DEUTSChEN FESTNETz, MOBILFUNk MAX. 60 CENT/ANRUF) MO.–FR. 8–18 UhR

rätsel Betrachten Sie das Zifferblatt einer herkömmlichen Analog-Uhr. Denken Sie sich alle Zeiger weg. Die Aufgabe: Teilen Sie gedanklich mit zwei Strichen das Zifferblatt so in drei Felder ein, dass die Summe der in den Feldern liegenden Zahlen gleich ist.

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Lösung aus 9/16: Die Bäume müssen in der Form eines Pentagramms angeordnet werden.

DA S H ÖC H S TE A B E NTE U E R D E R W E LT.

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3. O K T O B E R

20: 15

Ü B E R A L L F R E I E M P FA N G B A R .

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