Nisargadatta Maharaj
Ich bin Das
Nisargadatta Maharaj (1897-1981)
Nisargadatta Maharaj Ich bin Das
Nisargadatta Maharaj
I c h
b i n
D a s
Lizenzbestimmung: Dieser Text ist frei und unverkäuflich und kann ohne Absprache weiterverbreitet, uneingeschränkt zitiert und in anderen Schriften verwendet und bearbeitet werden. Er steht bei SCRIBD zum kostenlosen Download zur Verfügung: http://www.scribd.com/clemens-vargas-ramos Die kommerzielle Verwertung dieses Textes ist gestattet. Die Ware soll dann zum Selbstkostenpreis angeboten oder der Gewinn für wohltätige Zwecke gespendet werden. Diese Lizenzbestimmung hebt alle anderen Lizenzbestimmungen auf. Sie soll bei jeder Verwendung des Textes unverändert wiedergegeben werden. Clemens Vargas Ramos, im Dezember 2009
[email protected]
Übersetzung durch Clemens Vargas Ramos von „I am That“, den Gesprächsaufzeichnungen von Nisargadatta Maharaj, die frei im Internet unter der Adresse http://www.sankaracharya.org/i_am_that.php verfügbar sind. Es fehlen diejenigen Textteile, die zum Zeitpunkt dieser Übersetzung bereits in den deutschen Ausgaben vom Kamphausen-Verlag von „Ich Bin“ in den Teilen I und II enthalten gewesen sind. Sie sind kenntlich gemacht durch den Hinweis: (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten). Fertiggestellt im Dezember 2007. Zuletzt bearbeitet
am 16.12.09.
Inhaltsverzeichnis Widmung.................................................................9 Anmerkung des Übersetzers..................................11 Anmerkung des Herausgebers...............................14 Wer ist Nisargadatta Maharaj?...............................16 Das „Ich bin“-Gefühl..............................................16 Die Körper-Besessenheit........................................16 Lebendige Gegenwart...........................................16 Die wahre Welt ist jenseits des Verstandes............16 Was geboren wurde, muss sterben........................16 Meditation.............................................................16 Der Verstand.........................................................16 Das Selbst liegt jenseits des Verstandes................16 Antworten aus der Erinnerung...............................17 Der Zeuge.............................................................17 Gewahrsein und Bewusstsein................................17 Die Person ist nicht wirklich...................................17 Das Höchste, der Verstand und die Wirklichkeit.....17 Erscheinungsformen und Wirklichkeit....................17 Der Jnani...............................................................17 Wunschlosigkeit - der höchste Segen....................17 Das Immer-Gegenwärtige......................................17 Finde heraus, was du nicht bist, um zu sehen, was du bist...................................................................18 Wirklichkeit liegt im Objektiven.............................18 Das Höchste geht über alles hinaus.......................18 Wer bin Ich?...........................................................18 Leben ist Liebe - Liebe ist Leben............................18 Unterscheidung führt zur Entsagung.....................18 Gott ist der All-Tätige - der Jnani ist der Nicht-Tätige ..............................................................................18
Halten Sie am „Ich bin“ fest...................................18 Die Persönlichkeit - das Hindernis..........................18 Das Anfangslose fängt auf ewig an........................19 Alles Leiden ist aus dem Wunsch geboren.............19 Leben ist des Lebens einziger Zweck.....................19 Du bist JETZT frei...................................................19 Unterschätze die Wachsamkeit nicht.....................19 Leben ist selbst der Höchste Guru.........................19 Alles geschieht aus sich selbst heraus...................19 Der Verstand ist die Ruhelosigkeit in Person..........19 Der größte Guru ist dein inneres Selbst.................19 Töten verletzt den Tötenden - nicht das Getötete. .20 Über Schmerz und Freude hinaus liegt die Seligkeit ..............................................................................20 Spirituelle Praxis ist Selbsterforschung..................20 Durch sich selbst existiert nichts...........................20 Nur das Selbst ist wirklich......................................20 Entwickele die Haltung des Zeugen.......................20 Wirklichkeit kann nicht ausgedrückt werden..........20 Unwissenheit kann wahrgenommen werden - Jnana nicht......................................................................20 “Ich bin“ ist wahr - alles andere ist Schlussfolgerung ..............................................................................20 Was kommt und geht, hat kein Sein......................21 Gewahrsein des Seins ist Seligkeit.........................21 Beobachte deinen Verstand...................................21 Gewahrsein ist frei.................................................21 Der Verstand erzeugt die Ungewissheit.................21 Selbst-Gewahrsein ist der Zeuge...........................21 Sei gleichmütig gegenüber Schmerz und Freude...21 Glücklich sein, glücklich machen ist der Rythmus des Lebens............................................................21 Erfüllte Wünsche führen zu noch mehr Wünschen. 21 Körper und Verstand sind Symptome der Unwissenheit.........................................................22
Verliere alles - und gewinne alles..........................22 Bewusstsein und Welt tauchen gemeinsam auf.....22 Jenseits des Verstandes ist kein Leiden..................22 Vollkommenheit - die Seele von allem...................22 Furcht und Verlangen – Zustände des Ego.............24 Leben, nicht phantasieren.....................................31 Materie ist Bewusstsein.........................................37 Im Höchsten erscheint der Zeuge..........................46 Das Gefühl der Täterschaft bedeutet Bindung.......55 Alles was dich erfreut, wirft dich zurück................60 Alles was du brauchst, ist ein stiller Verstand........62 Die Suche nach dem Glück führt zum Unglück......69 Erfahrung ist nicht wahr........................................81 Suchen Sie nach der Quelle des Bewusstseins......88 Die Vergänglichkeit ist der Prüfstein des Unwirklichen..........................................................93 Gott ist das Ende allen Verlangens und allen Wissens...............................................................102 Im Selbst-Gewahrsein lernt man sich selbst kennen ............................................................................104 Was rein, unvermischt und ungebunden ist, ist wirklich................................................................113 Der Tod des Gemüts ist die Geburt der Weisheit..114 Die Wahrheit ist Hier und Jetzt.............................124 Im Frieden und in der Stille ist Wachstum............136 Zu wissen, dass man nichts weiß, ist wahre Weisheit ............................................................................144 “Ich“ und „mein“ sind falsche Ideen....................146 Alles Wissen ist Unwissenheit..............................153 Person, Zeuge und Höchstes...............................163 Gewahrsein.........................................................171 Die Wurzel der Furcht..........................................180 Absolute Vollkommenheit ist hier und jetzt..........182 Der wahre Guru...................................................184 Ihr Ziel ist Ihr Guru..............................................194
“Ich bin“ – Grundlage aller Erfahrung .................204 Das Unbekannte ist die Heimat des Wirklichen....212 Halte den Verstand still – und du wirst erkennen. 224 Das Wissen des Verstandes ist kein wahres Wissen ............................................................................231 Fortschritt im spirituellen Leben..........................240 Gib dich an dein eigenes Selbst hin.....................247 Lust und Glück.....................................................258 Gehe über die Idee „Ich bin der Körper“ hinaus...265 Der Mensch ist nicht der Täter.............................272 Du bist jenseits von Zeit und Raum.....................279 Nimm das Leben, wie es kommt..........................279 Erinnerungen und Erwartungen aufgeben...........286 Verstand und Welt sind nicht verschieden...........293 Freiheit von der Selbst-Identifikation...................295 Das Wahrgenommene kann nicht der Wahrnehmer sein.....................................................................304 Verstehen führt zur Freiheit.................................315 Der Jnani hält nicht fest ......................................322 Anhang 1 – Nisarga Yoga.....................................333 Anhang 2 - Navnath Sampradaya........................338
Widmung Das, worin alle Wesen wohnen, und das in allen Wesen wohnt, das der Bringer der Gnade für alle ist, die Höchste Seele des Universums, unbegrenztes Sein - Das bin Ich. Amritbindu Upanishad Das, was alles durchdringt und von nichts anderem durchdrungen wird, welches wie der Raum des Universums um uns herum, alles vollständig von innen und von außen erfüllt, dieses Höchste, non-duale Brahman - Das bist Du. Sankaracharya Der Suchende ist der, der nach sich selbst sucht. Geben Sie alle Fragen außer der einen auf: „Wer bin ich?“. Die einzige Tatsache, der Sie stets gewiss sein können, ist schließlich die Tatsache, dass Sie sind. „Ich bin“ ist gewiss - „ich bin dies“ nicht. Kämpfen Sie, um herauszufinden, was Sie in Wirklichkeit sind. Um sich selbst zu kennen, müssen Sie als erstes untersuchen und wissen, was Sie nicht sind. Entdecken Sie all das, was Sie nicht sind - der Körper, die Gefühle, die Gedanken, Zeit, Raum, dies oder das. Nichts, was konkret oder abstrakt ist, was Sie wahrnehmen können, kann Sie sein. Der bloße Akt der Wahrnehmung zeugt, dass Sie nicht sind, was Sie wahrnehmen. Je klarer Sie begreifen, dass Sie auf der Ebene des Verstandes nur in negativen Begriffen beschrieben werden können, desto schneller werden Sie das Ziel Ihrer Suche erreichen und Ihr unbegrenztes Sein realisieren. Sri Nisargadatta Maharaj
Anmerkung des Übersetzers Ich traf Sri Nisargadatta Maharaj vor einigen Jahren und war beeindruckt von der spontanen Einfachheit seiner Erscheinung und seines Auftretens sowie einer tiefen und echten Ernsthaftigkeit in der Mitteilung seiner Erfahrung. Obwohl seine kleine Wohnung in den Hinterhöfen von Bombay schlicht und schwierig zu entdecken war, haben doch viele ihren Weg hierher gefunden. Die meisten von ihnen waren Inder, die die Freiheit hatten, sich mit ihm in ihrer Muttersprache unterhalten zu können. Es gab jedoch auch viele Ausländer, die einen Übersetzer brauchten. Wenn ich anwesend bei den Gesprächen war, dann fiel mir diese Aufgabe des Übersetzens zu. Viele der gestellten Fragen und gegebenen Antworten waren so interessant und bedeutsam, dass schließlich ein Bandaufnahmegerät herbeigeschafft wurde. Die meisten der Bänder enthielten das übliche Gemisch von Englisch und Marathi, während andere mehrsprachige verschiedene indische und europäische Sprachen vermischt enthielten. Später wurden dann die Bänder entziffert und ins Englische übertragen. Es war nicht leicht, gleichzeitig wortgetreu zu übersetzen und mühsame und überflüssige Wiederholungen zu vermeiden. Wir dürfen hoffen, dass die vorliegende Übersetzung der Bandaufnahmen den Eindruck dieses klaren Verstandes eines großzügigen und in vielerlei Hinsicht ungewöhnlichen menschlichen Wesens nicht verringert hat. Eine Marathi-Version dieser Gespräche, die von Sri Nisargadatta selbst überprüft und bestätigt wurde, wurde gesondert veröffentlicht.
Maurice Frydman, Übersetzer Bombay 16. Oktober 1973
Anmerkung des Herausgebers Diese Auflage von „Ich bin Das“ ist eine neu durchgesehene und überarbeitete Version der 101 Gespräche, die in den zwei Ausgaben der früheren Auflagen erschienen sind. Es wurden hier nicht nur besser lesbare Schriften und Kapitelüberschriften neu verwendet, sondern ebenso auch neue Fotos von Sri Nisargadatta Maharaj hier eingebunden. Des Weiteren gibt es im Anhang bisher unveröffentlichtes, wertvolles Material. Ich möchte der Aufmerksamkeit des Lesers ganz besonders den Beitrag namens „Nisarga Yoga“ empfehlen, in welchem mein sehr geschätzter Freund, der spätere Maurice Frydman, knapp und prägnant die Lehre von Maharaj dargestellt hat. Wie Maurice festgestellt hat, sind die Schlüsselworte seiner Unterweisung die Einfachheit und die Bescheidenheit. Der Meister trägt keinerlei intellektuelles Konzept oder Doktrin vor. Er erlegt dem Suchenden keinerlei Vorbedingungen auf und heißt sie genauso willkommen, wie sie sind. Sri Nisargadatta Maharaj ist auf ganz besondere Art frei von allen Formen von Herabsetzung und Verdammung. Für ihn sind der Sünder und der Heilige nur austauschbare Zuweisungen. Der Heilige hat gesündigt, und der Sünder kann geheiligt werden. Es ist nur die Zeit, die sie zu trennen scheint – es ist die Zeit, die sie wieder zusammenbringt. Der Lehrer bewertet nichts – seine einzige Sorge gilt dem „Leiden und der Beendigung des Leidens“. Aus seiner persönlichen und beständigen Erfahrung weiß er, dass die Wurzeln der Sorge im Gemüt liegen und dieses daher von seinen verwirrenden und zerstörerischen Neigungen befreit werden muss. Von diesen ist vor allem die Identifikation des Selbst mit seinen Projektionen die fatalste. Durch seine eigene Unterweisung und sein
persönliches Beispiel entsteht bei Sri Nisargadatta ein ganz eigener kurzgefasster, a-logischer, aber empirisch fassbarer Klang des Auftretens. Einmal verstanden, kann er weiterführen. Die Durchsicht und Überarbeitung von „Ich bin Das“ war für mein inneres Selbst wie eine wahre Pilgerschaft – gleichzeitig tief befriedigend und erleuchtend. Ich habe diese meine Aufgabe im Geist der persönlichen Hingabe mit allergrößter Ernsthaftigkeit zu erfüllen gesucht. Ich habe die Fragen der einzelnen Fragesteller wie meine eigenen behandelt, und ich habe die Antworten des Meisters mit einem Verstand aufgenommen, der von allem zuvor Gewussten leer war. Es mag jedoch sein, dass ich in diesem Prozess, den man vielleicht eine zweistimmige Meditation nennen könnte, an einigen Stellen gewisse Versäumnisse begangen habe aufgrund der förmlichen Anforderungen an Syntax und Zeichensetzung, wie sie von einem Herausgeber nun einmal verlangt werden. Für diese Mangelhaftigkeiten, falls vorhanden, bitte ich den Leser um Nachsicht. Bevor ich hiermit schließe, möchte ich meinen herzlichen Dank an Professor Douwe Tiemersma von der Philosophischen Fakultät der ErasmusUniversität in Rotterdam, Holland, wegen des neuen Vorwortes für diese Ausgabe aussprechen. Dass er meiner Anfrage so bereitwillig entgegengekommen ist, hat mich mit noch größerer Dankbarkeit erfüllt. Sudhakar S. Dikshit, Herausgeber Bombay Juli 1981
Wer ist Nisargadatta Maharaj? (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Das „Ich bin“-Gefühl (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Die Körper-Besessenheit (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Lebendige Gegenwart (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Die wahre Welt ist jenseits des Verstandes (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Was geboren wurde, muss sterben (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Meditation (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Der Verstand (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Das Selbst liegt jenseits des Verstandes (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Antworten aus der Erinnerung (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Der Zeuge (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Gewahrsein und Bewusstsein (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Die Person ist nicht wirklich (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Das Höchste, der Verstand und die Wirklichkeit (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Erscheinungsformen und Wirklichkeit (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Der Jnani (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Wunschlosigkeit - der höchste Segen (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Das Immer-Gegenwärtige (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Finde heraus, was du nicht bist, um zu sehen, was du bist (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Wirklichkeit liegt im Objektiven (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Das Höchste geht über alles hinaus (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Wer bin Ich? (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Leben ist Liebe - Liebe ist Leben (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Unterscheidung führt zur Entsagung (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Gott ist der All-Tätige - der Jnani ist der Nicht-Tätige (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Halten Sie am „Ich bin“ fest (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Die Persönlichkeit - das Hindernis (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Das Anfangslose fängt auf ewig an (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Alles Leiden ist aus dem Wunsch geboren (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Leben ist des Lebens einziger Zweck (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Du bist JETZT frei (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Unterschätze die Wachsamkeit nicht (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Leben ist selbst der Höchste Guru (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Alles geschieht aus sich selbst heraus (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Der Verstand ist die Ruhelosigkeit in Person (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Der größte Guru ist dein inneres Selbst (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Töten verletzt den Tötenden - nicht das Getötete (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Über Schmerz und Freude hinaus liegt die Seligkeit (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Spirituelle Praxis ist Selbsterforschung (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Durch sich selbst existiert nichts (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Nur das Selbst ist wirklich (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Entwickele die Haltung des Zeugen (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Wirklichkeit kann nicht ausgedrückt werden (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Unwissenheit kann wahrgenommen werden - Jnana nicht (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
“Ich bin“ ist wahr - alles andere ist Schlussfolgerung (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Was kommt und geht, hat kein Sein (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Gewahrsein des Seins ist Seligkeit (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Beobachte deinen Verstand (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Gewahrsein ist frei (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Der Verstand erzeugt die Ungewissheit (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Selbst-Gewahrsein ist der Zeuge (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Sei gleichmütig gegenüber Schmerz und Freude (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Glücklich sein, glücklich machen ist der Rythmus des Lebens (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Erfüllte Wünsche führen zu noch mehr Wünschen (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Körper und Verstand sind Symptome der Unwissenheit (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Verliere alles - und gewinne alles (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Bewusstsein und Welt tauchen gemeinsam auf (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Jenseits des Verstandes ist kein Leiden (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Vollkommenheit - die Seele von allem (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Furcht und Verlangen – Zustände des Ego Frage: Ich würde noch einmal gern auf die Frage nach Freude und Schmerz, Furcht und Verlangen, zurückkommen. Ich verstehe, dass Furcht aus der Erinnerung kommt und die Vorwegnahme von Schmerz ist. Sie ist essenziell für die Erhaltung des Lebewesens und seiner Lebensmuster. Gefühlte Bedürfnisse können schmerzhaft sein, während ihre Vorwegnahme voll Furcht sein kann. Manchmal sind wir regelrecht erschrocken darüber, dass wir unsere grundlegenden Bedürfnisse nicht erfüllen können. Die Erleichterung, die wir erfahren, wenn ein Bedürfnis erfüllt oder eine Sorge beseitigt ist, ist gänzlich auf die Beendigung des Schmerzes zurückzuführen. Vielleicht können wir diesem positive Bezeichnungen wie Vergnügen, Freude oder Glücklichsein geben, aber essenziell ist es ein Nachlassen von Schmerz. Es ist diese Furcht vor Schmerz, die alle unsere sozialen, ökonomischen und politischen Institutionen zusammenhält. Was mich wundert, ist, dass wir Vergnügen von Dingen und Gemütszuständen erwarten, die nichts mit dem eigentlichen Überleben zu tun haben. Im Gegenteil – unsere Vergnügen sind normalerweise destruktiv. Sie zerstören oder beschädigen das Objekt, das Instrument und auch das Subjekt des Vergnügens. Wäre es anders, dann würde das Vergnügen und das Verfolgen desselben gar kein Problem sein. Damit komme ich zum Kern meiner Frage: Was macht das Vergnügen destruktiv? Und weshalb wird es trotz seiner Destruktivität gewollt? Ich möchte noch hinzufügen, dass ich hierbei nicht an das Muster Schmerz-Freude denke, mit dem die Natur uns dazu nötigt, ihren Wegen zu folgen. Ich denke im Gegenteil an die allein vom Menschen gemachten sinnlichen und sonstigen
subtilen Vergnügen, von den gröbsten wie dem Zuviel-Essen bis hin zu den raffinierteren. Die Sucht nach dem Vergnügen um jeden Preis ist so universell, dass es etwas Bedeutsames geben muss, was die Ursache von all dem ist? Natürlich muss nicht jede menschliche Aktivität nützlich sein und immer nur dazu dienen, ein sinnvolles Bedürfnis zu erfüllen. So ist beispielsweise das Spiel natürlich, und der Mensch ist ja in der Schöpfung das am meisten verspielte Tier. Das Spielen erfüllt das Bedürfnis der SelbstEntdeckung und der Selbst-Entwicklung. Aber sogar im Verlaufe dieses Spiels wird der Mensch destruktiv gegenüber der Natur, anderen und sich selbst. Maharaj: Kurz gefasst – Sie wenden nichts gegen das Vergnügen ein, sondern nur gegen seinen Preis in der Form von Kummer und Schmerz. Frage: Wenn die Wirklichkeit selbst Seligkeit sein soll, dann muss das Vergnügen mit dieser Seligkeit in irgendeiner Weise in Beziehung stehen. Maharaj: Lassen wir eine Herangehensweise an das Problem mit Hilfe verbaler Logik einmal beiseite. Die Seligkeit des Wirklichen schließt das Leiden nicht aus. Abgesehen davon kennen Sie nur das Vergnügen, aber nicht die Seligkeit des reinen Seins. Lassen Sie uns also das Vergnügen auf seiner ganz eigenen Ebene betrachten. Wenn Sie sich selbst in Momenten von Freude oder Schmerz betrachten, dann werden Sie ausnahmslos feststellen, dass nicht das jeweilige Ding selbst, sondern die Situation, von der es ein Teil ist, erfreulich oder schmerzvoll ist. Freude oder Vergnügen liegt in der Beziehung zwischen dem sich Erfreuenden und dem Erfreulichen. Und die Essenz davon ist Akzeptanz. Was auch immer die Situation sein mag – sobald sie akzeptabel ist, ist sie auch erfreulich. Ist sie dagegen nicht akzeptabel, dann ist
sie schmerzlich. Was genau sie akzeptabel macht, ist nicht wichtig. Die Ursache mag physisch, psychologisch oder auch unauffindbar sein, aber Akzeptanz ist der ausschlaggebende Faktor. Umgekehrt ist das Leiden dem Umstand des NichtAkzeptierens geschuldet. Frage: Schmerz ist nicht akzeptabel. Maharaj: Weshalb nicht? Haben Sie es schon einmal ausprobiert? Versuchen Sie es, und Sie werden im Schmerz eine Freude finden, die das Vergnügen nicht erzielen kann. Und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die Akzeptanz des Schmerzes sie tiefer führt, als das Vergnügen es jemals könnte. Das persönliche Selbst ist aufgrund seiner eigenen Natur beständig auf der Suche nach dem Vergnügen und dem Vermeiden von Schmerzen. Die Beendigung dieses Musters bedeutet auch die Beendigung dieses Selbst. Die Beendigung dieses Selbst mit seinen Wünschen und Ängsten versetzt Sie in die Lage, zu Ihrer wahren Natur, der Quelle allen Glücks und Friedens, zurückzukehren. Der beständige Wunsch nach dem Vergnügen ist die Widerspiegelung der in ihr enthaltenen zeitlosen Harmonie. Es ist eine beobachtbare Tatsache, dass man nur dann zum Bewusstsein seiner selbst kommt, wenn man im Konflikt zwischen Freude und Schmerz gefangen ist, wodurch sich die Notwendigkeit ergibt, eine Wahl, eine Entscheidung zu treffen. Es ist dieser Zusammenstoß zwischen Verlangen und Furcht, der den Zorn entstehen lässt – den großen Zerstörer der Harmonie des Lebens. Wenn der Schmerz als dass akzeptiert wird, was er ist, nämlich als eine Lektion und eine Warnung, und als solcher tief betrachtet und wahrgenommen wird, dann bricht die Trennung zwischen Freude und Schmerz zusammen, und beide werden zur offenbaren Erfahrung: Schmerzlich im Widerstand, freudig im Akzeptieren.
Frage: Empfehlen Sie dann, das Vergnügen zu meiden und den Schmerz zu suchen? Maharaj: Nein, auch nicht das Vergnügen zu suchen und den Schmerz zu vermeiden. Akzeptieren Sie beides wie es kommt. Erfreuen Sie sich an ihnen, so lange sie dauern, und lassen Sie sie gehen, wenn sie gehen müssen. Frage: Wie kann ich denn den Schmerz wertschätzen? Der physische Schmerz erfordert jedenfalls eine Erleichterung. Maharaj: Natürlich. Und auch der mentale. Die Seligkeit besteht im Gewahrsein davon; indem man sich in keiner Weise widerstrebend verhält oder davon abwendet. Alles Glück stammt vom Gewahrsein. Je bewusster wir sind, umso tiefer ist die Freude. Die Akzeptanz des Schmerzes, des Nicht-Widerstehens, Mut und Geduld – all dieses öffnet tiefe und beständige Quellen echten Glücks, wahrer Seligkeit. Frage: Weshalb sollte der Schmerz wirkungsvoller als das Vergnügen sein? Maharaj: Vergnügen wird immer recht schnell akzeptiert, während alles im persönlichen Selbst den Schmerz verneint. Weil die Akzeptanz des Schmerzes die Verleugnung des persönlichen Selbst darstellt und dieses dem wahren Glück im Wege steht, setzt die aufrichtige Akzeptanz des Schmerzes die Quellen des Glücks frei. Frage: Funktioniert auch die Akzeptanz des Leidens auf dieselbe Art und Weise? Maharaj: Die Tatsache eines Schmerzes kann leicht in den Fokus des Gewahrseins gerückt werden. Mit dem Leiden ist es nicht ganz so einfach. Das Leiden im Fokus zu haben genügt im Hinblick auf das mentale Leben nicht, da dieses, wie wir alle es kennen, ein kontinuierlicher Strom des Leidens ist. Um die tieferen Ebenen des Leidens zu
erreichen, muss man zu ihren Wurzeln gehen und deren ungeheure unterirdische Vernetzung entdecken, in der Furcht und Verlangen aufs engste miteinander verwoben und die Ströme der Lebensenergien einander gegenüberstehen, behindern und zerstören. Frage: Wie kann ich eine Verwirrung auflösen, die sich gänzlich unterhalb der Ebene meines Bewusstseins befindet? Maharaj: Indem Sie mit sich selbst sind, mit dem „Ich bin“. Indem Sie sich im Alltag mit wachsamem Interesse und mit der Absicht beobachten, zu verstehen statt zu bewerten; in voller Akzeptanz von allem, was auftauchen könnte, weil es da ist. Dadurch ermutigen Sie die Tiefe, an die Oberfläche zu kommen und Ihr Leben und Bewusstsein mit seinen fesselnden Energien zu bereichern. Darin besteht die große Arbeit des Gewahrseins – sie entfernt die Hindernisse und setzt Energien durch das Verstehen der Natur des Lebens und Gemüts frei. Die Intelligenz ist das Tor zur Freiheit, und wache Aufmerksamkeit ist die Mutter der Intelligenz. Frage: Eine weitere Frage: Weshalb endet Vergnügen in Schmerz? Maharaj: Alles hat einen Anfang und ein Ende, und so auch das Vergnügen. Erwarten Sie nichts, und bedauern Sie nichts - so wird es keinerlei Schmerz geben. Es sind Erinnerung und Vorstellung, die das Leiden verursachen. Natürlich kann Schmerz nach dem Vergnügen auch aus dem Missbrauch des Körpers oder Gemüts herstammen. Der Körper kennt sein Maß, aber das Gemüt nicht. Seine Gelüste sind grenzenlos und zahllos. Beobachten Sie Ihr Gemüt mit großem Eifer, denn hier liegen sowohl Ihre Fesseln als auch der Schlüssel zur Freiheit verborgen.
Frage: Meine Frage ist noch nicht voll beantwortet: Weshalb sind die Vergnügen des Menschen so destruktiv? Weshalb findet er so viel Vergnügen an der Zerstörung? Alle Sorge des Lebens liegt im Beschützen, in der Fortdauer und der Erweiterung seiner selbst. Dabei wird es durch den Prozess von Schmerz und Freude gesteuert. An welchem Punkt schlägt all dies in Destruktivität um? Maharaj: Sobald das Gemüt übernimmt, erinnert und erwartet, beginnt es zu übertreiben, zu verzerren und zu ignorieren. Die Vergangenheit ist die Projektion der Zukunft, und die Zukunft widerlegt die Erwartungen der Vergangenheit. Die Handlungsund Sinnesorgane werden überstrapaziert und brechen dann unvermeidlicherweise zusammen. Die Objekte des Vergnügens können nicht das erzielen, was man von ihnen erwartet, und so verbrauchen sie sich oder werden durch Missbrauch beschädigt. Aus dem Vergnügen, nach dem ursprünglich gesucht wurde, wird auf diese Weise ein Übermaß an Schmerz. Frage: Wir zerstören ja nicht nur uns selbst, sondern auch andere! Maharaj: Selbstsüchtigkeit ist von Natur aus zerstörerisch. Verlangen und Furcht sind beide Zustände im Ego-Verstand. Zwischen Verlangen und Furcht taucht der Zorn auf, und wenn dieser zu Hass wird, entsteht eine hasserfüllte Leidenschaft für die Zerstörung. Krieg ist tätiger Hass – organisiert und ausgerüstet mit den Instrumenten des Todes. Frage: Gibt es seine Möglichkeit zur Beendigung dieses Horrors? Maharaj: Sobald immer mehr Menschen sich ihrer wahren Natur bewusst werden, wird die Auswirkung dessen, obwohl sie noch so subtil sein mag, schließlich überwiegen und die emotionale Atmosphäre versüßen. Die Menschen folgen ihren
Führern. Wenn unter diesen auch nur einige sind, großzügig in Herz und Verstand und absolut frei von der Selbstsucht, dann wird allein ihr Einfluss ausreichen, um die Grausamkeiten und Verbrechen der heutigen Zeit zu verhindern. Ein neues goldenes Zeitalter könnte kommen, eine Zeitlang andauern und schließlich an seiner eigenen Vollkommenheit zugrunde gehen. Denn die Ebbe beginnt, wenn die Flut ihren höchsten Stand erreicht hat. Frage: Gibt es nicht so etwas wie permanente Vollkommenheit? Maharaj: Ja, das gibt es, aber sie beinhaltet all die Unvollkommenheit. Es ist die Vollkommenheit unserer Selbst-Natur, die alles möglich, wahrnehmbar und interessant macht. Sie kennt kein Leiden, da sie keine Vorlieben oder Abneigungen hat; weder akzeptiert noch zurückweist. Schöpfung und Zerstörung sind die beiden Pole, zwischen denen sie ihr immerwährendes Muster webt. Seien Sie frei von Vorlieben und Voreingenommenheiten, und der Verstand mit seinen Sorgenlasten wird nicht mehr da sein. Frage: Aber nicht nur ich allein leide. Da sind noch andere. Maharaj: Wenn Sie mit all Ihren Wünschen und Ängsten zu ihnen gehen, werden Sie ihre Sorgen nur noch vermehren. Seien Sie erst frei von Ihrem eigenen Leiden – dann können Sie daran denken, wie Sie anderen helfen. Sie brauchen sich dies nicht einmal zu wünschen, denn schon allein Ihre Existenz wird für die Mitmenschen dann die allergrößte Hilfe sein, die Sie ihnen geben können.
Leben, nicht phantasieren Frage: Sie sagen immer, dass alles, was Sie sehen, Sie selbst sind. Sie geben außerdem zu, dass Sie die Welt ebenso wie wir sehen. Hier habe ich die Zeitung von heute mit all dem Schrecken, der vor sich geht. Da die Welt angeblich Sie selbst ist – wie können Sie uns dann diese Entgleisungen erklären? Maharaj: Von welcher Welt reden Sie? Frage: Von unserer gemeinsamen Welt, in der wir leben. Maharaj: Sind Sie denn sicher, dass wir in derselben Welt leben? Ich rede dabei nicht von der Natur, dem Meer und den Kontinenten, Pflanzen und Tieren. Weder sind diese das Problem, noch sind es der unbegrenzte Raum, die unendliche Zeit und die unerschöpfliche Energie. Lassen Sie sich von meinem Essen und Trinken, meinem Lesen und Sprechen nicht irreführen. Mein Verstand ist nicht hier; mein Leben ist nicht hier. Ihre Welt, voll von Wünschen und deren Erfüllung, von Ängsten und dem Entkommen davor, ist definitiv nicht meine Welt. Ich nehme sie nicht einmal wahr mit Ausnahme dessen, was Sie mir darüber erzählen. Es ist Ihr privater Traum in Ihrer privaten Traumwelt. Meine einzige Antwort darauf ist Sie aufzufordern, aufzuhören zu träumen. Frage: Kriege und Aufstände sind ganz gewiss keine Träume. Kranke Mütter und hungernde Kinder sind keine Träume. Reichtum, Wahnsinn und Missbrauch sind kein Traum. Maharaj: Was sonst? Frage: Ein Traum kann nicht gemeinsam erlebt werden. Maharaj: Und wiederum auch nicht der Wachzustand. Alle diese drei Zustände des
Wachens, Träumens und Schlafens, sind subjektiv, persönlich und intim. Sie alle geschehen und sind enthalten innerhalb dieser kleinen Blase im Bewusstsein namens „Ich“. Die wahre Welt liegt jenseits des persönlichen Selbst. Frage: Selbst oder nicht Selbst – die Fakten sprechen für sich. Maharaj: Natürlich sind Fakten wirklich. Ich lebe ja selbst mit ihnen. Sie jedoch leben mit Phantasien, nicht mit Fakten. Fakten stoßen niemals zusammen, während Ihr Leben und Ihre Welt voll von Widersprüchen sind. Der Widerspruch ist der Prüfstein des Unwirklichen – das Wirkliche steht niemals im Widerspruch mit sich selbst. Sie beklagen sich beispielsweise über die Leute, die so arm sind. Und doch teilen Sie nicht Ihren eigenen Reichtum mit ihnen. Sie sorgen sich um den Krieg eine Tür weiter, aber sie würden sich kaum darum kümmern, wenn dies in einem fernen Land geschehen würde. Die wechselnden Geschicke Ihres Egos bestimmen auch Ihre Wertvorstellungen: „Ich denke“, „Ich möchte“, „Ich muss“ machen Sie zu absoluten Werten. Frage: Trotzdem ist doch das Böse real. Maharaj: Nicht realer als Sie selbst sind. Böse ist die falsche Annäherung an Probleme, die allein durch Missverständnisse und Missbrauch erzeugt worden sind. Es ist ein Teufelskreislauf. Frage: Kann dieser Kreislauf durchbrochen werden? Maharaj: Ein irrealer Kreislauf muss nicht durchbrochen wurden. Es genügt, ihn als solchen zu sehen – als inexistent. Frage: Aber existent genug, um uns Würdelosigkeiten und Grausamkeiten zu unterziehen und erleiden zu lassen.
Maharaj: Wahnsinn ist überall. Klarheit ist selten. Doch es gibt Hoffnung, denn sobald wir unseren Wahnsinn erkennen, sind wir auf dem Wege der Besserung. Darin besteht die Aufgabe des Lehrers – uns die Verrücktheit unseres täglichen Lebens vor Augen zu führen. Das Leben macht Sie bewusst, aber der Lehrer macht Sie gewahr. Frage: Sir, Sie sind weder der erste noch werden Sie der letzte sein. Seit unvordenklichen Zeiten sind Menschen in das Wirkliche eingedrungen. Doch wie wenig hat dies unser Leben beeinflusst! Die Ramas und die Krishnas, die Buddhas und die Christus sind gekommen und gegangen, aber wir sind geblieben, die wir waren – watend in Schweiß und Tränen. Was haben die Großen getan, deren Leben wir bezeugt haben? Was haben Sie getan, Sir, um die Hörigkeiten der Welt zu erleichtern? Maharaj: Nur Sie allein können das Böse, dass Sie geschaffen haben, beseitigen. Es ist Ihre eigene versteinerte Selbstsucht, die die Wurzel davon ist. Bringen Sie zuerst Ihr eigenes Haus in Ordnung. Dann werden Sie von selbst feststellen, dass alle Ihre Arbeit getan ist. Frage: All die Männer und Frauen voll von Weisheit und Liebe, die vor uns schon waren, haben sich selbst Geltung zu verschaffen gewusst – oftmals zu einem enorm hohen Preis. Was war das Endergebnis? Ein Shooting Star, wie hell er auch immer leuchten mag, macht die Nacht auch nicht weniger dunkel. Maharaj: Um diese Leute und deren Werk dieser Leute beurteilen zu können, müssen Sie wie diese werden. Ein Frosch in einer Quelle weiß nichts von den Vögeln am Himmel. Frage: Wollen Sie damit sagen, dass es zwischen Gut und Böse keinerlei Trennwand gibt? Maharaj: Es gibt keine Wand, weil es Gut und Böse
überhaupt nicht gibt. In jeder konkreten Situation gibt es stets nur das Nötige und das Unnötige. Das Nötige ist immer richtig, das Nutzlose dagegen stets falsch. Frage: Wer entscheidet das? Maharaj: Die Situation. Jede Situation stellt eine Herausforderung dar, die nach der richtigen Antwort verlangt. Ist die Antwort richtig, dann ist der Herausforderung begegnet worden, und das Problem verschwindet. Ist die Antwort dagegen falsch, dann ist der Herausforderung nicht begegnet worden, und das Problem bleibt ungelöst. Es sind Ihre ungelösten Probleme, die Ihr Karma bestimmen. Lösen Sie sie richtig, und Sie werden frei sein. Frage: Es sieht so aus, als ob Sie es immer wieder schaffen, mich auf mich selbst zurückzuwerfen. Gibt es denn nicht eine objektive Lösung für die Probleme der Welt? Maharaj: Die Probleme der Welt werden von den zahllosen Menschen wie Sie erzeugt, die alle voll von Wünschen und Ängsten sind. Wer kann Sie denn von Ihrer persönlichen und sozialen Vergangenheit befreien, wenn nicht Sie selbst? Und werden Sie denn nicht erst dann tun, wenn Sie die dringende Notwendigkeit zu sehen beginnen, sich zuerst selbst von all Ihren aus der Täuschung geborenen Begierden zu befreien? Wie können Sie denn wahrhaft hilfreich sein, so lange Sie selbst Hilfe benötigen? Frage: Auf welche Weise helfen uns die alten Weisen? Auf welche Weise helfen Sie uns? Einige wenige Individuen profitieren von Ihnen, da ist kein Zweifel. Ihre Führung und Beispiel können viel für sie bedeuten. Aber in welcher Weise berühren Sie die Menschlichkeit, die Gesamtheit des Lebens und Bewusstseins? Sie sagen, dass die Welt Sie sind,
und Sie sind die Welt. Aber welche Wirkung haben Sie auf sie ausgeübt? Maharaj: Welche Art von Wirkung erwarten Sie? Frage: Der Mensch ist dumm, selbstsüchtig und grausam. Maharaj: Der Mensch ist ebenso weise, warmherzig und freundlich. Frage: Warum gibt es so wenig Göttliches? Maharaj: Gibt es ja – in der Welt der Wirklichkeit, in der ich lebe. In meiner Welt ist sogar das, was Sie das Böse nennen, der Diener des Guten und daher notwendig. Es ist wie mit den Geschwüren und Fiebern, die den Körper von Unreinheiten befreien. Krankheit ist schmerzvoll, sogar gefährlich, aber heilt, wenn richtig damit umgegangen wird. Frage: Oder sie tötet. Maharaj: In manchen Fällen ist der Tod die beste Kur. Ein Leben mag schlimmer sein als der Tod, der nur selten trotz aller gegenteiligen Eindrücke eine unerfreuliche Erfahrung ist. Daher sollten Sie stets die Lebenden, aber nie die Toten bedauern. Dieses Problem der Dinge, die gut und böse in sich selbst seien, existiert in meiner Welt nicht. Das Nötige ist gut, das Nutzlose dagegen böse. In Ihrer Welt ist das Erfreuliche gut und das Schmerzliche böse. Frage: Was muss getan werden? Maharaj: Zu wachsen ist erforderlich. Erwachsen zu werden ist erforderlich. Es ist erforderlich, dass Gute zum Wohle des Besseren zu lassen. Frage: Bis zu welchem Ende? Maharaj: Das Ende ist der Anfang. Sie enden dort, wo Sie angefangen haben – im Absoluten. Frage: Weshalb gibt es dann alle diese Schwierigkeiten? Nur um dort wieder anzukommen, wo ich angefangen habe?
Maharaj: Wessen Schwierigkeiten? Wessen Probleme? Bedauern Sie denn den Samen, der wächst und sich vervielfältigt, bis er zu einem mächtigen Wald geworden ist? Töten Sie das Kind, um es vor den Sorgen des Geborenwerdens zu bewahren? Was ist falsch mit dem Leben, mit all diesem Leben? Entfernen Sie die Hindernisse des Wachstums und alle Ihre persönlichen, sozialen, ökonomischen und politischen Probleme werden sich einfach auflösen. Das Universum ist als Ganzes vollkommen, und das Streben seiner Teile nach Vollkommenheit ist ein Weg der Freude. Opfern Sie bereitwillig das Unvollkommene dem Vollkommenen, dann wird es auch keinerlei Reden mehr über das Gute und das Böse geben. Frage: Wir fürchten uns jedoch vor dem Besseren und hängen am Schlechteren. Maharaj: Darin besteht unsere Dummheit, die schließlich in Wahnsinn übergeht.
Materie ist Bewusstsein Frage: Ich war so glücklich, mein ganzes Leben über die Gesellschaft von Heiligen gehabt zu haben. Genügt dies, um zur Selbst-Verwirklichung zu gelangen? Maharaj: Es hängt davon ab, was Sie daraus machen. Frage: Ich habe gehört, dass der befreiende Akt von Satsang automatisch erfolgt. So wie der Fluss zur Flussmündung trägt, so trägt mich der subtile und stille Einfluss guter Menschen zur Wirklichkeit. Maharaj: Er trägt Sie zum Fluss – Überqueren müssen Sie ihn jedoch selbst. Die Freiheit kann weder erlangt noch behalten werden ohne den Willen zur Freiheit. Für die Befreiung müssen Sie kämpfen – das Mindeste, was Sie tun müssen, ist, eifrig nach den Hindernissen zu suchen und diese zu beseitigen. Wenn Sie den Frieden wollen, dann müssen Sie dafür kämpfen. Sie werden Frieden nicht einfach dadurch Erlangen, dass Sie still sind. Frage: Ein Kind wächst auf. Weder plant es sein Wachstum noch hat es eine Voreingenommenheit, und es wächst auch nicht bruchstückhaft - eine Hand hier, ein Bein da. Es wächst ganzheitlich und unbewusst. Maharaj: Weil es frei von der Imagination ist. Auch Sie können auf dieselbe Art und Weise wachsen, wenn Sie sich nicht in Berechnungen und Pläne, geboren aus der Erinnerung und der Erwartung, verwickeln. Eine der Eigentümlichkeiten des Jnani besteht darin, dass er sich nicht um die Zukunft sorgt. Ihre Sorge um die Zukunft ist ihrer Furcht vor dem Schmerz und dem Verlangen nach Genüssen geschuldet, während für den Jnani alles Seligkeit ist – er ist glücklich mit allem, was passieren mag.
Frage: Es gibt doch aber gewiss eine Menge Dinge, die auch für den Jnani unerfreulich wären. Maharaj: Ein Jnani stößt vielleicht auf Schwierigkeiten, aber sie machen ihn nicht leiden. Ein Kind großzuziehen, von der Geburt bis zum Erwachsenwerden, mag als eine harte Aufgabe erscheinen, aber für eine Mutter sind die Erinnerung an die Härten Anlass zur Freude. Mit der Welt ist nichts falsch. Falsch ist nur die Art und Weise, in der Sie sie betrachten. Ihre eigene Vorstellungskraft führt Sie in die Irre. Ohne Vorstellungskraft gäbe es keine Welt. Es ist Ihre Überzeugung, dass Sie sich einer Welt bewusst seien, die die Welt ist. Die von Ihnen wahrgenommene Welt besteht aus Bewusstsein - was Sie Materie nennen, ist ebenfalls nur Bewusstsein. Sie selbst sind der Raum (akash), in der diese sich bewegt; die Zeit, in der sie andauert, und die Liebe, die sie dem Leben verleiht. Legen Sie die Imagination und die Anhaftungen ab – was bleibt übrig? Frage: Die Welt bleibt - ich bleibe. Maharaj: Ja. Aber wie anders sieht die Sache aus, wenn Sie sie sehen können, wie sie ist - ohne die Leinwand von Wunsch und Furcht. Frage: Was ist mit all diesen Unterscheidungen von Realität und Illusion, Weisheit und Unwissenheit, Heiliger und Sünder? Jeder ist auf der Suche nach dem Glück, jeder kämpft verzweifelt, jeder ist ein Yogi und sein Leben eine Schule der Weisheit. Jeder lernt nur diejenigen Lektionen, derer er bedarf. Die Gesellschaft billigt einige davon, andere wiederum nicht. Es gibt keinerlei Regeln, die sich zu jeder Zeit und überall anwenden ließen. Maharaj: In meiner Welt ist nur Liebe das einzige Gesetz. Ich frage nicht nach Liebe – ich gebe sie. Das ist meine Natur. Frage: Ich sehe Sie ein alltägliches, von
Gewohnheiten bestimmtes Leben führen. Sie leiten eine Meditationsklasse am Morgen, lesen und haben regelmäßige Diskussionsveranstaltungen, zweimal täglich machen Sie Gottesdienst (puja) und singen (religiöse Lieder; bhajan) am Abend. Sie scheinen alle diese Gewohnheiten gewissenhaft zu befolgen. Maharaj: Gottesdienst und Singen war schon immer meine Gewohnheit, und ich habe nie einen Grund gesehen, damit aufzuhören. Die Aufgaben des Alltags entstammen den Wünschen der Menschen, mit denen ich umständehalber zusammenlebe oder die hierherkommen, um mir zuzuhören. Es gibt viele berufstätige Leute mit vielen Verpflichtungen – die Zeiteinteilung ist für ihre Bedürfnisse gemacht. Manche Routine ist unvermeidbar. Sogar Tiere und Pflanzen haben ihre festen Zeiteinteilungen. Frage: Ja, überall im Leben erkennen wir einen geregelten Ablauf. Aber wer erhält sie am Leben? Gibt es einen inneren Ordner? Wer legt die Gesetze nieder und erzwingt deren Durchsetzung? Maharaj: Alles bewegt sich entsprechend seine Natur. Wo sollte die Notwendigkeit für einen Polizisten bestehen? Jede Aktion erzeugt eine Gegenaktion, die die ursprüngliche Aktion ausbalanciert und aufhebt. Alles geschieht einfach, aber es gibt stets ein beständiges Aufheben all dessen, und am Ende schließlich ist alles so, als wäre niemals etwas geschehen. Frage: Trösten Sie mich nicht mit Vorstellungen von Endzeit-Harmonien. Unter dem Strich wird die Summe größer, aber der Verlust geht auf meine Rechnung. Maharaj: Warten Sie ab und sehen Sie selbst. Vielleicht bekommen Sie zum Schluss einen Gewinn, der groß genug sein wird, um Sie für alle Ihre Auslagen zu entschädigen.
Frage: Hinter mir liegt ein langes Leben, und ich frage mich oft, ob die vielen Ereignisse darin zufällig oder nach einem Plan stattgefunden haben. Gab es vor meiner Geburt irgendeine Zielsetzung für das Leben, so wie ich es leben sollte? Falls ja - wer hat diesen Plan gemacht, und wer setzte ihn durch? Kann es darin Verirrungen und Fehler gegeben haben? Manche sagen, das Schicksal sei unwandelbar, und jede Sekunde des Lebens sei vorherbestimmt. Andere sagen wiederum, dass alles nur durch reinen Zufall bestimmt sei. Maharaj: Sie können es sehen, wie Sie möchten. Sie können in Ihrem Leben einen Plan oder bloß eine Kette von Zufällen sehen. Erklärungen dienen nur zur Unterhaltung des Verstandes. Sie müssen nicht der Wahrheit entsprechen. Die Wirklichkeit ist undefinierbar und unbeschreibbar. Frage: Sir, Sie weichen meiner Frage aus! Ich möchte wissen, wie ich die Dinge verstehen soll. Wo immer wir auch hinschauen, finden wir Strukturen unglaublicher Intelligenz und Schönheit. Wie kann ich annehmen, dass das Universum formlos und chaotisch sei? Ihre Welt, die Welt, in der Sie leben, mag formlos sein, aber sie muss nicht auch chaotisch sein. Maharaj: Das objektive Universum hat Struktur, ist geordnet und herrlich. Niemand kann dies leugnen. Struktur und Plan jedoch beinhalten Beschränkung und Zwang. Meine Welt ist absolut frei - alles darin ist selbst-bestimmt. Daher bleibe ich dabei zu sagen, dass alles allein durch sich selbst geschieht. Auch in meiner Welt gibt es jedoch eine Ordnung sie ist jedoch nicht von außerhalb auferlegt. Sie entsteht spontan und im Moment, da sie zeitlos ist. Vollkommenheit ist nicht in der Zukunft. Sie ist jetzt. Frage: Trifft Ihre Welt auf die meine? Maharaj: Nur an einem einzigen Punkt - am Punkt
des Jetzt. Er gibt ihr ihr momentanes Sein – einen fließenden Sinn von Realität. Im vollem Gewahrsein wird der Kontakt hergestellt. Er erfordert müheloses, nicht-selbst-bewusste Aufmerksamkeit. Frage: Ist Aufmerksamkeit nicht eine Eigenschaft des Verstandes? Maharaj: Ja, sofern der Verstand eifrig nach der Wirklichkeit sucht – dann sorgt er auch für die Aufmerksamkeit. Mit Ihrer Welt ist nichts falsch –nur Ihr Denken über sich selbst ist falsch, dass Sie getrennt davon sind – dadurch wird die Unordnung erzeugt. Die Selbstsucht ist die Quelle alles Bösen. Frage: Ich komme noch einmal auf meine Frage zurück. Bevor ich geboren wurde – war es da mein inneres Selbst, dass alle Einzelheiten meines Lebens festlegte, oder wurde dies gänzlich durch Zufälle und durch die Gnade von Erbe und Umständen bestimmt? Maharaj: Diejenigen, die behaupten, sich ihren Vater und ihre Mutter selbst ausgesucht zu haben, und die Entscheidungen darüber treffen, wie sie ihr nächstes Leben zu verbringen gedenken, werden sich diese Frage selbst beantworten müssen. Ich für mich selbst weiß. Ich wurde niemals geboren. Frage: Ich sehe Sie aber vor mir sitzen und meine Fragen beantworten. Maharaj: Sie sehen nur den Körper, der natürlich geboren wurde und sterben wird. Frage: Es ist die Lebensgeschichte dieses KörperVerstandes, die mich interessiert. Ist sie irgendwie von Ihnen oder jemand anderes vorausgeplant worden, oder ist sie zufällig entstanden? Maharaj: In Ihrer Frage gibt es einen Haken. Ich selber mache nie einen Unterschied zwischen dem Körper und dem Universum. Jeder ist die Ursache des anderen; jeder IST in Wahrheit der andere. Ich
jedoch bin jenseits von all dem. Wenn ich Ihnen doch sage, dass ich niemals geboren wurde weshalb fragen Sie mich dann, worin meine Vorbereitungen für meine nächste Geburt bestehen? Im selben Moment, in dem Sie ihrer Vorstellungskraft freien Lauf lassen, ersinnt sie ein ganzes Universum. Es ist einfach so, dass Sie Vorstellungen entwickeln, während ich selbst nicht an Ihre Vorstellungen gebunden bin. Frage: Die Erschaffung und das Leben des Körpers erfordert Intelligenz und Energie. Von wo kommt das? Maharaj: Es gibt nur die Vorstellungskraft. Die Intelligenz und die Macht sind zusammen in Ihrer Vorstellung enthalten. Sie sind so komplett von ihr absorbiert, dass Sie einfach nicht erfassen können, wie weit Sie von der Wirklichkeit entfernt haben. Ohne jeden Zweifel ist die Vorstellungskraft extrem kreativ. Sie erschafft Universen auf Universen. Doch sind sie sämtlich in Zeit und Raum, Vergangenheit und Zukunft enthalten, die einfach nicht existieren. Frage: Neulich habe ich einen Bericht über ein kleines Mädchen gelesen, das in ihrer Kindheit grausam behandelt worden ist. Sie wurde schwer verstümmelt und verunstaltet, und wuchs in einem Waisenhaus auf, wobei man sie völlig getrennt von der Umgebung hielt. Das kleine Mädchen war still und gehorsam, aber völlig indifferent. Eine der Schwestern, die sich um das Kind kümmerte, war überzeugt, dass es nicht mental zurückgeblieben, sondern einfach unansprechbar, in sich selbst zurückgezogen war. Ein Psychoanalytiker wurde hinzugezogen, der sich des Falls annahm. Zwei Jahre lang traf er das Kind einmal die Woche und versuchte, die Mauer der Isolation zu durchbrechen. Sie benahm sich fügsam und wohlerzogen, beachtete ihren Arzt aber nicht. Er brachte ihr ein Puppenhaus mit Zimmern und beweglichen Möbeln
und Puppen, die Vater, Mutter und Kinder darstellten. Das erzielte ein Resultat, denn das Mädchen schien sich zu interessieren. Eines Tages kamen die alten Wunden aber wieder an die Oberfläche. Sie erholte sich schrittweise. Eine Reihe von Operationen gaben ihr ihr Gesicht und ihren Körper zurück. Schließlich wuchs sie zu einer aktiven und attraktiven jungen Frau auf. Es kostete den Doktor mehr als fünf Jahre, aber schließlich war die Arbeit doch erfolgreich. Er war wahrhaftig ein echter Guru! Weder verlangte er etwas noch stellt er seine Hilfsbereitschaft und Vorzüge heraus. Ohne Zuversicht und ohne Hoffnung, nur mit Liebe begann er die Arbeit wieder und wieder. Maharaj: Ja, das ist die Natur eines Guru. Er gibt niemals auf. Um aber erfolgreich sein zu können, darf man ihm nicht zuviel Widerstand entgegensetzen. Zweifel und Ungehorsam verzögern die Sache zwangsläufig. Sobald Vertrauen und Entgegenkommen vorhanden sind, kann er jedoch im Schüler rasch einen radikalen Wandel bewirken. Beides wird benötigt: Das tiefe Verständnis des Guru und die Ernsthaftigkeit des Schülers. Was auch immer ihre Verfassung gewesen sein mag – das Mädchen in Ihrer Geschichte litt offensichtlich am Mangel an Ernsthaftigkeit in den Menschen. Die Schwierigsten von allen sind die Intellektuellen. Sie reden viel, sind aber nicht ernsthaft. Was Sie Verwirklichung nennen, ist eine ganz natürliche Angelegenheit. Sobald Sie bereit sind, erwartet Sie Ihr Guru. Sadhana ist mühelos. Sobald die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Lehrer stimmt, beginnen Sie zu wachsen. Vertrauen in ihn ist alles. Er kann Sie nicht in die Irre führen. Frage: Auch dann nicht, wenn er mich zu etwas offensichtlich Falschem auffordert? Maharaj: Tun sie es. Ein Sanyasi wurde von
seinem Guru gebeten, zu heiraten. Er gehorchte und litt bitterlich. Seine vier Kinder jedoch wurden alle Heilige und Seher – die Größten im Maharashtra. Seien Sie glücklich mit allem, was auch immer von Ihrem Guru kommt, und Sie werden ohne Kampf zur Vollkommenheit heranwachsen. Frage: Sir, haben Sie vielleicht irgendwelche Wünsche oder Erwartungen? Kann ich etwas für Sie tun? Maharaj: Was können Sie mir geben, was ich nicht habe? Materielle Dinge sind notwendig zur Zufriedenheit. Ich jedoch bin zufrieden mit mir selbst. Was brauche ich noch? Frage: Nun, wenn Sie hungrig sind, dann benötigen Sie doch gewiss Nahrung, und wenn Sie krank sind, dann Medizin. Maharaj: Der Hunger sorgt für die Nahrung und die Krankheit für die Medizin. Alles ist die Arbeit der Natur. Frage: Wenn ich Ihnen etwas bringe, von dem ich glaube, dass Sie es brauchen – werden Sie es dann annehmen? Maharaj: Die Liebe, mit der Sie es anbieten, wird mich veranlassen, es anzunehmen. Frage: Und wenn Ihnen jemand anbieten würde, Ihnen einen schönen Ashram zu bauen? Maharaj: Lassen Sie ihn dies unbedingt tun. Lassen Sie ihn dafür ein Vermögen ausgeben und Hunderte beschäftigen und Tausenden Nahrung geben. Frage: Wäre es nicht ein Wunsch? Maharaj: Überhaupt nicht. Ich würde ihn nur bitten, dies richtig zu tun; nicht gleichgültig, halbherzig. Er erfüllt nur seinen eigenen Wunsch, nicht meinen. Lassen Sie ihn dies gut tun und berühmt unter den Menschen und Göttern werden.
Frage: Aber würden Sie selbst es wollen? Maharaj: Nein, ich würde es selbst nicht wollen. Frage: Würden Sie es akzeptieren? Maharaj: Ich würde es nicht brauchen. Frage: Würden Sie dorthin kommen? Maharaj: Falls man mich dazu verlockt. Frage: Was könnte Sie verlocken? Maharaj: Die Liebe derjenigen, die nach dem Licht suchen. Frage: Ja, ich kann Sie jetzt verstehen. Wie kann ich nun in den Samadhi kommen? Maharaj: Wenn Sie sich im richtigen Zustand befinden, wird alles, was Sie sehen, Sie in Samadhi versetzen. Schließlich ist Samadhi nichts ungewöhnliches. Wenn der Verstand intensiv an etwas interessiert ist, dann wird er mit dem Objekt des Interesses eins – der Seher und das Gesehene werden eins im Sehen, der Hörer und das Gehörte werden eins im Hören, und der Liebende und das Geliebte werden eins im Lieben. Jede Erfahrung kann die Grundlage für Samadhi werden. Frage: Sind Sie immer im Zustand des Samadhi? Maharaj: Gewiss ist Samadhi kein Zustand des Verstandes. Ich bin jenseits jeder Erfahrung, sogar derjenigen des Samadhi. Ich bin der große Verschlinger und Zerstörer - was immer ich berühre, löst sich in Nichts (akasha) auf. Frage: Ich brauche Samadhis für die Selbstverwirklichung. Maharaj: Sie haben all die Selbstverwirklichung, derer Sie bedürfen, aber Sie vertrauen ihr nicht. Haben Sie Mut, vertrauen Sie sich selbst; gehen, sprechen, handeln Sie; geben Sie ihr eine Chance, sich zu erweisen. Bei einigen kommt die Verwirklichung unmerklich, und sie benötigen dann
irgendwie die Überzeugtheit davon. Sie haben sich verwandelt, aber sie bemerken es nicht. Unspektakuläre Fälle dieser Art sind oft die stabilsten. Frage: Kann man sich selbst für verwirklicht halten und sich irren? Maharaj: Natürlich. Die Idee „Ich bin selbstverwirklicht“ ist selbst der Fehler. Es gibt kein „Ich bin dies“ oder „Ich bin das“ im natürlichen Zustand.
Im Höchsten erscheint der Zeuge Frage: Vor etwa vierzig Jahren sagte J. Krishnamurti, dass es nur Leben gäbe und sämtliche Reden all der Persönlichkeiten und Individualitäten keinerlei Grundlage in der Realität hätten. Er versuchte dabei nicht das Leben zu beschreiben – er sagte einfach nur, dass Leben nicht beschrieben werden kann und muss. Es kann voll erfahren werden, wenn die Hindernisse, es zu erfahren, beseitigt würden. Das Haupthindernis besteht in unserer Idee von der Zeit wie in unserer Anhaftung daran; in unserer Gewohnheit, aus der Vergangenheit heraus eine Zukunft erschaffen zu wollen. Unter dem Strich besteht die Summe der Vergangenheit im „Ich war“, während die Hoffnung der Zukunft dann zu „Ich sollte sein“ wird. Das Leben wäre dann eine beständige Bemühung, vom „Ich war“ zum „Ich sollte sein“ hinüberzuwechseln. Der gegenwärtige Moment, das „Jetzt“, wird aus den Augen verloren. Maharaj spricht vom „Ich bin“. Es ist ebenso eine Illusion wie „Ich war“ oder „Ich sollte sein“. Oder sollte daran irgendetwas Reales sein? Und falls das „Ich bin“ auch eine Illusion sein sollte, wie kann man sich dann davon befreien? Die Wahrnehmung des „Ich bin frei“ am „Ich bin“ ist doch eine Absurdität. Ist denn irgendetwas Reales, Dauerhaftes, am „Ich bin“ im Unterschied zum „Ich war“ oder „Ich werde sein“, die alle mit der Zeit sich wandeln, indem die Erinnerungen neue Erwartungen erzeugen? Maharaj: Das gegenwärtige „Ich bin“ ist ebenso unecht wie das „Ich war“ oder „Ich werde sein“. Es ist nur eine Idee im Verstand; ein Eindruck, der von der Erinnerung hinterlassen wird, während das Gefühl der separaten Identität, die es erzeugt, falsch ist. Diese Gewohnheit, sich auf ein solches falsches Wahrnehmungszentrum zu beziehen, muss
verschwinden. Die Wahrnehmung „Ich sehe“, „Ich denke“, „Ich handele“ muss aus dem Feld des Bewusstseins verschwinden. Was dann verbleibt, wenn das Falsche nicht länger ist, ist das Reale. Frage: Wie steht es mit dieser großen Debatte über die Beseitigung des Ego? Wie kann das Ego sich selbst beseitigen? Welche Art von metaphysischer Akrobatik kann das Verschwinden des Akrobaten bewirken? Am Ende taucht er ja doch wieder auf – vielleicht sogar mächtig stolz auf sein Verschwinden. Maharaj: Sie brauchen nicht das „Ich bin“ zu jagen, um es zu töten. Sie können es auch gar nicht. Alles dessen Sie bedürfen, ist das ernsthafte Verlangen nach dem Wahren. Wir nennen dies Atma-Bhakti, die Liebe zum Höchsten, oder MokshaSankalpa, die Entschlossenheit, frei vom Falschen werden zu wollen. Ohne Liebe und durch Liebe inspirierten Willen kann nichts getan werden. Das bloße Reden über die Wirklichkeit, ohne etwas dazu zu tun, ist nur Selbsttäuschung. In der Beziehung zwischen der Person, die „Ich bin“ sagt, und dem Beobachter des „Ich bin“ muss es Liebe geben. So lange der Beobachter, das innere, das „höhere“ Selbst, sich selbst für getrennt vom Beobachteten, dem „niederen“ Selbst hält und dieses verschmäht und verdammt, ist die Situation hoffnungslos. Wenn der Beobachter (vyakta) die Person (vyakti) als eine Projektion oder Manifestation von sich selbst akzeptiert und auf diese Weise sozusagen das Selbst ins Selbst hineinträgt, verschwindet die Dualität des „Ich“ und „dies“, und in der Identität des Innern und Äußern manifestiert sich die Höchste Wirklichkeit. Diese Gemeinschaft vom Seher und dem Gesehenen geschieht dann, wenn der Seher seiner selbst als des Sehers bewusst wird. Er ist dann nicht einfach nur am Gesehenen interessiert ist, das er
ohnehin auch ist, sondern auch interessiert daran, interessiert zu sein, der Achtsamkeit Achtsamkeit zu geben, gewahr des Gewahrseins zu sein. Das leidenschaftliche Gewahrsein ist der kritische Faktor, der die Wirklichkeit in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Frage: Laut den Theosophen und den mit ihnen verbündeten Okkultisten besteht der Mensch aus drei Aspekten: Der Persönlichkeit, der Individualität und der Spiritualität. Jenseits der Spiritualität liegt die Göttlichkeit. Der Persönlichkeit ist das rein Zeitliche und als solches nur für die Dauer dieser menschlichen Geburt von Belang. Sie beginnt mit der Geburt des Körpers und endet mit der Geburt des nächsten Körpers. Einmal vorbei, ist sie für nichts mehr gut – es bleibt nichts als einige wenige süße oder auch bittere Erfahrungen. Die Individualität beginnt mit dem animalischen Menschen und endet mit dem vollständigen Menschen. Für unsere Zeit ist der Bruch zwischen der Persönlichkeit und der Individualität charakteristisch. Auf der einen Seite ist die Individualität mit ihrem Verlangen nach dem Wahren, Schönen und Guten, während sich auf der anderen Seite der hässliche Streit zwischen Gewohnheit und Ehrgeiz, Furcht und Gier, Passivität und Gewalttätigkeit findet. Der spirituelle Aspekt befindet sich noch in der Schwebe. Selbst kann er sich in einer Atmosphäre der Dualität nicht manifestieren. Erst dann, wenn die Persönlichkeit mit der Individualität wiedervereinigt wird und zu einem vielleicht begrenzten, aber echten Ausdruck dieser gelangt ist, können das Licht, die Liebe und die Schönheit des Spirituellen zu ihrem Recht kommen. Sie lehren vyakti, vyakta und avyakta (Beobachter, Beobachtetes und Mittel der
Beobachtung). Entsprechen diese der anderen Sichtweise? Maharaj: Ja, wenn der vyakti seine eigene Unwirklichkeit in der Trennung von vyakta erkennt und vyakta vyakti als seinen eigenen Ausdruck versteht, dann werden der Friede und die Stille des avyakta-Zustandes real. In Wahrheit sind die dreien eines: vyakta und avyakta sind untrennbar, während vyakti der Apparat des FühlensEmpfindens-Denkens ist, der sich auf den aus den fünf Elementen bestehenden Körper stützt. Frage: Worin besteht die Beziehung zwischen vyakta und avyakta? Maharaj: Wie kann es eine Beziehung geben, wenn sie eins sind? Alles Reden über die Trennung und die Beziehungen ist auf den verwirrenden und irritierenden Einfluss der Idee „Ich bin der Körper“ zurückzuführen. Das äußere Selbst (vyakti) ist lediglich eine Projektion des Körper-Verstandes vom inneren Selbst (vyakta), welches wiederum nur ein Ausdruck des Höchsten Selbst (avyakta) darstellt, welches alles dieses und gleichzeitig nichts ist. Frage: Es gibt Lehrer, die nicht vom höheren und niederen Selbst sprechen. Sie sprechen so vom Menschen, als ob nur das niedere Selbst existiere. Weder Buddha noch Christus erwähnten jemals ein höheres Selbst. J. Krishnamurty schien sich ebenfalls zu scheuen, vom höheren Selbst zu sprechen. Was mögen die Gründe sein? Maharaj: Wie kann es zwei Selbste in einem Körper geben? Das „Ich bin“ ist eines. Es gibt kein „höheres Ich-bin“ und „niederes Ich-bin“. Sämtliche Zustände des Verstandes gelangen ins Gewahrsein – dann findet eine Selbst-Identifizierung damit statt. Die Objekte der Beobachtung sind nicht das, als was sie erscheinen, und die Haltung, mit der wir an sie herantreten, ist nicht unbedingt die richtige. Falls
Sie glauben, dass Buddha, Jesus oder Krishnamurti zur Person gesprochen haben, dann sind Sie im Irrtum. Sie wussten sehr gut, dass vyakti, das äußere Selbst, nichts als ein Schatten von vyakta, dem inneren Selbst, ist. Sie wendeten sich ausdrücklich nur an vyakta. Sie wiesen es darauf hin, Acht zugeben auf das äußere Selbst, um es zu leiten und zu führen, um sich für es verantwortlich zu fühlen; kurz gesagt, sich seiner voll gewahr zu sein. Das Gewahrsein stammt aus dem Höchsten und durchdringt das innere Selbst, während das so genannte äußere Selbst nur derjenige Teil des Seins eines Menschen ist, dessen er sich nicht gewahr ist. Man kann zwar bewusst sein, da ja alles letztlich Bewusstsein ist, aber man muss nicht auch gewahr sein. Was ins Gewahrsein genommen wird, wird zum Inneren und nimmt an diesem Inneren teil. Sie können es auch anders ausdrücken: Das äußere Selbst wird durch den Körper definiert, das Bewusstsein durch das innere Selbst, und im reinen Gewahrsein wird Kontakt mit dem Höchsten aufgenommen. Frage: Sie sagten, dass das äußere Selbst durch den Körper definiert wird. Da Sie einen Körper haben, haben Sie demnach also auch ein äußeres Selbst? Maharaj: Ich würde, wenn ich mich an den Körper gebunden fühlte und ihn mit mir selbst verwechseln würde. Frage: Sie sind demnach seiner einfach nur gewahr und beachten seine Bedürfnisse. Maharaj: Das Gegenteil ist eigentlich wahrer – der Körper kennt mich und ist meiner Bedürfnisse gewahr. Jedoch weder das eine noch das andere ist wirklich so, wie es scheint. Dieser Körper erscheint in Ihrem Gemüt, während in meinem Gemüt dagegen nichts dergleichen existiert.
Frage: Meinen Sie damit, dass Sie gänzlich unbewusst sind, einen Körper zu haben? Maharaj: Im Gegenteil, ich bin bewusst, keinen Körper zu haben. Frage: Aber ich sehe Sie rauchen? Maharaj: So ist’s – Sie sehen mich rauchen. Finden Sie für sich selbst heraus, wie es geschehen konnte, dass Sie mich Rauchen sehen – dann werden Sie sehr leicht erkennen, dass es Ihr Bewusstseinszustand des „Ich bin der Körper“ ist, der für diese Idee „ich sehe Sie Rauchen“ verantwortlich ist. Frage: Da ist der Körper und da bin ich. Den Körper kenne ich. Aber was bin ich dann? Maharaj: Es gibt weder ein vom Körper noch von der Welt getrenntes „Ich“. Alle drei tauchen gemeinsam auf und verschwinden auch gemeinsam wieder. An der Wurzel von allem befindet sich das Gefühl von „Ich bin“. Gehen Sie darüber hinaus. Die Idee „Ich bin nicht der Körper“ ist nur ein Gegengift für die Idee „Ich bin der Körper“, die falsch ist. Was ist dieses „Ich bin“? So lange Sie sich selbst nicht kennen – was können Sie dann schon wissen? Frage: Aus dem, was Sie sagen, schlussfolgere ich, dass es ohne den Körper keine Befreiung geben kann. Wenn die Idee „Ich bin nicht der Körper“ zur Befreiung führt, dann ist die Anwesenheit des Körpers wesentlich. Maharaj: Ganz richtig. Wie könnte die Idee „Ich bin nicht der Körper“ ohne die Anwesenheit des Körpers einen Sinn haben? Die Idee „Ich bin frei“ ist ebenso falsch wie die Idee „Ich bin gebunden“. Erforschen Sie das „Ich bin“, das beiden gemeinsam ist, und gehen Sie dann darüber hinaus. Frage: Alles ist nur ein Traum. Maharaj: Alles sind nur Worte - wozu könnten Sie
Ihnen nützen? Sie haben sich in das Spinnennetz rein verbaler Definitionen und Formulierungen verfangen. Gehen Sie über Ihre Konzepte und Ideen hinaus – wenn Gedanken und Wünsche gestillt sind, wird die Wahrheit gefunden. Frage: Man soll sich also erinnern, nicht zu erinnern – wie verrückt! Maharaj: Natürlich kann dies nicht getan werden – es muss geschehen! Und es geschieht dann, wenn Sie wahrhaftig die Notwendigkeit dazu einsehen. Und noch einmal: Ernsthaftigkeit ist der goldene Schlüssel. Frage: Irgendwo in meinem Gemüt ist eine Biene, die die ganze Zeit summt. Zahlreiche Gedanken schwirren in mir hin und her, während diese formlose Wolke die ganze Zeit in mir ist. Ist das bei Ihnen auch so? Was passiert in Ihrem Hinterstübchen? Maharaj: Wo es kein Gemüt gibt, gibt es auch kein Hinterstübchen. Ich bin stets in der Vorder-, nicht in einer Hinterstube. Die Leere spricht, die Leere bleibt. Frage: Gibt es denn keine Erinnerungen an etwas? Maharaj: Keine Erinnerungen an vergangene Freuden oder Schmerzen verbleiben. Jeder einzelne Moment ist wie neugeboren. Frage: Ohne Erinnerung kann man doch nicht bewusst sein. Maharaj: Gewiss bin ich voll bewusst und dessen voll gewahr. Ich bin schließlich kein Holzklotz! Vergleichen Sie einmal das Bewusstsein und dessen Inhalt mit einer Wolke. Sie befinden sich innerhalb dieser Wolke, während ich von außen auf sie schaue. Sie fühlen sich darin verloren und sehen kaum die Hand vor Augen, während ich die Wolke sehe und auch noch viele andere, ebenso auch den
blauen Himmel, die Sonne, den Mond und die Sterne. Für uns beide ist die Wirklichkeit gleich, während sie jedoch für Sie ein Gefängnis und für mich mein Zuhause ist. Frage: Sie sprachen von der Person (vyakti), dem Zeugen (vyakta) und dem Höchsten (avyakta). Was kommt zuerst? Maharaj: Im Höchsten taucht der Zeuge auf. Der Zeuge erschafft die Person und denkt sich selbst als von dieser getrennt. Der Zeuge sieht, dass die Person im Bewusstsein erscheint, das wiederum im Zeugen erscheint. Diese Verwirklichung der grundlegenden Einheit ist das Wirken des Höchsten. Es ist die Macht hinter dem Zeugen - die Quelle, aus der alles entstammt. Sie kann so lange nicht kontaktiert werden, bis es nicht eine Einheit, Liebe und eine wechselseitige Hilfe zwischen der Person und dem Zeugen gibt; so lange das Tun nicht in Harmonie mit dem Sein und dem Gewussten ist. Das Höchste ist sowohl die Quelle als auch die Frucht dieser Harmonie. Wenn ich zu Ihnen spreche, dann befinde ich mich in einem Zustand von losgelöster, aber leidenschaftlichen Gewahrsein (turiya). Wenn sich dieses Gewahrsein seiner selbst bewusst wird, dann können Sie es den Höchsten Zustand (turiyatita) nennen. Die fundamentale Wirklichkeit jedoch ist jenseits des Gewahrseins jenseits der drei Zustände des Werdens, des Seins und des Nicht-Seins. Frage: Wie kommt es nur, dass mein Verstand hier sich mit den hohen Fragen befasst und das Verharren bei ihnen einfach und erfreulich findet. Wenn ich dann nach Hause zurückkehre, dann sehe ich, dass ich alles Gelernte vergessen habe, mich sorge und gereizt bin, und mich meiner wahre Natur nicht einmal für einen Augenblick erinnern kann. Was ist wohl die Ursache davon? Maharaj: Sie kehren in dem Moment zu Ihrer
Kindhaftigkeit zurück. Sie sind noch nicht ganz erwachsen – es gibt noch Ebenen in Ihnen, die aufgrund mangelnder Pflege unentwickelt sind. Geben Sie dem in Ihnen, was noch roh und unbearbeitet, unvernünftig und unfreundlich, also kindlich ist, Ihre volle Aufmerksamkeit. So werden Sie schließlich reifen. Die Reife des Herzens und des Verstandes ist wesentlich. Sie kommt ohne jede Anstrengung, sobald das Haupthindernis beseitigt ist – mangelnde Aufmerksamkeit, mangelndes Gewahrsein. Im Gewahrsein beginnen Sie zu wachsen.
Das Gefühl der Täterschaft bedeutet Bindung Frage: Wir haben einige Zeit im Satya Sai Baba Ashram gelebt. Außerdem haben wir zwei Monate im Sri Ramanashram in Tiruvannamalai verbracht. Jetzt sind wir im Begriff, die Rückreise in die Vereinigten Staaten anzutreten. Maharaj: Hat Indien Sie verändert? Frage: Wir haben das Gefühl, unsere Last verloren zu haben. Sri Satya Sai Baba erklärte uns, alles ihm anzuvertrauen und einfach von Tag zu Tag so rechtschaffen wie möglich zu leben. ’Seien Sie gut und überlassen Sie mir den Rest’, pflegte er uns zu sagen. Maharaj: Was haben Sie im Sri Ramanashram getan? Frage: Wir haben die Arbeit mit dem Mantra, welches uns vom Guru gegeben wurde, fortgesetzt. Wir haben außerdem meditiert. Viel Nachdenken oder Studium gab es dabei nicht – wir versuchten einfach nur, still zu sein. Wie gehen den Bhakti-Pfad und sind in Philosophie nicht so beschlagen. Es gibt nicht so viel, worüber wir nachdenken – wir vertrauen einfach nur unserem Guru und leben unser Leben. Maharaj: Die meisten Bhaktas vertrauen Ihrem Guru nur so lange, wie sie sich wohl fühlen. Sobald Schwierigkeiten entstehen, fühlen sie sich verlassen und begeben sich auf die Suche nach einem anderen Guru. Frage: Ja, vor dieser Gefahr sind wir gewarnt worden. Wir versuchen, sowohl die schlechten wie die guten Seiten des Lebens zu nehmen. Das Gefühl von „alles ist Gnade“ muss sehr stark sein. Ein Sadhu ging einmal ostwärts, als ein starker Wind zu
blasen begann. Der Sadhu drehte sich einfach um und ging westwärts. Wir glauben, dass wir selber in eben diesem Sinne leben – indem wir uns an die Umstände anpassen, die uns von unserem Guru geschickt werden. Maharaj: Es gibt nur Leben. Es gibt niemanden, der dieses Leben lebt. Frage: Wir verstehen das zwar, aber versuchen trotzdem immer wieder, unsere Leben zu leben anstatt einfach zu leben. Das Plänemachen für die Zukunft scheint bei uns eine hartnäckige Gewohnheit zu sein. Maharaj: Ob Sie es planen oder nicht – das Leben geht weiter. Im Leben selbst jedoch entsteht ein kleiner Wirbel, der sich in Fantasien ergibt und sich selbst vorstellt, das Leben bestimmen und kontrollieren zu können. Leben selbst ist wunschlos. Das falsche Selbst jedoch möchte fortleben – auf erfreuliche Weise. Daher ist es ständig damit beschäftigt, seine eigene Kontinuität zu erhalten. Das Leben ist furchtlos und frei. So lange Sie die Idee haben, die Ereignisse beeinflussen zu müssen, so lange wird Ihnen keine Befreiung möglich sein. Das Gefühl der Täterschaft, nämlich die Ursache für etwas zu sein, bedeutet Bindung. Frage: Wie können wir die Dualität zwischen dem Täter und der Tätigkeit beseitigen? Maharaj: Kontemplieren Sie über das Leben als unendlich, ungeteilt und immer gegenwärtig, bis Sie realisieren, dass Sie selbst eins mit ihm sind. Es ist nicht einmal sehr schwierig, da Sie dadurch nur zu Ihrem wahren Zustand zurückkehren. Sobald Sie realisieren, dass alles von innen kommt, dass die Welt, in der Sie leben, nicht auf Sie, sondern von Ihnen selbst projiziert wird, dann hören die Ängste auf. Ohne diese Realisierung identifizieren Sie sich mit den äußeren
Gegebenheiten wie dem Körper, dem Gemüt, der Gesellschaft, der Nation, der Menschlichkeit oder sogar Gott oder dem Absoluten. Jedoch sind dies alles nur Ausflüchte vor der Furcht. Nur indem Sie Ihre Verantwortlichkeit für die kleine Welt, in der Sie leben, erkennen, und indem Sie den Prozess ihrer Erschaffung, Erhaltung und Zerstörung wahrnehmen, können Sie frei von Ihrer eingebildeten Bindung werden. Frage: Weshalb sollte ich mich selbst als so elend wahrnehmen? Maharaj: Sie tun es nur aufgrund von Gewohnheit. Ändern Sie die Art und Weise Ihres Fühlens und Denkens – halten Sie inne und erforschen Sie sie genauer. Sie sind aufgrund von Unachtsamkeit gebunden. Achtsamkeit befreit. Sie nehmen so viele Dinge für bare Münze. Beginnen Sie Fragen zu stellen. Die offensichtlichsten Dinge sind die fragwürdigsten. Stellen Sie sich selbst Fragen wie: „Wurde ich wirklich geboren?“ „Bin ich wirklich so oder so?“ „Woher weiß ich, dass ich existiere?“ „Wer sind meine Eltern?“ „Haben sie mich erzeugt, oder habe ich sie selbst erzeugt?“ „Muss ich alles glauben, was mir über mich erzählt wurde?“ „Wer bin ich überhaupt?“ Sie haben so große Energie dafür aufgewendet, um ein Gefängnis für sich selbst zu bauen. Stecken Sie diese ganze Energie nun dahinein, es zu zerstören. Die Zerstörung ist sogar ganz einfach, weil das Falsche einfach dadurch verschwindet, dass es erkannt wird. Alles geht von der Idee „Ich bin“ aus. Untersuchen Sie sie sehr gründlich. Sie liegt an der Wurzel aller Schwierigkeiten. Es ist wie eine Art Haut, die Sie von der Wirklichkeit fernhält. Das Wirkliche liegt sowohl in als auch außerhalb der Haut, aber die Haut selbst ist nicht wirklich. Diese Idee „Ich bin“ wurde nicht mit Ihnen zusammen geboren. Sie hätten sehr gut ohne diese Idee leben können. Sie kam später, als
Sie sich selbst mit Ihrem Körper identifiziert haben. Dadurch wurde die Illusion von Trennung dort geschaffen, wo keine war. Es machte Sie zu einem Fremden in Ihrer eigenen Welt, und es machte die Welt fremd und unbehaglich. Ohne das Gefühl von „Ich bin“ geht das Leben einfach weiter. Es gibt Momente, in denen wir ohne das Gefühl von „Ich bin“ sind – wir sind dann im Frieden und glücklich. Mit der Rückkehr vom „Ich bin“ beginnen dann wieder die Schwierigkeiten. Frage: Wie kann man vom „Ich“-Gefühl frei werden? Maharaj: Sie müssen mit dem „Ich“-Gefühl arbeiten, wenn Sie frei davon werden wollen. Beobachten Sie es während seiner Tätigkeit und seiner Ruhe. Schauen Sie, wie es beginnt und aufhört, was es will und wie es dies zu bekommen versucht. Bis Sie es klar erkennen und vollständig verstehen können. Alle Yoga-Techniken unabhängig von ihrem Ursprung und Charakter haben stets nur ein einziges Ziel: Sie aus der Misere zu erretten, ein getrenntes Individuum zu sein, ein bedeutungsloser Punkt in einem gewaltigen und herrlichen Gesamtbild. Sie leiden, weil Sie sich selbst von der Wirklichkeit entfremdet haben, und weil Sie nun nach einer Fluchtmöglichkeit aus dieser Entfremdung suchen. Ihren eigenen Besessenheiten können Sie nicht entkommen. Sie können lediglich aufhören, sie dauernd zu nähren. Nur weil dieses „Ich bin“ falsch ist, deshalb will es fortbestehen. Die Wirklichkeit selbst benötigt keine Kontinuität- sie weiß, dass sie unzerstörbar ist. Sie ist indifferent gegenüber der Zerstörung von Formen und Ausdrücken. Um dieses „Ich bin“ zu stärken und zu stützen, tun wir alle möglichen Dinge; und alle vergeblich, denn das „Ich bin“ wird in jedem Moment aufs Neue erzeugt. Es ist
unaufhörliche Arbeit. Die einzige radikale Lösung besteht darin, den sich getrennt fühlenden Sinn des „Ich bin diese oder jene Person“ einmal und für immer aufzulösen. Das Sein verbleibt - und zwar ohne das „ich selber sein“. Frage: Ich habe ganz klare spirituelle Ambitionen. Muss ich nicht an ihrer Erfüllung arbeiten? Maharaj: Ambitionen sind nie spirituell. Sämtliche Ambitionen dienen nur dem Heil des „Ich bin“. Wenn Sie ernsthafte Fortschritte machen möchten, dann müssen Sie sämtliche Ideen von persönlichem Erwerb aufgeben. Die Ambitionen der so genannten Yogis sind widersinnig. Der Wunsch eines Mannes nach einer Frau ist in sich selbst unschuldig; verglichen mit der Gier nach ewiger persönlicher Seligkeit. Der Verstand ist ein Betrüger. Je frommer er scheint, umso schlimmer ist sein Verrat. Frage: Die Menschen kommen sehr oft mit ihren weltlichen Problemen zu Ihnen und fragen Sie um Rat. Woher wissen Sie, was Sie Ihnen in dem Moment sagen müssen? Maharaj: Ich sage ihnen nur dass, was mir in diesem Moment in den Sinn kommt. Ich verfüge über keine standardisierten Verfahrensweisen im Umgang mit Menschen. Frage: Sie sind Ihrer selbst sicher. Aber wenn jetzt Menschen zu mir kommen würden, um um Rat zu fragen – wie kann ich sicher sein, dass mein Rat richtig ist? Maharaj: Beobachten Sie sich selbst, in welchem Zustand Sie sich befinden; auf welcher Ebene Sie sprechen. Wenn Sie von der Ebene des Verstandes sprechen, dann irren Sie sich vielleicht. Wenn Sie aus der vollen Einsicht in Ihre Situation sprechen, wobei Ihre mentalen Gewohnheiten außer Kraft sind, dann stellt Ihr Rat vielleicht eine wahre Antwort dar. Der wichtige Punkt besteht darin, sich
voll gewahr zu sein, dass weder Sie noch der Mensch vor Ihnen nur ein Körper ist. Wenn Ihr Gewahrsein klar und vollständig ist, dann ist ein Fehler weniger wahrscheinlich.
Alles was dich erfreut, wirft dich zurück (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Alles was du brauchst, ist ein stiller Verstand Frage: Ich fühle mich nicht wohl. Ich fühle mich ziemlich schwach. Was soll ich tun? Maharaj: Wem ist unwohl - Ihnen oder dem Körper? Frage: Meinem Körper natürlich. Maharaj: Gestern fühlten Sie sich noch wohl. Was hat sich da wohl gefühlt? Frage: Der Körper. Maharaj: Sie waren erfreut, als sich der Körper wohl fühlte, und Sie sind traurig, wenn der Körper sich unwohl fühlt. Wer ist nun an einem Tag glücklich und am anderen unglücklich? Frage: Der Verstand. Maharaj: Und wer kennt den veränderlichen Verstand? Frage: Der Verstand. Maharaj: Der Verstand ist der Kenner. Wer kennt den Kenner? Frage: Kennt der Kenner nicht sich selbst? Maharaj: Der Verstand ist sprunghaft. Immer wieder hat er Aussetzer wie im Schlaf oder in Ohnmacht oder Zerstreutheit. Es muss etwas Beständiges geben, was die Unbeständigkeit registriert. Frage: Der Verstand erinnert sich. Das ist die Beständigkeit. Maharaj: Die Erinnerung ist stets bruchstückhaft, unzuverlässig und flüchtig. Sie erklärt nicht das starke Gefühl der Identität, die das Bewusstsein durchdringt, nämlich das Gefühl „Ich bin“. Finden Sie heraus, was die Wurzel davon ist.
Frage: Wie tief ich auch schaue – ich finde immer nur den Verstand. Ich kann mit Ihren Worten „jenseits des Verstandes“ nichts anfangen. Maharaj: Solange Sie mit dem Verstand schauen, können Sie auch nicht jenseits von ihm gehen. Um darüber hinaus zu gehen, müssen Sie vom Verstand und seinen Inhalten absehen. Frage: In welche Richtung soll ich schauen? Maharaj: Sämtliche Richtungen befinden sich stets im Verstand! Ich fordere Sie nicht auf, in eine bestimmte Richtung zu schauen. Sehen Sie einfach von allem ab, was in Ihrem Verstand geschieht, und führen Sie alles auf das Gefühl von „Ich bin“ zurück. Das „Ich bin“ ist keine Richtung. Es ist die Negation aller Richtungen. Zu guter Letzt wird sogar das „Ich bin“ gehen müssen, weil Sie nicht auf etwas bestehen müssen, was offensichtlich ist. Das Zurückführen des Verstandes zum Gefühl „Ich bin“ hilft bloß dabei, den Verstand von allem anderen abzulenken. Frage: Und wo führt all dies hin? Maharaj: Wenn der Verstand von all seinen Beschäftigungen fortgehalten wird, wird er still. Wenn Sie diese Stillheit nicht stören und darin verbleiben, dann werden Sie feststellen, dass sie von einem Licht und einer Liebe durchdrungen ist, die Sie noch nie bemerkt haben. Und alles das erkennen Sie als Ihre eigene Natur. Sobald Sie diese Erfahrung durchgemacht haben, sind Sie nicht mehr derselbe Mensch wie zuvor. Der ungebärdige Verstand durchbricht diesen Frieden vielleicht wieder und löscht diese Vision aus, aber er muss zwangsläufig dahin wieder zurückkehren, solange die Bemühungen nachhaltig genug sind. Und dies führt zu dem Tag, an dem alle Fesseln durchbrochen sind, die Enttäuschungen und Anhaftungen enden, und wenn das Leben selbst im Gegenwärtigen
präsent wird. Frage: Was ist dann das Ergebnis? Maharaj: Der Verstand existiert nicht länger. Es gibt nur noch tätige Liebe. Frage: Wie kann ich diesen Zustand erkennen, sobald ich ihn erreicht habe? Maharaj: Es wird keine Furcht mehr geben. Frage: Wie kann ich ohne Furcht bleiben bei dieser Welt, die voll von Rätseln und Gefahren ist? Maharaj: Ihr eigener unbedeutender Körper ist selbst voll von Rätseln und Gefahren, und doch fürchten Sie sich nicht vor ihm, weil Sie ihn für sich selbst halten. Sie wissen noch nicht, dass das gesamte Universum Ihr Körper ist. Sie brauchen sich daher nicht zu fürchten. Man kann sagen, dass Sie über zwei Körper verfügen - den persönlichen und den universellen. Der persönliche kommt und geht – der universelle ist stets mit Ihnen. Die gesamte Schöpfung ist Ihr universeller Körper. Sie sind so geblendet von Ihrem Begriff von „persönlich“, dass Sie das Universelle nicht sehen können. Diese Geblendetheit endet nicht von selbst – sie muss behutsam und geschickt aufgehoben werden. Wenn sämtliche Illusionen verstanden und aufgegeben wurden, erreichen Sie den fehlerfreien und vollkommenen Zustand, in dem alle Unterscheidungen zwischen dem Persönlichen und dem Universellen nicht länger existieren. Frage: Als Person, die ich bin, bin ich zeitlich und räumlich begrenzt. Ich nehme einen winzigen Raum ein und dauere nur wenige Momente an; ich bin nicht in der Lage, mich selbst als ewig und allesdurchdringend wahrzunehmen. Maharaj: Trotzdem sind Sie dies. Wenn Sie tief in sich selbst auf der Suche nach Ihrer wahren Natur tauchen, werden Sie entdecken, dass Ihr Körper
klein und Ihre Erinnerung kurz ist, während Ihnen der ungeheure Ozean des Lebens gehört. Frage: Die Worte „Ich“ und „universell“ sind widersprüchlich – sie schließen sich gegenseitig aus. Maharaj: Keineswegs. Das Gefühl der Identität durchdringt das Universelle. Suchen Sie, und Sie werden die Universelle Person entdecken, die Sie selbst und unendlich viel mehr ist. Beginnen Sie mit der Erkenntnis, dass die Welt in Ihnen ist – nicht Sie in der Welt. Frage: Wie kann das sein? Ich bin nur ein Teil der Welt. Wie kann die ganze Welt in einem Teil enthalten sein; außer durch Reflektion wie bei einem Spiegel? Maharaj: Eben das, was Sie sagen, ist die Wahrheit. Ihr persönlicher Körper ist ein Teil, in dem das Ganze auf großartige Weise reflektiert wird. Außerdem haben Sie jedoch noch einen universellen Körper. Sie können niemals behaupten, dass Sie ihn nicht kennen, weil Sie ihn fortwährend sehen und erfahren. Sie nennen ihn allerdings „die Welt“ und fürchten Sie dann vor dieser. Frage: Ich fühle, dass ich diese meinen kleinen Körper kenne, während ich den anderen außer durch die Erkenntnisse der Wissenschaft nicht kenne. Maharaj: Ihr kleiner Körper ist voller Geheimnisse und Wunder, die Sie nicht kennen. In der Hinsicht ist auch die Wissenschaft Ihr einziger Führer. Sie selbst sind durch die Anatomie und die Astronomie beschreibbar. Frage: Und wenn ich nun Ihre Doktrin vom universellen Körper als Arbeitshypothese akzeptieren würde – wie kann ich sie überprüfen, und von welchem Nutzen wäre sie für mich? Maharaj: Indem Sie sich selbst als den Bewohner beider Körper kennen, werden Sie nichts verleugnen
müssen. Alles im Universum betrifft Sie – Sie lieben jedes lebendige Ding und umsorgen es zart und mit Weisheit. Es gibt keinerlei Zusammenstoß zwischen Ihnen und anderen. Jedes Ausnutzen hört völlig auf. Alle Ihre Handlungen werden wohltätig sein - alle Bewegungen werden ein Segen sein. Frage: All dies klingt sehr verführerisch – aber wie kann ich damit beginnen, mein universelles Sein zu verwirklichen? Maharaj: Es stehen Ihnen zwei Wege zur Verfügung: Sie geben Ihr Herz und Ihren Verstand der Selbsterforschung hin, oder Sie akzeptieren meine Worte voller Vertrauen und handeln in Übereinstimmung mit Ihnen. Anders ausgedrückt: Entweder werden Sie vollkommen an sich selbst interessiert – oder vollkommen desinteressiert an sich selbst. Das Wort „vollkommen“ ist sehr wichtig. Um das Höchste zu erreichen, müssen Sie extrem sein. Frage: Wie kann ich, klein und begrenzt wie ich bin, solche Höhen erreichen? Maharaj: Erkennen Sie sich selbst als den Ozean des Bewusstseins, in dem alles geschieht. Dies ist gar nicht schwierig. Ein wenig Achtsamkeit – eine genaue Beobachtung seiner selbst, und Sie werden sehen, dass sich kein einziges Ereignis außerhalb Ihres Bewusstseins befindet. Frage: Die Welt ist voller Ereignisse, die nicht in mein Bewusstsein gelangen. Maharaj: Sogar Ihr Körper ist voller Ereignisse, die nicht in Ihr Bewusstsein gelangen. Dies hindert Sie jedoch nicht daran, Ihren Körper als Ihren eigenen anzusehen. Sie kennen die Welt genau so, wie Sie auch Ihren Körper kennen - über Ihre Sinne. Es ist Ihr Verstand, der die Welt außerhalb Ihrer Haut von derjenigen innen getrennt und in einen Gegensatz zueinander gebracht hat. Dadurch wurde Furcht und
Hass geschaffen, und damit all die Misere des Lebens. Frage: Ich kann nicht ganz folgen, wenn Sie davon sprechen, über das Bewusstsein hinauszugehen. Ich verstehe die Worte, kann aber die Erfahrung nicht visualisieren. Schließlich haben Sie selbst gesagt, dass alle Erfahrung im Bewusstsein ist. Maharaj: Sie haben Recht – eine Erfahrung außerhalb des Bewusstseins gibt es nicht. Doch es gibt noch die Erfahrung zu sein. Dies ist ein Zustand jenseits des Bewusstseins, der jedoch nicht unbewusst ist. Manche nennen es Überbewusstsein oder reines Bewusstsein, oder aber Höchstes Bewusstsein. Es ist reines, von der Subjekt-ObjektVerknüpfung freies Bewusstsein. Frage: Ich habe Theosophie studiert und finde in dem, was Sie sagen, nichts Vertrautes wieder. Ich gebe zu, dass sich die Theosophie nur mit der Manifestation befasst. Sie beschreibt äußerst detailliert das Universum und seine Bewohner. Sie spricht von vielen Ebenen de Materie und diesen entsprechenden Ebenen der Erfahrung, scheint aber nicht darüber hinaus zu gehen. Was Sie dagegen sagen, geht über alle Erfahrung hinaus. Wenn es aber nicht erfahrbar ist, weshalb dann aber so viel darüber sprechen? Maharaj: Bewusstsein ist intermittierend – voll von Zwischenräumen. Und doch gibt es eine Kontinuität der Identität. Woher kann dieses Gefühl von Identität stammen, wenn nicht von etwas über das Bewusstsein Hinausreichende? Frage: Wenn ich über den Verstand hinausgegangen bin - wie kann ich mich dann selbst verändern? Maharaj: Wo sollte die Notwendigkeit für eine Änderung von irgend etwas bestehen? Der Verstand verändert sich von selbst die ganze Zeit über.
Schauen Sie Ihren Verstand leidenschaftslos an – das genügt, um ihn zu beruhigen. Wenn er erst einmal still ist, dann können Sie auch jenseits von ihm gehen. Sorgen Sie dafür, dass er nicht die ganze Zeit in Tätigkeit ist. Stoppen Sie ihn – und seien Sie einfach. Wenn Sie die Gelegenheit geben, wird er sich beruhigen und seine eigene Reinheit und Stärke entdecken. Ständiges Denken verdirbt ihn. Frage: Wie kommt es, dass ich mein wahren Sein nicht kenne, wenn es doch ständig mit mir ist? Maharaj: Weil es sehr subtil ist, während Ihr Verstand grob und voll von Gedanken und Gefühlen ist. Beruhigen und klären Sie Ihren Verstand – uns Sie werden sich selbst als das kennen, was Sie sind. Frage: Benötige ich den Verstand, um mich selbst zu kennen? Maharaj: Sie sind jenseits des Verstandes, aber Sie wissen mit Hilfe Ihres Verstandes. Es ist offensichtlich, dass der Umfang, die Tiefe und die Art des Wissens von dem von Ihnen verwendeten Instrument abhängt. Verbessern Sie Ihr Instrument – und Ihr Wissen wird sich verbessern. Frage: Zum vollkommenen Wissen benötige ich einen vollkommenen Verstand. Maharaj: Alles was Sie benötigen, ist ein stiller Verstand. Alles geschieht zur rechten Zeit, solange Ihr Verstand nur still ist. So wie die aufgehende Sonne die Welt in Tätigkeit versetzt, so bewirkt auch das Selbst-Gewahrsein Veränderungen im Verstand. Im Licht des ruhigen und stetigen SelbstGewahrseins erwachen die Energien des Innern und bewirken Wunder ohne jede Bemühung von Ihrer Seite. Frage: Wollen Sie damit zum Ausdruck bringen, dass die wertvollste Arbeit geschieht, indem nicht gearbeitet wird?
Maharaj: Genau das. Verstehen Sie, dass Sie der Erleuchtung nicht entkommen können. Arbeiten Sie mit Ihrem Schicksal zusammen – gehen Sie nicht dagegen an; behindern Sie es nicht. Erlauben Sie ihm, sich voll zu entfalten. Alles, was Sie dafür tun müssen, ist, die vom närrischen Verstand erzeugten Hindernisse zu beobachten.
Die Suche nach dem Glück führt zum Unglück Frage: Ich bin aus England gekommen und nun auf dem Weg nach Madras. Dort treffe ich meinen Vater, und dann werden wir per Auto über Land nach London zurückfahren. Ich will Psychologie studieren, weiß aber noch nicht, was ich dann mit meinem Abschluss anfangen soll. Vielleicht probiere ich Industriepsychologie oder Psychotherapie zu machen. Mein Vater ist Allgemeinarzt, und vielleicht folge ich seinen Fußstapfen. Meine Interessen sind aber damit noch nicht abgedeckt. Es gibt gewisse Fragen, die im Laufe der Zeit stets unverändert bleiben. Ich habe gehört, dass Sie auf solche Fragen Antworten haben, und deshalb hatte ich den Wunsch, Sie zu sehen. Maharaj: Ich frage mich, ob ich der Richtige bin, um Ihre Fragen zu beantworten. Ich weiß kaum etwas über Dinge und Leute. Ich weiß nur, dass Ich bin, und dies wissen Sie ebenfalls. Wir sind also gleich. Frage: Natürlich weiß ich, dass Ich bin. Aber ich weiß nicht, was dies bedeuten soll. Maharaj: Dieses „Ich“ im „Ich bin“, für das Sie sich selbst halten, sind nicht Sie selbst. Zu wissen dass Sie sind, ist natürlich – zu wissen, was Sie sind, ist das Ergebnis einer umfangreichen Untersuchung. Sie müssen das gesamte Feld des Bewusstseins erforschen und dann darüber hinaus gehen. Dazu müssen Sie den richtigen Lehrer finden und die Bedingungen herstellen, die für die Untersuchung benötigt werden. Allgemein ausgedrückt, gibt es zwei Wege, nämlich innere und äußere. Sie müssen entweder mit jemandem zusammen sein, der die Wahrheit kennt, und sich gänzlich seiner führenden und formenden Tätigkeit hingeben, oder aber Sie
suchen den inneren Führer und folgen dessen Licht, wo immer Sie dies auch hinführen mag. In beiden Fällen müssen Ihre persönlichen Wünsche und Ängste beiseite gelegt werden. Entweder lernen Sie durch Nahesein oder Erforschen – dem passiven oder dem aktiven Weg. Entweder lassen Sie sich vom Strom des Lebens und der von Ihrem Guru repräsentierten Liebe tragen, oder Sie unternehmen Ihre eigenen Bemühungen, die von Ihrem inneren Stern geleitet werden. In beiden Fällen müssen Sie aktiv sein, Sie müssen ernsthaft sein. Es gibt nur wenig Menschen, die so glücklich waren jemanden zu finden, der ihrer Liebe und ihres Vertrauens wert war. Die meisten müssen den harten Weg gehen, nämlich den Weg der Intelligenz und des Verstehens, der Unterscheidung und der Entsagung (viveka-vairagya). Dieser Weg steht allen offen. Frage: Ich bin sehr froh, hierher gekommen zu sein. Obwohl ich morgen wieder abreise, kann schon ein einziges Gespräch mit Ihnen mein ganzes Leben verändern. Maharaj: Ja. Wenn Sie sagen „Ich möchte die Wahrheit finden“, dann wird Ihr ganzes Leben zutiefst davon berührt werden. Alle Ihre mentalen und physischen Gewohnheiten, Gefühle und Empfindungen, Ängste und Hoffnungen, Pläne und Entscheidungen werden einem radikalen Wandel unterzogen. Frage: Wenn ich meinen Verstand bereit zur Entdeckung der Wirklichkeit gemacht habe – was mache ich dann als nächstes? Maharaj: Es hängt von Ihrem Temperament ab. Wenn Sie eifrig sind, dann werden Sie auf jedem von Ihnen gewählten Weg zum Ziel kommen. Die Ernsthaftigkeit ist der entscheidende Faktor. Frage: Worin besteht die Quelle der Ernsthaftigkeit?
Maharaj: Es ist das Heimatgefühl, das den Vogel zu seinem Nest und den Fisch zur Quelle des Stroms, an der er geboren wurde, zurückkehren lässt. Der Same kehrt zur Erde zurück, sobald die Frucht ausgereift ist. Reife ist alles. Frage: Was wird mich reifen lassen? Brauche ich dazu Erfahrung? Maharaj: Sie besitzen bereits all die Erfahrung, derer Sie bedürfen, denn andernfalls wären Sie nicht hierher gekommen. Sie benötigen darüber hinaus nichts weiter, sondern Sie müssen im Gegenteil über die Erfahrung hinausgehen. Gleichgültig, wie viel Bemühungen Sie unternehmen, und welche Methode (Sadhana) Sie ausüben – Sie werden lediglich neue Erfahrungen produzieren, die Sie aber nicht jenseits von allem führen. Auch das Lesen von Büchern hilft nicht. Sie werden Ihren Verstand bereichern, aber die Person, die Sie sind, bleibt intakt. Falls Sie von Ihrer mentalen, materiellen oder spirituellen Suche irgendwelche Erfolge erwarten, dann haben Sie den springenden Punkt noch nicht verstanden. Die Wahrheit bietet keinerlei Vorteile. Sie verleiht weder einen höheren Status noch Macht über andere – Sie erlangen nichts als die Wahrheit und die Freiheit vom Falschen. Frage: Aber die Wahrheit verleiht doch gewiss die Macht, anderen helfen zu können. Maharaj: Ein nobler Gedanke, aber trotzdem reine Einbildung! In Wahrheit helfen Sie anderen nicht, weil es keine „anderen“ gibt. Sie teilen die Menschen in ehrenwerte und weniger ehrenwerte ein, und bitten dann die Ehrenwerten darum, den Unehrenwerten zu helfen. Damit trennen, bewerten, beurteilen und verdammen Sie –im Namen der Wahrheit zerstören Sie damit letztlich alles. Ihr Wunsch, Wahrheit zu formulieren, behindert alles, weil diese nicht in Worten ausgedrückt werden kann. Die Wahrheit kann nur durch die Verleugnung
des Falschen ausgedrückt werden, und zwar in tätiger Aktion. Zu diesem Zweck müssen Sie das Falsche als falsch erkennen (viveka) und zurückweisen (vairagya). Das Aufgeben des Falschen ist wahrhaft befreiend und wohltuend. Es öffnet den Weg zur Vollkommenheit. Frage: Wann werde ich wissen, dass ich die Wahrheit erkannt habe? Maharaj: Wenn die Idee „dies oder das ist wahr“ nicht mehr auftaucht. Die Wahrheit bewertet sich selbst nicht – sie liegt im Sehen des Falschen als falsch und in der Zuweisung dessen. Es ist nutzlos, nach der Wahrheit zu suchen, wenn der Verstand blind gegenüber dem Falschen ist. Er muss komplett von allem Falschen gereinigt werden, bevor die Wahrheit aufdämmern kann. Frage: Was ist denn „falsch“? Maharaj: Was kein Sein hat, ist ganz sicherlich falsch. Frage: Was meinen Sie mit „hat kein Sein“? Das Falsche ist da – vor aller Augen. Maharaj: Was sich selbst widerspricht, hat kein Sein. Oder aber es verfügt nur über ein momentanes Sein, was auf dasselbe hinausläuft. Weil das, was einen Anfang und ein Ende hat, keine Mitte hat. Es ist hohl. Es hat lediglich einen Namen und eine Gestalt, die ihm vom Verstand verliehen wurde, aber weder Substanz noch Essenz. Frage: Wenn alles Vorübergehende kein Sein hat – dann hat auch das Universum kein Sein. Maharaj: Wer hat das geleugnet? Natürlich hat das Universum keinerlei Sein. Frage: Was dann? Maharaj: Was von nichts abhängt, um zu existieren, was nicht zusammen mit dem aufsteigenden Universum aufsteigt, was keinerlei
Erweis bedarf, und doch jeder Berührung das Wirkliche verleiht. Die Natur des Falschen liegt darin, dass es nur für einen Augenblick als wirklich erscheint. Man könnte sagen, dass das Wahre zum Vater des Falschen wird. Das Falsche jedoch ist begrenzt in Zeit und Raum – es wird von den Umständen erzeugt. Frage: Wie kann ich das Falsche aufgeben und das Wirkliche bewahren? Maharaj: Zu welchem Zweck? Frage: Um ein besseres, befriedigenderes, integrierteres und glücklicheres Leben zu leben. Maharaj: Was immer auch vom Verstand ersonnen wird, muss falsch sein, weil er an das Relative und Begrenzte gebunden ist. Das Wirkliche ist unausdenkbar und kann keinem Zweck unterworfen werden. Es muss allein um seiner selbst willen gesucht werden. Frage: Weshalb sollte ich das Unausdenkbare wollen? Maharaj: Was gibt außer diesem, was des Wollens wert wäre? Zugegebenerweise kann aber das Wirkliche nicht gewollt werden, so wie ein Ding gewollt wird. Jedoch können Sie das Unwirkliche als unwirklich erkennen und aufgeben. Es ist das Aufgeben des Falschen, das den Weg zum Wahren bahnt. Frage: Ich verstehe, aber wie sieht das im Alltagsleben aus? Maharaj: Das Interesse an sich selbst und die Selbstbezogenheit sind die entscheidenden Punkte des Falschen. Ihr Alltagsleben schwingt zwischen Wunsch und Furcht hin und her. Beobachten Sie dies mit voller Absicht. Sie werden sehen, wie der Verstand zahllose Namen und Formen erzeugt; wie ein Fluss, der in der Flussschnelle schäumt.
Verfolgen Sie alle Tätigkeiten zu ihrem selbstbezogenen Motiv zurück und untersuchen Sie intensiv das Motiv, bis es sich auflöst. Frage: Um leben zu können, muss man sich um sich selbst kümmern und Geld verdienen. Maharaj: Für sich selbst müssen Sie nichts verdienen, aber vielleicht für eine Frau und ein Kind. Vielleicht müssen Sie arbeiten gehen zum Wohle anderer. Es kann schon ein Opfer darstellen, einfach nur am Leben zu bleiben. Eine Notwendigkeit gleich welcher Art zur Selbstsucht besteht nicht. Weisen Sie jedes selbstsüchtige Motiv ab, sobald Sie dieses erkennen, und so brauchen Sie nicht nach der Wahrheit zu suchen – die Wahrheit wird nach Ihnen suchen. Frage: Es gibt aber Grundbedürfnisse. Maharaj: Werden Sie nicht seit Ihrer Geburt erfüllt? Geben Sie die Fessel der Selbstbezogenheit auf und seien Sie, der Sie sind – Intelligenz und tätige Liebe. Frage: Aber man muss doch überleben! Maharaj: Das Überleben können Sie überhaupt nicht verhindern! Das wirkliche „Sie“ ist zeitlos und hinausgehend über Tod und Geburt. Der Körper wird so lange überleben, wie er benötigt wird. Es ist nicht von Bedeutung, dass er lange lebt – ein erfülltes Leben ist viel besser als ein langes Leben. Frage: Wer will denn sagen, was ein erfülltes Leben ist? Dies hängt von meinem kulturellen Hintergrund ab. Maharaj: Wenn Sie nach der Wirklichkeit suchen, müssen Sie sich von allen Hintergründen, allen Kulturen und allen Mustern des Denkens und Fühlens frei machen. Auch die Idee, ein Mann oder eine Frau oder auch nur ein Mensch zu sein, sollte vollkommen aufgegeben werden. Der Ozean des
Lebens enthält alle und alles – nicht nur Menschen. Geben Sie daher als erstes jede SelbstIdentifizierung auf; hören Sie auch, von sich selbst als der-und-der, so-und-so oder dies-oder-das zu denken. Geben Sie ferner jede Selbstsucht auf; sorgen Sie sich nicht um Ihr Wohlergehen, weder materiell noch spirituell; geben Sie alle Wünsche auf, ob grob oder subtile, und hören Sie auf, an irgendwelche Erwerbungen gleich welcher Art zu denken. So wie Sie hier sind, so sind Sie vollständig und benötigen absolut nichts darüber hinaus. Dies heißt nicht, dass Sie wie ein Gehirnloser oder Narr, leichtsinnig oder indifferent, sein sollen, sondern nur diese grundlegende Ängstlichkeit um sich selbst muss gehen. Sie brauchen für sich und Ihre Angehörigen etwas Nahrung, Kleidung und Unterkunft, aber dies wird keinerlei Probleme erzeugen, solange Bedürfnis und nicht Gier im Vordergrund steht. Leben Sie in Verbindung mit den Dingen, wie sie sind, und nicht, wie man sie sich normalerweise nur vorstellt. Frage: Was bin ich denn, wenn ich nicht menschlich bin? Maharaj: Das was Sie denken macht, dass Sie ein Mensch sind, ist selbst nicht menschlich. Es ist nichts als ein dimensionsloser Punkt des Bewusstseins – ein bewusstes Nichts. Alles was Sie über sich selbst sagen können, ist „Ich bin“. Sie sind reines Sein – Gewahrsein – Seligkeit. Die Verwirklichung dessen ist das Ende allen Suchens. Sie erlangen es, indem Sie sehen, dass all Ihr Denken über sich selbst nichts als bloße Einbildung ist und fern vom reinen Gewahrsein steht, in dem das Vergängliche als vergänglich, das Eingebildete als eingebildet und das Unwirkliche als unwirklich gesehen wird. Es ist gar nicht so schwer – was benötigt wird, ist Leidenschaftslosigkeit. Es ist das Hängen am Falschen, was es so schwer macht, das
Wahre zu erkennen. Sobald Sie einmal verstanden haben, dass das Falsche Zeit braucht, während alles, was Zeit braucht, falsch ist, dann sind Sie näher an der Wirklichkeit, die zeitlos und stets im Jetzt ist. Das Ewige im Zeitlichen ist nichts als Wiederholung – wie die Bewegung des Uhrzeigers. Sie fließt von der Vergangenheit in die Zukunft – ein leeres Andauern. Die Wirklichkeit ist das, was die Gegenwart so lebendig macht, so unterschieden von der Vergangenheit und der Zukunft, die rein mental sind. Sobald Sie Zeit brauchen, um etwas zu erreichen, muss es falsch sein. Das Wirkliche ist immer mit Ihnen – Sie müssen auf nichts warten, um zu sein, was Sie sind. Sie dürfen lediglich Ihrem Verstand nicht erlauben, im Außen auf die Suche nach Ihnen selbst zu gehen. Sobald Sie etwas wünschen, fragen Sie sich selbst: Brauche ich dies wirklich? Und wenn die Antwort „nein“ lautet, dann lassen Sie den Wunsch einfach fallen. Frage: Darf ich denn nicht glücklich sein? Vielleicht brauche ich wirklich nichts, aber wenn mich eine Sache glücklich machen kann – weshalb sollte ich nicht danach greifen? Maharaj: Nichts kann Sie glücklicher machen als Sie bereits sind. Alle Suche nach dem Glück ist Elend und führt letztlich nur zu mehr Elend. Das einzige Glück, das diesen Namen verdient, ist das natürliche Glück des bewussten Seins. Frage: Brauche ich nicht eine Menge Erfahrung, bevor ich diesen hohen Grad an Gewahrsein erreiche? Maharaj: Erfahrung hinterlässt lediglich Erinnerungen und erhöht die Last nur noch, die schon schwer genug ist. Sie benötigen keine weiteren Erfahrungen. Die vergangenen sind völlig ausreichend. Und falls Sie das Gefühl haben, mehr davon zu brauchen, dann schauen Sie in die Herzen der Menschen um Sie herum. Sie werden eine
Anzahl von Erfahrungen finden, die Sie auch in Tausenden von Jahren nicht verarbeiten könnten. Lernen Sie von den Sorgen der anderen und retten Sie sich vor ihren eigenen. Sie benötigen dazu keine Erfahrung, sondern im Gegenteil die Freiheit von aller Erfahrung. Verlangen Sie nicht nach Erfahrungen – Sie brauchen keine. Frage: Aber machen Sie denn nicht selbst auch Erfahrungen? Maharaj: Um mich herum geschehen Dinge, aber ich nehme nicht an ihnen teil. Ein Ereignis wird nur dann zu einer Erfahrung, wenn ich emotional daran teilnehme. Ich befinde mich in einem Zustand, der vollständig ist – er benötigt keinerlei weitere Verbesserung. Welchen Nutzen hätte Erfahrung dann für mich? Frage: Man braucht doch Wissen, Bildung. Maharaj: Um mit Dingen umgehen zu können, wird ein Wissen über die Dinge benötigt. Um mit Menschen umgehen zu können, benötigen Sie Einsicht und Mitempfinden. Um mit sich selbst umgehen zu können, benötigen Sie gar nichts. Seien Sie einfach, was Sie sind: Bewusstes Sein. Bleiben Sie einfach bei sich und gehen Sie nicht anderswohin. Frage: Eine Universitätsausbildung wäre doch sehr nützlich. Maharaj: Kein Zweifel – es hilft Ihnen beim Verdienen Ihres Lebensunterhalts. Es unterrichtet Sie aber nicht darin, wie man leben soll. Sie sind Student der Psychologie. In gewissen Situationen ist das hilfreich. Aber können Sie durch Psychologie leben? Leben ist dieser Bezeichnung nur dann wert, wenn es tätig die Wirklichkeit widerspiegelt. Keine Universität kann Sie darin unterrichten, wie Sie leben sollten. Und wenn dann die Zeit des Sterbens kommt, sollten Sie sagen können: Ich habe gut
gelebt, aber ich brauche das nicht – noch einmal zu leben. Die meisten von uns wünschen sich ja, noch einmal leben zu können. So viele Fehler begangen worden sind, so viele bleiben unerledigt zurück. Die meisten Menschen vegetieren – sie leben nicht wirklich. Sie sammeln einfach nur Erfahrungen und reichern ihre Erinnerungen an. Erfahrung jedoch ist die Verleugnung der Wirklichkeit, die weder sinnlich noch konzeptuell, noch körperlich oder verstandesmäßig ist, obschon sie all dies beinhaltet und transzendiert. Frage: Aber Erfahrung ist äußerst wertvoll. Durch Erfahrung lernt man, nicht in eine Flamme zu fassen. Maharaj: Ich sagte Ihnen bereits, dass Wissen nützlich im Umgang mit Dingen ist. Es sagt Ihnen jedoch nichts darüber, wie Sie mit Menschen und sich selbst umgehen müssen; wie Sie ein Leben leben sollten. Wir sprechen nicht darüber, wie man ein Auto lenkt oder Geld verdient. Dafür benötigen Sie Erfahrung. Um aber ein Licht für sich selbst zu sein, kann materielles Wissen von keinem Nutzen für Sie sein. Um Sie selbst im wahren Sinne des Wortes zu sein, benötigen Sie etwas, was intimer und tiefer als das vermittelnde Wissen ist. Ihr äußeres Leben ist unwichtig. Sie können Nachtwächter werden und glücklich leben. Was Sie innen sind, ist das, was zählt -. Ihr innerer Friede und die Freude, die Sie daraus gewinnen. Dies ist viel schwieriger, als Geld zu verdienen. Keine Universität kann Sie lehren, Sie selbst zu sein. Der einzige Weg, dies zu lernen, besteht in der Praxis. Beginnen Sie sofort damit, Sie selbst zu sein. Verwerfen Sie alles das, was Sie nicht sind, und gehen Sie dann noch tiefer. So wie ein Mann, der einen Brunnen gräbt, alles verwirft, was nicht Wasser ist, bis er schließlich die wasserführende Schicht erreicht hat, so müssen Sie alles verwerfen,
was nicht Ihr eigen ist, bis nichts mehr vorhanden ist, das Sie ablegen können. Sie werden feststellen, dass das Übrigbleibende nichts ist, woran der Verstand festhalten kann. Sie sind nicht einmal ein menschliches Wesen. Sie sind einfach nur – ein Punkt des Gewahrseins – sich zusammen mit Zeit und Raum ausdehnend und doch über beides hinausgehend – die letzte Ursache; selbst unverursacht. Wenn Sie mich fragen würden: „Wer sind Sie“, würde meine Antwort lauten: „Nichts spezielles. Ich bin einfach nur“. Frage: Wenn Sie also nichts spezielles sind, dann müssen Sie also universell sein. Maharaj: Was bedeutet es, universell zu sein – nicht als Konzept, sondern als eine Art des Lebens? Nichts zu trennen – nichts gegeneinander zu stellen, sondern zu verstehen und zu lieben, was immer Ihnen begegnet – das ist universell leben. Um wahrhaftig sagen zu können: Ich bin die Welt, die Welt ist ich, Ich bin zuhause in der Welt, die Welt ist mein eigen. Jede Existenz ist meine Existenz, jedes Bewusstsein ist mein Bewusstsein, jede Sorge ist meine Sorge und jede Freude ist meine Freude - das ist universelles Leben. Und doch geht mein wirkliches Sein und auch Ihres, über das Universum hinaus, und daher auch über die Kategorien des Besonderen und Universalen. Es ist, wie es ist – total in sich selbst enthalten und unabhängig. Frage: Ich finde dies schwer zu verstehen. Maharaj: Sie müssen sich die Zeit nehmen, um über diesen Fragen zu brüten. All die alten Spuren des Denkens müssen in Ihrem Gehirn gelöscht werden, ohne dass sich neue bilden. Sie müssen erkennen, dass Sie selbst das Unbewegte hinter und jenseits des Bewegten sind, der stille Zeuge von allem, was geschieht. Frage: Bedeutet dies, dass ich alle Vorstellungen
eines aktiven Lebens aufgeben muss? Maharaj: Überhaupt nicht. Es kann eine Heirat geben, es kann Kinder geben, es kann das Geldverdienen geben, um die Familie zu unterhalten – all dies geschieht im natürlichen Verlauf der Ereignisse, denn das Schicksal muss sich selbst erfüllen. Gehen Sie ohne Widerstand da hindurch und sehen Sie den Tatsachen ins Auge, wie sie gerade kommen mögen - wachsam und gründlich – sowohl in kleinen wie in großen Dingen. Die allgemeine Haltung sollte die der leidenschaftlichen Leidenschaftslosigkeit sein, des absoluten Wohlwollens; ohne die Erwartung einer Belohnung; mit ständigem Geben ohne Erwartungen. Verheiratet sind weder der Gatte noch die Gattin, sondern beide sind die Liebe zwischen ihnen. Sie sind die Klarheit und Liebenswürdigkeit, die alles ordnet und glücklich macht. Vielleicht kommt Ihnen dies vage vor, aber wenn Sie ein wenig nachdenken, werden Sie feststellen, dass das Rätselhafte das Praktischste ist, weil es Ihr Leben auf kreative Weise glücklich macht. Ihr Bewusstsein wird auf eine höhere Stufe gehoben, von der aus Sie alles viel klarer und mit größerer Intensität sehen können. Sie erkennen, dass die Person, als die Sie geboren wurden, und die mit dem Tode sterben wird, zeitlich und unecht ist. Sie sind weder eine sinnliche, emotionale noch intellektuelle Person, die von Wünschen und Ängsten geschüttelt wird. Finden Sie Ihr wahres Sein. Wer bin ich? ist die fundamentale Frage aller Philosophie und Psychologie. Tauchen Sie tief in sie ein.
Erfahrung ist nicht wahr Maharaj: Der Sucher ist derjenige, der nach sich selbst sucht. Schon bald entdeckt er, dass er nicht sein Körper sein kann. Sobald die Überzeugung: „Ich bin nicht der Körper“ so fest gegründet ist, dass er nicht länger wie der Körper fühlen, denken oder handeln kann, wird er ganz leicht entdecken, dass er das universelle Sein, Wissen und Handeln selbst ist; dass erst in ihm und durch ihn das ganze Universum real, bewusst und aktiv ist. Dies ist das ganze Herz der Fragestellung. Entweder sind Sie körperbewusst und damit ein Sklave der Umstände – oder Sie sind das universelle Bewusstsein selbst, womit Sie die volle Kontrolle über jedes einzelne Ereignis haben. Jedoch weder Bewusstsein, ob individuell oder universell, ist meine wahre Heimstatt – ich bin weder darin, noch ist dies meins; in Mir gibt es kein „mich“. Ich bin jenseits dessen, obschon es nicht leicht zu erklären ist, wie man weder bewusst noch unbewusst, sondern einfach darüber hinausgehend sein kann. Ich kann weder sagen: Ich bin in Gott oder Ich bin Gott – Gott ist das universelle Licht und die Liebe, der universelle Zeuge. Ich bin sogar jenseits des Universellen. Frage: In diesem Fall wären Sie sogar ohne Name und Form. Welcher Art wäre dann Ihr Sein? Maharaj: Ich bin was ich bin; weder mit Form noch formlos; weder bewusst noch unbewusst. Ich befinde mich außerhalb all dieser Kategorien. Frage: Folgen Sie dabei dem Weg des neti-neti (nicht dies, nicht das)? Maharaj: Durch bloße Verneinung können Sie mich nicht finden. Ich bin ebenso alles wie auch nichts. Weder beides noch eines von beiden. Definitionen
wie diese gelten für den Herrn des Universums – nicht jedoch für mich. Frage: Wollen Sie dann damit sagen, dass Sie einfach nichts sind? Maharaj: Oh nein! Ich bin vollständig und vollkommen. Ich bin das Seiende im Sein, das Wissende im Wissen, die Fülle im Glück. Auf Leere können Sie mich nicht reduzieren. Frage: Wenn Sie jenseits von Worten sind worüber sprechen wir dann hier? Metaphysisch gesprochen, ergibt das, was Sie sagen, einen Sinn – da ist kein innerer Widerspruch. Aber in mir gibt es keinerlei Widerhall auf das, was Sie sagen. Frage: All dies ist so komplett weg von dem, dessen ich dringend bedarf. Ich frage nach Brot, und Sie geben mit Juwelen. Kein Zweifel - sie sind herrlich. Aber ich bin hungrig. Maharaj: So ist es aber nicht. Ich biete Ihnen genau das an, was Sie brauchen – das Erwachen. Sie sind weder hungrig noch brauchen Sie Brot. Sie benötigen ein Aufhören, Loslassen, eine Entwirrung. Was Sie für Ihre Bedürfnisse halten, ist nicht, was Sie brauchen. Ich weiß, wessen Sie bedürfen – Sie nicht. Sie benötigen eine Rückkehr in den Zustand, in dem ich mich befinde – in Ihren natürlichen Zustand. Alles andere, woran Sie denken mögen, ist nur eine Illusion und ein Hindernis. Glauben Sie mir Sie benötigen nichts als zu sein, was Sie sind. Sie stellen sich vor, dass Sie Ihren Wert durch Erwerbungen erhöhen können. Es ist wie Gold, das sich vorstellt, dass eine Beimengung von Kupfer es verbessern würde. Eliminierung und Reinigung, Zurückweisen von allem, was Ihrer Natur fremd ist, genügen völlig. Alles andere ist nur Eitelkeit. Frage: Das ist leichter gesagt als getan. Ein Mann kommt zu Ihnen mit Magenschmerzen und Sie raten ihm, seinen Magen auszuspeien. Natürlich würde es
ohne den Verstand keine Probleme geben. Jedoch er ist nun einmal da, und zwar auf recht handgreifliche Weise. Maharaj: Es ist der Verstand, der Ihnen erzählt, dass er da sei. Lassen Sie sich nicht täuschen. Alle diese endlosen Diskussionen über den Verstand werden vom Verstand zum Zwecke seiner eigenen Schutzes, seines Fortbestehens und seiner Vergrößerung selbst produziert. Nur die strikte Zurückweisung all dieser Windungen und Zuckungen des Verstandes kann Sie jenseits von ihm führen. Frage: Sir, ich bin ein bescheidener spiritueller Sucher, während Sie die Höchste Wirklichkeit selbst sind. Der Sucher möchte sich dem Höchsten nähern, um erleuchtet zu werden. Was aber tut das Höchste? Maharaj: Hören Sie einfach nur zu, was ich Ihnen zu erklären versuche, ohne davon abzuschweifen. Denken Sie die ganze Zeit darüber nach, und nur darüber. Wenn Sie dann bis dahin gekommen sind, geben Sie als nächstes alle Gedanken auf; nicht nur die an die Welt, sondern auch diejenigen über sich selbst. Nehmen Sie einen Standpunkt jenseits aller Gedanken ein, in stillem Sein-Gewahrsein. Es handelt sich nicht um eine Entwicklung, weil das, wohin Sie kommen, bereits in Ihnen ist und Sie erwartet. Frage: Sie sagen also, ich sollte versuchen, mit dem Denken aufzuhören und stetig in der Idee zu verbleiben: „Ich bin“. Maharaj: Ja, und welche Gedanken auch immer in Verbindung mit dem „Ich bin“ kommen mögen, die leeren Sie von jeder Bedeutung und beachten Sie überhaupt nicht. Frage: Ich habe viele junge Leute aus dem Westen kennen gelernt und festgestellt, dass es einen
grundlegenden Unterschied zwischen ihnen und den Indern gibt. Es sieht so aus, als sei ihre Psyche (antahkarana) anders. Konzepte wie Selbst, Wirklichkeit, reiner Verstand und universelles Bewusstsein versteht der indische Verstand sehr leicht. Sie klingen vertraut, und sie schmecken süß. Der westliche Verstand dagegen reagiert nicht auf sie – er scheint sie sogar zurückzuweisen. Er will gleich alles konkretisieren und sofort in den Dienst seiner Voreingenommenheiten stellen. Und die Werte dieser Voreingenommenheiten sind oftmals persönlich: Gesundheit, Wohlergehen, Gewinnstreben. Gelegentlich sind sie auch sozial, wie etwa eine bessere Gesellschaft und ein glücklicheres Leben für alle. Alle sind sie verbunden mit weltlichen Problemen persönlicher oder unpersönlicher Natur. Man trifft im Gespräch mit Westlern oft eine weitere Schwierigkeit an, nämlich das alles für sie eine Erfahrung ist – so wie sie Essen, Trinken und Frauen, Kunst und Reisen erfahren wollen, so wollen sie auch Yoga, Verwirklichung und Befreiung erfahren. Es ist für sie einfach nur eine weitere Erfahrung, die man kaufen kann. Sie stellen sich vor, dass man diese Erfahrung kaufen und über ihre Kosten verhandeln könnte. Sobald ein Guru „zu hohe Preise“ hat in Begriffen von Zeit und Anstrengung, gehen sie zu einem anderen, der „Ratenzahlung“ anbietet, die anscheinend sehr leicht zu erfüllen ist, aber mit unerfüllbaren Bedingungen überhäuft ist. Es ist die alte Geschichte davon, dass man beim Einnehmen der Medizin nicht an einen grauen Affen denken soll! In diesem Fall geht es nicht um das Denken an die Welt, das „Aufgeben aller Selbstbezogenheit“, die „Auslöschung des Verlangens“, ein „perfekter Mönch“ werden usw. Überall sieht man da auf allen Ebenen einen riesengroßen Betrug vor sich gehen, während die Ergebnisse gleich Null sind. Es gibt Gurus, die in schierer Verzweiflung sämtliche
Disziplin fahren lassen, keinerlei Bedingungen stellen, zur Mühelosigkeit raten, zu Natürlichkeit und einfachem Dasein in passivem Gewahrsein ohne jede Haltung eines „muss“ oder „darf nicht“. Und es gibt viele Schüler, deren frühere Erfahrungen sie dazu gebracht haben, sich selbst so sehr abzulehnen, dass sie einfach nicht mehr wirklich in sich selbst hineinschauen wollen. Sie sind entweder überdrüssig oder gelangweilt. Sie leiden unter einem Übermaß an Wissen; sie wollen etwas anderes. Maharaj: Lassen Sie sie nicht an sich selbst denken, wenn sie es nicht mögen. Lassen Sie sie bei einem Guru sein, ihn beobachten und an ihn denken. Bald schon werden sie eine Art von Seligkeit erfahren, ganz frisch und neu, die sie nie zuvor erfahren haben, außer vielleicht in der Kindheit. Die Erfahrung ist so unverwechselbar neu, dass sie ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen und Interesse erzeugen wird. Sobald das Interesse einmal erwacht ist, wird sich eine vernünftige Herangehensweise entwickeln. Frage: Diese Leute sind überkritisch und argwöhnisch. Sie können gar nicht anders sein, das sie so viel vergebliches Lernen und Enttäuschung durchgemacht haben. Einerseits wollen sie Erfahrung, andererseits misstrauen sie ihr. Gott allein weiß, wie man sie noch erreichen kann! Maharaj: Wahrhafte Einsicht und Liebe wird sie erreichen. Frage: Sobald sie dann etwas spirituelle Erfahrung haben, taucht eine andere Schwierigkeit auf. Sie beklagen sich dann darüber, dass die Erfahrung nicht dauerhaft sei und auf völlig willkürliche Weise komme und gehe. Nachdem Sie einmal den Lutscher bekommen haben, wollen sie die ganze Zeit daran lutschen.
Maharaj: Erfahrung, wie sublim sie auch sein mag, ist nicht wirklich wichtig. Es liegt in ihrer Natur, dass sie kommt und geht. Die Selbst-Verwirklichung ist keine Erwerbung von etwas. Hier geht es mehr um eine bestimmte Art und Weise des Verstehens. Sobald sie einmal gereift ist, kann sie nicht mehr verlorengehen. Andererseits ist das Bewusstsein wechselhaft, fließend und in jedem Moment veränderlich und transformativ. Halten Sie nicht am Bewusstsein und seinen Inhalten fest. Ein angehaltenes Bewusstsein hört auf. Zu versuchen, einen Blitz der inneren Einsicht oder einen kurzen Ausbruch von Freude festzuhalten, zerstört das, was erhalten werden soll. Was kommt, muss auch wieder gehen. Das Dauernde ist jenseits von allem Kommen und Gehen. Gehen Sie zur Wurzel der Erfahrung selbst, zum Gefühl des Seins. Jenseits von Sein und Nicht-Sein liegt die Unermesslichkeit des Wirklichen. Versuchen Sie es wieder und wieder. Frage: Zum Versuchen braucht man Vertrauen. Maharaj: Zuerst muss es den Wunsch geben. Ist der Wunsch stark genug, wird auch die Bereitschaft zu Versuchen entstehen. Sobald der Wunsch stark ist, brauchen Sie keine Erfolgsgarantie mehr. Dann sind Sie bereit, alles aufs Spiel zu setzen. Frage: Starker Wunsch – starke Zuversicht. Läuft das nicht auf dasselbe hinaus? Diese Leute trauen ja weder ihren Eltern oder der Gesellschaft, sondern noch nicht einmal sich selbst. Alles was sie anfassen, wird zu Asche. Geben Sie ihnen eine absolut authentische, unbezweifelbare Erfahrung, die jenseits aller Argumente des Verstandes liegt, und sie werden Ihnen bis ans Ende der Welt folgen. Maharaj: Ich tue ja nichts anderes! Ohne Ende versuche ich ihre Aufmerksamkeit auf den einen unbestreitbaren Faktor zu lenken – den des Seins. Sein benötigt keine Beweise – es beweist sich von selbst. Wenn sie nur tief genug in die Tatsache des
Sein einsteigen und die Ungeheuerlichkeit und den Glanz entdecken könnten, zu denen das „Ich bin“ das Tor ist, und dann dieses Tor durchschreiten und jenseits davon gehen, dann würde ihr Leben voll Glück und Licht sein. Glauben Sie mir – die Anstrengung, die dies kostet, ist nichts im Vergleich mit den Entdeckungen, die auf sie warten. Frage: Was Sie sagen, ist die Wahrheit. Aber diese Leute haben weder Vertrauen noch Geduld. Schon eine kleine Bemühung ermüdet sie. Es ist wahrhaftig mitleiderregend zu sehen, wie sie blind umhertappen und doch unfähig sind, die helfende Hand zu ergreifen. Grundsätzlich sind sie wohl sympathische Leute, aber total verwirrt. Ich sage ihnen immer wieder: Ihr könnt die Wahrheit nicht nach eurem eigenen Kopf haben. Ihr müsst die Bedingungen akzeptieren. Darauf antworten sie dann: Einige akzeptieren die Bedingungen und andere eben nicht. Akzeptieren und NichtAkzeptieren ist oberflächlich und beliebig – Realität ist in allem – es muss doch einen Weg für alle geben, der etwas taugt, und zwar ohne alle Bedingungen. Maharaj: Es gibt einen solchen Weg, der allen auf allen Ebenen und in jeder Lebensweise offensteht. Jeder ist seiner selbst gewahr. Die Vertiefung und Erweiterung des Selbst-Gewahrseins ist der Königsweg für alle. Nennen Sie dies Achtsamkeit, Zeugenschaft oder einfach nur Wachsamkeit. Es ist ein Weg für alle. Niemand ist dafür zu unreif, und niemand kann versagen. Natürlich darf man nicht einfach nur aufmerksam sein. Ihre Achtsamkeit muss auch den Verstand einschließen. Die Zeugenschaft besteht hauptsächlich im Gewahrsein des Bewusstseins und seiner Bewegungen.
Suchen Sie nach der Quelle des Bewusstseins Frage: Letztens haben wir über die Arbeitsweise des modernen westlichen Verstandes und die Schwierigkeiten bei der Anerkennung der Moral und intellektuellen Disziplin des Vedanta gesprochen. Eines der Hindernisse liegt in den Besorgnissen der jungen Europäer und Amerikaner über die katastrophalen Zustände in der Welt und das dringende Erfordernis, hier einzugreifen. Sie haben keine Geduld mit Menschen wie Ihnen, die als Vorbedingung für die Besserung der Welt die persönliche Selbstverbesserung predigen. Sie sagen, dass dies weder möglich noch nötig sei. Die Menschlichkeit ist bereit für einen Wandel der Systeme – sozial, ökonomisch oder politisch. Eine Welt-Regierung, eine Welt-Polizei, eine weltweite Planung und die Abschaffung aller physischen und ideologischen Barrieren sei genug – eine persönliche Transformation sei überflüssig. Kein Zweifel – die Menschen formen die Gesellschaft, aber die Gesellschaft formt auch die Menschen. In einer humanen Gesellschaft sind die Menschen human. Außerdem bietet die Wissenschaft die Antwort auf viele Fragen, die früher im Bereich der Religion lagen. Maharaj: Kein Zweifel - das Streben nach der Verbesserung der Welt ist wohl die lobenswürdigste Beschäftigung. Wenn sie selbstlos geschieht, klärt sie den Verstand und reinigt das Herz. Aber bald wird der Mensch erkennen, dass er nur einem Schatten hinterherläuft. Die örtliche und zeitweise Verbesserung ist immer möglich und auch unter dem Einfluss großer Könige oder Lehrer immer wieder erzielt worden. Bald jedoch gibt es ein Ende von all dem, das die Menschlichkeit in einen
Kreislauf des Elends führt. Es liegt in der Natur der Manifestation, dass das Gute und das Böse einander folgen und einander gleichwertig sind. Die wahre Zuflucht ist allein das Unmanifestierte. Frage: Empfehlen Sie damit nicht die Flucht? Maharaj: Im Gegenteil. Der einzige Weg zur Erneuerung liegt in der Zerstörung. Das alte Schmuckstück müssen Sie in formloses Gold einschmelzen, um ein neues erschaffen zu können. Nur die Leute, die über die Welt hinaus gegangen sind, können die Welt ändern. Anders herum kann es niemals geschehen. Die wenigen, die einen dauerhaften Einfluss hatten, waren sämtliche Kenner der Wirklichkeit. Erreichen Sie deren Ebene und sprechen Sie erst dann über Hilfe für die Welt. Frage: Es sind ja nicht die Flüsse und Berge, denen wir helfen möchten, sondern den Menschen. Maharaj: An der Welt ist nichts falsch, sondern an den Menschen, die sie schlecht gemacht haben. Gehen Sie zu ihnen und fordern Sie sie zu besseren Benehmen auf. Frage: Verlangen und Furcht machen sie zu dem, was sie sind. Maharaj: Genau das. So lange menschliches Verhalten von Wunsch und Furcht gesteuert wird, gibt es nicht viel Hoffnung. Und um den Weg zu kennen, der die Leute effektiv erreicht, müssen Sie erst selbst frei von Verlangen und Furcht sein. Frage: Gewisse grundlegende Wünsche und Ängste wie diejenigen, die mit Nahrung, Sex und Tod verbunden sind, sind doch unvermeidbar. Maharaj: Es sind lediglich Bedürfnisse, und sie sind als solche sehr leicht zu beherrschen. Frage: Ist denn auch der Tod ein Bedürfnis? Maharaj: Wenn Sie lange gelebt und ein fruchtbares Leben gehabt haben, empfinden Sie
sogar die Notwendigkeit zu sterben. Verlangen und Furcht werden nur bei falschem Verstehen destruktiv. Verlangen Sie einfach nach dem Richtigen und fürchten Sie das Falsche. Jedoch wenn die Menschen das Falsche wünschen und das Richtige fürchten, erzeugen sie Chaos und Verzweiflung. Frage: Was ist richtig und was falsch? Maharaj: Relativ ausgedrückt: Was Leiden verursacht, ist falsch, und was es erleichtert, ist richtig. Absolut gesprochen: Was Sie zurück zur Wirklichkeit bringt, ist richtig, und was die Wirklichkeit verdunkelt, ist falsch. Frage: Wenn wir über das Helfen und die Unterstützung des Humanen reden, dann meinen wir den Kampf gegen Unordnung und Leiden. Maharaj: Letztlich reden Sie aber nur vom Helfen. Haben Sie schon jemals einem einzigen Menschen wirklich geholfen? Haben Sie jemals einer einzigen Seele über die Notwendigkeit weiterer Hilfe hinaus geholfen? Können Sie einem Menschen einen Charakter verleihen, der mindestens auf der vollen Realisierung seiner Pflichten und Möglichkeiten, wenn nicht sogar auf der Einsicht in sein wahres Sein basiert? Wenn Sie nicht wissen, was gut für Sie selbst ist – wie können Sie dann wissen, was gut für andere ist? Frage: Das Minimum der Mittel zum Lebensunterhalt wäre doch für alle gut. Sie mögen Gott sein, aber auch Sie benötigen einen gut genährten Körper, um zu uns sprechen zu können. Maharaj: Es sind Sie selbst, der meinen Körper benötigt, damit er zu Ihnen spricht. Ich bin weder mein Körper noch benötige ich ihn. Ich bin lediglich der Zeuge. Ich habe keine eigene Gestalt. Sie sind so an den Gedanken gewöhnt, sich selbst für Körper zu halten, die Bewusstsein haben, dass Sie sich
einfach nicht vorstellen können, sich als Bewusstsein zu denken, das Körper hat. Sobald Sie realisieren, dass die körperliche Existenz nichts als ein Zustand im Verstand, eine Bewegung im Bewusstsein ist, dass der Ozean des Bewusstseins ewiglich und unendlich ist, und das Sie im Kontakt mit Bewusstsein nur der Zeuge sind, dann werden Sie in der Lage sein, sich völlig hinter das Bewusstsein zurückzuziehen. Frage: Uns wurde gesagt, dass es viele Ebenen der Existenz gibt. Betreten und verlassen Sie alle diese Ebenen nach Gutdünken? Sind Sie, während Sie auf der Erde sind, gleichzeitig im Himmel (swarga)? Maharaj: Ich bin nirgendwo zu finden! Ich bin kein Ding, dem man einen Platz unter den anderen Dingen geben könnte. Alle Dinge sind in mir, aber ich selbst bin nicht unter den Dingen. Sie erzählen mir etwas über den Gebäudeaufbau, während ich mit den Fundamenten befasst bin. Die Aufbauten werden errichten und stürzen wieder zusammen, während die Fundamente dauerhaft sind. Am Vergänglichen bin ich nicht interessiert, während Sie dagegen von nichts anderem sprechen. Frage: Sehen Sie mir bitte die folgende seltsame Frage nach. Wenn jemandem mit einem rasiermesserscharfen Schwert Sie plötzlich ernsthaft am Kopf verletzen würde, was würde dies für Sie für einen Unterschied machen? Maharaj: Gar keinen. Der Körper verliert seinen Kopf und bestimmte Nervenverbindungen werden durchtrennt – das ist alles. Zwei Leute telefonieren miteinander, und plötzlich wird der Draht durchgeschnitten. Den Leuten geschieht nichts – sie müssen lediglich nach anderen Möglichkeiten der Kommunikation suchen. Die Bhagavad Gita sagt: „Das Schwert schneidet es nicht“. Das ist wörtlich so. Es liegt in der Natur des Bewusstseins, seine
Ausdrucksträger zu überleben. Es ist wie beim Feuer: Es verbrennt das Benzin, aber nicht sich selbst. So wie ein Feuer einen ganzen Berg Brennstoff verbrennen kann, so überlebt das Bewusstsein zahllose Körper. Frage: Der Brennstoff nährt die Flamme. Maharaj: So lange er vorhanden ist. Ändern Sie die Art des Brennstoffs und die Farbe und das Aussehen der Flamme ändern sich auch. Wir reden hier miteinander. Dafür wird Gegenwärtigkeit benötigt – wenn wir nicht gegenwärtig sind, können wir uns nicht unterhalten. Jedoch Gegenwärtigkeit allein genügt nicht. Es muss außerdem den Wunsch zu sprechen geben. Letztlich sollten wir stets bewusst bleiben. Wir können noch so viel Leiden und alle Demütigungen erleben, aber wir sollten stets bewusst bleiben. Solange wir uns nicht gegen dieses heftige Verlangen nach Erfahrung stellen und alles Manifestierte fahrenlassen, solange wird es auch keine Hilfe geben. Wir würden stets gefangen bleiben. Frage: Sie sagen, dass Sie einerseits der stille Zeuge und andererseits jenseits des Bewusstseins wären. Ist dies nicht ein Widerspruch in sich selbst? Wenn Sie jenseits des Bewusstseins sind – was bezeugen Sie dann? Maharaj: Ich bin bewusst und unbewusst, sowohl bewusst als auch unbewusst, weder bewusst noch unbewusst – alles dieses bezeuge ich. In Wirklichkeit gibt es jedoch keinen Zeugen, da es nichts gibt, was zu bezeugen wäre. Ich bin vollständig leer von allen mentalen Formen, leer des Verstandes – und doch voll bewusst. Auf diese Art versuche ich meinen Ausspruch auszudrücken, dass ich jenseits des Verstandes sei. Frage: Aber wie kann ich dann Kontakt mit Ihnen
aufnehmen? Maharaj: Seien Sie sich des Bewusst-Seins bewusst und suchen Sie nach der Quelle des Bewusstseins. Das ist alles. Es gibt nur sehr wenig, was man in Worten ausdrücken könnte. Was das Licht bringt, ist nicht das, was ich Ihnen sage, sondern dass Sie tun, wie ich gesagt habe. Die Mittel spielen keine so große Rolle - es ist der Wunsch, der Drang, die Ernsthaftigkeit, die zählen.
Die Vergänglichkeit ist der Prüfstein des Unwirklichen Frage: Mein Freund ist Deutscher und ich bin in England von französischen Eltern geboren worden. Ich bin seit einem Jahr in Indien und wandere von Ashram zu Ashram. Maharaj: Irgendwelche spirituellen Praktiken (sadhanas)? Frage: Studieren und meditieren. Maharaj: Über was meditieren Sie? Frage: Über das, was ich lese. Maharaj: Gut. Frage: Was tun Sie, Sir? Maharaj: Ich sitze. Frage: Was sonst? Maharaj: Ich spreche. Frage: Worüber sprechen Sie? Maharaj: Wollen Sie Unterricht? Fragen Sie besser nach etwas, was wirklich wichtig für Sie ist, so dass Sie ein starkes Empfunden haben können. Solange Sie nicht emotional involviert sind, können Sie wohl mit mir argumentieren, aber es wird kein echtes Verstehen zwischen uns geben. Wenn Sie sagen: „es gibt nichts, was mich beunruhigt; ich habe keine Probleme“, dann ist dies in Ordnung für mich und wir können schweigen. Aber falls es etwas gibt, was Sie wirklich bewegt, dann ist Sprechen sinnvoll. Darf ich Sie etwas fragen? Worin liegt der Sinn, wenn Sie sich von Ort zu Ort bewegen? Frage: Ich treffe Leute und versuche sie zu verstehen. Maharaj: Welche Art Leute versuchen Sie zu verstehen? Wonach suchen Sie?
Frage: Integration. Maharaj: Wenn Sie Integration wünschen, müssen Sie wissen, wen Sie integrieren möchten. Frage: Indem man Leute trifft und sie beobachtet, kann man auch dahin kommen, sich selbst kennen zu lernen. Es geht Hand in Hand. Maharaj: Es geht nicht notwendigerweise Hand in Hand. Frage: Der eine verbessert den anderen. Maharaj: So funktioniert das nicht. Der Spiegel reflektiert das Bild, aber das Bild verbessert den Spiegel nicht. Sie sind weder der Spiegel noch das Bild im Spiegel. Indem Sie den Spiegel so perfektionieren, dass er auf wahrhaftige, korrekte Weise reflektiert, können Sie ihn schließlich umdrehen und in ihm eine wahre Reflektion Ihrer selbst erkennen – wahr so weit, wie der Spiegel zu reflektieren in der Lage ist. Jedoch sind Sie nicht die Reflektion – Sie sind der Seher der Reflektion. Dies müssen Sie klar verstehen: Was immer Sie auch wahrnehmen – Sie sind nicht das Wahrgenommene. Frage: Bin ich der Spiegel und die Welt ist das Bild? Maharaj: Sie können sowohl das Bild und den Spiegel sehen. Sie sind weder das eine noch das andere. Wer sind Sie? Lösen Sie diese Frage nicht durch Schemata. Die Antwort liegt nicht in Worten. Was Sie in Worten maximal ausdrücken können, ist: Ich bin das, was die Wahrnehmung ermöglicht; ich bin das Leben jenseits des Erfahrenden und seiner Erfahrung. Können Sie sich dann selbst sowohl vom Spiegel als auch vom Bild im Spiegel trennen und vollständig allein für sich verbleiben - nur für sich selbst seiend? Frage: Nein, das kann ich nicht.
Maharaj: Woher wissen Sie, dass Sie es nicht können? Es gibt so viele Dinge, die Sie tun, ohne zu wissen, wie Sie sie tun. Ihre Verdauung, der Kreislauf Ihres Blutes und der Lymphe, Ihre Bewegungen mit Hilfe der Muskeln – alles dies geschieht ohne Ihr Wissen. Auf dieselbe Weise nehmen Sie wahr, fühlen Sie, und denken Sie, ohne zu wissen, weshalb und wie. Ähnlich dazu sind Sie auch Sie selbst, ohne es zu wissen. Es ist nichts falsch mit Ihnen als dem Selbst. Es ist, was es ist. Es ist der Spiegel, der nicht rein und wahr ist, und der daher falsche Bilder spiegelt. Sie müssen sich nicht selbst verbessern – richten Sie nur Ihre Idee von sich selbst neu aus. Lernen Sie, sich selbst vom Bild und vom Spiegel zu trennen, indem Sie sich immer erinnern: Ich bin weder der Verstand noch seine Ideen. Tun Sie dies geduldig und mit Überzeugung, und Sie werden gewiss zu einer unmittelbaren Schau Ihrer selbst als die Quelle des Seins gelangen – wissend, liebend, ewiglich, allumfassend und alldurchdringend. Sie sind das Unendliche, dass sich in einem Körper darstellt. Im Moment sehen Sie nur den Körper. Arbeiten Sie ernsthaft und eines Tages werden Sie nur noch das Unendliche sehen. Frage: Dauert die Erfahrung de Wirklichkeit, wenn sie eines Tages kommt, an? Maharaj: Alle Erfahrung ist notwendigerweise vergänglich. Aber die Grundlage aller Erfahrung ist unbeweglich. Nichts, was ein Ereignis genannt wird, dauert an. Jedoch manche Ereignisse reinigen den Verstand, während andere ihn beschmutzen. Momente tiefer Einsicht und allumfassender Liebe reinigen den Verstand, während Wünsche und Ängste, Neid und Ärger, blinder Glaube und intellektuelle Arroganz die Psyche verseuchen und abstumpfen. Frage: Ist Selbst-Verwirklichung wirklich so wichtig?
Maharaj: Ohne sie werden Sie von Ihren Wünschen und Ängsten verfolgt - sie wiederholen sich in völliger Sinnlosigkeit und verursachen endlose Leiden. Die meisten Leute wissen nichts davon, dass sie dem Schmerz ein Ende bereiten können. Sobald sie dann die gute Nachricht vernommen haben, dann ist das Beste, was sie tun können, allen Hader und Kampf hinter sich zu lassen. Sie wissen, dass sie frei sein können. Nun liegt es bei Ihnen. Entweder bleiben Sie für immer hungrig und durstig, suchen, verlangen, tasten umher, halten fest, verlieren und bekümmern sich auf ewig, oder Sie gehen mutig auf die Suche nach der zeitlosen Vollkommenheit, der nichts hinzugefügt und nichts weggenommen werden kann. Dort sind alle Wünsche und Ängste abwesend; nicht etwa, weil sie aufgegeben worden sind, sondern weil sie ihre Bedeutung verloren haben. Frage: Bis hierhin kann ich Ihnen folgen. Was soll ich nun tun? Maharaj: Es gibt nichts zu tun. Seien Sie einfach. Tun Sie nichts. Seien Sie. Klettern Sie nicht auf Berge und sitzen Sie nicht in Höhlen. Ich sage nicht einmal: „sei du selbst“, da Sie sich selbst nicht kennen. Seien Sie einfach nur. Indem Sie sehen, dass Sie weder die „äußere Welt“ des Wahrnehmbaren noch die „innere“ Welt des Denkbaren, dass Sie weder Körper noch Verstand sind – seien Sie einfach. Frage: Es gibt doch gewiss Grade der Verwirklichung. Maharaj: Es gibt keine Schritte zur SelbstVerwirklichung. Da sind keinerlei Grade oder Stufen. Es passiert plötzlich und ist unumkehrbar. Sie wechseln in eine neue Dimension über, von der aus Sie die frühere als bloße Abstraktion erkennen. So wie Sie bei einem Sonnenaufgang die Dinge so sehen, wie sie sind, so sehen Sie bei der Selbst-
Verwirklichung alles so, wie es ist. Die Welt der Illusionen liegt hinter Ihnen. Frage: Ändern sich im Zustand der Verwirklichung die Dinge noch? Werden Sie farbiger und bedeutungsvoller? Maharaj: Die Erfahrung ist wohl so, aber es ist nicht die Erfahrung der Wirklichkeit (sadanubhav), sondern der Harmonie (satvanubhav) des Universums. Frage: Trotzdem gibt es doch da ein Fortschreiten. Maharaj: Ein Fortschreiten kann es nur in der Vorbereitung (sadhana) geben – die Verwirklichung ist plötzlich. Die Frucht reift langsam und fällt ohne Wiederkehr plötzlich vom Baum. Frage: Physisch und mental bin ich im Frieden. Was brauche ich mehr? Maharaj: Vielleicht befinden Sie sich noch nicht im letzten Zustand. Sie werden die Rückkehr zum natürlichen Zustand daran erkennen, dass es eine komplette Abwesenheit aller Wünsche und Ängste gibt. An der Wurzel aller Wünsche und Ängste liegt das Empfinden, nicht zu sein, was Sie sind. So wie ein verrenkter Arm nur so lange schmerzt, so lange er nicht eingerenkt ist, und vergessen wird, nachdem er wieder in Ordnung gebracht wurde, so ist alle Selbst-Bezogenheit ein Symptom einer mentalen Störung, die verschwindet, sobald man im normalen Zustand ist. Frage: Ja, aber worin besteht das sadhana zum Erreichen des natürlichen Zustands? Maharaj: Halten Sie am Gefühl „Ich bin“ fest, indem Sie alles andere ausschließen. Sobald der Verstand auf diese Weise komplett still geworden ist, leuchtet er in einem neuen Licht und vibriert mit einem neuen Wissen. Alles kommt spontan – Sie brauchen nur am „Ich bin“ festzuhalten. So wie nach
dem Erwachen aus dem Schlaf oder einer Ekstase fühlen Sie sich ausgeruht und können doch nicht erklären, weshalb und wie es kam, dass Sie sich so wohl fühlen. In derselben Weise fühlen Sie sich nach der Verwirklichung vollständig, erfüllt, frei vom Schmerz-Vergnügen-Problem, und ebenfalls nicht gänzlich in der Lage, was weshalb und wie passiert ist. Sie können es nur in negativen Begriffen ausdrücken: „Nichts ist mehr falsch an mir“. Nur durch den Vergleich mit der Vergangenheit können Sie wissen, dass Sie es hinter sich haben. Sie sind einfach nur noch Sie selbst. Versuchen Sie nicht, es anderen zu erklären. Falls Sie es können, dann ist nichts Wahres daran. Seien Sie still und beobachten Sie es, wie es sich selbst in Aktion zum Ausdruck bringt. Frage: Wenn Sie mir erklären würden, wie ich werden sollte, könnte mir dies bei der Beobachtung meiner Entwicklung helfen. Maharaj: Wie könnte Ihnen irgendjemand erklären, wie Sie werden sollten, wenn es doch kein Werden gibt? Sie entdecken einfach nur, was Sie sind. Alles Formen von sich selbst in ein vorgegebenes Muster ist nur ein verdrießliches Verschwenden von Zeit. Denken Sie weder an die Vergangenheit noch an die Zukunft – seien Sie einfach. Frage: Wie kann ich denn einfach nur sein? Veränderungen gibt es immer. Maharaj: Veränderungen sind unvermeidlich im Veränderlichen, aber Sie sind dem nicht unterworfen. Sie sind der wandellose Hintergrund, von dem aus Veränderungen wahrgenommen werden. Frage: Alles wandelt sich, auch der Hintergrund. Es gibt keine Notwendigkeit dazu, einen wandellosen Hintergrund zum Wahrnehmungen von Änderungen zu haben. Das Selbst ist momentan –
es ist bloß der Punkt, wo die Vergangenheit die Zukunft trifft. Maharaj: Natürlich ist ein auf die Erinnerung gegründetes Selbst nur momentan. Jedoch setzt ein solches Selbst eine ungebrochene Kontinuität dahinter voraus. Sie wissen aus der Erfahrung, dass es dort Lücken gibt, wo Sie Ihr Selbst vergessen haben. Wodurch kommt es dann wieder ins Dasein? Was weckt Sie am Morgen? Es muss einen konstanten Faktor geben, der die Lücken im Bewusstsein überbrückt. Wenn Sie sorgfältig beobachten, werden Sie feststellen, dass Ihr tägliches Bewusstsein wie ein Aufblitzen ist; mit alle Zeit darin vorkommenden Lücken. Was ist in den Lücken? Was kann anderes darin sein als Ihr wahres Sein, das zeitlos ist, und für welches Verstand und Verstandlosigkeit ein und dasselbe sind. Frage: Gibt es irgend einen besonderen Ort, den Sie mir empfehlen würden, um nach spirituellen Zielen zu suchen? Maharaj: Der einzig richtige Ort ist innen. Die äußere Welt hilft weder noch behindert sie dabei. Kein System, kein Tätigkeitsmuster kann Sie an Ihr Ziel bringen. Geben Sie alles Arbeiten an einer Zukunft auf, konzentrieren Sie sich völlig auf das Jetzt, seien Sie nur mit Ihrer eigenen Antwort auf jeden Moment des Lebens, wie es geschieht, befasst. Frage: Was ist die Ursache dieses Drangs, umherzuwandern? Maharaj: Es gibt keine Ursache. Sie träumen lediglich, dass Sie umherwandern. In einigen Jahren wird Ihnen Ihr Aufenthalt in Indien wie ein Traum vorkommen. Dann träumen Sie wieder irgend einen anderen Traum. Erkennen Sie, dass es nicht Sie selbst sind, der von Traum zu Traum wandert, sondern dass die Träume vor Ihnen ablaufen und Sie
selbst der unbewegliche Zeuge sind. Kein Geschehen kann Ihr wahres Sein berühren – dies ist die absolute Wahrheit. Frage: Aber kann ich mich nicht physisch bewegen und stetig nach innen gewandt sein? Maharaj: Das können Sie, aber zu welchem Zweck? Wenn Sie nur ernsthaft genug sind, werden Sie erkennen, dass Sie am Ende nur des Umherwanderns überdrüssig sind und die Verschwendung an Zeit und Energie bedauern. Um Ihr Selbst zu finden, brauchen Sie keinen einzigen Schritt zu gehen. Frage: Gibt es einen Unterschied zwischen der Erfahrung des Selbst (atman) und des Absoluten (brahman)? Maharaj: Es kann keine Erfahrung des Absoluten geben, da es über alle Erfahrung hinausgeht. Andererseits ist das Selbst der in jeder Erfahrung von jedermann erfahrene Faktor, und von daher in gewisser Weise die Bestätigung der Vielfalt der Erfahrungen. Die Welt mag voll vieler Dinge von großem Wert sein, aber es gibt niemanden, der sie kaufen könnten – sie haben keinen Preis. Das Absolute enthält alles Erfahrbare, aber ohne die Erfahrung sind sie wertlos. Das, was die Erfahrung möglich macht, ist das Absolute. Was sie wirklich macht, ist das Selbst. Frage: Können wir das Absolute nicht durch einen Prozess schrittweiser Erfahrung erreichen? Indem wir z.B. mit der gröbsten beginnen und mit der sublimsten enden? Maharaj: Es kann keine Erfahrung ohne einen Wunsch danach geben. Es kann Grade der Wünsche geben, aber zwischen dem sublimsten Wunsch und der Freiheit von allen Wünschen ist eine Kluft, die überwunden werden muss. Das Unwirkliche mag wirklich erscheinen, aber es ist vergänglich. Das
Wirkliche fürchtet sich nicht vor der Zeit. Frage: Ist das Unwirkliche nicht der Ausdruck des Wirklichen? Maharaj: Wie kann das sein? Es ist, als würde man sagen, dass die Wahrheit sich selbst in Träumen ausdrückt. Für das Wirkliche ist das Unwirkliche nicht. Es erscheint als wirklich nur deshalb, weil Sie daran glauben. Bezweifeln Sie es – und es wird verschwinden. Wenn Sie in jemanden verliebt sind, geben Sie dem eine Wirklichkeit. Sie stellen sich Ihre Liebe als allmächtig und ewig vor. Wenn es dann endet, sagen Sie: „Ich dachte, es wäre wirklich, aber das war es nicht.“ Die Vergänglichkeit ist der Prüfstein des Unwirklichen. Was in Zeit und Raum begrenzt und nur für eine einzelne Person gültig ist, ist nicht wirklich. Das Wirkliche ist für immer und ewig. Sie schätzen sich selbst über alles. Sie würden nichts im Austausch für Ihre Existenz akzeptieren wollen. Der Wunsch zu sein ist der stärkste aller Wünsche. Er geht erst dann, wenn die Verwirklichung Ihrer wahren Natur da ist. Frage: Sogar im Unwirklichen gibt es doch eine Spur des Wirklichen. Maharaj: Ja, die Wirklichkeit, die Sie ihr verleihen, indem Sie an sie glauben. Sobald Sie sich einmal von etwas überzeugt haben, sind Sie an Ihre Überzeugung gebunden. Wenn die Sonne scheint, erscheinen die Farben. Wenn sie untergeht, verschwinden sie wieder. Was wären die Farben ohne das Licht? Frage: Das wäre ein Denken in Dualität. Maharaj: Alles Denken ist in der Dualität. In der Identität überlebt kein einziger Gedanke.
Gott ist das Ende allen Verlangens und allen Wissens (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Im Selbst-Gewahrsein lernt man sich selbst kennen Frage: Unser aller oftmalige Erfahrung ist es, dass die Schüler dem Guru viel Schaden zufügen. Sie machen lauter Pläne, die sie dann ohne Berücksichtigung der Wünsche des Gurus ausführen. Am Ende gibt es dann nur endlose Probleme für den Guru und Kummer bei den Schülern. Maharaj: Ja, das stimmt. Frage: Wer zwingt den Guru dazu, sich diesen Würdelosigkeiten zu unterwerfen? Maharaj: Der Guru ist grundsätzlich ohne alle Wünsche. Er sieht, was geschieht, fühlt aber keinen Drang einzugreifen. Er hat keine Vorlieben und trifft keine Entscheidungen. Als reiner Zeuge beobachtet er alles, was vor sich geht, und bleibt unberührt. Frage: Aber sein Werk leidet. Maharaj: Am Ende ist ihm stets der Sieg sicher. Er weiß, dass die Schüler, die nicht von seinen Worten lernen, aus ihren Fehlern lernen werden. Im Innern bleibt er stets still und schweigend. Er hat kein Gefühl davon, eine getrennte Person zu sein. Das gesamte Universum ist sein einschließlich seiner Schüler mit ihren kleinen Plänen. Es gibt nichts, was ihn besonders betrifft, oder, was auf dasselbe hinausläuft, das gesamte Universum betrifft ihn in allem in gleichem Maße. Frage: Gibt es nicht so etwas wie die Gnade des Gurus? Maharaj: Seine Gnade ist konstant und universell. Sie wird nicht dem einen gegeben und dem anderen nicht. Frage: Auf welche betrifft mich dies persönlich?
Maharaj: Es geschieht durch die Gnade des Gurus, dass Ihr Gemüt sich der Suche nach der Wahrheit zuwendet, die Sie schließlich durch seine Gnade finden. Sie arbeitet im Hintergrund und beständig für Ihr letztliches Wohl. Und dies gilt für alle. Frage: Manche Schüler sind reif und bereit und andere nicht. Muss der Guru dann nicht eine Wahl und Entscheidungen treffen? Maharaj: Der Guru kennt das höchste Ziel und treibt den Schüler schonungslos in seine Richtung. Der Schler ist voller Hindernisse, die er selbst überwinden lernen muss. De Guru ist nicht so sehr mit all den Oberflächlichkeiten im Leben des Schülers befasst. Es ist wie bei der Schwerkraft: Der Apfel muss fallen, sobald er nicht länger zurückgehalten wird. Frage: Wenn der Schüler nicht das Ziel kennt, wie kann er dann die Hindernisse beseitigen? Maharaj: Das Ziel wird vom Guru gezeigt, während die Hindernisse vom Schüler entdeckt werden. Der Guru hat keinerlei Vorlieben, aber diejenigen, die Hindernisse zum Überwinden in sich trage, kommen nicht hinterher. In Wahrheit ist der Schüler nicht unterschieden vom Guru. Er ist selbst dasselbe dimensionslose Zentrum der Wahrnehmung und tätiger Liebe. Nur seine eigene Vorstellung und Selbst-Identifizierung mit dem Vorgestellten schließt ihn ein und verwandelt ihn in eine Person. Der Guru macht sich nur wenig Gedanken um die Person. Seine Aufmerksamkeit liegt auf dem inneren Zuschauer. Es ist die Aufgabe des inneren Zuschauers, die Person zu verstehen und gegebenenfalls zu eliminieren. Auf der einen Seite muss es Gnade geben, und auf der anderen muss es eine Hingabe an die Sache geben. Frage: Die Person möchte aber nicht eliminiert
werden. Maharaj: Die Person ist nur das Ergebnis eines Missverständnisses. In der Wirklichkeit gibt es so etwas wie die Person nicht. Gefühle, Gedanken und Handlungen laufen vor dem Zuschauer in endloser Folge ab. Sie hinterlassen im Gehirn Spuren und erzeugen die Illusion von Kontinuität. Eine Reflektion des Zuschauers im Gemüt erzeugt dann das Gefühl des „Ich“. Die Person erwirbt dadurch eine anscheinend unabhängige Existenz. In Wirklichkeit gibt es keine Person – nur den Zuschauer, der sich selbst mit dem „Ich“ und dem „mein“ identifiziert. Der Lehrer sagt dem Zuschauer: Dies bist du nicht, darin ist nichts von Dir selbst außer dem winzigen Punkt des „Ich bin“, der die Brücke zwischen dem Beobachter und seinem Traum darstellt. „Ich bin dies, ich bin das“ ist nur ein Traum, während das reine „Ich bin“ das Siegel der Wirklichkeit trägt. Sie haben so viele Dinge gekostet – alle werden zunichte werden. Allein das Gefühl „Ich bin“ dauert an – unverändert. Bleiben Sie angesichts der Veränderlichen beim Unveränderlichen, bis Sie fähig sind, darüber hinaus zu gehen. Frage: Was wird dann als nächstes geschehen? Maharaj: Es wird geschehen, sobald Sie die Hindernisse beseitigt haben. Frage: Welche Hindernisse? Maharaj: Das Verlangen nach dem Falschen und die Furcht vor dem Wahren. Sie als Person stellen sich vor, dass der Guru an Ihnen als einer Person interessiert sei. Überhaupt nicht. Für Ihn sind Sie eine Plage und ein Ärgernis für sich selbst, das beseitigt werden muss. Tatsächlich arbeitet er an Ihrer Beseitigung als einen Faktor im Bewusstsein. Frage: Und wenn ich dann eliminiert bin – was wird dann sein? Maharaj: Nichts wird bleiben – alles wird bleiben.
Das Gefühl der Identität wird bleiben, aber nicht länger in der Form einer Identifikation mit einem bestimmten Körper. Sein – Gewahrsein – Liebe wird in vollem Licht erblühen. Bei der Befreiung wird niemals die Person befreit, sondern sie ist im Gegenteil eine Befreiung von der Person. Frage: Und bleiben keinerlei Spuren der Person zurück? Maharaj: Es bleibt eine vage Erinnerung, wie die an einen Traum oder die frühe Kindheit. Woran sollte man sich schließlich noch erinnern? Es ist ja alles nur ein Fluß von Ereignissen – die meisten davon zufällig und bedeutungslos. Eine Abfolge von Wünschen, Ängsten und unwichtigen Irritationen. Was gäbe es, dass einer Erinnerung wert wäre? Die Person ist nichts als eine Schale, in der Sie eingesperrt sind. Brechen Sie die Schale auf. Frage: An wen richten Sie Ihre Aufforderung, die Schale aufzubrechen? Wer soll die Schale aufbrechen? Maharaj: Durchbrechen Sie die Fesseln der Erinnerung und der Selbst-Identifizierung, und die Schale wird von selbst aufbrechen. Es gibt ein Zentrum, das allem, was es wahrnimmt, Wirklichkeit mitteilt. Alles was Sie brauchen, ist das Verstehen, dass Sie die Quelle der Wirklichkeit sind; das Sie selbst die Wirklichkeit verleihen, anstatt diese zu bekommen; dass Sie keinerlei Unterstützung oder Bestätigung benötigen. Die Dinge sind wie sie sind, weil Sie sie so akzeptieren, wie sie Ihnen erscheinen. Hören Sie damit auf, sie zu akzeptieren, und sie werden sich auflösen. Was immer Sie wünschen oder fürchten, wird vor Ihren Augen als wirklich auftauchen. Schauen Sie es ohne Verlangen und Furcht an – und es wird seine ganze Substanz verlieren. Vergnügen und Schmerz sind nur momentan. Es ist viel einfacher und leichter, sie zu ignorieren als darauf zu reagieren.
Frage: Wenn alle Dinge schließlich an ihr Ende kommen, wozu tauchen Sie denn überhaupt auf? Maharaj: Das Erschaffen liegt in der Natur des Bewusstseins. Bewusstsein verursacht Erscheinungen. Die Wirklichkeit liegt jenseits des Bewusstseins. Frage: Wenn wir uns der Erscheinungen doch bewusst sind – wie kann es dann geschehen, dass wir uns ihrer nicht als bloße Erscheinungen bewusst sind? Maharaj: Der Verstand verdeckt die Wirklichkeit, ohne davon zu wissen. Um die Natur des Verstandes kennen zu lernen, benötigen Sie Intelligenz, die Fähigkeit zur stillen Betrachtung des Verstandes und leidenschaftsloses Gewahrsein. Frage: Wenn ich die Natur allesdurchdringenden Gewahrseins habe, wie können dann all diese Unwissenheit und Illusionen zu mir gekommen sein? Maharaj: Weder Unwissenheit noch Illusionen sind jemals zu Ihnen gekommen. Finden Sie das Selbst, dem Sie die Unwissenheit und Illusion zuschreiben, und Ihre Frage wird beantwortet sein. Sie sprechen so, als würden Sie das Selbst kennen, und so sehen Sie es unter einem Schleier von Unwissenheit und Illusion begraben. Tatsache ist jedoch, dass Sie weder das Selbst kennen noch der Unwissenheit gewahr sind. Werden Sie gewahr – dies wird Sie zum Selbst bringen, und Sie werden erkennen, dass in ihm weder Unwissenheit noch Illusion sind. Es ist als würde man sagen: Wenn da die Sonne ist, wie kann es dann Dunkelheit geben? Wie es unter einem Stein dunkel ist, wie stark auch das Sonnenlicht sein mag, so muss es im Schatten des „Ich-bin-derKörper“-Bewusstseins zwangläufig Dunkelheit geben. Frage: Aber weshalb ist das Körperbewusstsein überhaupt entstanden?
Maharaj: Fragen Sie nicht „weshalb“, sondern „wie“. Es liegt in der Natur der schöpferischen Vorstellungskraft, sich selbst mit seinen Schöpfungen zu identifizieren. Sie können dies jederzeit stoppen, indem Sie die Aufmerksamkeit darauf abschalten. Oder Sie erzielen es durch Erforschung. Frage: Kommt die Erschaffung vor der Erforschung? Maharaj: Als erstes erzeugen Sie die Welt, dann wird das „ich bin“ eine Person, die aus verschiedenen Gründen nicht besonders glücklich ist. Sie wandert herum auf der Suche nach dem Glück, und trifft den Guru, der ihr sagt: „Sie sind keine Person – finden Sie heraus, wer Sie sind.“ Er tut es und geht darüber hinaus. Frage: Weshalb tut er es nicht von Anfang an? Maharaj: Es kommt ihm nicht in den Sinn. Er brauchte jemanden, der es ihm erzählte. Frage: War das dann ausreichend? Maharaj: Das war ausreichend. Frage: Und warum funktioniert es in meinem Fall nicht? Maharaj: Sie vertrauen mir nicht. Frage: Weshalb ist mein Vertrauen so schwach? Maharaj: Verlangen und Furcht haben Ihr Gemüt stumpf gemacht. Es muss geschärft werden. Frage: Wie kann ich mein Gemüt denn klarer machen? Maharaj: Durch unnachsichtige Beobachtung. Unaufmerksamkeit verdunkelt, Aufmerksamkeit klärt. Frage: Weshalb treten die indischen Lehrer für die Inaktivität ein? Maharaj: Die meisten Beschäftigungen der
Menschen sind wertlos oder sogar direkt destruktiv. Da sie von Furcht und Verlangen dominiert werden, können sie für nichts gut sein. Das Gute beginnt damit, dass man das Böse aufgibt. Daher kommt die Notwendigkeit, alle Aktivitäten für eine gewisse Zeit einzustellen, die eigenen Wünsche und Motive zu erforschen, zu sehen, was falsch im eigenen Leben läuft, das Gemüt von allem Bösen zu reinigen und dann die Tätigkeit wieder aufs neue aufzunehmen, indem man mit den offensichtlichsten Pflichten beginnt. Falls Sie eine Gelegenheit haben, irgend jemandem zu helfen, tun Sie es auf jeden Fall und sofort – lassen Sie ihn nicht warten, bis Sie perfekt sind. Aber versuchen Sie nicht, ein professioneller Wohltäter zu werden. Frage: Ich habe nicht das Gefühl, dass es unter den Schülern besonders viele Gutes-Tuende gibt. Die meisten von denen, die ich getroffen habe, sind in ihre eigenen kleinen Konflikte vertieft. Sie haben kein Herz für andere. Maharaj: Diese Selbstbezogenheit ist nur zeitweise. Seien Sie geduldig mit diesen Menschen. Sie haben so viele Jahre lang ihre Aufmerksamkeit allem möglichen außer sich selbst gegeben. Geben Sie ihnen die Chance, sich sich selbst zuzuwenden, um einen Wandel herbeizuführen. Frage: Was sind die Früchte des SelbstGewahrseins? Maharaj: Sie werden intelligenter in allem. Im Gewahrsein beginnen Sie zu lernen. Im SelbstGewahrsein lernt man sich selbst kennen. Natürlich können Sie immer nur lernen, was Sie nicht sind. Um zu wissen, was Sie sind, müssen Sie jenseits des Verstandes gehen. Frage: Ist Gewahrsein nicht bereits jenseits des Verstandes? Maharaj: Gewahrsein ist der Punkt, an dem der
Verstand über sich selbst hinauslangt in die Wirklichkeit. Im Gewahrsein suchen Sie nicht nach dem, was erfreut, sondern nach dem, was wahr ist. Frage: Ich finde, dass das Gewahrsein einen Zustand der inneren Stille entstehen lässt; einen Zustand psychischer Leere. Maharaj: Es ist in Ordnung, wie es sich anfühlt, aber es ist nicht genug. Haben Sie ein Gefühl für die allumfassende Leere, in der das Universum treibt wie eine Wolke am blauen Himmel? Frage: Sir, lassen Sie mich erst einmal dahin kommen, meinen eigenen inneren Raum gut kennenzulernen. Maharaj: Zerstören Sie die trennende Mauer, die Idee „Ich bin der Körper“, und das Innere und Äußere werden eins. Frage: Werde ich dabei sterben? Maharaj: Die physische Zerstörung ist unwichtig. Es ist das Hängen am sinnlichen Leben, welches Sie bindet. Wenn Sie die innere Leere vollständig erfassen können, ist die Explosion in die Totalität nahe. Frage: In meiner eigenen spirituellen Erfahrung gibt es Jahreszeiten. Manchmal fühle ich mich glorreich, dann bin ich wieder am Boden. Ich bin dann wie ein kleiner Junge – es geht auf und ab, auf und ab. Maharaj: Alle Wandel im Bewusstsein sind auf die Idee „Ich bin der Körper“ zurückzuführen. Ein Gemüt, dass dieser Idee beraubt worden ist, wird stetig. Da ist dieses reine Sein – frei von allen besonderen Erfahrungen. Um es aber zu erkennen, müssen Sie tun, was Ihr Lehrer Ihnen rät. Bloßes Zuhören, auch nur Erinnern, genügt nicht. Wenn Sie nicht hart dafür kämpfen, jedes einzelne gehörte Wort in Ihrem Alltag anzuwenden, dann dürfen Sie
sich auch nicht beklagen, wenn Sie keine Fortschritte machen. Aller wahrer Fortschritt ist unumkehrbar. Hochs und Tiefs zeigen nur, dass die Lehre noch nicht das Herz erreicht hat und noch nicht vollständig in Tätigkeit übersetzt wurde. Frage: Letztens haben Sie uns gesagt, dass es so etwas wie Karma nicht gäbe. Und doch sehen wir, dass alle Dinge ihre Ursache haben, und dass die Gesamtsumme aller Ursachen sehr wohl Karma genannt werden kann. Maharaj: So lange Sie daran glauben, ein Körper zu sein, so lange werden Sie allem Ursachen zuschreiben. Ich habe nicht gesagt, dass Dinge keine Ursachen haben. Jedes Ding hat zahllose Ursachen. Es ist wie es ist, weil die Welt so ist wie sie ist. Jede Ursache in allen ihren Verzweigungen enthält das ganze Universum. Wenn Sie erkennen, dass Sie absolut frei sind, zu sein, was Sie sein möchten, dass Sie aufgrund von Unwissenheit und Illusion das sind, als was Sie erscheinen, dann liegt es bei Ihnen, ob sie revoltieren und ändern. Sie gestatten sich selbst, etwas zu sein, was Sie nicht sind. Sie suchen nach den Ursachen eines Seins, das Sie nicht sind! Es ist eine fruchtlose Suche. Es gibt keine Ursachen außer Ihrer Unwissenheit über Ihr wahres Sein, das vollkommen und über alle Verursachung hinausreicht. Was auch immer geschieht – alles im Universum ist die Ursache, während Sie selbst die Ursache des Universums sind. Frage: Ich weiß nichts darüber, die Ursache des Universums zu sein. Maharaj: Weil Sie nicht forschen. Untersuchen Sie; suchen Sie im Innern, und Sie werden es wissen. Frage: Wie kann ein Staubkorn wie ich das ungeheure Universum erschaffen? Maharaj: Sobald Sie mit dem Virus „Ich bin der
Körper“ infiziert sind, wird ein ganzes Universum Wirklichkeit. Wenn Sie aber genug davon haben, dann verfolgen Sie einige interessante Ideen wie die der Befreiung und verfolgen Tätigkeiten und Ziele, die völlig nutzlos sind. Sie konzentrieren sich, meditieren, Sie foltern Ihr Gemüt und Ihren Körper und Sie tun alle möglichen unnötigen Dinge, versäumen aber das Wesentliche, das darin besteht, die Person zu beseitigen. Frage: Am Anfang müssen wir aber vielleicht für einige Zeit beten und meditieren, bevor wir reif sind zur Selbst-Erforschung. Maharaj: Wenn Sie dies glauben, dann tun Sie es. In meinen Augen ist jede Verzögerung eine Zeitverschwendung. Sie können sämtliche Vorbereitungen überspringen und direkt zur letztgültigen Suche in sich selbst übergehen. Dies ist der kürzeste und simpelste Yoga.
Was rein, unvermischt und ungebunden ist, ist wirklich (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Der Tod des Gemüts ist die Geburt der Weisheit Frage: Muss man nicht eine Person sein, bevor man seine eigene wahre Natur realisieren kann? Hat das Ego nicht seinen Wert? Maharaj: Die Person ist nur von wenig Nutzen. Sie ist zutiefst nur mit ihren eigenen Angelegenheit beschäftigt und komplett ignorant gegenüber ihren wahren Sein. Solange das bezeugende Bewusstsein nicht mit der Person zu spielen beginnt und sie zu einem Objekt der Beobachtung anstatt zum Subjekt macht, solange ist Verwirklichung nicht machbar. Es ist der Zeuge, der die Verwirklichung wünschenswert und erreichbar macht. Frage: Es kommt ein Punkt im Leben einer Person, an dem sie zum Zeugen wird. Maharaj: Oh nein. Die Person selbst wird nicht zum Zeugen. Es ist wie die Erwartung, dass eine herabgebrannte Kerze im Laufe der Zeit wieder brennen könnte. Die Person würde für immer in der Dunkelheit der Unwissenheit verbleiben, solange die Flamme des Gewahrseins sie nicht berührt. Frage: Wer entzündet die Flamme? Maharaj: Der Guru. Durch seine Worte, seine Gegenwart. In Indien geschieht dies sehr oft durch das Mantra. Sobald die Flamme entzündet ist, wird die Flamme die Kerze verbrauchen. Frage: Weshalb ist das Mantra so wirksam? Maharaj: Die beständige Wiederholung des Mantras ist etwas, was die Person nicht für sich selbst tut. Der Nutznießer ist nicht die Person. Es ist wie bei der Kerze, die durch Brennen nicht zunimmt. Frage: Kann die Person ihrer selbst durch sich selbst gewahr werden?
Maharaj: Ja, manchmal geschieht dies als Ergebnis vielen Leidens. Der Guru versucht Ihnen dieses endlose Leiden zu ersparen. Darin besteht seine Gnade. Auch dort, wo es keinen sichtbaren äußeren Guru gibt, gibt es immer den Sadguru, den inneren Guru, der von innen heraus führt und hilft. Die Worte „innen“ und „außen“ beziehen sich nur auf den Körper; in der Wirklichkeit ist alles eins und das Äußere eine bloße Projektion des Inneren. Gewahrsein entsteht aus einer höheren Dimension heraus. Frage: Was ist der Unterschied, bevor der Funke entzündet ist, und danach? Maharaj: Vor dem entzündeten Funken gibt es keinen Zeugen, der den Unterschied wahrnimmt. Die Person mag bewusst sein, aber sie ist nicht gewahr, bewusst zu sein. Sie ist komplett mit allen identifiziert, was sie denkt, fühlt und erfährt. Die Dunkelheit in ihr selbst ist ihr eigenes Erzeugnis. Sobald die Dunkelheit in Frage gestellt wird, löst sie sich auf. Das Verlangen nach der Infragestellung wird vom Guru eingepflanzt. Anders ausgedrückt: Der Unterschied zwischen der Person und dem Zeugen besteht darin, sich selbst zu kennen oder nicht. Die im Bewusstsein wahrgenommene Welt ist selbst von der Natur des Bewusstseins, sobald es Harmonie (sattva) gibt. Sobald jedoch Aktivität und Passivität (rajas und tamas) entstehen, verdunkelt und verzerrt sie sich, und Sie sehen das Falsche als Wirklich. Frage: Was kann die Person dazu tun, um sich auf das Kommen des Guru vorzubereiten? Maharaj: Der Wunsch danach, bereit zu sein, bedeutet aus sich heraus bereits, dass der Guru gekommen und die Flamme entzündet ist. Es kann ein zufälliges Wort oder eine Seite in einem Buch gewesen sein – die Gnade des Gurus arbeitet rätselhaft.
Frage: Gibt es nicht so etwas wie SelbstVorbereitung? Wir haben so viel über Yoga Sadhana gehört. Maharaj: Es ist nicht die Person, die das Sadhana tut. Die Person ist unruhig und widerwillig bis zum Schluss. Es ist der Zeuge, der die Person bearbeitet, auf der Gesamtheit ihrer Illusionen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Frage: Wie können wir wissen, dass Sie die Wahrheit sagen? Zwar ist es selbstredend und frei von inneren Widersprüchen, aber wie können wir wissen, ob es nicht vielleicht ein Produkt von fruchtbarer Einbildung ist – genährt und angereichert durch ständige Wiederholung? Maharaj: Der Prüfstein der Wahrheit liegt in ihrer Wirkung auf den Zuhörer. Frage: Worte können sehr machtvolle Wirkungen haben. Durch Hören oder Wiederholen von Worten können verschiedene Arten von Trancen erfahren werden. Die Erfahrung des Zuhörers ist vielleicht nur künstlich hervorgerufen und kann daher nicht als Erweis angesehen werden. Maharaj: Die Wirkung muss nicht notwendigerweise eine Erfahrung sein. Es kann ein Wandel im Charakter, in der Motivation oder in der Beziehung zu Leuten und zu sich selbst sein. Trancen oder Visionen, die durch Worte, Drogen oder andere sinnliche oder mentale Methoden hervorgerufen wurden, sind temporär und ergebnislos. Die Wahrheit dessen jedoch, was hier gesagt wird, ist unerschütterlich und immerwährend. Und der Erweis dessen liegt im Zuhörer; und dem tiefen und dauerhaften Wandel seines gesamten Seins. Es ist nicht etwas, was er anzweifeln könnte – es sei denn, er zweifelte an seiner eigenen Existenz, was undenkbar wäre. Wenn meine Erfahrung zu Ihrer eigenen Erfahrung
geworden ist, dann kann es keinen besseren Beweis für Sie geben. Frage: Der Erfahrende ist der Beweis seiner Erfahrung. Maharaj: Ganz richtig, aber der Erfahrende benötigt keinen Beweis. „Ich bin, und ich weiß, dass ich weiß“. Weitere Beweise sind unmöglich. Frage: Kann es ein wahres Wissen der Dinge geben? Maharaj: Relativ gesehen – ja. Absolut gesehen, gibt es keine Dinge. Zu wissen, dass nichts ist, ist wahres Wissen. Frage: Worin besteht die Beziehung zwischen dem Relativen und dem Absoluten? Maharaj: Sie sind identisch. Frage: Von welchem Gesichtspunkt aus sind sie identisch? Maharaj: Sobald die Worte ausgesprochen sind, herrscht absolute Stille. Wenn das Relative vorbei ist, herrscht das Absolute. Ist die Stille vor dem Aussprechen der Worte unterschieden von der Stille, die danach kommt? Die Stille ist eine – ohne sie hätten die Worte nicht gehört werden können. Sie ist immer da – hinter den Worten. Verlagern Sie Ihre Aufmerksamkeit von den Worten zur Stille, und Sie werden sie hören. Der Verstand langt nach der Erfahrung und hält dann die Erinnerung daran für Wissen. Der Jnani ist über alle Erfahrung hinaus – seine Erinnerung ist geleert von der Vergangenheit. Er ist allem gegenüber gänzlich beziehungslos. Der Verstand jedoch giert nach Formulierungen und Definitionen – er ist stets eifrig darum bemüht, die Wirklichkeit in eine verbale Form zu pressen. Er will von allem eine Idee haben, denn ohne Ideen ist der Verstand nicht mehr. Die Wirklichkeit steht essenziell für sich selbst und allein – der Verstand
jedoch will sie nicht für sich selbst und allein stehen lassen. Anstelle dessen bemüht er sich um das Unwirkliche. Und doch ist dies das Einzige, wozu der Verstand in der Lage wäre – das Unwirkliche als unwirklich zu erkennen. Frage: Und das Wirkliche als wirklich zu sehen? Maharaj: Es gibt keinen Zustand wie das Wirkliche sehen zu können. Wer sollte was sehen? Sie können nur wirklich und nichts anderes sein – was sie auf jeden Fall sind. Das Problem ist rein mental. Geben Sie falsche Ideen auf – das ist alles. Eine Notwendigkeit für wahre Ideen gibt es nicht. Es gibt keine. Frage: Weshalb werden wir dann dazu ermuntert, das Wirkliche zu suchen? Maharaj: Der Verstand muss etwas zum Arbeiten haben. Ihn zu ermuntern, sich selbst vom Unwirklichen zu befreien, bedeutet, ihm etwas als Belohung zu versprechen. In der Wirklichkeit gibt es keine Notwendigkeit dazu, an etwas zu arbeiten. Frei sein zu wollen vom Falschen ist gut in sich selbst - es verlangt nicht nach einer Belohnung. Es ist einfach nur so wie sauber sein zu wollen – es ist seine eigene Belohnung. Frage: Ist denn nicht die Selbst-Erkenntnis die Belohnung? Maharaj: Die Belohnung der Selbst-Erkenntnis ist die Freiheit vom persönlichen Selbst. Sie können den Kenner nicht kennen, weil Sie selbst es sind. Die Tatsache des Kennens beweist den Kenner. Einen anderen Beweis brauchen Sie nicht. Der Kenner des Gekannten kann nicht gekannt werden. So wie das Licht nur in den Farben gekannt werden kann, so ist der Kenner im Wissen bekannt. Frage: Ist der Kenner dann nur eine
Schlussfolgerung? Maharaj: Sie kennen Ihren Körper, die Gefühle und den Verstand. Wären Sie demnach nur eine Schlussfolgerung? Frage: Für andere bin ich eine Schlussfolgerung, aber nicht für mich selbst. Maharaj: Genauso wie ich – eine Schlussfolgerung für Sie, aber nicht für mich selbst. Ich kenne mich selbst, indem ich ich selbst bin. So wie Sie sich selbst als Mensch kennen, indem Sie einer sind. Sie müssen sich nicht ständig daran erinnern, dass Sie ein Mensch sind. Nur falls Ihre Menschlichkeit in Frage gestellt werden würde, müssten Sie sich ihrer neu versichern. Ähnlich dazu weiß ich, dass ich alles bin. Ich muss mir nicht ständig wiederholen: „Ich bin alles, ich bin alles“. Nur wenn Sie mich für eine bestimmte Person halten, dann protestiere ich. So wie Sie alle Zeit ein Mann sind, so bin ich, was ich bin – alle Zeit. Was immer Sie unverändert sind, das sind Sie über jeden Zweifel hinaus. Frage: Wenn ich Sie frage, wie Sie wissen können, dass Sie ein Jnani sind, antworten Sie: „Ich habe keinerlei Wünsche in mir. Ist dies nicht der Beweis?“ Maharaj: Auch wenn ich voll von Wünschen wäre, würde ich immer noch sein, was ich bin. Frage: Was wäre dann der Unterschied zwischen Ihnen und mir – beide voll von Wünschen? Maharaj: Sie identifizieren sich selbst mit Ihren Wünschen und werden so deren Sklave. Für mich sind Wünsche Dinge neben anderen Dinge; bloße Wolken im mentalen Himmel. Ich fühle mich nicht veranlasst, auf sie einzugehen. Frage: Der Kenner und sein Gekanntes – sind sie eins oder zwei? Maharaj: Sie sind beides. Der Kenner ist das Unmanifestierte – das Gekannte das Manifestierte.
Das Gekannte ist immer in Bewegung, es ändert sich und hat keinerlei festgelegte Gestalt oder festen Ort. Der Kenner ist die unbewegte Grundlage allen Gekannten. Jeder braucht den anderen, während die Realität jedoch dahinter liegt. Der Jnani kann nicht gekannt werden, weil es niemanden gibt, der gekannt werden könnte. Sobald e seine Person gibt, können Sie etwas über sie aussagen, aber wenn es keinerlei Selbstidentifizierung mit etwas Bestimmtem gibt, können Sie auch nichts aussagen. Sie können einem Jnani alles mögliche sagen. Seine Antwort wird stets sein: „Von wem reden Sie? Eine solche Person gibt es nicht.“ So wie Sie nichts über das Universum sagen können, weil es alles enthält, so kann auch nichts über den Jnani gesagt werden, weil er alles und nichts besonderes gleichzeitig ist. Zum Aufhängen eines Bildes benötigen Sie einen Nagel – wenn es keinen gibt, woran kann man das Bild dann aufhängen? Zur Lokalisierung eines Dings benötigen Sie Raum, zum Geschehenlassen eines Ereignisses brauchen Sie Zeit. Das Zeitlose und Raumlose jedoch widersetzt sich jeder Form des Umgangs. Es macht alles wahrnehmbar, ist jedoch selbst jenseits der Wahrnehmung. Der Verstand kann nicht wissen, was jenseits des Verstandes ist, sondern der Verstand wird von dem gekannt, was jenseits von ihm ist. Der Jnani kennt weder Tod noch Geburt; für ihn sind Existenz und Nicht-Existenz ein und dasselbe. Frage: Wenn Ihr Körper stirbt, bleiben Sie übrig. Maharaj: Nichts stirbt. Der Körper ist nur eine Einbildung. Es gibt nichts derartiges. Frage: Noch vor Ablauf des Jahrhunderts werden Sie für alle um Sie herum tot sein. Ihr Körper wird mit Blumen bedeckt, verbrannt und die Asche verstreut. Das wird unsere Erfahrung sein. Was wird Ihre sein? Maharaj: Die Zeit kommt an ein Ende. Dies heißt
der Große Tod (mahamrityu), der Tod der Zeit. Frage: Bedeutet dies, dass das Universum und sein Inhalt an ein Ende kommen werden? Maharaj: Das Universum ist Ihre persönliche Erfahrung. Wovon sollte diese betroffen sein? Sie haben vielleicht eine Vorlesung für zwei Stunden gegeben – wohin ist sie gegangen, wenn sie vorüber ist? Sie hat sich mit der Stille vereint, in der der Anfang, die Mitte und das Ende der Vorlesung zusammen enthalten sind. Die Zeit hat angehalten; sie war, ist aber nicht mehr. Die Stille nach einem Leben des Sprechens und die Stille nach einem Leben der Stille ist dieselbe Stille. Unsterblichkeit bedeutet das Freisein von dem Gefühl „Ich bin“. Und doch ist es keine Auslöschung. Im Gegenteil – es ist ein Zustand, der definitiv realer, bewusster und glücklicher ist, als Sie sich dies vorzustellen vermögen. Nur das Selbst-Bewusstsein ist nicht mehr. Frage: Weshalb fällt der Große Tod des Verstandes mit dem „kleinen Tod“ des Körpers zusammen? Maharaj: Tut er nicht! Vielleicht sterben Sie hundert Tode ohne eine Unterbrechung des mentalen Aufruhrs. Oder Sie behalten Ihren Körper und sterben nur im Verstand. Der Tod des Gemüts ist die Geburt der Weisheit. Frage: Die Person geht – nur der Zeuge verbleibt. Maharaj: Wer verbleibt, um sagen zu können: „Ich bin der Zeuge“? Wenn es kein „Ich bin“ mehr gibt - wo sollte der Zeuge sein? In dem zeitlosen Zustand gibt es kein Selbst, zu dem man Zuflucht nehmen könnte. Der Mann, der das Paket austrägt, sorgt sich, es zu verlieren – er ist „Paket-bewusst“. Der Mann, der sich des Gefühls „Ich bin“ erfreut, ist selbst-bewusst. Der Jnani hält
an nichts fest und kann doch nicht bewusst genannt werden. Und er ist auch nicht unbewusst. Er ist tatsächlich das Herz des Gewahrseins. Wir nennen ihn „digambara“; in Raum gekleidet; der Nackte Eine; jenseits aller Erscheinungsformen. Es gibt keinen Namen und keine Gestalt, die man ihm zuschreiben könnte, und doch ist er derjenige, der wahrhaftig ist. Frage: Ich verstehe das nicht. Maharaj: Wer könnte das auch? Der Verstand hat seine Grenzen. Es genügt, Sie an die äußersten Grenzen Ihres Wissens zu geleiten und Sie dem Ungeheuren des Unbekannten gegenüberzustellen. Darin einzutauchen ist Ihre Aufgabe. Frage: Was ist mit dem Zeugen? Ist er wirklich oder unwirklich? Maharaj: Er ist beides. Der letzte Überrest der Illusion – die erste Berührung des Wirklichen. Zu sagen: Ich bin nur der Zeuge, ist gleichzeitig falsch und wahr. Falsch wegen des „Ich bin“, wahr wegen des Zeugen. Man sollte besser sagen: „da ist Bezeugen“. In dem Moment, in dem Sie sagen: „Ich bin“, entsteht das gesamte Universum einschließlich seines Schöpfers. Frage: Eine andere Frage: Können wir uns die Person und das Selbst wie zwei Brüder vorstellen – einen kleinen und einen großen? Der kleine Bruder ist unerzogen und selbstsüchtig, grob und ruhelos, während der große Bruder intelligent und freundlich, vernünftig und überlegt und frei vom Körperbewusstsein mit seinen Wünschen und Ängsten ist. Der große Bruder kennt den kleinen, jedoch der kleine ist unwissend des großen und hält sich selbst für völlig selbstständig. Der Guru kommt und erzählt dem kleineren: „Du bist nicht allein; du kommst aus einer sehr guten Familie; dein Bruder ist ein sehr bedeutender Mann, weise und gut, und
er liebt dich sehr. Denke an ihn, erinnere dich an ihn, finde ihn, diene ihm, und werde eins mit ihm.“ Die Frage lautet jetzt: Gibt es zwei in uns, das Persönliche und das Individuelle, das falsche und das wahre Selbst, oder sind sie beide nur Gleichnisse? Maharaj: Es ist beides. Sie erscheinen als zwei, aber eine Untersuchung zeigt, dass sie einer sind. Die Dualität dauert so lange an, wie sie nicht hinterfragt wird. Die Trinität Verstand, Selbst und Geist (vyakti, vyakta, avyakta) wird, sobald man sie untersucht, zur Einheit. Diese sind nur Modi der Erfahrung, nämlich von Anhaftung, Loslösung und Transzendenz. Frage: Ihre Annahme, dass wir uns in einem Traumzustand befänden, macht Ihre eigene Position unangreifbar. Welchen Einwand wir auch immer erheben – Sie leugnen einfach seine Gültigkeit. Man kann mit Ihnen einfach nicht diskutieren! Maharaj: Der Wunsch zu diskutieren ist selbst nur ein bloßer Wunsch. Der Wunsch zu wissen, Macht zu haben, sogar der Wunsch zu existieren, sind alle nur Wünsche. Jeder wünscht zu sein, zu überleben, fortzudauern, denn niemand ist seiner selbst sicher. Jeder ist aber unsterblich. Sie machen sich selbst zu einem Sterblichen, indem Sie sich für den Körper halten. Frage: Können Sie mir nicht ein wenig von Ihrer Freiheit geben, da Sie diese gefunden haben? Maharaj: Weshalb nur ein wenig? Nehmen Sie die ganze! Nehmen Sie sie – sie ist zum Mitnehmen da. Aber Sie fürchten sich vor der Freiheit! Frage: Swami Ramdas hatte es mit einer ähnlichen Frage zu tun. Einige Devotees versammelten sich jeden Tag um ihn und fragten ihn nach der Befreiung. Ramdas hörte lächelnd zu und wurde dann plötzlich Ernst. Er sagte: Sie
können Sie hier und jetzt haben; absolute und dauerhafte Freiheit. Wer sie will, komme nach vorne.“ Niemand rührte sich. Er wiederholte das Angebot dreimal. Niemand nahm es an. Da sagte er: „Das Angebot ist hiermit zurückgezogen.“ Maharaj: Anhaftung zerstört den Mut. Der Gebende ist immer bereit zu geben. Der Nehmende ist abwesend. Freiheit bedeutet loslassen. Die Leute kümmern sich einfach nicht darum, alles loszulassen. Sie wissen nicht, dass das Endliche der Preis des Unendlichen ist, so wie der Tod der Preis der Unsterblichkeit ist. Spirituelle Reife liegt in der Bereitschaft, alles gehen zu lassen. Das Loslassen ist der erste Schritt. Aber das wahre Loslassen ist das Verstehen, dass es nichts zum Loslassen gibt, da nichts Ihnen gehört. Es ist wie Tiefschlaf – Sie lassen Ihr Bett nicht los, wenn Sie einschlafen – Sie vergessen es einfach nur.
Die Wahrheit ist Hier und Jetzt Frage: Meine Frage ist: Was ist der Prüfstein der Wahrheit? Die Anhänger aller Religionen, ob metaphysischer oder politischer, philosophischer oder ethischer, sind alle davon überzeugt, dass ihre die einzige Wahrheit und alle anderen falsch sind. Sie halten ihre eigene unerschütterliche Überzeugung für den Erweis der Wahrheit. „Ich bin überzeugt, daher muss es wahr sein“, sagen sie. Für mich sieht es so aus, als ob keine Philosophie oder Religion, keine Doktrin oder Ideologie, wie durchdacht sie auch immer sein mag, frei von inneren Widersprüchen und emotional anziehend, den Erweis für ihre eigene Wahrheit antreten kann. Sie sind wie die Kleider, die die Menschen sich anziehen – sie variieren mit der Zeit und den Umständen und folgen den Modetrends. Kann es also eine Religion oder Philosophie geben, die wahr ist und nicht von der Überzeugung eines Menschen abhängt? Auch nicht von den Schriften, weil diese wiederum von dem Vertrauen von jemandem in diese abhängen? Gibt es eine Wahrheit, die nicht vom Vertrauen abhängt; die nicht subjektiv ist? Maharaj: Wie steht es mit Wissenschaft? Frage: Die Wissenschaft ist zirkulär – sie endet dort, wo sie angefangen hat, bei den Sinnen. Sie arbeitet mit der Erfahrung, und Erfahrung ist subjektiv. Keine zwei Personen können dieselbe Erfahrung haben, obschon sie sie vielleicht mit denselben Worten ausdrücken. Maharaj: Sie müssen jenseits des Verstandes nach der Wahrheit suchen. Frage: Sir, ich hatte genug Trancen gehabt. Viele Drogen können Sie preisgünstig und schnell
herbeiführen. Sogar die klassischen Samadhis, die durch Atem- oder mentale Übungen herbeigeführt werden, sind nicht viel anders. Es gibt SauerstoffSamadhis und Kohlendioxid-Samadhis und selbstinduzierte Samadhis, die durch die Wiederholung einer Formel oder einer Kette von Gedanken hervorgerufen sind. Monotonie wirkt einschläfernd. Ich kann Samadhi, wie glorreich er auch sein mag, nicht als Wahrheitserweis akzeptieren. Maharaj: Samadhi geht über die Erfahrung hinaus. Er ist ein eigenschaftsloser Zustand. Frage: Die Abwesenheit der Erfahrung ist auf die Unaufmerksamkeit zurückzuführen. Sie ist wieder da, wenn die Aufmerksamkeit wieder da ist. Das Schließen der Augen widerlegt das Licht nicht. Das Zuweisen von Realität an negative Zustände wird uns nicht sehr weit bringen. Die Negation enthält immer eine Affirmation. Maharaj: In gewisser Weise haben Sie recht. Aber schauen Sie – im Grunde fragen Sie nach dem Wahrheitserweis, ohne zu erläutern, welche Wahrheit Sie dabei im Verstand meinen, und welcher Erweis Sie zufriedenstellen würde. Sie können alles beweisen, solange Sie Ihrem Beweis Glauben schenken. Was aber wird beweisen, dass Ihr Beweis wahr ist? Ich könnte Sie leicht zu dem Zugeständnis bringen, dass Sie nichts wissen außer dass Sie existieren; dass Sie selbst der einzige Beweis sind, den Sie überhaupt haben könnten. Aber ich identifiziere nicht die bloße Existenz mit der Wirklichkeit. Existenz ist momentan und immer in Zeit und Raum, während die Wirklichkeit wandellos und allesdurchdringend ist. Frage: Sir, ich weiß nicht, was Wahrheit ist und wie sie erwiesen werden kann. Werfen Sie mich nicht einfach auf mich selbst zurück. Dann wüßte ich nicht weiter. Hier sind Sie der Kenner der Wahrheit, nicht ich.
Maharaj: Sie weisen das Zeugnis als Beweis der Wahrheit zurück. Die Erfahrung anderer nützt Ihnen überhaupt nichts. Sie weisen sämtliche Schlussfolgerungen aus den widerstreitenden Aussagen einer riesigen Anzahl unabhängiger Zeugen zurück. Daher ist es Ihre Aufgabe mir zu sagen, welcher Erweis Sie zufriedenstellen könnte. Was würden Sie als gültigen Beweis akzeptieren? Frage: Ehrlich gesagt, wüsste ich nicht, was einen Erweis erbringen könnte. Maharaj: Nicht einmal Ihre eigene Erfahrung? Frage: Weder meine Erfahrung noch überhaupt die Existenz. Sie hängen von meinem Bewusstsein ab. Maharaj: Und Ihr Bewusstsein hängt von was ab? Frage: Ich weiß es nicht. Früher hätte ich vielleicht gesagt: Von meinem Körper. Jetzt kann ich sehen, dass der Körper zweitrangig ist, nicht primär; dass er nicht als Erweis der Existenz betrachtet werden kann. Maharaj: Ich bin erfreut zu hören, dass Sie die Idee „Ich bin der Körper“ aufgegeben haben, diese Hauptquelle von Fehlern und Leiden. Frage: Ich habe sie intellektuell aufgegeben. Das Gefühl jedoch, etwas Getrenntes, eine Person zu sein, ist immer noch da. Ich kann sagen: „Ich bin“, aber ich kann nicht sagen, was ich bin. Ich weiß dass ich existiere, aber ich weiß nicht, was da existiert. Wie auch immer ich es angehe – ich stehe stets dem Unbekannten gegenüber. Maharaj: Ihr Sein selbst ist das Wirkliche. Frage: Wir reden gewiss nicht über dasselbe. Ich bin kein irgendwie abstraktes Sein. Ich bin eine Person – begrenzt und gewahr ihrer Begrenzungen. Ich bin eine Tatsache, aber gleichzeitig eine Tatsache mit wenig Substanz. Es gibt nichts, worauf
ich meine momentane Existenz als Person gründen könnte. Maharaj: Ihre Worte sind weiser als Sie selbst! Als Person ist Ihre Existenz momentan. Jedoch sind Sie lediglich eine Person? Sind Sie überhaupt eine Person? Frage: Wie soll ich darauf antworten? Mein Gefühl des Seins beweist nur, das ich bin – es beweist nicht etwas, was unabhängig von mir ist. Ich bin relativ – sowohl Geschöpf als auch Schöpfer des Relativen. Der absolute Beweis der absoluten Wahrheit – wo ist er, was ist er? Kann das bloße Gefühl „ich bin“ der Beweis de Wirklichkeit sein? Maharaj: Natürlich nicht. „Ich bin“ und „die Welt“ sind aufeinander bezogen und bedingt. Sie sind auf die Tendenz des Verstandes zurückzuführen, Namen und Formen zu bilden. Frage: Namen und Formen und Ideen und Überzeugungen - aber nicht die Wahrheit. Wenn es nach Ihnen ginge, müsste ich die Relativität von allem einschließlich der Wahrheit akzeptieren und reinen Annahmen vertrauen. Aber nun treffe ich Sie hier und höre Sie vom Absoluten so reden, als wäre dies innerhalb meiner Reichweite und außerdem aufs Höchste wünschenswert. Worte wie Frieden, Seligkeit, Ewigkeit, Unsterblichkeit nehmen meine Aufmerksamkeit gefangen, da sie die Freiheit von Schmerz und Furcht verheißen. Meine eingeborenen Instinkte wie das Suchen nach Vergnügen und die Neugierde werden geweckt, und ich beginne das Reich zu erforschen, dass Sie eröffnet haben. Alles wirkt sehr anziehend, und natürlich frage ich dann danach. Ist es erreichbar? Ist es real? Maharaj: Sie sind wie ein Kind das sagt: Beweisen Sie, dass der Zucker süß ist, und nur dann nehme ich ihn. Der Beweis der Süße ist im Mund, nicht im Zucker. Um seine Süße zu kennen, müssen Sie ihn
schmecken. Einen anderen Weg gibt es nicht. Sie beginnen natürlich zu fragen: Ist es Zucker? Ist es süß? Und Sie akzeptieren meine Bestätigung und schmecken es. Und erst dann lösen sich alle Zweifel auf und Ihr Wissen ist aus erster Hand und unerschütterlich. Ich fordere Sie nicht auf, mir zu glauben. Vertrauen Sie mir so weit, dass Sie anfangen können. Jeder Schritt beweist oder widerlegt sich selbst. Sie scheinen nach dem Beweis der Wahrheit zu fragen, um der Wahrheit zuvorzukommen. Und was wird dann der Beweis des Beweises sein? Sie sehen selbst, dass sie in eine Endlosschleife fallen. Um sie zu durchbrechen, müssen Sie damit aufhören, nach Beweisen zu fragen und nur für wenigstens einen Moment akzeptieren, dass etwas wahr sein könnte. Es spielt dabei keine Rolle, was dies ist. Es kann Gott, ich oder Sie selbst sein. In jedem Fall akzeptieren Sie etwas oder jemanden Unbekanntes als wahr. Wenn Sie dann mit der Wahrheit, die Sie einmal akzeptiert haben, auch nur einen Moment lang arbeiten, werden Sie sehr bald zum nächsten Schritt geführt. Es ist wie das Erklettern eines Baumes in der Nacht - Sie können den nächsten Zweig nur dann erreichen, wenn Sie sich zunächst auf dem davor niedergelassen haben. In der Wissenschaft nennt man dies die experimentelle Herangehensweise. Zum Erweis einer Theorie können Sie ein Experiment auf der Basis operationaler Anweisungen durchführen, die von denjenigen erstellt wurde, die das Experiment vor Ihnen durchgeführt haben. Bei der spirituellen Suche wird die Abfolge von Experimenten, die man durchzuführen hat, Yoga genannt. Frage: Es gibt so viele Yogas – welchen soll man nehmen? Maharaj: Natürlich wird jeder Jnani den Weg empfehlen, den er selbst gegangen ist, da er diesen
am besten kennt. Die meisten sind jedoch recht liberal und passen ihren Rat an die Bedürfnisse des Forschenden an. Alle Wege bringen Sie hin zur Reinigung des Verstandes. Der unreine Verstand ist undurchsichtig für die Wahrheit - der reine Verstand ist durchsichtig. Durch ihn kann dann die Wahrheit ganz einfach und klar gesehen werden. Frage: Es tut mir leid, aber ich bin wohl nicht in der Lage, mein Problem zu erkennen. Ich frage nach dem Beweis der Wahrheit und erhalte die Methoden, ihn zu erlangen. Angenommen, ich folge den Methoden und erlange dadurch einige schöne und herrliche Zustände – woher weiß ich, dass mein Zustand wahr ist? Jede Religion beginnt mit Vertrauen und verspricht Ekstasen. Ist die Ekstase real oder das Ergebnis von Vertrauen? Wenn es nur ein künstlich hervorgerufener Zustand ist, möchte ich nichts damit zu tun haben. Nehmen Sie beispielsweise das Christentum, dass sagt: Jesus ist dein Erretter – glaube und sei erlöst von deinen Sünden. Wenn ich einen sündigen Christen frage, wie es kommt, dass er trotz seines Vertrauens in Christus nicht von seinen Sünden erlöst ist, dann antwortet er: Mein Glaube ist nicht vollkommen. So sind wir wieder in einem Teufelskreis: Ohne vollkommenen Glauben keine Erlösung, ohne Erlösung keinen vollkommenen Glauben, und daher auch keine Erlösung. Es werden Bedingungen gestellt, die einfach unerfüllbar sind, und dann werden wir beschuldigt, sie nicht erfüllt zu haben. Maharaj: Sie erkennen nicht, dass Ihr gegenwärtiger Wachzustand in der Unwissenheit ist. Ihre Frage nach dem Beweis der Wahrheit ist aus der Unwissenheit über die Wirklichkeit geboren. Sie stellen eine Verbindung mit Ihren Sinnen und mentalen Zuständen im Bewusstsein her, am Punkt des „Ich bin“, während die Wirklichkeit jedoch nicht vermittelt ist, nicht verbunden, nicht erfahren ist.
Sie nehmen die Dualität so sehr für bare Münze, dass Sie sie nicht einmal bemerken, während für mich die Verschiedenheit und Vielfalt keinerlei Trennung erzeugen. Sie stellen sich vor, dass die Wirklichkeit außerhalb der Namen und Formen steht, während für mich die Namen und Formen der stetig wechselnde Ausdruck der Wirklichkeit und nicht getrennt davon sind. Sie fragen nach dem Beweis der Wahrheit, während für mich die gesamte Existenz der Beweis ist. Sie trennen die Existenz vom Sein und das Sein von der Wirklichkeit, während für mich alles eins ist. So sehr Sie auch von der Wahrheit Ihres Wachzustandes überzeugt sind, so behaupten Sie doch nicht, dass er dauerhaft und wandellos ist, wie ich es tue, wenn ich von meinem spreche. Doch ich sehe keinen Unterschied zwischen uns mit der Ausnahme, dass Sie sich Dinge vorstellen, während ich dies nicht tue. Frage: Zuerst disqualifizieren Sie mich, wenn ich nach der Wahrheit frage, und dann beschuldigen Sie mich der Einbildung! Was für Sie Einbildung ist, ist für mich Wirklichkeit. Maharaj: Solange Sie sie nicht erforschen. Ich beschuldige Sie keineswegs. Ich fordere Sie lediglich auf, mit Weisheit zu fragen. Anstelle nach einem Beweis der Wahrheit zu suchen, die Sie nicht kennen, sollten Sie die Beweise für die Dingen durchgehen, die Sie zu kennen glauben. Sie werden feststellen, dass Sie nichts mit Sicherheit wissen können – Sie vertrauen reinem Hörensagen. Um die Wahrheit zu kennen, müssen Sie durch Ihre eigene Erfahrung hindurchgehen. Frage: Ich bin zu Tode erschreckt von Samadhi und anderen Trancen, was auch immer die Ursache sei. Ein Getränk, eine Zigarette, ein Fieber, eine Droge, Atmen, Singen, Schütteln, Tanzen, Wirbeln,
Beten, Sex oder Fasten, Mantras oder irgendwelche schwindelerregenden Abstraktionen können mich aus dem Wachzustand vertreiben und mir eine Art von Erfahrung geben, die außergewöhnlich weil unvertraut ist. Aber wenn die Ursache aufhört, lässt die Wirkung nach und es bleibt nur schwindende, beklemmende Erinnerung zurück. Lassen Sie uns alle Mittel und ihre Ergebnisse beiseitelegen, da die Ergebnisse an die Mittel gebunden sind. Lassen Sie uns die Frage ganz neu stellen – kann die Wahrheit gefunden werden? Maharaj: Wo wäre der Wohnsitz der Wahrheit, dass Sie nach ihr suchen könnten? Und woher können Sie wissen, dass Sie sie gefunden haben? Welcher Prüfstein könnte der Test sein? Sie kehren zurück zu Ihrer anfänglichen Frage: Was ist der Erweis der Wahrheit? Es muss etwas mit der Frage selbst falsch sein, da Sie sie wieder und wieder zu wiederholen scheinen. Weshalb fragen Sie nach Beweisen für die Wahrheit? Ist es nicht deshalb, weil Sie die Wahrheit nicht aus erster Hand kennen und nun fürchten, dass Sie getäuscht werden könnten? Sie stellen sich vor, dass die Wahrheit ein Ding sei, das den Namen „Wahrheit“ trägt und vorteilhaft für denjenigen ist, der sie besitzt – sofern sie echt ist. Daher fürchten Sie, getäuscht zu werden. Sie machen Shopping nach der Wahrheit, wollen aber den Verkäufern nicht vertrauen. Sie fürchten sich vor Fälschungen und Imitationen. Frage: Ich fürchte mich nicht vor Betrug. Ich fürchte mich davor, mich selbst zu betrügen. Maharaj: Aber Sie betrügen sich selbst hinsichtlich Ihrer wahren Motive. Sie fragen nach der Wahrheit, suchen aber in Wahrheit nur Bequemlichkeit, die dann für immer dauern soll. Nichts, kein Zustand des Verstandes, kann für immer andauern. In Zeit und Raum gibt es immer eine Grenze, weil Zeit und Rau selbst begrenzt sind. Und im Zeitlosen haben
die Worte „für immer“ keinerlei Bedeutung. Dasselbe gilt für „Beweis der Wahrheit“. Im Reich der Non-Dualität ist alles vollständig, sein eigener Beweis, Bedeutung und Zweck. Wo alles eins ist, wird keinerlei Unterstützung benötigt. Sie stellen sich vor, dass die Dauerhaftigkeit der Erweis der Wahrheit ist; dass das, was länger dauert, auch wahrer sei. Die Zeit wird zum Maßstab der Wahrheit. Und da die Zeit im Verstand ist, wird der Verstand der Schiedsrichter, der dann innerhalb von sich selbst nach dem Erweis der Wahrheit sucht – eine unmögliche und hoffnungslose Unternehmung! Frage: Sir, wenn es hieße: „Nichts ist wahr, alles ist relativ“, dann würde ich mit Ihnen übereinstimmen. Aber Sie behaupten, dass da Wahrheit, Wirklichkeit, vollkommenes Wissen sei. Daher frage ich: Was ist es, und wie können Sie dies wissen? Und was wird mich dann sagen lassen: Ja, Maharaj hat recht? Maharaj: Sie halten an der Notwendigkeit eines Beweises, eines Zeugnisses, einer Autorität fest. Sie stellen sich immer noch vor, dass die Wahrheit auf irgend etwas zeigen und Ihnen sagen müsste: „Schau, hier ist die Wahrheit“. So ist es aber nicht. Die Wahrheit ist das Ergebnis einer Bemühung - das Ende einer Straße. Sie befindet sich hier und jetzt – im Verlangen und in der Suche danach. Sie ist näher als Verstand und Körper; näher als das Gefühl „Ich bin“. Sie sehen sie nicht, weil Sie zu weit entfernt von sich selbst schauen; außerhalb Ihres innersten Seins. Sie haben die Wahrheit objektiviert und bestehen auf Ihren Standardbeweisen und –tests, die sich nur auf Dinge und Gedanken anwenden lassen. Frage: Was ich dem, was Sie sagen, als einziges entnehmen kann, ist, dass sich die Wahrheit jenseits von mir befindet, und dass ich nicht qualifiziert bin, darüber zu sprechen.
Maharaj: Sie sind nicht nur qualifiziert, sondern die Wahrheit selbst. Sie verwechseln einfach nur das Falsche mit dem Wahren. Frage: Sie sagen anscheinend: Fragen Sie nicht nach Beweisen der Wahrheit. Befassen Sie sich nur mit dem Unwahren. Maharaj: Die Entdeckung der Wahrheit ist die Unterscheidung vom Falschen. Sie können erkennen, was nicht ist. Was ist – das können Sie nur sein. Wissen ist relativ zum Gewussten. In gewisser Weise ist es das Gegenstück zur Unwissenheit. Wenn Unwissenheit nicht wäre – wo wäre da die Notwendigkeit für Wissen? In sich selbst haben weder Unwissenheit noch Wissen Sein. Sie sind lediglich Zustände im Verstand, der wiederum nichts al seine Erscheinung von Bewegung im Bewusstsein ist, das wiederum in seiner Essenz unbeweglich ist. Frage: Befindet sich die Wahrheit innerhalb des Reiches des Verstandes oder jenseits davon? Maharaj: Weder das eine noch das andere, sondern beides. Es kann nicht in Worte gefasst werden. Frage: Das hören wir schon die ganze Zeit unausdrückbar (anirvachaniya). Es macht mich nicht klüger. Maharaj: Es ist wahr, dass es oft die reine Unwissenheit verdeckt. Der Verstand kann mit Begriffen arbeiten, die er selbst geschaffen hat, aber er kann nicht über sich selbst hinausgehen. Das, was weder sinnlich noch mental ist, und ohne das doch weder Sinnliches noch Mentales existieren könnte, kann in diesem selbst nicht enthalten sein. Verstehen Sie, dass der Verstand seine Grenzen hat. Um über ihn hinauszugehen, müssen Sie sich in die Stille begeben. Frage: Können wir sagen, dass die Handlung ein
Beweis der Wahrheit ist? Sie kann vielleicht nicht verbalisiert, aber vielleicht demonstriert werden. Maharaj: Weder durch Handlung noch NichtHandlung. Sie befindet sich jenseits von beidem. Frage: Könnte ein Mann jemals sagen: „Ja, dies ist wahr“? Oder ist er auf die Leugnung des Falschen beschränkt? Anders ausgedrückt: Ist Wahrheit reine Verneinung? Oder gibt es einen Moment, wo sie zur Behauptung wird? Maharaj: Wahrheit kann nicht beschrieben, aber erfahren werden. Frage: Erfahrung ist subjektiv - sie kann nicht geteilt werden. Ihre Erfahrungen bringen mir nichts. Maharaj: Wahrheit kann erfahren werden, ist aber mehr als bloße Erfahrung. Ich kenne Sie und kann sie übermitteln, aber nur dann, wenn Sie für sie offen sind. Offen zu sein bedeutet, nichts anderes zu wollen. Frage: Ich bin voller Wünsche und Ängste. Bedeutet dies, dass ich für die Wahrheit nicht geeignet bin? Maharaj: Die Wahrheit ist weder eine Belohnung für gutes Benehmen noch ein Preis für die Ableistung von Tests. Sie kann nicht hergebracht werden. Es ist die primäre, die ungeborene und die uralte Quelle von allem, was ist. Sie sind geeignet, weil Sie sind. Sie brauchen die Wahrheit nicht zu verdienen. Sie gehört Ihnen. Hören Sie einfach nur auf, hinter ihr her zu rennen. Stehen Sie still, seien Sie still. Frage: Sir, wenn Sie möchten, dass der Körper und der Verstand still sind, dann sagen Sie mir bitte, wie dies geschehen kann. Ich sehe im SelbstGewahrsein den Körper und den Verstand, die von Ursachen jenseits meiner Kontrolle bewegt werden. Die Vererbung und die Umwelt dominieren mich
komplett. Das mächtige „Ich bin“, der Schöpfer des Universums, kann allein durch eine Droge oder ein Gift zeitweise ausgelöscht werden – dauerhaft. Maharaj: Noch einmal - Sie halten sich selbst für den Körper. Frage: Auch wenn ich diesen Körper aus Knochen, Fleisch und Blut als Nicht-Ich zurückweise, bleibe ich immer noch mit dem subtilen Körper aus Gedanken und Gefühlen, Erinnerungen und Vorstellungen, zurück. Wenn ich auch diesen als Nicht-Ich zurückweise, verbleibe ich immer noch mit dem Bewusstsein, das ebenfalls eine Art von Körper ist. Maharaj: Sie haben ganz recht. Hier aber dürfen Sie nicht stoppen. Gehen Sie darüber hinaus. Weder Bewusstsein noch das „Ich bin“ im Zentrum davon sind Sie. Ihr wahres Sein ist gänzlich selbst-unbewusst; komplett frei von allen Selbstidentifikationen welcher Art auch immer, ob grob, subtil oder transzendental. Frage: Ich kann mich mir selbst als jenseits von allem vorstellen. Aber welchen Beweis dafür habe ich? Um zu sein, muss ich jemand sein. Maharaj: Es läuft anders herum. Um zu sein, müssen Sie niemand sein. An sich selbst als etwas oder jemand zu denken, bedeutet Tod und Teufel. Frage: Ich habe gelesen, dass die alten Ägypter manche Mysterien pflegten, in denen sie unter dem Einfluss von Drogen oder Beschwörungen in der Lage waren, ihre Körper zu verlassen und außerhalb von ihm zu stehen, und ihn daliegend zu betrachten. Die Absicht hinter dem war, sie von der Wirklichkeit der Nach-Tod-Erfahrung zu überzeugen und ein tiefes Interesse ihres letztlichen Schicksals in ihnen herzustellen, was dann nutzbringend für den Staat und die Priester war. Die SelbstIdentifikation mit der Person, die einen Körper besaß, blieb.
Maharaj: Der Körper besteht aus Nahrung, während der Verstand aus Gedanken besteht. Sehen Sie sie einfach so, wie sie sind. Nicht-Identifikation, die natürlich und spontan ist, ist Befreiung. Sie müssen nicht wissen, was Sie sind. Es genügt zu wissen, was Sie nicht sind. Was Sie sind, werden Sie niemals wissen, denn jede Entdeckung enthüllt neue Dimensionen des Unbekannten. Das Unbekannte hat keine Grenzen. Frage: Bedeutet dies nicht ewige Unwissenheit? Maharaj: Es bedeutet, dass Unwissenheit nie existiert hat. Die Wahrheit liegt in der Entdeckung, nicht in dem Entdeckten. Und in der Entdeckung liegen weder Anfang noch Ende. Hinterfragen Sie die Grenzen, gehen Sie darüber hinaus, setzen Sie sich Ziele, die als unmöglich erscheinen – das ist der Weg.
Im Frieden und in der Stille ist Wachstum Frage: Die indische Tradition sagt uns, dass der Guru unverzichtbar ist. Für was aber ist er unverzichtbar? Die Mutter ist unverzichtbar dafür, dem Kind einen Körper zu geben. Aber sie gibt ihm die Seele nicht. Ihre Rolle ist begrenzt. Wie steht es mit dem Guru? Ist auch seine Rolle ähnlich begrenzt, und falls ja, inwiefern? Oder ist er ganz generell unverzichtbar, sogar im absoluten Sinne? Maharaj: Das innerste Licht, das friedvoll und zeitlos im eigenen Herzen leuchtet, ist der wahre Guru. Alle anderen zeigen lediglich den Weg. Frage: Ich frage nicht nach dem inneren Guru, sondern nur nach dem, der den Weg zeigt. Es gibt Leute, die glauben, dass ohne einen Guru Yoga unmöglich ist. Dauernd suchen sie dann nach dem richtigen Guru und springen von einem zum anderen. Welchen Wert haben solche Gurus? Maharaj: Es sind temporäre, zeitlich gebundene Gurus. Sie finden Sie auf Schritt und Tritt im Leben. Sie brauchen Sie zum Erwerb von Wissen oder Fertigkeiten. Frage: Die Mutter ist nur für die Dauer der Lebenszeit – sie beginnt bei der Geburt und endet mit dem Tod. Sie ist nicht für immer. Maharaj: Ähnlich dazu ist auch der zeitlich gebundene Guru nicht für immer. Er erfüllt seinen Zweck und übergibt seinen Platz an den nächsten. Das ist ganz natürlich – es gibt keinen Grund, irgend jemanden dafür zu beschuldigen. Frage: Benötige ich für jede Art von Wissen oder Fähigkeit einen speziellen Guru? Maharaj: Es kann in dieser Frage keine Regel außer derjenigen geben, dass „dass Äußere vergänglich, das Innere dauerhaft und wandellos“
ist, obschon es stets neu in der Erscheinung und der Tätigkeit ist. Frage: Worin besteht die Beziehung zwischen den inneren und äußeren Gurus? Maharaj: Der äußere repräsentiert den inneren, der innere akzeptiert den äußeren, jedenfalls eine Zeit lang. Frage: Auf welcher Seite liegt die Bemühung? Maharaj: Auf der des Schülers natürlich. Der äußere Guru gibt die Instruktionen, der innere schickt die Stärke, und die wachsame Anwendung des ganzen liegt beim Schüler. Ohne Willen, Intelligenz und Energie auf der Seite des Schülers ist der äußere Guru nutzlos. Der innere Guru wartet auf seine Chance. Fehlendes Verstehen und falsche Ziele erzeugen eine Krise – so erwacht dann der Schüler in das Verstehen seiner Notlage. Weise ist derjenige, der nicht erst auf den Schock wartet, der recht hart werden könnte. Frage: Ist das eine Drohung? Maharaj: Keine Drohung, sondern eine Warnung. Der innere Guru ist nicht zur Gewaltlosigkeit verpflichtet. Er kann sogar manchmal recht gewaltsam in der Art und Weise sein, in der er die begriffsstutzige oder pervertierte Persönlichkeit zerstört. Leiden und Tod sind, wie Leben und Glück, seine Arbeitsmittel. Nur in der Dualität wird die Gewaltlosigkeit zum vereinigenden Gesetz. Frage: Muss man dann vor seinem eigenen Selbst Angst haben? Maharaj: Nicht Angst, weil das Selbst es gut meint. Aber es muss ernst genommen werden. Es verlangt Aufmerksamkeit und Gehorsam. Wenn es nicht gehört wird, wechselt es von Überredung zu Zwang. Es kann eine Weile warten, aber es sollte nicht verleugnet werden. Die Schwierigkeit liegt
nicht beim inneren oder äußeren Guru. Der Guru ist immer verfügbar. Was fehlt, ist der reife Schüler. Wenn eine Person nicht bereit ist – was kann man dann tun? Frage: Bereit oder willens? Maharaj: Beides. Es läuft auf dasselbe hinaus. In Indien nennt man dies adhikari. Es bedeutet sowohl fähig als auch berechtigt. Frage: Kann der äußere Guru Initiation (diksha) gewähren? Maharaj: Er kann alle möglichen Arten von Initiation geben, jedoch muss die Initiation in die Wirklichkeit von innen kommen. Frage: Wer gibt die letztgültige Initiation? Maharaj: Sie wird vom Selbst gegeben. Frage: Ich habe das Gefühl, dass wir uns im Kreise drehen. Nach all dem kenne ich nun das eine Selbst, nämlich das gegenwärtige, empirische Selbst. Das innere oder höhere Selbst ist wie eine Idee, die man erklären und zu der man auffordern muss. Wir reden darüber, als hätte es eine unabhängige Existenz. Das hat es nicht. Maharaj: Das äußere Selbst und das innere sind lediglich Vorstellungen. Die Besessenheit davon, ein „Ich“ zu sein, benötigt eine weitere Besessenheit von einem „Super-Ich“, so wie man einen Dorn braucht, um einen anderen Dorn zu entfernen, oder ein Gift zur Neutralisierung eines Giftes. Jede Erklärung verlangt nach einer Verleugnung. Dies ist aber erst der erste Schritt. Der nächste besteht darin, darüber hinaus zu gehen. Frage: Ich verstehe, dass der äußere Guru nötig ist, um mich zu mir selbst zu erwecken und die dringende Notwendigkeit zu verstehen, etwas für mich selbst zu tun. Ich verstehe weiterhin, wie hoffnungslos es ist, wenn es um die Frage nach
einem tiefen Wandel in mir geht. Hier bringen Sie den Sadguru ins Spiel, den inneren Guru, der anfanglos, wandellos, die Wurzel des Seins, die ständige Verheißung und das bestimmte Ziel sei. Ist er nur ein Konzept oder Wirklichkeit? Maharaj: Er ist die einzige Wirklichkeit. Alles andere ist nur Schatten, der vom Körper-Verstand (deha-buddhi) auf die Leinwand der Zeit geworfen wird. Natürlich ist auch ein Schatten ein Produkt der Wirklichkeit, aber als solcher nicht wirklich. Frage: Ich bin die einzige Wirklichkeit, die ich kenne. Der Sadguru ist da, so lange ich an ihn denke. Was gewinne ich, indem ich die Wirklichkeit auf ihn verlagere? Maharaj: Ihr Verlust ist Ihr Gewinn. Wenn der Schatten als der Schatten gesehen wird, hören Sie auf, ihm zu folgen. Sie wenden sich um und entdecken die Sonne, die die ganze Zeit da war – hinter Ihrem Rücken! Frage: Unterrichtet der innere Guru auch? Maharaj: Er gewährt die Überzeugung, dass Sie die ewige, wandellose, Wirklichkeit-BewusstseinLiebe innerhalb aller und über alle Erscheinungen hinaus sind. Frage: Eine Überzeugung ist nicht genug. Es muss eine Gewissheit geben. Maharaj: Ganz richtig. In diesem Fall jedoch nimmt die Gewissheit die Gestalt des Mutes an. Die Furcht hört absolut auf. Dieser Zustand der Furchtlosigkeit ist so unverwechselbar neu und wird doch als ureigenster Zustand empfunden, dass er nicht übersehen werden kann. Es ist so, wie wenn man das eigene Kind liebt. Wer könnte daran zweifeln? Frage: Wir haben über den Fortschritt bei den spirituellen Bestrebungen gehört. Welche Art von Fortschritt haben Sie dabei im Sinn?
Maharaj: Wenn Sie über den Fortschritt hinausgehen, werden Sie wissen, was Fortschritt ist. Frage: Wodurch machen wir Fortschritte? Maharaj: Stille ist der Hauptfaktor. In Stille und Frieden wachsen Sie. Frage: Der Verstand ist so grundlegend ruhelos. Wie kann man ihn still machen? Maharaj: Vertrauen Sie dem Lehrer. Nehmen Sie meinen eigenen Fall. Mein Guru bat mich, mich an das Gefühl „Ich bin“ zu halten und nichts anderem meine Aufmerksamkeit zu geben. Ich gehorchte einfach nur. Ich übte keine spezielle Form von Atemkontrolle oder Meditation, und ich studierte keine Schriften. Was auch immer geschah - ich wandte einfach meine Aufmerksamkeit davon ab und verblieb bei dem Gefühl „Ich bin“. Es sieht vielleicht zu simpel, sogar primitiv, aus. Mein einziger Grund dafür, dies zu tun, war, dass mein Guru mich dazu angewiesen hatte. Und es funktionierte! Gehorsam ist eine machtvolle Lösung für alle Wünsche und Ängste. Wenden Sie sich einfach nur ab von allem, was das Gemüt beschäftigt. Erledigen Sie alles, was Sie zu erledigen haben, aber vermeiden Sie neue Verpflichtungen. Bleiben Sie leer, erreichbar; widerstreben Sie nichts, was uneingeladen zu Ihnen kommt. Am Ende werden Sie einen Zustand von NichtGreifen, von freudevoller Nicht-Anhaftung, von innerer Leichtigkeit und unbeschreibbarer, aber wundervoll realer Freiheit erlangt haben. Frage: Wenn ein Wahrheitssucher ernsthaft seine Yogas praktiziert, führt und unterstützt ihn dann sein innerer Guru oder überlässt er ihn dann seinen eigenen Bemühungen und wartet nur auf das Ergebnis?
Maharaj: Alles geschieht durch sich selbst. Weder der Sucher noch der Guru tun irgend etwas. Die Dinge geschehen, wie sie geschehen – Lob und Tadel werden hinterher verteilt, wenn das Gefühl der Täterschaft auftaucht. Frage: Klingt seltsam! Ganz gewiss kommt doch der Täter vor der Tat. Maharaj: Es funktioniert anderes herum: Die Tat ist eine Tatsache – der Täter ein bloßes Konzept. Schon die Sprache zeigt, dass die Tat gewiss, aber der Täter zweifelhaft ist. Das Abschieben der Verantwortung ist ein sehr spezifisch menschliches Spiel. Wenn man die endlose Liste der Faktoren durchgeht, die für alles Geschehen verantwortlich sind, kann man nur das eine feststellen, nämlich das alles für alles verantwortlich ist, wie weit entfernt es auch sein mag. Die Täterschaft ist ein Mythos, der aus der Illusion von „ich“ und „mein“ geboren wurde. Frage: Wie stark ist diese Illusion? Maharaj: Außerordentlich stark, da sie auf der Wirklichkeit basiert. Frage: Was ist das Wirklich darin? Maharaj: Finden Sie es durch Unterscheiden und durch Zurückweisen alles Unwirklichen heraus. Frage: Ich habe die Rolle des inneren Selbst bei der spirituellen Forschung nicht genau verstanden. Wer unternimmt die Bemühung? Ist es das äußere oder das innere Selbst? Maharaj: Sie haben Worte erfunden wie Bemühung, inneres, äußeres Selbst usw. und versuchen nun, sie auf die Wirklichkeit anzuwenden. Die Dinge geschehen einfach, wie sie geschehen, aber wir möchten sie gern in eine Form pressen, die durch den Aufbau unserer Sprache bestimmt wird. Diese Gewohnheit ist so stark, dass wir dazu
tendieren, die Wirklichkeit zu leugnen, die nicht verbalisiert werden kann. Wir weigern uns einfach zu sehen, dass Worte nur Symbole sind, die durch Konvention und Gewohnheit zu wiederholten Erfahrungen werden. Frage: Worin besteht der Wert spiritueller Bücher? Maharaj: Sie helfen beim Vertreiben der Unwissenheit. Sie sind am Anfang nützlich, werden aber am Ende zu einem Hindernis. Man muss erkennen können, wann man sie aufzugeben hat. Frage: Worin besteht die Verbindung zwischen atma und sattva, zwischen dem Selbst und der universellen Harmonie? Maharaj: Wie die zwischen der Sonne und ihren Strahlen. Harmonie und Schönheit, das Verstehen und die Zuneigung sind alle Ausdrücke des Wirklichen. Es ist Wirklichkeit in Aktion – die Auswirkung des Geistes in der Materie. Tamas verdunkelt, Rajas zerstreut, und Sattva harmonisiert. Mit der Reife von Sattva kommen alle Wünsche und Ängste an ein Ende. Das wahre Sein wird in einem gesammelten Geist reflektiert. Materie wird erlöst – Geist offenbart. Beide werden als eins gesehen. Sie sind stets eins, aber der unvollkommene Verstand sieht sie als zwei. Die menschliche Aufgabe besteht in der Vervollkommnung des Verstandes, denn Materie und Geist treffen im Verstand zusammen. Frage: Ich fühle mich wie ein Mann vor einer Tür. Ich weiß, dass die Tür offen ist, aber sie wird von den Hunden des Verlangens und der Furcht bewacht. Was soll ich tun? Maharaj: Gehorchen Sie dem Lehrer und beruhigen Sie die Hunde. Verhalten Sie sich, als wären sie gar nicht da. Und noch einmal: Gehormsam ist die goldene Regel. Freiheit wird durch Gehorsam erobert. Um aus einem Gefängnis
zu entkommen, muss man ohne Widerrede den Anweisungen gehorchen, die von denen geschickt werden, die an Ihrer Freilassung arbeiten. Frage: Die Worte des Gurus haben, wenn man sie nur hört, nur wenig Kraft. Man muss Vertrauen haben, um ihnen gehorchen zu wollen. Wodurch wird dieses Vertrauen erzeugt? Maharaj: Wenn die Zeit kommt, kommt auch das Vertrauen. Alles geschieht zu seiner Zeit. Der Guru ist immer bereit zu geben, aber es gibt niemanden, der nehmen will. Frage: Ja, Sri Ramana Maharshi pflegte zu sagen: Gurus gibt es viele, aber wo sind die Schüler? Maharaj: Nun, im Laufe der Zeit wird alles Nötige geschehen. Alles wird zu seinem Recht kommen – nicht eine einzige Seele (jiva) wird verloren gehen. Frage: Ich mache mir viel Sorgen darum, dass ich die Verwirklichung mit nur intellektuellem Verstehen verwechsle. Vielleicht rede ich von der Wahrheit, ohne sie zu kennen, und vielleicht weiß ich sie, ohne ein einziges Wort zu sagen. Ich habe gehört, dass diese Gespräche veröffentlicht werden sollen. Welche Wirkung werden sie auf den Leser haben? Maharaj: Im aufmerksamen und nachdenklichen Leser werden sie reifen und Früchte tragen. Worte, die auf der Wahrheit gründen, haben, sobald sie einmal angenommen worden sind, ihre eigene Kraft.
Zu wissen, dass man nichts weiß, ist wahre Weisheit (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
“Ich“ und „mein“ sind falsche Ideen Frage: Ich hänge sehr an meiner Familie und meinem Besitz. Wie kann ich diese Anhänglichkeit beseitigen? Maharaj: Diese Anhaftung wird zusammen mit dem Gefühl von „Ich“ und „meins“ geboren. Finden Sie die wahre Bedeutung dieser Worte heraus – dann werden Sie frei von allen Fesseln sein. Sie haben einen Verstand, der im Zeitlichen zerstreut ist. Die Dinge geschehen Ihnen eins nach dem anderen; nur die Erinnerung daran bleibt. Daran ist nichts falsch. Das Problem entsteht nur dann, wenn die Erinnerung an vergangene Freuden und Schmerzen – die essenziell für alles organische Leben sind – sich als Reflex festsetzen und das Verhalten dominieren. Dieser Reflex nimmt die Gestalt des „Ich“ an und benutzt Körper und Verstand für seine Zwecke, die stets nur in der Suche nach Freuden und der Flucht vor den Schmerzen bestehen. Sobald Sie das „Ich“ als das erkennen, was es ist, nämlich ein Bündel von Wünschen und Ängsten sowie dem Gefühl von „mein“, das sämtliche Dinge und Personen umfasst, die zur Sicherung von Freuden und Vermeiden von Schmerzen erforderlich sind, können Sie erkennen, dass das „Ich“ und das „mein“ falsche Ideen sind. Sie haben in der Wirklichkeit keinerlei Grundlage. Erschaffen vom Verstand, spielen sie ihre Rolle als Schöpfer Ihrer Welt so lange, wie sie für wahr gehalten werden. Sie verschwinden, sobald sie in Frage gestellt werden. Das „Ich“ und „mein“, die keinerlei eigene Existenz haben, benötigen eine Unterstützung, die sie im Körper finden. Der Körper wird daher zu ihrem Bezugspunkt. Wenn Sie von „meinem“ Gatten oder „meinen“ Kindern sprechen, dann meinen Sie den
Körper des Gatten und diejenigen der Kinder. Geben Sie die Idee auf, der Körper zu sein, und stellen Sie sich der Frage: „Wer bin ich?“ Und sofort wird ein Prozess in Bewegung gesetzt, der die Wirklichkeit zurückbringt; oder genauer gesagt: der den Verstand zur Wirklichkeit zurückbringt. Sie dürfen nur keine Angst davor haben. Frage: Vor was darf ich keine Angst haben? Maharaj: Damit Wirklichkeit sein kann, müssen die Ideen von „ich“ und „mein“ verschwinden. Sie gehen, wenn Sie sie gehen lassen. Dann taucht Ihr natürlicher Zustand wieder auf, in dem Sie weder der Körper noch der Verstand sind; weder das „ich“ noch das „mein“. Sie sind dann in einem anderen Zustand, in dem Sie alles sind. Es ist reines Gewahrsein des Seins, ohne dies oder das zu sein; ohne Selbst-Identifikation mit irgend etwas Besonderen oder Allgemeinen. In diesem reinen Licht des Bewusstsein gibt es nichts, nicht einmal die Idee des Nichts. Es gibt nur Licht. Frage: Es gibt Menschen, die ich liebe. Muss ich diese aufgeben? Maharaj: Sie lassen nur Ihren Zugriff auf sie gehen. Der Rest liegt dann bei diesen Menschen selbst. Vielleicht verlieren sie das Interesse an Ihnen - vielleicht auch nicht. Frage: Wie könnten sie das? Gehören sie denn nicht zu mir? Maharaj: Sie sind Ihre Körper – nicht Ihr Eigentum. Oder besser gesagt – es gibt niemanden, der nicht Ihr Eigentum ist. Frage: Und was ist mit meinen Besitztümern? Maharaj: Wenn es das „mein“ nicht mehr gibt, wo sind dann alle Ihre Besitztümer? Frage: Bitte sagen Sie mir: Muss ich durch das Verlieren des „Ich“ denn alles verlieren?
Maharaj: Vielleicht – vielleicht aber auch nicht. Für Sie wird es dann dasselbe sein. Ihr Verlust wird irgend jemand anderes Gewinn sein. Sie werden sich nicht darum sorgen. Frage: Wenn ich mich nicht darum kümmere, werde ich wohl alles verlieren! Maharaj: Wenn Sie gar nichts mehr haben, haben Sie auch keine Probleme mehr. Frage: Ich habe immer noch das Problem des Überlebens. Maharaj: Dies ist das Problem des Körpers. Es wird durch Essen, Trinken und Schlafen gelöst. Es gibt genug für alle unter der Voraussetzung, dass geteilt wird. Frage: Unsere Gesellschaft basiert aber auf der Habgier – nicht dem Teilen. Maharaj: Durch Teilen werden Sie dies ändern. Frage: Ich fühle mich nicht so, dass ich an Teilen denke. Außerdem zahle ich Steuern auf meinen Besitz. Maharaj: Das ist nicht dasselbe wie freiwilliges Teilen. Die Gesellschaft wird nicht durch Zwang geändert. Es erfordert eine Veränderung des Herzens. Versuchen Sie zu verstehen, dass Ihnen nichts gehört – dass alles allen gehört. Nur dann wird sich die Gesellschaft ändern. Frage: Das Verständnis nur eines einzigen Menschen wird die Gesellschaft nicht verändern. Maharaj: Die Welt, in der Sie leben, würde tief berührt werden. Sie würde eine gesunde und glückliche Welt werden, die gibt und austauscht, die wächst und verteilt. Die Macht eines wahren Herzens ist immens. Frage: Bitte erzählen Sie uns mehr. Maharaj: Reden ist nicht mein Hobby. Manchmal
rede ich – manchmal nicht. Mein Reden oder NichtReden ist Teil einer gegebenen Situation und hängt nicht von mir selbst ab. Wenn es eine Situation gibt, in der ich reden muss, dann rede ich; ich höre mich selbst reden. In anderen Situationen wiederum höre ich mich selbst vielleicht nicht reden. Für mich ist das alles ein und dasselbe. Sie sind, und ich weiß, dass sie sind. Es gibt ein glückliches Gewahrsein, aber niemanden, der glücklich ist. Natürlich gibt es da ein Gefühl von Identität, aber ist die Identität einer Spur in der Erinnerung; etwa wie die Identität einer Folge von Bildern auf der stets gegenwärtigen Leinwand. Ohne das Licht und die Leinwand kann es kein Bild geben. Zu wissen, dass das Bild ein Spiel des Lichts auf der Leinwand ist, gibt die Freiheit von der Idee, dass das Bild wirklich sei. Alles was Sie tun müssen, besteht im Verstehen, dass Sie das Selbst lieben, dass das Selbst Sie liebt, und dass das Gefühl „ich bin“ die Verbindung zwischen Ihnen beiden ist; ein Unterpfand der Identität angesichts einer scheinbaren Verschiedenheit. Schauen Sie auf das „ich bin“ als das Zeichen der Liebe zwischen dem Inneren und dem Äußeren, dem Wirklichen und dem Erscheinenden. So wie im Traum alles verschieden ist mit der Ausnahme des Gefühls „Ich“, welches Sie in die Lage versetzt zu sagen „Ich habe geträumt“, ebenso gibt Ihnen das Gefühl von „ich bin“ die Gelegenheit zu sagen „Ich bin wieder mein wirkliches Selbst“. Weder tue ich irgend etwas noch wird mir etwas getan. Ich bin was ich bin – nichts kann mich berühren. Es sieht so aus, als hinge ich von allem ab, aber in Wahrheit hängt alles von mir ab.Frage: Aber wie können Sie behaupten, dass Sie nichts tun? Sie reden doch mit mir. Maharaj: Ich habe nicht das Gefühl, dass ich rede. Da ist fortgesetztes Reden, das ist alles. Frage: Also ich rede. Maharaj: Wirklich? Sie hören sich selbst reden und
sagen dann: Ich rede. Frage: Jeder sagt doch: „Ich arbeite, ich komme, ich gehe“. Maharaj: Ich habe keinerlei Einwände gegen die Arbeitsweise Ihrer Sprache, aber sie verdunkeln und zerstören die Realität. Eine genauere Art des Ausdrucks wäre: „Da ist Reden, Arbeiten, Kommen, Gehen“. Damit irgend etwas geschehen kann, muss das gesamte Universum zusammenarbeiten. Es ist falsch zu glauben, dass irgend etwas Bestimmtes ein Ereignis verursachen könnte. Jede Ursache ist universal. Ihr eigener Körper würde nicht existieren ohne das gesamte Universum, welches zu seiner Erschaffung und Erhaltung beiträgt. Ich bin völlig dessen gewahr, dass die Dinge geschehen wie sie geschehen, weil die Welt so ist wie sie ist. Um den Lauf der Ereignisse zu beeinflussen, muss ich nur einen neuen Faktor in die Welt tragen, und dieser Faktor kann nur ich selbst sein – die Macht der Liebe und des Verstehens, die in mir versammelt sind. Sie sind wie der Mann im Kino, der angesichts des Films lacht und weint, obwohl er sehr wohl weiß, dass er die ganze Zeit auf seinem Platz sitzt und das Bild nur ein Lichtspiel ist. Es reicht völlig aus, die Aufmerksamkeit von der Leinwand auf sich selbst zu lenken, um den Bann zu brechen. Wenn der Körper stirbt, hört die Art des Lebens, das Sie jetzt leben – die Aufeinanderfolge der physischen und mentalen Ereignisse – auf. Es kann sogar jetzt in diesem Moment enden, ohne dass Sie dazu auf den Tod des Körpers warten müssten – es genügt, die Aufmerksamkeit auf das Selbst zu richten und sie dort zu halten. Alles geschieht so, als gäbe es eine mysteriöse Kraft, die alles erschafft und bewegt. Erkennen Sie, dass Sie selbst nicht der Beweger, sondern nur der Beobachter sind – so gelangen Sie in den Frieden. Frage: Ist diese Kraft von mir getrennt?
Maharaj: Natürlich nicht. Aber am Anfang müssen Sie den leidenschaftslosen Beobachter spielen. Nur dann werden Sie Ihr volles Sein als der universelle Liebende und Handelnde erfassen. Solange Sie in den Mühsalen eines bestimmten persönlichen Lebens verwickelt sind, können Sie nicht darüber hinaus blicken. Aber schließlich werden Sie sehen können, dass Sie weder das Besondere noch das Universelle, sondern jenseits davon sind. So wie die winzige Spitze eines Bleistifts zahllose Bilder zeichnen kann, so zeichnet auch der dimensionslose Punkt des Gewahrseins die Inhalte des ungeheuren Universums. Suchen Sie danach und werden Sie frei. Frage: Mit was erschaffe ich diese Welt? Maharaj: Mit Ihren eigenen Erinnerungen. So lange Sie sich selbst als den Schöpfer ignorieren, so lange wird Ihre Welt begrenzt und einförmig sein. Sobald Sie jedoch über Ihre Selbst-Identifikation mit Ihrer Vergangenheit hinausgehen, sind Sie frei in der Erschaffung einer neuen Welt der Harmonie und Schönheit. Oder verbleiben Sie einfach nur jenseits von Sein und Nicht-Sein. Frage: Was wird übrig bleiben, wenn ich meine Erinnerungen gehen lasse? Maharaj: Es wird nichts übrig bleiben. Frage: Das macht mir Angst. Maharaj: Sie werden so lange Angst haben, bis Sie die Freiheit und deren Segnungen erfahren. Natürlich werden gewisse Erinnerungen noch für die Identifizierung und Lenkung des Körpers benötigt, die auch verbleiben. Es gibt aber keine Anhaftung am Körper mehr als solchem – er ist nicht länger der Ausgangspunkt für Verlangen oder Furcht. All dies ist nicht sehr schwer zu verstehen und zu praktizieren - Sie müssen aber daran interessiert sein. Ohne Interesse kann nichts getan werden.
Wenn Sie einmal erkannt haben, dass Sie nur ein durch Anhaftung zusammengehaltenes Bündel aus Erinnerungen sind, treten Sie beiseite und beginnen Sie von Außen zu schauen. So werden Sie vielleicht zum ersten Mal etwas entdecken, was keine Erinnerung ist. Sie hören auf, Herr So-und-so zu sein, der mit seinen Angelegenheiten beschäftigt ist. Schließlich gelangen Sie im Frieden an. Sie erkennen, dass niemals irgend etwas falsch mit der Welt war - nur Sie selbst waren falsch, und nun ist dies alles vorüber. Niemals wieder werden Sie in den Netzen des Verlangens, das aus der Unwissenheit geboren wurde, gefangen sein.
Alles Wissen ist Unwissenheit Frage: Gestatten Sie uns die Frage, auf welche Weise Sie Ihre Selbstverwirklichung erlangt haben? Maharaj: Irgendwie was es in meinem Fall recht einfach und simpel. Bevor mein Guru starb, sagte er mir: Glauben Sie mir, Sie sind die Höchste Wirklichkeit. Zweifeln Sie nicht an meinen Worten, misstrauen Sie mir nicht. Ich sage Ihnen die reine Wahrheit. Handeln Sie entsprechend. Ich konnte seine Worte nicht vergessen. Indem ich sie nicht vergaß, vermochte ich zu verwirklichen. Frage: Aber was tun Sie nun? Maharaj: Nichts besonderes. Ich lebe mein Leben, gehe meinen Geschäften nach, sorge für meine Familie, und in jedem freien Augenblick denke ich einfach nur an meinen Guru und seine Worte. Er starb kurze Zeit darauf. Ich hatte dann nichts mehr als die Erinnerung, an die ich mich halten konnte. Das war ausreichend. Frage: Das muss die Gnade und die Macht Ihres Gurus gewesen sein. Maharaj: Seine Worte waren wahr. So bewirkten sie die Wahrheit. Wahre Worte wirken stets Wahrheit. Mein Guru tat gar nichts – es waren seine Worte, die so wirkten wie die Wahrheit. Was auch immer ich tat, kam von innen – ungefragt und unerwartet. Frage: Der Guru löste einen Prozess aus, ohne dass er daran Anteil hatte? Maharaj: Nehmen Sie es wie Sie wollen. Die Dinge geschehen, wie sie geschehen – wer vermag zu sagen, wie und weshalb? Ich tat nichts vorsätzlich. Alles kam von selbst - der Wunsch loszulassen, allein zu sein, nach innen zu gehen. Frage: Sie haben keinerlei Anstrengungen
unternommen? Maharaj: Keine einzige. Glauben Sie es mir oder nicht – ich war nicht einmal dahinter her zu verwirklichen. Er sagte mir lediglich, dass ich das Höchste sei und starb dann. Ich konnte ihm einfach nicht misstrauen. Der Rest geschah von selbst. Ich sah, wie ich mich veränderte. Das ist alles. Selbstverständlich war ich überrascht. Aber es erwachte ein Wunsch in mir, seine Worte zu bestätigen. Ich war so sicher, dass er keine Unwahrheit erzählt haben konnte, dass ich das Gefühl hatte, ich sollte entweder die volle Bedeutung seiner Worte verwirklichen oder sterben. Ich fühlte mich entschlossen, wusste aber nicht, was ich tun sollte. Ich verbrachte viele Stunden damit, an ihn und seine Behauptung zu denken. Ich diskutierte nicht innerlich darüber, sondern erinnerte mich einfach nur an das, was er mir gesagt hatte. Frage: Was geschah dann mit Ihnen? Wie erkannten Sie dann, dass Sie das Höchste sind? Maharaj: Es kam niemand, der mich darauf aufmerksam machte. Auch erzählte es mir keine Stimme im Innern. Es war so, dass ich früher, als ich noch gewisse Anstrengungen unternahm, einige seltsame Erfahrungen durchmachte: Ich sah Lichter, hörte Stimmen, traf Götter und Göttinnen und unterhielt mich mit ihnen. Sobald der Guru mir gesagt hatte: „Sie sind die Höchste Wirklichkeit“, hörten die Visionen und Trancen auf, und ich wurde sehr still und schlicht. Ich stellte fest, dass ich immer weniger zu wissen und zu verlangen wünschte, bis ich an einen Punkt kam, an dem ich in großem Erstaunen sagen konnte: „Ich weiß nichts, ich will nichts.“ Frage: Waren Sie gänzlich frei von Verlangen und Wissen oder versuchten Sie einen Jnani vorzustellen nach dem Bilde, dass Ihnen von Ihrem Guru
gegeben wurde? Maharaj: Weder wurde mir ein Bild gegeben noch hatte ich eines. Mein Guru hat mir niemals gesagt, was es zu erwarten gäbe. Frage: Vielleicht werden Ihnen noch mehr Dinge widerfahren. Sind Sie am Ende Ihrer Reise angekommen? Maharaj: Es gab nie eine Reise. Ich bin, wie ich immer war. Frage: Was war die Höchste Wirklichkeit, die Sie erreichen sollten? Maharaj: Ich war aufgeklärt worden – das ist alles. Ich war gewohnt, eine Welt zu erschaffen und zu bevölkern. Dies tue ich nun nicht länger. Frage: Wo leben Sie denn aber dann? Maharaj: In der Leere jenseits von Sein und NichtSein – jenseits des Bewusstseins. Diese Leere ist gleichzeitig Fülle – Sie brauchen mich nicht zu bedauern. Es ist wie wenn ein Mann sagt: „Ich habe meine Arbeit erledigt; mehr gibt es nicht zu tun.“ Frage: Sie haben ein Datum für Ihre Verwirklichung angegeben. Das bedeutet doch, dass Ihnen an diesem Tag etwas geschehen ist. Was war das? Maharaj: Der Verstand hörte auf, Ereignisse zu erschaffen. Die uralte und unaufhörliche Suche stoppte. Ich will nichts, erwarte nichts, und ich akzeptiere nichts als mein Eigen. Es blieb kein „ich“ zurück, um das gekämpft wurde. Sogar das nackte „Ich bin“ verblasste. Etwas anderes, was ich bemerkte, war, dass ich alle meine gewohnheitsmäßigen Überzeugungen verlor. Früher war ich mir in so vielen Dingen völlig sicher – jetzt bin ich gar keiner Sache mehr sicher. Trotzdem fühle ich, dass ich durch das Nicht-Wissen nichts verloren habe, weil mein sämtliches Wissen falsch war. Mein
Nicht-Wissen war das Wissen darum, dass alles Wissen nur Unwissenheit ist - das die Aussage „ich weiß nichts“ die einzige wahre Aussage ist, die der Verstand machen kann. Nehmen Sie beispielsweise die Idee „Ich wurde geboren“. Sie glauben daran. Aber sie ist nicht wahr. Weder wurden Sie geboren noch werden Sie sterben. Es ist diese Idee, die geboren wurde und sterben wird, nicht aber Sie. Indem Sie sich selbst damit identifizieren, werden Sie sterblich. So wie im Kino alles mit Licht funktioniert, so wird aus dem Bewusstsein die ganze ungeheure Welt. Schauen Sie genau hin, und Sie werden sehen, dass alle Namen und Formen vergängliche Wellen auf dem Ozean des Bewusstseins sind; dass nur Bewusstsein als einziges wahrhaftig ist, aber nicht seine Wandlungsformen. In der Weite des Bewusstseins erscheint ein Licht, ein winziger Punkt der sich schnell bewegt und Gestalten, Gedanken und Gefühle, Konzepte und Ideen formt – wie der auf Papier schreibende Stift. Und die Erinnerung besteht aus der Spur der Tinte auf dem Papier. Sie sind dieser winzige Punkt durch die Bewegung, die Sie der Welt verleihen, wird sie aufs neue erschaffen. Hören Sie auf, sich zu bewegen - und die Welt ist nicht mehr. Schauen Sie in sich und Sie werden feststellen, dass dieser Lichtpunkt die Reflektion des unermesslichen Lichtes im Körper ist – in der Form des Gefühls „ich bin“. Da ist nur Licht – alles andere erscheint nur. Frage: Kennen Sie dieses Licht? Haben Sie es gesehen? Maharaj: Dem Verstand erscheint es als Dunkelheit. Es kann nur durch seine Reflektion gekannt werden. Alles erscheint im Tageslicht – außer das Tageslicht selbst. Frage: Muss ich das so verstehen, dass unser Verstand ähnlich ist?
Maharaj: Wie kann das sein? Sie haben Ihren eigenen privaten Verstand, durchwoben von Erinnerungen und zusammengehalten durch Verlangen und Ängste. Ich meinesteils habe gar keinen Verstand – was ich wissen muss, bringt mir das Universum herbei, und zwar so, wie es die Nahrung bringt, die ich esse. Frage: Wissen Sie alles, was Sie wissen möchten? Maharaj: Es gibt nichts, was ich wissen möchte. Aber was ich wissen muss, das erfahre ich. Frage: Kommt dieses Wissen von innen oder von außen zu Ihnen? Maharaj: Das kann man so nicht sagen. Mein Inneres ist außen und mein Äußeres ist innen. Vielleicht erhalte ich das im Moment benötigte Wissen von Ihnen, aber Sie sind nicht getrennt von mir. Frage: Was ist turiya, der vierte Zustand, von dem wir gehört haben? Maharaj: Der Lichtpunkt zu sein, der die Welt zeichnet, ist turiya. Das Licht selbst zu sein ist turiyatita. Aber was können Namen nützen, wenn die Wirklichkeit so nah ist? Frage: Gibt es irgend einen Fortschritt in Ihrer Verfassung? Wenn Sie selbst mit gestern und heute vergleichen, haben Sie dann den Eindruck, dass Sie sich verändern; Fortschritte machen? Wird Ihre Wahrnehmung de Wirklichkeit weiter oder tiefer? Maharaj: Die Wirklichkeit ist unbewegt und doch in ständiger Bewegung. Es ist wie ein mächtiger Fluss – er fließt und bleibt doch immer da – auf ewig. Was fließt, ist nicht der Fluss mit dem Bett und den Ufern, sondern seine Wasser. So ist es auch mit sattva guna, der universalen Harmonie, die ihre Spiele mit tamas und rajas spielt – den Kräften der Dunkelheit und Verzweiflung. In sattva gibt es
immer Wandel und Fortschritt, in rajas ist Wandel und Rückschritt, und tamas steht für das Chaos. Die drei Gunas spielen auf ewig miteinander – dies ist eine Tatsache, die von niemandem bestritten werden kann. Frage: Muss ich denn auf immer stumpf durch tamas und verzweifelt durch rajas werden? Wie steht es mit sattva? Maharaj: Sattva ist die Ausstrahlung Ihrer wahren Natur. Sie finden Sie stets jenseits des Verstandes und seiner vielen Welten. Wenn Sie aber eine Welt möchten, dann müssen Sie die drei gunas als untrennbar akzeptieren: Materie, Energie und Leben – eins in der Essenz, aber unterschieden in der Erscheinungsform. Sie mischen sich und fließen dahin – im Bewusstsein. In Zeit und Raum gibt es einen ewigen Fluss, wieder und wieder Geburt und Tod, Fortgang, Rückzug, weiterer Fortgang, wieder Rückzug – anscheinend ohne einen Anfang und ohne ein Ende. Es ist Wirklichkeit, die zeitlos, wandellos, körperlos ist – verstandloses Gewahrsein ist Seligkeit. Frage: Ich verstehe, dass laut Ihnen alles ein Zustand des Bewusstseins ist. Die Welt ist voller Dinge – ein Sandkorn ist ein Ding, ein Planet ist ein Ding. Wie stehen sie mit dem Bewusstsein in Zusammenhang? Maharaj: Wo das Bewusstsein nicht hinreicht, beginnt die Materie. Ein Ding ist eine Seinsform, die wir noch nicht verstanden haben. Es ändert sich nicht – es ist stets dasselbe. Es erscheint so, als wäre es aus sich selbst heraus da – irgendwie seltsam und fremd. Natürlich ist es im Chit – dem Bewusstsein, aber es erscheint wegen seiner scheinbaren Unverändertheit als außerhalb davon. Die Grundlage der Dinge ist in der Erinnerung – ohne Erinnerung würde es keine Wahrnehmung geben. Schöpfung – Reflektion – Verwerfen: Brahma
– Vishnu – Shiva. Das ist der ewige Prozess. Alle Dinge werden durch ihn bestimmt. Frage: Gibt es keinen Ausweg? Maharaj: Ich tue ja nichts anderes als eben diesen Ausweg aufzuzeigen. Sie müssen verstehen, dass das Eine die Drei enthält, und dass Sie selbst das Eine sind. Außerdem sollten Sie frei sein vom Prozess der Welt. Frage: Was wird dann meinem Bewusstsein geschehen? Maharaj: Nach der Stufe der Schöpfung kommt die Stufe der Untersuchung und Reflektion. Schließlich dann die Stufe des Aufgebens und Vergessens. Bewusstsein verbleibt – aber in einem latenten, stillen Zustand. Frage: Bleibt den der Zustand der Identität? Maharaj: Der Zustand der Identität ist der Wirklichkeit inhärent und verschwindet nie. Jedoch ist Identität weder die vergängliche Persönlichkeit (vyakti) noch die Karma-gebundene Individualität (vyakta). Es ist das, was übrigbleibt, wenn alle Selbst-Identifikation als falsch aufgegeben worden ist - reines Bewusstsein, das Empfinden, dass es nichts als Sein gibt. Bewusstsein ist rein am Anfang und rein am Ende. Dazwischen gibt es Kontaminationen durch die Einbildungskraft, die an der Wurzel der Schöpfung liegt. Bewusstsein bleibt zu jedem Zeitpunkt dasselbe. Es als das zu kennen, was es ist, bedeutet Verwirklichung und zeitloser Friede. Frage: Ist das Gefühl von „ich bin“ wirklich oder unwirklich? Maharaj: Beides. Es ist unwirklich, wenn wir sagen: „Ich bin dies, ich bin das“. Es ist wirklich, wenn wir sagen: „Ich bin weder dies noch das“. Der Kenner kommt und geht mit dem Gekannten
und ist vergänglich. Aber das, was weiß, dass es nichts weiß und frei von der Erinnerung und der Vorwegnahme ist, ist zeitlos. Frage: Ist das „Ich bin“ selbst der Zeuge oder sind beide etwas getrenntes? Maharaj: Ohne das eine kann das andere nicht sein. Und doch sind sie nicht eins. Es ist wie mit der Blume und ihrer Farbe: Ohne Blume gibt es keine Farben; ohne Farben kann die Blume nicht gesehen werden. Jenseits ist das Licht, das in Verbindung mit der Blume die Farben erschafft. Erkennen Sie, dass Ihre wahre Natur nur dieses reine Licht ist, und dass sowohl das Wahrgenommene und der Wahrnehmer zusammen kommen und gehen. Was beide möglich macht und doch keins von beiden ist, ist Ihr wahres Sein, was bedeutet, nicht „dies“ oder „das“ zu sein, sondern das reine Gewahrsein von Sein und NichtSein. Wenn Gewahrsein sich auf sich selbst richtet, entsteht das Gefühl, nichts zu wissen. Wird es auswärts gewendet, dann tritt das Kennbare ins Sein. Zu sagen: „Ich kenne mich selbst“ ist ein Widerspruch insofern, als das Gekannte nicht ich selbst sein kann. Frage: Wenn das Selbst auf ewig das Ungekannte ist, was wird dann in der Selbst-Verwirklichung verwirklicht? Maharaj: Zu wissen, dass das Gekannte nicht ich oder mein sein kann, ist Befreiung genug. Die Freiheit von der Selbst-Identifikation mit einem Bündel von Erinnerungen und Gewohnheiten und das Wunder zu sehen, wie das Unendliche auf das Sein trifft, bedeutet unerschöpfliche Kreativität und totale Transzendenz. Es ist die absolute Furchtlosigkeit geboren aus der Verwirklichung des Illusorischen und Vergänglichen aller Arten von Bewusstsein – fließend aus einer tiefen und unerschöpflichen Quelle. Die Quelle als Quelle, die Erscheinung als Erscheinung und sich selbst als die
Quelle allein zu kennen ist Selbst-Verwirklichung. Frage: Auf welcher Seite befindet sich der Zeuge? Ist er wirklich oder unwirklich? Maharaj: Niemand kann sagen: Ich bin der Zeuge“: Das „Ich bin“ wird stets bezeugt. Der Zustand des losgelösten Gewahrseins ist das Zeugen-Bewusstsein; der „Spiegel-Verstand“. Er steigt und fällt mit seinem Objekt und ist daher nicht eigentlich das Wirkliche. Was auch immer sein Objekt ist – er bleibt derselbe; daher ist er also wirklich. Er nimmt sowohl am Wirklichen als auch am Unwirklichen teil und ist daher also die Brücke zwischen den beiden. Frage: Wenn all dies nur dem „Ich bin“ geschieht, wenn also das „Ich bin“ das Gekannte und der Kenner und das Kennen selbst ist, was tut dann der Zeuge? Von welchem Nutzen ist er? Maharaj: Er tut gar nichts und ist daher von keinerlei Nutzen. Frage: Weshalb sprechen wir dann über ihn? Maharaj: Weil er da ist. Die Brücke dient nur einem einzigen Zweck – sie zu überqueren. Man baut auf Brücken keine Häuser. Das „Ich bin“ schaut die Dinge an, der Zeuge sieht sie durch ihn. Er sieht sie, wie sie sind – unwirklich und vergänglich. Es ist die Aufgabe des Zeugen zu sagen: „nicht ich, nicht mein“. Frage: Ist es das Manifeste (saguna), durch das das Unmanifeste (nirguna) repräsentiert ist? Maharaj: Das Unimanifestierte ist nicht repräsentiert. Nichts Manifestiertes kann das Unmanifestierte repräsentieren. Frage: Weshalb sprechen Sie dann davon? Maharaj: Weil es mein Geburtsort ist.
Person, Zeuge und Höchstes Frage: Wir haben lange Zeit hindurch Drogen genommen, hauptsächlich bewusstseinserweiternde Drogen. Sie haben uns Erfahrungen von anderen, höheren und tieferen, Bewusstseinszuständen verschafft, darüber hinaus die Überzeugung, dass Drogen unbrauchbar und im besten Fall zeitweise funktionieren. Schlimmstenfalls zerstören sie den Körper und die Persönlichkeit. Wir suchen nach besseren Mitteln zur Entwicklung des Bewusstseins und der Transzendenz. Wir möchten, dass die Ergebnisse unserer Bemühungen bei und bleiben und unsere Leben bereichern, aber nicht nur blasse Erinnerungen und nutzloses Bedauern zurücklassen. Wenn mit dem Spirituellen die Selbsterforschung und –entwicklung gemeint sind, dann ist unser Ziel mit unserem Kommen hierher nach Indien definitiv spirituell. Die glückliche Hippi-Zeit liegt hinter uns – wir sind jetzt ernsthaft geworden und wirklich auf dem Weg. Wir wissen, dass e seine Wirklichkeit gibt, die gefunden werden kann, aber wir wissen nicht, wie, und wie man sie festhalten kann. Wir brauchen keine Überredung, sondern nur Führung. Können Sie uns helfen? Maharaj: Sie benötigen keine Hilfe, nur Rat. Was Sie suchen, ist schon in Ihnen. Nehmen Sie meinen eigenen Fall. Ich tat gar nichts für meine Verwirklichung. Mein Lehrer erklärte mir, dass sich die Wirklichkeit in mir befände. Ich schaute nach innen und fand sie dort – genauso, wie mein Lehrer mir versichert hatte. Die Wirklichkeit zu sehen ist so einfach wie sein eigenes Gesicht im Spiegel zu sehen. Der Spiegel muss nur klar und wahr sein. Ein stiller Verstand, der unabgelenkt von Wünschen und Ängsten, frei von Ideen und Überzeugungen und klar auf allen Ebenen ist, wird zur Reflektion der Wirklichkeit benötigt. Seien Sie klar und still, wach
und losgelöst – alles andere geschieht von selbst. Frage: Sie haben Ihren Verstand klar und still gemacht, bevor Sie die Wahrheit verwirklichen konnten. Wie taten Sie dies? Maharaj: Ich tat gar nichts. Es passierte einfach. Ich lebte mein Leben und sorgte für die Bedürfnisse meiner Familie. Auch mein Guru tat nichts. Es passierte einfach; so, wie er vorhergesagt hatte. Frage: Aber die Dinge geschehen doch nicht einfach. Für alles gibt es doch eine Ursache. Maharaj: Alles Geschehen ist die Ursache von allem, was passiert. Die Ursachen sind zahllos – die Idee einer einzigen Ursache ist nur eine Illusion. Frage: Sie müssen aber doch irgend etwas besonderes getan haben – etwas Meditation oder Yoga. Wie können Sie behaupten, dass die Verwirklichung aus sich selbst heraus passiert? Maharaj: Nichts besonderes. Ich lebte einfach nur mein Leben. Frage: Ich bin verblüfft! Maharaj: Ich auch. Aber was gab es denn, über das man hätte verblüfft sein können? Die Worte meines Lehrers wurden wahr. Was soll‘s? Er kannte mich besser als ich mich selbst – das war alles. Weshalb nach Ursachen forschen? Ganz am Anfang gab ich dem Gefühl von „ich bin“ meine gewisse Aufmerksamkeit und Zeit, aber das war nur am Anfang so. Bald nachdem mein Guru gestorben war, lebte ich einfach weiter. Seine Worte erwiesen sich als wahr. Das ist alles. Es ist alles ein einziger Vorgang. Sie neigen dazu, die Dinge zeitlich zu trennen und suchen dann nach Ursachen. Frage: Worin besteht Ihre Arbeit hier? Was tun Sie? Maharaj: Sie stellen sich vor, das Sein und Tun identisch sind. So ist es aber nicht. Der Verstand
und der Körper bewegen und verändern sich und veranlassen andere Verstände und Körper ebenfalls zur Bewegung und Veränderung. Dies nennt man dann Tun oder Aktion. Ich sehe, dass es in der Natur der Tätigkeit liegt, wie Feuer, dass durch Feuer am Leben gehalten wird, neue Tätigkeit zu erschaffen. Weder bin ich tätig noch veranlasse ich andere zur Tätigkeit – ich bin zeitlos gewahr dessen, was vor sich geht. Frage: In Ihrem Verstand oder auch in dem anderer? Maharaj: Es gibt nur einen Verstand, der mit Ideen bevölkert ist wie „Ich bin dies, ich bin das, dies ist mein, das ist mein“. Ich bin nicht der Verstand, war es nie und werde es auch nie sein. Frage: Wie ist der Verstand überhaupt entstanden? Maharaj: Die Welt besteht aus Materie, Energie und Intelligenz. Sie manifestieren sich auf vielerlei Art und Weise. Wunsch und Vorstellung erschaffen die Welt, während die Intelligenz beide versöhnt und einen Sinn von Harmonie und Frieden schafft. Für mich geschieht alles nur – ich bin gewahr, jedoch unberührt. Frage: Sie können weder gewahr noch unberührt sein. Es wäre ein Widerspruch in sich selbst. Wahrnehmung ist Wandel. Sobald Sie einen sinnlichen Eindruck erfahren haben, wird die Erinnerung Ihnen nicht erlauben, zum Zustand davor zurückzukehren. Maharaj: Ja, was einmal der Erinnerung hinzugefügt wurde, kann nicht einfach wieder gelöscht werden. Es kann aber ganz gewiss geschehen, und ich tue es tatsächlich auch die ganze Zeit über. Wie ein Vogel in der Luft hinterlasse ich keinerlei Fußspuren. Frage: Hat der Zeuge Name und Gestalt oder ist
er jenseits dessen? Maharaj: Der Zeuge ist nur ein Punkt im Gewahrsein. Er besitzt weder Name noch Gestalt. Es ist wie eine Reflektion der Sonne in einem Tautropfen. Der Tautropfen hat Name und Gestalt, aber der kleine Lichtpunkt wird von der Sonne verursacht. Die Transparenz und Glätte des Tropfens ist eine notwendige Bedingung, aber für sich selbst nicht ausreichend. Ähnlich dazu sind Klarheit und Stille des Verstandes notwendig dafür, dass die Reflektion der Wirklichkeit im Verstand erscheinen kann. Für sich allein sind sie aber nicht hinreichend. Es muss eine Wirklichkeit jenseits davon geben. Da die Wirklichkeit zeitlos gegenwärtig ist, liegt die Betonung auf den notwendigen Bedingungen. Frage: Kann es geschehen, dass der Verstand klar und ruhig ist und doch keinerlei Reflektion entsteht? Maharaj: Man muss dabei das Schicksal in die Erwägung miteinbeziehen. Das Unbewusste ist der Griff des Schicksal – ja, es ist tatsächlich das Schicksal selbst. Man muss warten können. Wie schwer jedoch die Hand des Schicksals auf einem liegen mag – sie kann durch Geduld und Selbstbeherrschung fortgenommen werden. Integrität und Reinheit entfernt die Hindernisse, und die Vision der Wirklichkeit erscheint im Verstand. Frage: Wie erlangt man Selbstbeherrschung? Ich fühle mich so unfähig! Maharaj: Verstehen Sie als erstes, dass Sie nicht die Person sind, für die Sie sich selbst halten. Was Sie von sich selbst denken, ist bloß wie eine Suggestion oder Einbildung. Sie hatten keine Eltern, sie wurden nichtgeboren, und Sie werden auch nicht sterben. Entweder Sie glauben meine Worte oder Sie können sie durch Studium und Selbsterforschung nachvollziehen. Der Weg des totalen Vertrauens ist schnell, während der andere
langsam, aber stetig ist. Beide müssen im Tätig-sein erprobt werden. Handeln Sie auf der Grundlage dessen, was Sie als wahr erkannt haben – das ist der Weg zur Wahrheit. Frage: Bedeuten das Verdienen der Wahrheit und des Schicksals beide dasselbe? Maharaj: Ja, beide sind im Unbewussten. Bewusster Verdienst ist nur Eitelkeit. Das Bewusstsein hat immer nur mit Hindernissen zu tun – wenn es keine Hindernisse mehr gibt, dann geht man jenseits davon. Frage: Wird das Verstehen, dass ich nicht der Körper bin, mir die zur Selbstbeherrschung erforderliche Charakterstärke verleihen? Maharaj: Wenn Sie wissen, dass Sie weder der Körper noch der Verstand sind, werden Sie von auch nicht länger beherrscht. Sie werden der Wahrheit folgen, wo immer Sie sie auch hinführt, und Sie werden tun, was getan werden muss, welcher Preis auch immer dafür gezahlt werden muss. Frage: Ist Tätigkeit wesentlich für die SelbstVerwirklichung? Maharaj: Für die Verwirklichung ist Verstehen wesentlich. Tätigkeit ist nur nebensächlich. Ein Mensch mit festem Verstehen enthält sich nicht der Tätigkeit. Die Tätigkeit ist der Test der Wahrheit. Frage: Werden denn Tests gebraucht? Maharaj: Wenn Sie sich nicht selbst die ganze Zeit über testen, werden Sie nicht zwischen Wirklichkeit und Phantasie unterscheiden können. Beobachtung und intensives Beurteilen helfen bis zu einem gewissen Grade, aber die Wirklichkeit ist paradox. Wie können Sie wissen, ob Sie verwirklicht haben, solange Sie nicht Ihre Gedanken und Gefühle, Worte und Tätigkeiten beobachten und die Veränderungen verfolgen, die in Ihnen ohne Ihr Bewusstsein des
Wie und Warum stattfinden? Tatsächlich ist es so, dass Sie eben deshalb, weil sie so überraschend sind, wissen, dass sie wirklich sein müssen. Das Erwartete und Vorhergesehene ist selten wahr. Frage: Wie entsteht eigentlich die Person? Maharaj: Genau so wie ein Schatten erscheint, wenn das Licht durch den Körper unterbrochen wird, so taucht auch die Person auf, wenn das reine Selbst-Gewahrsein durch die Idee „Ich bin der Körper“ verdunkelt wird. Und so wie der Schatten seine Gestalt und Position entsprechend seiner Bewegung ändert, so scheint auch die Person gemäß ihrem Schicksalsmuster sich zu freuen und zu leiden, zu ruhen oder zu hasten, zu finden oder zu verlieren. Wenn der Körper nicht länger da ist, verschwindet die Person vollständig ohne eine Wiederkehr – nur der Zeuge und das Große Unbekannte verbleiben. Der Zeuge ist derjenige, der sagt: „Ich weiß“. Die Person sagt: „Ich tue etwas“. Zu sagen „Ich weiß“ ist nicht unwahr – es ist lediglich begrenzt. Aber zu sagen „Ich tue etwas“ ist gänzlich falsch, da es niemanden gibt, der etwas tut. Alles geschieht durch sich selbst einschließlich der Idee, ein Täter zu sein. Frage: Was ist dann Tätigkeit? Maharaj: Das Universum ist voller Tätigkeit, während es aber keinen Täter gibt. Da sind nur Personen, kleine und große oder auch sehr große, die sich durch Identifikation selbst vorstellen, zu handeln. An der Tatsache, dass die Welt der Tätigkeiten (mahadakash) ein eines, einziges Ganzes ist, von der alles abhängt, ändert sich daran nicht das Geringste. Die Sterne haben einen tiefen Einfluss auf uns und wir auf die Sterne. Treten Sie von der Tätigkeit zurück ins Bewusstsein und überlassen Sie die Tätigkeit dem Körper und dem
Verstand – es ist ihre Domäne. Verbleiben Sie als der reine Zeuge, bis sich sogar das Bezeugen im Höchsten auflöst. Stellen Sie sich einen dichten Dschungel voller riesiger Bäume vor. Aus einem der Bäume wird ein Brett und ein Stift geschnitten, um auf dem Brett zu schreiben. Der Zeuge liest das Geschriebene und weiß, dass das Geschriebene nichts mit ihm zu tun hat, weil der Stift und das Brett nur entfernt mit dem Dschungel zu tun haben. Es ist alles komplett überlagert – sein Verschwinden spielt einfach keine Rolle. Der Auflösung der Persönlichkeit folgt ein Gefühl von großer Erleichterung – als ob eine schwere Last abgefallen wäre. Frage: Wenn Sie sagen, ich sei im Zustand jenseits des Zeugen, was ist dann die Erfahrung dahinter, die Sie dies sagen lässt? Auf welche Weise unterscheidet sich dies vom Zustand, nur der Zeuge zu sein? Maharaj: Es ist wie das Waschen bedruckter Kleidung. Zuerst verblasst das Muster, dann der Hintergrund und am Ende ist das Kleidungsstück ganz weiß. Die Persönlichkeit verschafft dem Zeugen seinen Raum. Dann geht der Zeuge und reines Gewahrsein verbleibt. Das Kleidungsstück war weiß am Anfang und bleibt dies am Ende – Muster und Farben waren einfach nur für eine Zeitlang da. Frage: Kann es Gewahrsein ohne ein Objekt des Gewahrseins geben? Maharaj: Gewahrsein mit einem Objekt nennen wir Bezeugen. Wenn ist außerdem noch die durch Verlangen oder Furcht verursachte SelbstIdentifikation mit einem Objekt gibt, dann nennt man einen solchen Zustand eine Person. In der Wirklichkeit gibt es nur einen einzigen Zustand. Wenn dieser durch Selbst-Identifikation verdunkelt
wird, wird er Person genannt. Wenn er mit dem Gefühl des Seins gefärbt wird, ist es der Zeuge, Und wenn er farblos und unbegrenzt ist, wird er das Höchste genannt. Frage: Ich stelle fest, dass ich immer ruhelos, verlangend, hoffend, suchend, findend, erfreuend, aufgebend und erneut suchend bin. Woher kommt das, was mich ständig unter Dampf hält? Maharaj: Sie sind tatsächlich auf der Suche nach sich selbst, ohne es zu wissen. Sie haben Liebesverlangen nach dem, was die Liebe wert ist – dem vollkommen Liebenswerten. Aufgrund von Unwissenheit suchen Sie in der Welt der Gegensätze und Widersprüche danach. Sobald Sie es in sich selbst finden, wird Ihre Suche vorbei sein. Frage: Da gibt es aber immer noch diese sorgenerfüllte Welt, mit der man sich abgeben muss. Maharaj: Nehmen Sie nichts vorweg. Sie wissen es nicht. Es ist wahr, dass alles Manifeste durch die Gegensätzen lebt. Freude und Schmerz, Gut und Böse, Niedrig und Hoch, Fortschritt und Rückschritt, Ruhe und Kampf kommen und gehen zusammen. So lange es eine Welt gibt, wird es auch Gegensätze geben. Es kann aber auch Perioden vollkommener Harmonie, Seligkeit und Schönheit geben – jedoch nur für kurze Zeit. Was vollkommen ist, wird zur Quelle aller Vollkommenheit zurückkehren, während die Gegensätze weiterspielen. Frage: Wie kann ich Vollkommenheit erreichen? Maharaj: Seien Sie still. Tun Sie Ihre Arbeit in der Welt, aber bleiben Sie innerlich still. Dann wird alles zu Ihnen kommen. Verlassen Sie sich zur Verwirklichung nicht auf Ihre eigenen Bemühungen. Vielleicht helfen sie anderen, aber nicht Ihnen selbst. Ihre Hoffnung liegt im Stillhalten Ihres Verstandes und der Besänftigung Ihres Herzens.
Verwirklichte Menschen sind sehr still.
Gewahrsein Frage: Benötigt es Zeit, um das Selbst zu verwirklichen, oder kann die Zeit bei der Verwirklichung nicht helfen? Ist SelbstVerwirklichung nur eine Angelegenheit der Zeit oder hängt sie noch von anderen Faktoren als der Zeit ab? Maharaj: Alles Warten ist müßig. Sich auf die Zeit zu verlassen, um Ihre Probleme zu lösen, ist nur Selbsttäuschung. Die Zukunft, die sich selbst überlassen ist, wiederholt nur die Vergangenheit. Ein Wandel kann nur jetzt geschehen – niemals in der Zukunft. Frage: Wodurch entsteht ein Wandel? Maharaj: Sehen Sie kristallklar die Notwendigkeit eines Wandels. Das ist alles. Frage: Geschieht die Selbst-Verwirklichung in der Materie oder jenseits davon? Ist sie nicht eine Erfahrung, die, damit sie geschehen kann, vom Körper und Verstand abhängt? Maharaj: Alle Erfahrung ist illusorisch, begrenzt und rein zeitlich. Erwarten Sie von der Erfahrung nicht. Die Verwirklichung selbst ist keine Erfahrung, obwohl sie zu einer neuen Dimension von Erfahrungen führen mag. Doch neue Erfahrungen, wie interessant sie auch sein mögen, sind nicht wirklicher als die alten. Verwirklichung ist ganz definitiv keine neue Erfahrung. Es ist die Entdeckung des zeitlosen Faktors in jeder Erfahrung. Es ist das Gewahrsein, was jede Erfahrung erst ermöglicht. So wie im Licht aller Farben stets der farblose Faktor ist, so ist auch in jeder Erfahrung Gewahrsein gegenwärtig, obschon dies keine Erfahrung ist. Frage: Wenn Gewahrsein keine Erfahrung ist, wie
kann sie dann verwirklicht werden? Maharaj: Gewahrsein ist immer da. Es muss nicht verwirklicht werden. Öffnen Sie den Fensterladen des Verstandes - und er wird mit Licht überflutet. Frage: Was ist Materie? Maharaj: Was Sie nicht verstehen, ist Materie. Frage: Die Wissenschaft versteht die Materie. Maharaj: Die Wissenschaft führt nur zurück an die Grenzen unserer Unwissenheit. Frage: Und was ist Natur? Maharaj: Natur ist die Gesamtheit der bewussten Erfahrung. Als bewusstes Selbst sind Sie ein Teil der Natur. Als Gewahrsein sind Sie jenseits davon. Natur als bloßes Bewusstsein zu sehen ist Gewahrsein. Frage: Gibt es Stufen von Gewahrsein? Maharaj: Es gibt Stufen im Bewusstsein, aber nicht im Gewahrsein. Es ist ein einziger Block, homogen. Seine Reflektion im Verstand ist Liebe und Verstehen. Es gibt Stufen von Klarheit beim Verstehen und der Intensität der Liebe, aber nicht in ihrer Quelle. Die Quelle ist einfach und einzig, aber ihre Geschenke sind endlos. Verwechseln Sie nicht die Geschenke mit der Quelle. Erkennen Sie sich selbst als die Quelle und nicht als den Fluss – das ist alles. Frage: Ich bin aber auch der Fluss. Maharaj: Natürlich sind Sie das. Als „Ich bin“ sind Sie der Fluss, der zwischen den Ufern des Körpers fließt. Aber ebenso sind Sie die Quelle und der Ozean und die Wolken am Himmel. Wo auch immer Leben und Bewusstsein ist –dort sind Sie. Kleiner als das Kleinste, größer als das Größte sind Sie, während alles andere nur erscheint. Frage: Das Gefühl des Seins und das Gefühl des Lebendigseins – sind sie dasselbe oder etwas
verschiedenes? Maharaj: Die Identität im Raum erzeugt das eine, die Kontinuität in der Zeit das andere. Frage: Sie haben einmal gesagt, dass der Seher, das Sehen und das Gesehene ein Ding seien, nicht drei. Für mich sind alle drei getrennt voneinander. Ich zweifle nicht an Ihren Worten – ich verstehe sie nur nicht. Maharaj: Schauen Sie genau hin und Sie werden erkennen, dass der Seher und das Gesehene nur dann erscheinen, wenn es Sehen gibt. Sie sind Attribute des Sehens. Wenn Sie sagen „Ich sehe dies“, dann kommen das „Ich bin“ und „dies“ zusammen mit dem Sehen, nicht vorher. Sie können weder ein nicht gesehenes „dies“ noch ein nicht gesehenes „Ich bin“ haben. Frage: Ich kann sagen: „Ich sehe nichts“. Maharaj: Das „Ich sehe dies“ wurde zu „Ich sehe mein Sehen nicht“ bzw. „Ich sehe Dunkelheit“. Das Sehen verbleibt. In der Dreiheit des Gekannten, des Kennens und des Kenners ist lediglich das Kennen das Faktum. Das „Ich bin“ und „dies“ sind dagegen zweifelhaft. Wer weiß? Was wird gekannt? Es gibt keinerlei Gewissheit mit der Ausnahme, dass es das Kennen gibt. Frage: Weshalb bin ich des Kennens gewiss, aber nicht des Kenners? Maharaj: Das Kennen ist eine Reflektion Ihrer wahren Natur zusammen mit dem Sein und dem Lieben. Der Kenner und das Gekannte werden dem Verstand hinzugefügt. Es liegt in der Natur des Verstandes, dort eine Subjekt-Objekt-Dualität zu schaffen, wo gar keine ist. Frage: Was sind die Ursachen von Furcht und Verlangen? Maharaj: Ganz offensichtlich die Erinnerung an
vergangene Freuden und Schmerzen. Dahinter steckt nichts Mysteriöses. Konflikte treten nur dann auf, wenn sich Wunsch und Verlangen auf dasselbe Objekt beziehen. Frage: Wie kann man die Erinnerung aufheben? Maharaj: Dies ist weder nötig noch möglich. Erkennen Sie, dass alles im Bewusstsein geschieht, und dass Sie die Wurzel, die Quelle, die Grundlage des Bewusstseins sind. Die Welt ist nichts als eine Abfolge von Erfahrungen, und Sie sind, was sie bewusst macht. Sie sind jedoch stets jenseits aller Erfahrung. Es ist wie mit der Hitze, der Flamme und dem brennenden Holz. Die Hitze unterhält die Flamme, die Flamme verbraucht das Holz. Ohne die Hitze würde es weder eine Flamme noch Brennstoff geben. Dementsprechend würde es ohne Gewahrsein weder Welt noch Leben geben, das die Materie in einen Ausdrucksträger des Bewusstseins verwandelt. Frage: Sie behaupten, dass es ohne mich keine Welt geben würde, und das die Welt und mein Wissen darüber identisch seien. Die Wissenschaft kam zu einer ganz anderen Schlussfolgerung: Die Welt existiert als etwas konkretes und beständiges, während ich selbst ein Nebenprodukt der biologischen Evolution des Nervensystems bin, welches primär weniger der Sitz des Bewusstseins, als vielmehr ein Mechanismus des Überlebens des Individuums und der Spezies ist. Ihre Sicht dagegen ist eine subjektive Sicht, während die Wissenschaft alles in objektiven Begriffen zu beschreiben versucht. Ist dieser Gegensatz unvermeidbar? Maharaj: Die Verwirrung liegt auf der Hand und ist rein verbal. Was ist, ist. Es ist weder subjektiv noch objektiv. Materie und Verstand sind nicht getrennt, sondern Aspekte einer einzigen Energie. Schauen Sie sich den Verstand als Funktion der Materie an – und Sie haben die Wissenschaft. Schauen Sie sich
die Materie als Produkt des Verstandes an – und Sie haben die Religion. Frage: Aber was ist dann wahr? Was kommt zuerst – Materie oder Verstand? Maharaj: Keins von beiden. Denn keines kann allein auftreten. Die Materie ist die Gestalt – der Verstand der Name. Zusammen machen sie die Welt aus. Wirklichkeit ist durchdringend und transzendieren; reines Sein-Gewahrsein-Seligkeit – Ihre wahre Essenz. Frage: Ich weiß nur, dass der Strom des Bewusstseins eine endlose Abfolge von Ereignissen ist. Der Fluss der Zeit fließt – er bringt und schafft fort – unnachgiebig. Die Verwandlung der Zukunft in die Vergangenheit geschieht die ganze Zeit. Maharaj: Sind Sie da nicht ein Opfer Ihrer Sprache? Sie sprechen über den Fluss der Zeit, als wären Sie selbst stationär. Die Ereignisse jedoch, die Sie gestern bezeugt haben, sieht jemand anderes vielleicht morgen. Sie selbst sind in der Bewegung – nicht die Zeit. Hören Sie auf, sich zu bewegen, und die Zeit steht still. Frage: Was bedeutet: Die Zeit steht still? Maharaj: Vergangenheit und Zukunft werden im Jetzt in die Ewigkeit eingehen. Frage: Aber was bedeutet dies als tatsächliche Erfahrung? Woher wissen Sie, dass für Sie die Zeit stillsteht? Maharaj: Es kann bedeuten, dass Vergangenheit und Zukunft bedeutungslos werden. Es kann auch bedeuten, dass alles Geschehene und noch Geschehende zu einem offenen Buch werden, in dem man beliebig lesen kann. Frage: Ich kann mir eine Art von kosmischer Erinnerung vorstellen, auf das man mit einem gewissen Training zugreifen kann. Aber wie kann die
Zukunft gekannt werden? Das Unerwartete ist unvermeidlich. Maharaj: Was auf der einen Ebene unerwartet sein mag, mag auch einer höheren Ebene gewiss sei. Schließlich sind wir alle durch den Verstand begrenzt. In der Wirklichkeit geschieht nichts – dort gibt es weder Vergangenheit noch Zukunft. Alles taucht nur auf und nichts ist. Frage: Was bedeutet: Nichts ist? Haben Sie einen Blackout oder gehen Sie schlafen? Oder lösen Sie die Welt einfach auf und lassen uns alle in der Ungewissheit zurück, bis wir durch das nächste Zucken Ihrer Gedanken wieder lebendig werden? Maharaj: Aber nein, so übel steht es nicht. Die Welt des Verstandes und der Materie, der Namen und Formen, besteht fort, aber es spielt für mich überhaupt keine Rolle. Es ist, wie wenn man einen Schatten hat. Er ist da und folgt mir, wohin ich auch gehe, aber er behindert mich in keiner Weise. Es bleibt eine Welt der Erfahrungen, aber nicht von Namen und Formen, die mit mir über Verlangen und Ängste in Verbindung stehen. Die Erfahrungen sind eigenschaftlos - reine Erfahrungen, wenn ich das so sagen darf. Ich nennen Sie Erfahrungen, weil es kein besseres Wort dafür gibt. Sie sind wie Wellen auf der Oberfläche des Ozeans des ImmerGegenwärtigen, berühren aber nicht seine friedvolle Kraft. Frage: Meinen Sie damit, dass eine Erfahrung namenlos, formlos und undefiniert sein kann? Maharaj: Am Anfang sind alle Erfahrungen so. Es sind nur Verlangen und Furcht, geboren aus der Erinnerung, die ihnen Namen und Form verleihen und sie von anderen Erfahrungen trennen. Es ist keine bewusste Erfahrung, weil sie nicht im Widerspruch zu anderen Erfahrungen steht, doch sie ist eine Erfahrung wie jede andere.
Frage: Wenn es nicht bewusst ist, weshalb dann aber darüber sprechen? Maharaj: Die meisten unserer Erfahrungen sind unbewusst. Bewusst sind nur sehr wenige. Sie sind dieser Tatsache nicht gewahr, weil es für Sie nur das Bewusste ist, das zählt. Werden Sie des Unbewussten gewahr. Frage: Kann man den des Unbewussten gewahr sein? Wie soll dies gehen? Maharaj: Furcht und Verlangen sind die verdunkelnden und verzerrenden Faktoren. Wenn der Verstand frei davon ist, dann wird das Unbewusste zugänglich. Frage: Bedeutet das, dass das Unbewusste bewusst wird? Maharaj: Es läuft eher anders herum. Das Bewusste wird eins mit dem Unbewussten. Die Unterscheidung hört auf – auf welche auch immer Sie es betrachten. Frage: Ich bin verwirrt. Wie kann man gewahr und doch unbewusst sein? Maharaj: Gewahrsein ist nicht auf Bewusstsein begrenzt. Es ist alles, was ist. Bewusstsein enthält Dualität. Im Gewahrsein gibt es keine Dualität. Es ist ein einziger Block reiner Erkenntnis. Auf dieselbe Weise kann man über das reine Sein und die reine Schöpfung sprechen – namenlos, formlos, still und doch absolut wirklich, machtvoll, wirkend. Das es unbeschreibbar ist, berührt es nicht im mindesten. Sie sind unbewusst, aber essenziell. Das Bewusste kann sich nicht fundamental ändern – es kann nur modifiziert werden. Jedes Ding muss, um sich zu wandeln, über die Verdunkelung und Auflösung durch den Tod hindurch. Goldschmuck muss eingeschmolzen werden, bevor es in eine andere Form gebracht werden kann. Was sich dem Tod verweigert, kann nicht wiedergeboren werden.
Frage: Abgesehen vom Tod des Körpers – wie stirbt man? Maharaj: Zurückziehen, Aufgabe, loslassen ist Tod. Um voll leben zu können, ist der Tod wesentlich; alles Enden erzeugt einen Neubeginn. Verstehen Sie aber andererseits, dass nur das Tote sterben kann, nicht das Lebendige. Was in Ihnen lebendig ist, ist unsterblich. Frage: Von woher bezieht das Verlangen seine Energie? Maharaj: Es bezieht seine Namen und Formen aus der Erinnerung. Die Energie fließt aus der Quelle. Frage: Manche Wünsche sind grundsätzlich falsch. Wie können falsche Wünsche aus einer sublimen Quelle fließen? Maharaj: Die Quelle ist weder richtig noch falsch. Kein Verlangen ist in sich selbst richtig oder falsch. Es ist nichts als das Streben nach Glück. Indem Sie sich selbst mit dem Klotz des Körpers identifiziert haben, fühlen Sie sich verloren und suchen verzweifelt nach dem Empfinden der Fülle und Vollständigkeit, das Sie dann Glück nennen. Frage: Wann habe ich es denn verloren? Ich hatte es nie. Maharaj: Sie hatten es, bevor Sie heute morgen aufgewacht sind. Gehen Sie jenseits Ihres Bewusstseins, und Sie werden es finden. Frage: Wie kann ich denn jenseits davon gehen? Maharaj: Sie wissen es bereits – tun Sie es einfach. Frage: Das ist, was Sie sagen. Ich weiß überhaupt nichts darüber. Maharaj: Ich wiederhole – Sie wissen es. Tun sie es. Gehen Sie jenseits; zurück zu Ihrem normalen, natürlichen höchsten Zustand.
Frage: Ich bin verwirrt. Maharaj: Ein Staubkorn im Auge lässt Sie denken, dass Sie blind seien. Waschen Sie es heraus und schauen Sie. Frage: Ich schaue ja! Aber ich sehe nur Dunkelheit. Maharaj: Beseitigen Sie den Fleck und Ihre Augen werden mit Licht erfüllt sein. Das Licht ist immer da – wartend. Die Augen sind da – bereit. Die Dunkelheit, die Sie sehen, ist der Schatten des winzigen Flecks. Werden Sie ihn los und kehren Sie zu Ihrem natürlichen Zustand zurück.
Die Wurzel der Furcht (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Absolute Vollkommenheit ist hier und jetzt (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Der wahre Guru Frage: Sie sagten letztens, dass an der Wurzel Ihrer Verwirklichung das Vertrauen in Ihren Guru lag. Er versicherte Ihnen, dass Sie bereits die Absolute Realität seien und nichts weiter mehr zu tun sei. Sie vertrauten ihm und ließen die Dinge, wie sie waren, ohne nach etwas zu streben. Meine Frage lautet nun: Würden Sie ohne Vertrauen in Ihren Guru verwirklicht haben? Schließlich sind Sie immer das, was Sie sind – ob Ihr Verstand nun vertraut oder nicht. Würde denn der Zweifel die Wirkung der Worte des Gurus verdunkeln und unfruchtbar machen? Maharaj: Sie sagen es – sie wären unfruchtbar geworden, zumindest für eine gewisse Zeit. Frage: Und was würde mit der Energie oder der Kraft in den Worten des Gurus geschehen? Maharaj: Sie würden latent, unmanifestiert bleiben. Jedoch die gesamte Fragestellung basiert auf einem Missverständnis. Der Meister, der Schüler, die Liebe und das Vertrauen zwischen ihnen sind ein einziges Faktum, nicht aber viele voneinander unabhängige Fakten. Jedes ist ein Teil des anderen. Ohne Liebe und Vertrauen hätte es weder einen Guru noch einen Schüler und keinerlei Beziehung zwischen beiden gegeben. Es ist wie das Drücken eines Schalter zum Einschalten einer elektrischen Lampe. Sie bekommen das Licht deshalb, weil die Lampe, der Draht, der Schalter, der Transformator, die Stromleitung und das Kraftwerk ein Ganzes sind. Wenn nur ein einziger Faktor fehlt, gibt es kein Licht. Sie dürfen das Untrennbare nicht trennen. Worte erzeugen keine Fakten – sie beschreiben oder verdunkeln sie nur. Die Fakten sind immer non-verbal. Frage: Ich verstehe immer noch nicht ganz:
Können die Worte des Gurus denn unerfüllt bleiben, oder aber werden sie irgendwann mit Sicherheit Wirklichkeit werden? Maharaj: Die Worte eines verwirklichten Menschen verfehlen nie ihren Zweck. Sie warten die rechten Bedingungen ab, was einige Zeit dauern mag, aber nur natürlich ist, da es eine Zeit für Sähen und eine fürs Ernten gibt. Die Worte eines Gurus jedoch sind ein Same, der nicht verderben kann. Natürlich muss der Guru echt sein - einer, der jenseits des Körpers und Verstandes steht, auch jenseits des Bewusstseins; jenseits von Zeit und Raum, von Dualität und Einheit, von Verstehen und bloßer Beschreibung. Die guten Menschen, die viel gelesen und viel zu sagen haben, können Sie viele nützliche Dinge lehren, aber sie keine echten Gurus, deren Worte stets wahr werden. Sie erzählen Ihnen vielleicht sogar, dass Sie selber die höchste Wirklichkeit seien, aber was heißt das schon? Frage: Falls ich dennoch aus irgendeinem Grund dem trauen und gehorchen sollte – kann ich dann noch verlieren? Maharaj: Wenn Sie bereit zum Vertrauen sind und gehorchen, werden Sie schon bald Ihren wahren Guru finden bzw. dieser wird Sie finden. Frage: Wird jeder Kenner des Selbst zu einem Guru oder kann man ein Kenner der Wirklichkeit sein und trotzdem unfähig, andere dorthin zu führen? Maharaj: Wenn Sie wissen, was Sie lehren, können Sie lehren, was Sie wissen. Hier aber sind Seherschaft und Lehrerschaft eins. Die Absolute Wirklichkeit jedoch liegt jenseits davon. Die selbsternannten Gurus reden von Reife und Bemühung, Verdiensten und Erlangen, von Schicksal und Gnade – all dies sind bloße mentale Formationen, Projektionen eines süchtigen
Verstandes. Sie helfen nicht, sondern behindern. Frage: Wie kann ich feststellen, wem ich folge und wem ich misstraue? Maharaj: Misstrauen Sie allen, bis Sie überzeugt sind. Der wahre Guru wird Sie niemals weder demütigen noch Sie von sich selbst entfremden. Er wird Sie ständig zu der Tatsache Ihrer eingeborenen Vollkommenheit zurückführen und Sie dazu ermutigen, nach innen zu gehen. Er weiß, dass Sie nichts brauchen; nicht einmal ihn selbst, und er wird niemals müde, Sie daran zu erinnern. Der selbsternannte Guru jedoch ist mehr mit sich selbst als mit seinen Schülern beschäftigt. Frage: Sie sagten, dass sich die Wirklichkeit jenseits des Wissens und der Lehre des Wirklichen befände. Ist nicht die Erkenntnis der Wirklichkeit das Höchste selbst und die Unterrichtung des Erweises ihrer Verwirklichung? Maharaj: Die Erkenntnis des Wirklichen oder des Selbst ist ein Zustand im Verstand. Das Unterrichten ist eine Bewegung in der Dualität. Sie betreffen nur den Verstand. Sattva ist auch nur ein Guna. Frage: Was ist dann wirklich? Maharaj: Der, der den Verstand als nichtverwirklicht oder verwirklicht, der die Unwissenheit und die Erkenntnis als Zustände des Verstandes kennt – dieser ist wirklich. Wenn Sie mit Kieseln vermischte Diamanten bekommen, dann fehlen Ihnen entweder die Diamanten oder Sie finden sie. Es ist das Sehen, das zählt. Wo sind die Gräue der Kiesel und die Schönheit des Diamanten ohne die Kraft des Sehens? Das Bekannte ist die Form und Wissen nur ein Name. Der Kenner ist nichts als ein Zustand im Verstand. Das Wirkliche ist jenseits davon. Frage: Gewiss sind objektives Wissen und die Ideen von Dingen und das Wissen vom Selbst nicht
ein und dasselbe. Das eine bedarf eines Gehirns, das andere nicht. Maharaj: Zum Zweck der Diskussion können Sie Worte arrangieren und ihnen Bedeutungen verleihen, aber die Tatsache bleibt, dass alles Wissen eine Form von Unwissenheit ist. Auch die genaueste Karte ist letztlich nur Papier. Alles Wissen ist in der Erinnerung, es ist lediglich Wahrnehmung, während die Wirklichkeit jenseits der Dualität von Kenner und Gekanntem liegt. Frage: Wodurch wird die Wirklichkeit dann gekannt? Maharaj: Wie irreführend Ihre Sprache ist! Sie gehen unterbewusst davon aus, dass die Wirklichkeit ebenfalls durch Wissen erreichbar sei. Anschließend bringen Sie einen Kenner der Wirklichkeit jenseits der Wirklichkeit ins Spiel! Verstehen Sie, dass die Wirklichkeit nicht gekannt werden muss, um zu sein. Unwissenheit und Wissen sind im Verstand – nicht in der Wirklichkeit. Frage: Falls es ein Ding wie das Wissen des Wirklichen gibt – wie kann ich es dann erreichen? Maharaj: Sie müssen nicht nach etwas verlangen, was bereits mit Ihnen ist. Gerade Ihr Verlangen danach lässt Sie den Punkt verfehlen. Geben Sie die Idee auf, dass Sie es nicht gefunden haben, und lassen Sie es einfach in den Blickwinkel Ihrer Wahrnehmung, hier und jetzt, kommen, indem Sie alles entfernen, was im Verstand ist. Frage: Wenn alles, was gehen kann, gegangen ist – was verbleibt dann? Maharaj: Leere verbleibt, Gewahrsein verbleibt, reines Licht des Bewussten verbleibt. Es ist, als ob man fragt: Was verbleibt im Zimmer, nachdem alle Möbel entfernt wurden? Ein aufgeräumtes Zimmer verbleibt. Und wenn man die Mauern einreißt, verbleibt der Raum. Jenseits von Raum und Zeit ist
das Hier und Jetzt der Wirklichkeit. Frage: Verbleibt der Zeuge? Maharaj: So lange es Bewusstsein gibt, gibt es auch einen Zeugen. Beide erscheinen und verschwinden gemeinsam. Frage: Wenn der Zeuge auch vergänglich ist, weshalb erhält er dann eine so große Bedeutung? Maharaj: Nur um den Bann des Gekannten zu brechen – die Illusion, dass nur das Wahrgenommene wirklich sei. Frage: Wahrnehmung ist primär - der Zeuge aber sekundär. Maharaj: Dies ist das ganze Herz der Fragestellung. So lange Sie glauben, dass nur die äußere Welt wirklich sei, bleiben Sie ihr Sklave. Um frei zu werden, muss sich Ihre Aufmerksamkeit auf das „Ich bin“, den Zeugen, richten. Natürlich sind der Kenner und das Gekannte eins und nicht zwei, aber um den Bann des Gekannten zu brechen, muss der Kenner in den Vordergrund gerückt werden. Keins von beiden ist primär - beide sind nur Reflektionen in der Erinnerung einer unaussprechlichen Erfahrung, die immer und immer wieder neu ist, unübersetzbar, schneller als der Verstand. Frage: Sir, ich bin ein bescheidener Sucher, der auf der Suche nach Befreiung von Guru zu Guru wandert. Mein Verstand ist krank, brennt von Verlangen und ist erfroren durch Furcht. Meine Tage verfliegen - rot vor Schmerz, grau vor Langeweile. Mein Alter rückt vor, meine Gesundheit geht bergab, meine Zukunft ist dunkel und erschreckend. In dieser Verfassung werde ich in Sorgen leben und in Verzweiflung sterben. Gibt es Hoffnung für mich? Oder bin ich zu spät gekommen? Maharaj: Nichts ist falsch mit Ihnen außer den
Ideen, die Sie von sich selbst haben, die alle zusammen falsch sind. Es sind nicht Sie, der wünscht, fürchtet und leidet, sondern die auf der Grundlage Ihres Körpers und der Umstände und Einflüsse errichtete Person. Sie sind nicht diese Person. Dies müssen Sie klar im Verstand verankern und niemals aus dem Auge verlieren. Normalerweise bedarf es dazu eines längeren Sadhana, also Jahren der Entsagung und Meditation. Frage: Mein Verstand ist schwach und schwankend. Ich habe weder die Stärke noch die Zähigkeit für Sadhana. Mein Fall ist hoffnungslos. Maharaj: Auf andere Weise gesehen ist es ein sehr hoffnungsvoller Fall. Es gibt eine Alternative zu Sadhana, nämlich Vertrauen. Wenn für Sie die aus der fruchtbaren Erforschung geborene Überzeugung nicht erreichbar ist, dann ziehen Sie Nutzen aus meiner eigenen Entdeckung, die mit Ihnen zu teilen ich mich so eifrig bemühe. Ich kann mit der äußersten Klarheit sehen, dass Sie niemals jemals von der Wirklichkeit getrennt gewesen waren, sind oder sein werden; dass Sie hier und jetzt in der Fülle der Vollkommenheit sind und nichts Sie von Ihrem Erbe, von dem, was Sie sind, fortziehen kann. Sie sind in keiner Weise anders als ich – Sie wissen es nur nicht. Sie wissen nicht, was Sie sind und stellen sich deshalb als etwas vor, was Sie nicht sind. Daher überwiegen Verlangen, Furcht und überwältigende Verzweiflung. Und sinnlose Aktivität, um dem zu entkommen. Vertrauen Sie mir einfach und leben Sie im Vertrauen mit mir. Ich werde Sie nicht in die Irre führen. Sie sind die Höchste Wirklichkeit, jenseits von Worten und ihrem Schöpfer, jenseits von Bewusstsein und seinem Zeugen, jenseits aller Zusicherungen und Verleugnungen. Erinnern Sie sich daran, denken Sie daran, handeln Sie danach. Geben Sie alles Gefühl von Getrenntheit auf – sehen
Sie sich selbst in allem und handeln sie entsprechend. In der Tätigkeit kommt die Gnade – und mit der Gnade kommt die Überzeugung. Sie zweifeln an sich selbst, weil Sie voller Sorgen sind. Natürliches, spontanes und dauerhaftes Glück kann nicht durch Vorstellung entstehen. Es ist oder es ist nicht. Sobald Sie den Frieden, die Liebe und das Glück zu erfahren beginnen, die keine äußeren Ursachen benötigen, werden sich alle Ihre Zweifel auflösen. Halten Sie einfach nur an dem fest, was ich Ihnen sage, und leben Sie danach. Frage: Sie fordern mich auf, aus der Erinnerung zu leben? Maharaj: Sie leben sowieso aus der Erinnerung. Ich fordere Sie einfach nur auf, Ihre alten Erinnerungen durch die Inhalte zu ersetzen, von denen ich Ihnen hier erzähle. So wie Sie den alten Erinnerungen gemäß gehandelt haben, so handeln Sie jetzt entsprechend den neuen. Haben Sie keine Angst. Für einige Zeit kann es einen Konflikt zwischen dem alten und dem neuen geben, aber wenn Sie sich entschlossen auf die Seite des Neuen stellen, wird der Kampf bald vorüber sein, und Sie werden den mühelosen Zustand verwirklichen, Sie selbst zu sein – nicht mehr von aus Verlangen und Furcht geborenen Illusionen getäuscht zu werden. Frage: Viele Gurus haben die Gewohnheit, Zeichen ihrer Gnade zu geben, wie etwa ihre Kopfbedeckung oder ihre Spazierstöcke, ihre Bettelschalen oder Roben. Damit übertragen sie ihre Selbst-Verwirklichung auf ihre Schüler bzw. bestätigen diese dadurch. Ich kann in solchen Praktiken keinen Wert sehen. Dabei wird nicht Selbst-Verwirklichung übertragen, sondern SelbstÜberschätzung. Von welchem irdischem Nutzen kann etwas Schmeichelhaftes sein, was einem erzählt wird, was aber nicht wahr ist? Auf der einen Seite warnen Sie mich vor den vielen
selbsternannten Gurus, aber auf der anderen möchten Sie, dass ich Ihnen traue. Weshalb erklären Sie sich selbst zu einer Ausnahme? Maharaj: Ich fordere Sie nicht auf, mir zu vertrauen. Vertrauen Sie meinen Worten und erinnern Sie sich an Sie. Ich will Ihr Glück, nicht meines. Misstrauen Sie denen, die eine Distanz zwischen Ihnen und Ihrem wahren Sein aufbauen und sich selbst als Vermittler anbieten. Ich tue nichts dergleichen. Ich gebe nicht einmal Versprechen. Ich sage einfach nur: Wenn Sie meinen Worte vertrauen und Sie überprüfen, werden Sie für sich selbst entdecken, wie absolut wahr sie sind. Und falls Sie vor dem Kauf einen Beweis benötigen, so kann ich nur sagen: Ich selbst bin der Beweis. Ich vertraute den Worten meines Lehrers und behielt sie in Erinnerung. Ich fand heraus, dass er recht hatte, nämlich das ich bin, war und werde sein die Unendliche Wirklichkeit; alles umfassend, alles transzendierend. Wie Sie sagen, haben Sie weder die Zeit noch die Energie für langwierige Praktiken. Ich biete Ihnen eine Alternative. Akzeptieren Sie meine Worte auf bloßes Vertrauen hin und leben Sie auf neue Art, oder leben und sterben Sie in Sorge. Frage: Es sieht zu einfach aus, um wahr zu sein. Maharaj: Lassen Sie sich durch die Einfachheit des Rates nicht irreführen. Es sind nur wenige, die den Mut haben, dem Unschuldigen und Einfachen zu vertrauen. Zu erkennen, dass Sie ein Gefangener Ihres Verstandes sind und in einer eingebildeten Welt aus Ihrer eigenen Erfindung heraus leben, ist die Morgendämmerung der Weisheit. Nichts damit machen zu wollen, bereit zu sein, es gänzlich aufzugeben, ist Ernsthaftigkeit. Nur diese aus wahrhafter Verzweiflung geborene Ernsthaftigkeit kann Sie veranlassen, mir zu vertrauen.
Frage: Habe ich nicht schon genug gelitten? Maharaj: Das Leiden hat sie abgestumpft und unfähig gemacht, seine Ungeheuerlichkeit zu sehen. Ihre erste Aufgabe besteht darin, dass die Sorgen in Ihnen und nicht um Sie herum sind. Ihre nächste ist, intensiv nach Befreiung zu verlangen. Nur die Intensität dieses Verlangens wird Sie leiten – Sie benötigen keinerlei andere Führung. Frage: Das Leiden hat mich abgestumpft und sogar indifferent gegenüber mir selbst gemacht. Maharaj: Vielleicht ist es nicht Sorge, sondern Vergnügen, was Sie abgestumpft hat. Erforschen Sie es. Frage: Was auch immer die Ursache sein mag – ich bin abgestumpft. Ich habe weder den Willen noch die Energie. Maharaj: Oh nein. Sie haben genug für den ersten Schritt. Und jeder einzelne Schritt erzeugt genug Energie für den nächsten. Die Energie kommt mit dem Vertrauen, während das Vertrauen mit der Erfahrung kommt. Frage: Ist es richtig, die Gurus zu wechseln? Maharaj: Weshalb nicht? Gurus sind wie Meilensteine. Es ist ganz natürlich, sich von einem zum anderen zu bewegen. Jeder weist Sie auf die Richtung und die Entfernung hin, während der Sadguru, der ewige Guru, die Straße selbst ist. Sobald Sie erkannt haben, dass die Straße das Ziel ist und Sie sich immer auf der Straße befinden, nicht um ein Ziel zu erreichen, sondern um ihre Schönheit und Weisheit zu genießen, hört das Leben auf, eine Aufgabe zu sein - es wird natürlich und einfach, in sich selbst eine Ekstase. Frage: Dann gibt es also keine Notwendigkeit zur Verehrung, zum Beten, zum Praktizieren von Yoga? Maharaj: Ein wenig tägliches Aufwischen,
Abwaschen und Baden kann nicht schaden. Das Selbst-Gewahrsein teilt Ihnen bei jedem Schritt mit, was getan werden muss. Wenn alles getan ist, wird der Verstand still. Sie befinden sich jetzt im Wachzustand - eine Person mit einem Namen und einer Gestalt, mit Sorgen und Freuden. Als Sie geboren wurden, war diese Person weder da noch wird sie nach Ihrem Tode da sein. Anstatt mit der Person zu kämpfen, um sie zu etwas zu machen, was sie nicht ist, können Sie doch ebenso gut jenseits des Wachzustandes gehen und das persönliche Leben einfach hinter sich zurücklassen. Es bedeutet nicht die Auslöschung der Person, sondern nur, dass sie nun in der richtigen Perspektive gesehen wird. Frage: Eine weitere Frage: Sie haben gesagt, dass ich bei der Geburt eins mit dem reinen Sein der Wirklichkeit gewesen sei. Wenn es sich so verhält wer entschied, dass ich geboren werden sollte? Maharaj: In Wirklichkeit wurden Sie weder geboren noch werden Sie sterben. Aber gegenwärtig stellen Sie sich vor, dass Sie es sind oder dass Sie einen Körper haben, und jetzt fragen Sie sich, wie Sie in diesen Zustand gekommen sind. Innerhalb der Grenzen der Illusion lautet die Antwort: Verlangen geboren aus der Erinnerung bringt Sie mit einem Körper in Verbindung und lässt Sie denken, dass Sie mit diesem eins sind. Wahr ist dies jedoch nur von einem relativen Gesichtspunkt aus. Tatsächlich gibt es weder einen Körper nicht eine Welt, in der er enthalten sein könnte. Das Ganze ist nichts als eine mentale Konstruktion – ein traumähnlicher Zustand, der leicht durch Hinterfragen seiner Realität dekonstruiert werden kann. Frage: Wenn Sie gestorben sind – werden Sie dann wiederkommen? Falls ich lange genug lebe, werde ich Sie wiedertreffen.
Maharaj: Für Sie ist der Körper wirklich - für mich gibt es keinen. So wie Sie mich sehen, existiere ich nur in Ihrer Phantasie. Gewiss werden Sie mich wiedersehen, falls Sie mich benötigen. Es berührt mich nicht, weil die Sonne nicht von Sonnenaufgängen und -untergängen berührt wird. Weil sie nicht berührt ist, ist es gewiss, dass sie da sein wird, wenn sie gebraucht wird. Sie verlassen sich auf Wissen – ich nicht. Ich habe nicht dieses Empfinden von Ungewissheit, dass Sie nach dem Wissen sich sehnen macht. Ich bin neugierig, so wie ein Kind neugierig ist. Aber in mir gibt es keine Ängstlichkeit, meine Zuflucht im Wissen zu suchen. Als diesem Grunde bin ich nicht von der Frage betroffen, ob ich wiedergeboren werde oder wie lange die Welt andauern wird. Dies sind Fragen, die aus der Furcht geboren werden.
Ihr Ziel ist Ihr Guru Frage: Sie haben uns erzählt, dass es viele selbsternannte Gurus gibt, aber ein echter sehr selten sei. Es gibt viele Jnani, die sich selbst für verwirklicht halten, aber sie verfügen über nichts als nur über Buchwissen und eine hohe Meinung von sich selbst. Manchmal vermögen sie zu beeindrucken, sogar zu faszinieren, sie ziehen Schüler an und bringen sie dazu, ihre Zeit in nutzlosen Praktiken zu verschwenden. Nach einigen Jahren dann, wenn der Schüler Bilanz zieht, stellt er fest, dass sich nichts geändert hat. Wenn er sich dann beim Lehrer beklagt, erhält er die übliche Zurechtweisung, die darin besteht, dass er es nicht genug versucht hat. Die Beschuldigung geht immer in Richtung des Fehlens von Vertrauen und Liebe in Herz des Schülers, während in Wirklichkeit der Guru zu beschuldigen wäre, dem es egal ist, dass er Schüler annimmt und ihre Hoffnungen weckt. Wie kann man sich selbst vor solchen Gurus schützen? Maharaj: Weshalb so viel über andere nachdenken? Wer auch immer der Guru sein mag – so lange er rein im Herzen ist und in gutem Glauben handelt, wird er den Schülern keinen Schaden zufügen. Wenn es keinen Fortschritt gibt, dann liegt der Fehler allein bei den Schülern, ihrer Trägheit und ihrem Mangel an Selbstbeherrschung. Andererseits: Wenn der Schüler ernsthaft ist und sich auf intelligente Weise und mit Schwung an sein Sadhana hingibt, dann wird er zwangsläufig einen besser qualifizierten Lehrer treffen, der ihn weiterführt. Ihre Frage entsteht aus drei falschen Annahmen: Das man sich selbst mit den Angelegenheiten anderer befassen müsse, dass man einander bewerten könne, und das der Fortschritt des Schülers die Aufgabe und Verantwortlichkeit des Gurus sei. In Wirklichkeit
besteht die Rolle des Gurus nur darin, zu instruieren und zu ermutigen – der Schüler ist total verantwortlich für sich selbst. Frage: Uns wurde gesagt, dass die totale Hingabe an den Guru genug ist – dass der Guru den Rest erledigen wird. Maharaj: Wenn es natürlich totale Hingabe und vollständigen Verzicht auf alle Sorgen betreffend die eigene Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die physische und spirituelle Sicherheit und Wohlergehen gibt, dann dämmert ein neues Leben auf, voll von Liebe und Schönheit. Dann ist der Guru nicht wichtig, weil der Schüler selbst den Bann des Selbstschutzes gebrochen hat. Komplette SelbstAufgabe ist selber Befreiung. Frage: Wenn sowohl der Schüler als auch sein Lehrer mangelhaft sind, was wird dann geschehen? Maharaj: Auf lange Sicht wird alles gut werden. Schließlich ist das wirkliche Selbst zu keinem Zeitpunkt von der Komödie betroffen, die beide für eine Zeitlang spielen mögen. Sie werden nüchtern werden und reifen und eine höhere Stufe ihrer Beziehung erreichen. Frage: Oder sie trennen sich. Maharaj: Ja, sie könnten sich trennen. Keine Beziehung ist für immer. Dualität ist ein temporärer Zustand. Frage: Ist es denn nur ein Zufall, dass ich Sie getroffen habe, und würde es nur durch einen weiteren Zufall geschehen, dass wir uns nicht trennen, um uns nicht erneut finden zu müssen? Oder ist mein Zusammentreffen mit Ihnen Teil eines kosmischen Plans; ein Fragment im großen Drama unserer Leben? Maharaj: Das Wirkliche ist bedeutungsvoll und das Bedeutungsvolle bezieht sich auf das Wirkliche.
Wenn unsere Beziehung für Sie und mich bedeutungsvoll ist, kann sie nicht zufällig sein. Auch die Zukunft betrifft ebenso wie die Vergangenheit die Gegenwart. Frage: Wie kann ich feststellen, wer ein echter Heiliger ist und wer nicht? Maharaj: Sie können es nicht, solange Sie keine klare Einsicht in das Herz eines Menschen haben. Der Anschein trügt. Um klar zu sehen, muss Ihr Verstand rein und losgelöst sein. So lange Sie sich selbst nicht kennen – wie können Sie dann andere kennen? Und wenn Sie sich selbst kennen, dann sind sie der Andere. Lassen Sie für einen Moment andere beiseite und untersuchen Sie sich selbst. Es gibt so viele Dinge, die Sie nicht über sich selbst wissen – was Sie sind, wer Sie sind, wie es zu Ihrer Geburt kam, was Sie hier tun und weshalb, wohin Sie gehen, was die Bedeutung und der Zweck Ihres Lebens ist, Ihres Todes, Ihrer Zukunft. Haben Sie eine Vergangenheit oder eine Zukunft? Wie kam es, dass Sie in Aufruhr und Sorge leben, während Ihr ganzes Sein nach Glück und Frieden strebt? All dies sind gewichtige Fragen, denen man sich als erstes widmen muss. Sie haben weder die Notwendigkeit noch Zeit herauszufinden, wer ein Jnani ist und wer nicht. Frage: Ich muss meinen richtigen Guru finden. Maharaj: Seien Sie der richtige Mensch und der richtige Guru wird Sie gewiss finden. Frage: Sie beantworten meine Frage aber nicht: Wie finde ich den richtigen Guru? Maharaj: Ich habe aber Ihre Frage beantwortet. Halten Sie nicht nach einem Guru Ausschau, denken Sie nicht einmal an einen. Machen Sie Ihr Ziel zu Ihrem Guru. Schließlich ist der Guru nur das Mittel für ein Ziel, aber nicht selbst das Ziel. Er ist nicht wichtig – er ist das, was Sie in für Sie wichtigen
Angelegenheiten von ihm erwarten. Die Frage ist – was erwarten Sie? Frage: Durch seine Gnade möchte ich glücklich, kraftvoll und friedlich werden. Maharaj: Was für hohe Ziele! Wie kann denn eine in Zeit und Raum begrenzte Person, ein bloßer Körper-Verstand, ein Seufzer des Schmerzes zwischen Geburt und Tod, glücklich sein? Gerade die geforderten Voraussetzungen dafür machen das Glücklichsein unmöglich. Friede, Kraft und Glück sind niemals persönliche Zustände, denn niemand kann sagen: „mein Friede“, „meine Kraft“ – denn „mein“ beinhaltet Ausschließlichkeit, die brüchig und ungewiss ist. Frage: Ich kenne lediglich meine konditionierte Existenz – etwas anderes ist da nicht. Maharaj: Das stimmt ganz gewiss nicht. Im Tiefschlaf sind Sie nicht konditioniert. Wie gern und bereitwillig gehen Sie schlafen, wie friedlich, frei und glücklich sind Sie im Schlaf! Frage: Davon weiß ich aber nichts. Maharaj: Nehmen Sie es als negative Aussage. Wenn Sie schlafen, gibt es für Sie keinen Schmerz, keine Bindung und keine Unruhe. Frage: Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Im Wachen weiß ich, dass ich bin, aber ich bin dann nicht glücklich; im Schlaf bin ich, ich bin glücklich, aber ich weiß es nicht. Alles was ich wissen muss, ist, dass ich frei und glücklich bin. Maharaj: Ganz richtig. Gehen Sie nun nach innen in einen Zustand, den Sie mit dem Zustand eines Wachschlafs vergleichen können, indem Sie Ihrer selbst gewahr sind, aber nicht der Welt. In diesem Zustand werden Sie ohne jede Spur eines Zweifels wissen, dass Sie an der Wurzel Ihres Seins frei und glücklich sind. Das einzige Problem besteht darin,
dass Sie süchtig nach Erfahrungen sind und an Ihren Erinnerungen hängen. In Wirklichkeit funktioniert es anders herum: Das Erinnerte ist nicht wirklich - das Wirkliche ist jetzt. Frage: Ich verstehe dies alles verbal, aber es dringt nicht in mich ein. Es bleibt als ein Bild im Verstand, dass ich betrachte. Ist es nicht die Aufgabe des Gurus, das Bild mit Leben zu erfüllen? Maharaj: Noch einmal: Es läuft anders herum. Das Bild ist lebendig – tot ist dagegen der Verstand. Da der Verstand nur aus Worten und Bildern besteht, ist auch jede Reflektion im Verstand von der gleichen Art. Sie bedeckt die Wirklichkeit mit Verbalisationen und klagt dann. Sie sagen, dass ein Guru benötigt wird, der dann Wunderdinge mit Ihnen vollzieht. Sie spielen lediglich mit Worten. Guru und Schüler sind ein einziges Ding, wie die Kerze und die Flamme. Wenn der Schüler nicht ernsthaft ist, kann er nicht Schüler genannt werden. Wenn der Guru nicht ganze Liebe und Hingabe ist, kann er nicht Guru genannt werden. Nur Wirklichkeit erzeugt Wirklichkeit – nicht das Falsche. Frage: Ich kann sehen, dass ich falsch bin. Wer wird mich wahr machen? Maharaj: Genau die Worte, die Sie sagen, werden es tun. Der Satz: „Ich kann sehen, dass ich falsch bin“ enthält alles, was Sie für die Befreiung benötigen. Grübeln Sie darüber nach, gehen Sie tiefer hinein, bis an die Wurzel - es wird funktionieren. Die Macht liegt im Wort – nicht in der Person. Frage: Ich verstehe Sie noch nicht ganz. Einerseits sagen Sie, dass ein Guru benötigt wird, aber andererseits, dass der Guru nur Rat geben kann, während die Bemühung bei mir liegt. Bitte erklären Sie genau – kann man das Selbst ohne einen Guru realisieren oder ist das Finden eines echten Gurus
wesentlich? Maharaj: Viel wesentlicher ist das Finden eines echten Schülers. Glauben Sie mir – ein echter Schüler ist sehr selten, denn in Nullzeit geht er jenseits des Bedürfnisses eines Gurus, indem er sein eigenes Selbst findet. Verschwenden Sie nicht Ihre Zeit, indem Sie herauszufinden versuchen, ob der Ihnen gegebene Rat nur aus dem Wissen oder aus gültiger Erkenntnis stammt! Folgen Sie einfach nur im Vertrauen. Das Leben wird Ihnen einen anderen Guru bringen, sofern ein anderer gebraucht wird. Oder aber befreien Sie sich von aller äußeren Führung und überlassen Sie sich Ihrem eigenen Licht. Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass es die Lehre ist, die zählt, nicht die Person oder der Guru. Sie erhalten einen Brief, der Sie weinen oder lachen macht. Das kam nicht vom Postboten. Der Guru erzählt Ihnen nur die guten Nachrichten über Ihr wahres Selbst und zeigt Ihnen den Weg dahin zurück. In gewisser Weise ist der Guru der Bote. Es gibt viele Boten, die Nachricht ist aber immer dieselbe: Sei, was du bist. Oder Sie können es anders ausdrücken: Bis Sie nicht selbst verwirklicht haben, können Sie nicht wissen, wer Ihr wahrer Guru ist. Wenn Sie verwirklichen, werden Sie erkennen dass alle Gurus, die Sie gehabt haben, zu Ihrem Erwachen beigetragen haben. Ihre Verwirklichung ist der Beweis, dass Ihr Guru real war. Nehmen Sie ihn daher so, wie er ist. Tun Sie, was er Ihnen sagt, mit Ernsthaftigkeit und Schwung und vertrauen Sie Ihrem Herzen, das Sie warnen wird, falls irgendetwas schief geht. Wenn Zweifel aufkommen, kämpfen Sie nicht dagegen an. Halten Sie sich an das, was unbezweifelbar ist, und lassen Sie das Zweifelhafte stehen. Frage: Ich habe einen Guru und liebe ihn sehr. Aber ob er mein wahrer Guru ist, weiß ich nicht. Maharaj: Beobachten Sie sich selbst. Wenn Sie
sich selbst sich wandeln, wachsen sehen, dann bedeutet das, dass Sie den richtigen Menschen gefunden haben. Er mag schön oder hässlich sein, erfreulich oder unerfreulich, schmeichlerisch oder grob – nichts zählt, außer die eine kritische Tatsache des inneren Wachstums. Wenn dies nicht geschieht, dann mag er Ihr Freund sein, aber dann ist er nicht Ihr Guru. Frage: Als ich einmal einen gebildeten Europäer traf und mit ihm über einen Guru und seine Lehren sprach, war seine Reaktion: „Der Mann muss verrückt sein, solchen Unsinn zu lehren.“ Was soll ich ihm sagen? Maharaj: Verweisen Sie ihn auf sich selbst. Zeigen Sie ihm, wie wenig er über sich selbst weiß, wie er die absurdesten Behauptungen über ihn selbst für heilige Wahrheit hält. Man erzählte ihm, dass er der Körper sei, geboren wurde, Eltern und Pflichten habe, er lernte zu mögen, was andere mögen und zu fürchten, was andere fürchten. Als komplettes Geschöpf der Vererbung und Erziehung lebt er aus der Erinnerung und handelt aus Gewohnheit. Unwissend seiner selbst und seiner wahren Interessen verfolgt er falsche Ziele und ist stets frustriert. Sein Leben und Tod sind bedeutungslos und schmerzhaft, und es scheint keinerlei Ausweg zu geben. Sagen Sie ihm dann, dass es einen Weg da heraus gibt, der leicht und nicht einfach nur ein Austausch von Ideen gegen andere ist, sondern eine Befreiung von sämtlichen Ideen und Lebensmustern. Erzählen Sie ihm nicht über Gurus und Schüler - diese Art zu denken ist nichts für ihn. Sein ist ein innerer Weg, er wird durch einen inneren Drang bewegt und durch ein inneres Licht geführt. Laden Sie ihn zur Rebellion ein, und er wird antworten. Versuchen Sie ihn nicht unter Druck zu setzen, indem Sie ihm erzählen, dass ein verwirklichter Mensch so und so ist und ein Guru
sein könnte. So lange er nicht sich selbst traut, kann er auch nicht anderen trauen. Und Vertrauen kommt mit der Erfahrung. Frage: Klingt seltsam! Ein Leben ohne einen Guru kann ich mir nicht vorstellen. Maharaj: Es ist eine Frage des Temperaments. Auch Sie haben recht. Für Sie genügt es, Lobpreisungen Gottes zu singen. Sie müssen nicht nach der Verwirklichung verlangen oder ein Sadhana aufnehmen. Der Name Gottes ist die ganze Nahrung, derer Sie bedürfen. Leben Sie es aus. Frage: Diese ständige Wiederholung einiger Worte - ist das nicht eine Art von Verrücktsein? Maharaj: Es ist Verrücktsein, aber es ist vorsätzliches Verrücktsein. Alles Wiederholen ist tamas, aber das Wiederholen des Namens Gottes ist sattva-tamas aufgrund des hohen Zieles dahinter. Wegen der Anwesenheit von sattva nutzt das tamas sich ab und nimmt die Form völliger Hingabe, Loslösung, Verzicht, Rückzug und Unveränderlichkeit an. Tamas wird so zur festen Grundlage, auf der ein integriertes Leben gelebt werden kann. Frage: Dieses Unveränderliche – kann es sterben? Maharaj: Das Veränderliche stirbt. Das Unveränderliche lebt weder noch stirbt es – es ist der zeitlose Zeuge von Leben und Tod. Man kann es nicht Tod nennen, weil es gewahr ist. Lebendig können Sie es auch nicht nennen, weil es sich nicht wandelt. Es ist einfach wir Ihr Kassettenrecorder – es zeichnet auf, es reproduziert – alles von selbst. Sie hören einfach nur zu. Ähnlich dazu beobachte ich alles, was geschieht, einschließlich meines Sprechens zu Ihnen. Es ist nicht ich, der spricht, sondern die Worte tauchen in meinem Verstand auf, und anschließend höre ich mich sie aussprechen. Frage: Ist dies nicht bei allen so?
Maharaj: Wer hat das abgestritten? Sie jedoch bestehen darauf, dass Sie denken, sprechen, während es für mich nur denken und sprechen gibt. Frage: Es gibt zwei Fälle zu berücksichtigen. Entweder habe ich einen Guru gefunden oder nicht. Was muss in jedem der beiden Fälle richtigerweise getan werden? Maharaj: Sie sind nie ohne einen Guru, weil er das zeitlose Gegenwärtige in Ihrem Herzen ist.+ Manchmal externalisiert er sich selbst und kommt zu ihnen als erneuernder und erbauender Faktor in Ihr Leben; als eine Mutter, eine Frau, ein Lehrer. Oder er bleibt als ein innerer Drang nach Rechtschaffenheit und Vollkommenheit. Alles was Sie zu tun haben, ist, ihm zu gehorchen und zu tun, was er Ihnen sagt. Was er von Ihnen möchte, ist einfach: Lerne Selbst-Gewahrsein, Selbstbeherrschung, Selbsthingabe. Es mag schwierig aussehen, ist aber einfach, sofern Sie ernsthaft sind. Und gänzlich unmöglich, falls nicht. Ernsthaftigkeit ist sowohl notwendig als auch ausreichend. Der Ernsthaftigkeit fällt alles zu. Frage: Wodurch wird man ernsthaft? Maharaj: Die Grundlage der Ernsthaftigkeit ist Mitgefühl. Mitgefühl für sich selbst und andere; geboren aus dem Leiden an sich selbst oder an anderen. Frage: Muss ich leiden, um ernsthaft zu sein? Maharaj: Nicht unbedingt, sofern Sie sensibel sind und auf die Leiden anderer zu antworten verstehen, wie Buddha tat. Falls Sie jedoch gefühllos und ohne Mitleid sind, dann wird Ihr eigenes Leiden Sie dazu bringen, die unvermeidlichen Fragen zu stellen. Frage: Ich leide, aber nicht genug. Das Leben ist unerfreulich, aber erträglich. Meine kleinen Freuden kompensieren meine kleinen Schmerzen. Im Ganze bin ich besser dran als die meisten Leute, die ich
kenne. Ich weiß, dass mein Zustand heikel ist; dass eine Notsituation mich jeden Moment überraschen könnte. Muss ich erst auf eine Krise warten, um mich auf den Weg der Wahrheit zu begeben? Maharaj: In dem Moment, in dem Sie die Fragilität Ihrer Verfassung erkannt haben, sind Sie bereits wach. Bleiben Sie als nächstes wach, seien Sie aufmerksam, erforschen Sie, untersuchen Sie, entdecken Sie die Fehler in Ihrem Verstand und Körper und geben Sie sie auf. Frage: Von wo soll die Energie dafür kommen? Ich bin wie ein gelähmter Mann in einem brennenden Haus. Maharaj: Auch gelähmte Menschen kommen in Momenten der Gefahr manchmal auf die Beine. Sie sind jedoch nicht gelähmt – sie denken dies nur. Machen Sie den ersten Schritt und Sie werden auf dem Weg sein. Frage: Ich halte so stark am Körper fest, dass ich die Idee, dass ich der Körper sei, einfach nicht aufgeben kann. Sie wird wohl bei mir bleiben, so lange der Körper existiert. Es gibt Leute, die behaupten, dass es zu Lebzeiten keine Verwirklichung geben kann, und ich habe die Neigung, mit ihnen darin übereinzustimmen. Maharaj: Bevor Sie zustimmen oder ablehnen – weshalb nicht lieber die Idee des Körpers erforschen? Erscheint der Verstand im Körper oder der Körper im Verstand? Natürlich muss es doch einen Verstand geben, um die Idee „ich bin der Körper“ zu entwickeln. Ein Körper ohne einen Verstand kann nicht „mein Körper“ sein. „Mein Körper“ ist unverändert abwesend, wenn der Verstand inaktiv ist. Er ist ferner abwesend, wenn der Verstand intensiv mit Gedanken und Gefühlen beschäftigt ist. Sobald Sie erkannt haben, dass der Körper vom Verstand abhängt, und der Verstand
vom Bewusstsein, und das Bewusstsein vom Gewahrsein, aber nicht anders herum, dann wird auch Ihre Frage danach beantwortet sein, ob man mit der Selbst-Verwirklichung bis zum Tod warten muss. Es ist nicht so, dass Sie sich zuerst von der Idee „Ich bin der Körper“ befreien müssten und anschließend das Selbst verwirklichen. Es ist definitiv genau anders herum – Sie hängen am Falschen, weil Sie nicht das Wahre kennen. Ernsthaftigkeit, nicht Vollkommenheit, ist eine Vorbedingung für die Selbstverwirklichung. Mit der Verwirklichung kommen alle Tugenden und Kräfte, aber nicht vorher.
“Ich bin“ – Grundlage aller Erfahrung Frage: Ich höre Sie Aussagen über sich selbst machen wie „Ich bin zeitlos, unbeweglich jenseits aller Eigenschaften“ usw. Wie können Sie diese Dinge kennen? Und was veranlasst Sie, dies zu sagen? Maharaj: Ich versuche lediglich den Zustand zu beschreiben vor dem Auftauchen des „Ich bin“, während der Zustand selbst aber, der jenseits von Verstand und Sprache liegt, unbeschreibbar ist. Frage: Das „Ich bin“ ist die Grundlage aller Erfahrung. Was Sie zu beschreiben versuchen, muss ebenfalls eine Erfahrung, begrenzt und vergänglich, sein. Sie sprechen von sich selbst als unbeweglich. Ich höre den Klang des Wortes und kenne seine Bedeutung aus dem Wörterbuch, aber ich habe nicht die Erfahrung, unbewegt zu sein. Wie kann ich die Mauer durchbrechen und persönlich und intim die Bedeutung davon, unbeweglich zu sein, erfahren? Maharaj: Das Wort selbst ist die Brücke. Erinnern Sie sich daran, denken Sie daran, erforschen Sie es, umrunden Sie es und betrachten Sie es aus allen Richtungen, tauchen Sie tief in es hinein mit eifriger Ausdauer. Gehen Sie durch alle Hindernisse und Enttäuschungen hindurch, bis plötzlich der Verstand die Richtung wechselt, weg vom Wort, und sich der Wirklichkeit hinter dem Wort zuwendet. Es ist so, als versuchte man eine Person zu finden, von der man nur den Namen kennt. Eines Tages werden Ihre Nachforschungen Erfolg haben, und der Name wird Realität werden. Worte sind wertvoll, weil zwischen dem Wort und seiner Bedeutung eine Verbindung existiert. Wenn man das Wort mit Beharrlichkeit erforscht, schreitet man über das Konzept hinaus in die Erfahrung, die an seiner Wurzel liegt. Diese
wiederholten Versuche, über die Worte hinauszugehen, werden üblicherweise Meditation genannt. Sadhana ist nichts als ein ständiger Versuch, die Brücke vom Verbalen zum Nonverbalen zu überqueren. Anfänglich erscheint diese Aufgabe als hoffnungslos – plötzlich wird dann alles klar und einfach und wunderbar leicht. So lange Sie jedoch an Ihrer gegenwärtigen Lebensweise interessiert sind, drücken Sie sich nur vor dem letzten Sprung ins Unbekannte. Frage: Weshalb sollte das Unbekannte mich interessieren? Von welchem Nutzen ist das Unbekannte? Maharaj: Von gar keinem Nutzen Es ist aber wertvoll zu wissen, was Sie in den engen Grenzen des Bekannten festhält. Es ist das vollständige und korrekte Wissen des Bekannten, dass Sie zum Unbekannten trägt. Sie können es sich nicht in Begriffen von Nutzen und Vorteilen vorstellen. Ganz losgelöst und jenseits der Reichweite aller Selbstbezogenheit zu sein ist eine zwangsläufiger Zustand der Befreiung. Sie können es Tod nennen. Für mich ist es Leben in seiner bedeutungsvollsten und intensivsten Form, weil ich dann eins bin mit dem Leben in seiner Totalität und Fülle. Intensität, Sinn, Harmonie – was wollen Sie noch mehr? Frage: Dann würde natürlich nichts weiter benötigt werden. Aber Sie sprachen vom Bekannten. Maharaj: Über das Unbekannte kann nur die Stille sprechen. Der Verstand kann nur über das sprechen, was er kennt. Wenn Sie hingebungsvoll das Bekannte erforschen, löst es sich auf, und nur das Unbekannte verbleibt. Aber mit dem ersten Aufblitzen der Imagination und des Interesses wird das Unbekannte wieder verdunkelt und das Bekannte tritt erneut in den Vordergrund. Das Bekannte, das Wandelbare, ist, das, womit Sie
leben. Das Unwandelbare ist für Sie von keinem Nutzen. Nur dann, wenn Sie gesättigt vom Wandelbaren sind und nach dem Unwandelbaren verlangen, dann sind Sie bereit für eine Kehrtwende und schreiten in das hinein, was auf der Ebene des Verstandes als Leere und Dunkelheit beschrieben werden kann. Denn der Verstand lechzt nach Inhalt und Verschiedenheit, während die Wirklichkeit für den Verstand inhaltslos und gleichbleibend ist. Frage: Für mich sieht das wie Tod aus. Maharaj: Das ist es auch. Aber es ist ebenso allesdurchdringend, alles-erobernd, intensiv über Worte hinaus. Kein gewöhnliches Gehirn kann ihm gegenüberstehen ohne in Stücke zu brechen, und daher kommt die absolute Notwendigkeit von Sadhana. Die Reinheit des Körpers und die Klarheit des Verstandes, die Gewaltlosigkeit und Selbstlosigkeit im Leben sind essenziell für das Überleben als eines intelligenten und spirituellen Lebewesens. Frage: Was sind Einheiten in der Wirklichkeit? Maharaj: Identität ist Wirklichkeit, Wirklichkeit ist Identität. Die Wirklichkeit ist keine gestaltlose Masse, ein wortloses Chaos. Sie ist machtvoll, gewahr, segensreich. Verglichen mit ihr ist Ihr Leben wie eine Kerze gegenüber der Sonne. Frage: Durch die Gnade Ihres Gurus und Ihres Lehrers verloren Sie alle Wünsche und Ängste und erreichten den unbewegten Zustand. Meine Frage ist einfach – wie können Sie wissen, dass Ihr Zustand unbewegt ist? Maharaj: Nur das Wandelbare kann gedacht und besprochen werden. Das Unwandelbare kann nur in Stille verwirklicht werden. Sobald es einmal verwirklicht wurde, wird es das Wandelbare zutiefst berühren, aber selbst unberührt bleiben. Frage: Woher wissen Sie, dass Sie der Zeuge sind?
Maharaj: Ich weiß es nicht, ich bin es. Ich bin es, weil um sein zu können, alles bezeugt werden muss. Frage: Die Existenz kann demnach durch bloßes Hörensagen akzeptiert werden. Maharaj: Auch dann gibt es immer noch die Notwendigkeit eines direkten Zeugen. Das Bezeugen, auch persönlich und aktuell, muss mindestens möglich und erreichbar sein. Der letzte Beweis ist die direkte Erfahrung. Frage: Erfahrung kann fehlerhaft und irreführend sein. Maharaj: Gewiss, aber nicht die bloße Tatsache einer Erfahrung. Wie immer die Erfahrung auch sein mag, wahr oder falsch, die Tatsache einer Erfahrung, die stattgefunden hat, kann nicht verleugnet werden. Sie ist ihr eigener Beweis. Beobachten Sie sich selbst genau und Sie werden sehen, das, was auch immer der Inhalt des Bewusstseins sein mag, das Bezeugen davon nicht vom Inhalt abhängt. Gewahrsein ist es selbst – es verändert sich nicht mit dem Ereignis. Das Ereignis mag erfreulic oder unerfreulich, geringfügig oder wichtig sein - das Gewahrsein ist dasselbe. Nehmen Sie Notiz von der besonderen Natur des reinen Gewahrseins, seiner natürlichen Identität mit sich selbst, ohne dass Sie die leiseste Spur einer Selbstbezogenheit hineinmischen. Gehen Sie an die Wurzel dessen und erkennen Sie, dass das Gewahrsein Ihre wahre Natur ist, und dass nichts, dessen Sie gewahr werden, Ihr Eigentum genannt werden kann. Frage: Sind nicht Bewusstsein und sein Inhalt ein und dasselbe? Maharaj: Bewusstsein ist wie eine Wolke am Himmel, während die Wassertropfen der Inhalt sind. Die Wolke benötigt die Sonne, um sichtbar zu werden, und das Bewusstsein benötigt den Fokus im
Gewahrsein. Frage: Ist nicht Gewahrsein eine Form von Bewusstsein? Maharaj: Wenn der Inhalt ohne Zu- und Abneigungen betrachtet wird, dann ist das Bewusstsein davon Gewahrsein. Aber da ist immer noch ein Unterschied zwischen Gewahrsein als Reflektion im Bewusstsein und reinem Gewahrsein jenseits des Bewusstseins. Reflektiertes Gewahrsein, also das Empfinden von „Ich bin gewahr“, ist der Zeuge, während das reine Gewahrsein die Essenz der Wirklichkeit ist. Die Reflektion der Sonne in einem Wassertropfen ist die Reflektion der Sonne, woran kein Zweifel besteht, aber nicht die Sonne selbst. Zwischen Gewahrsein, das im Bewusstsein als der Zeuge reflektiert wird, und reinem Gewahrsein ist eine Lücke, die der Verstand nicht überqueren kann. Frage: Hängt dies nicht von der Art und Weise ab, wie man es betrachtet? Der Verstand sagt, da sei ein Unterschied. Das Herz sagt, da ist keiner. Maharaj: Natürlich gibt es keinen Unterschied. Das Wirkliche sieht das Wirkliche im Unwirklichen. Es ist der Verstand, der das Unwirkliche erzeugt, und es ist der Verstand, der das Falsche als falsch sieht. Frage: Ich verstehe, dass die Erfahrung des Wirklichen dem Sehen des Falschen als falsch folgt. Maharaj: Es gibt nichts dergleichen wie die Erfahrung des Wirklichen. Das Wirkliche ist jenseits der Erfahrung. Alle Erfahrung ist im Verstand. Sie kennen das Wirkliche dadurch, dass es wirklich ist. Frage: Wenn das Wirkliche jenseits von Worten und Verstand ist, weshalb reden wir dann so viel darüber? Maharaj: Natürlich weil es Freude macht. Das Wirkliche ist höchste Seligkeit. Schon das Reden
darüber ist Glücklichsein. Frage: Ich höre Sie über das Unerschütterliche und Selige sprechen. Was haben Sie in Ihrem Verstand, wenn Sie diese Worte verwenden? Maharaj: Da ist nichts in meinem Verstand. So wie Sie die Worte hören, so höre ich sie. Die Kraft, die alles geschehen macht, macht auch dies geschehen. Frage: Aber Sie sind es doch, der spricht, nicht ich. So kommt es Ihnen vor. So wie ich es sehe, tauschen zwei Körper-Verstand-Organismen symbolisierte Geräusche aus. In Wirklichkeit geschieht gar nichts. Frage: Hören Sie, Sir. Ich komme zu Ihnen, weil ich in Schwierigkeiten bin. Ich bin eine arme verlorene Seele in einer Welt, die ich nicht verstehe. Ich fürchte mich vor Mutter Natur, die mich wachsen, gedeihen und sterben lassen will. Wenn ich nach der Bedeutung und dem Zweck von all dem frage, gibt sie mir keine Antwort. Ich bin zu Ihnen gekommen, weil man mir gesagt hat, dass Sie freundlich und weise seien. Sie sprechen über das Wandelbare als falsch und vergänglich, was ich verstehen kann. Aber sobald Sie über das Unbewegte sprechen, fühle ich mich verloren. „Nicht dies, nicht das, jenseits des Wissen, von keinerlei Nutzen“ – weshalb dann von all dem reden? Existiert es oder ist es nur ein Konzept, ein verbaler Gegensatz zum Wandelbaren? Maharaj: Es ist, und es ist als Einziges. Aber in Ihrem gegenwärtigen Zustand ist es für Sie von keinem Nutzen. So wie ein Glas Wasser neben Ihrem Bett von keinem Nutzen für Sie ist, wenn Sie träumen, dass Sie in einer Wüste an Durst sterben. Ich versuche Sie aufzuwecken von dem, was immer Sie träumen mögen. Frage: Bitte erzählen Sie mir nicht, dass ich
träume und bald erwachen werde. Ich wünschte, es wäre so. Aber ich bin wach und im Schmerz. Sie sprechen über einen schmerzlosen Zustand, aber Sie fügen hinzu, dass ich ihn in meiner gegenwärtigen Verfassung nicht haben kann. Ich fühle mich verloren. Maharaj: Fühlen Sie sich nicht verloren. Ich habe lediglich gesagt, dass Sie zum Finden des Unbewegten und Seligen Ihren Zugriff auf das Bewegte und Schmerzhafte aufgeben müssen. Sie sind mit Ihrem eigenen Glück befasst. Ich versuche Ihnen zu sagen, dass es so etwas nicht gibt. Glück ist niemals Ihr Eigen, sondern es ist da, wo das „Ich“ nicht ist. Ich sage nicht, dass es außerhalb Ihrer Reichweite ist, denn Sie brauchen lediglich jenseits von sich selbst zu gehen, um es dort zu finden. Frage: Wenn ich jenseits von mir selbst gehen muss, weshalb muss ich dass als erstes die Idee von „Ich bin“ verstehen lernen? Maharaj: Der Verstand braucht einen Mittelpunkt, um einen Kreis zu zeichnen. Der Kreis mag immer größer werden, und mit jeder Vergrößerung gibt es dann eine Veränderung des Empfindens „Ich bin“. Ein Mann, der sich selbst in die Hand nimmt, ein Yogi, wird eine Spirale zeichnen, aber der Mittelpunkt wird stets derselbe bleiben – wie riesig die Spirale auch wird. Es kommt ein Tag, an dem das gesamte Universum als falsch gesehen und aufgegeben wird. Dann ist der Mittelpunkt nicht mehr – das Universum selbst wird zum Mittelpunkt. Frage: Ja, das mag sein. Aber was soll ich jetzt tun? Maharaj: Beobachten Sie beharrlich Ihr wechselhaften tägliches Leben, untersuchen Sie tief die Motive hinter Ihren Handlungen. Schon bald werden Sie die Blase durchstoßen, in der Sie eingeschlossen sind. Ein Küken benötigt die Schale
zum Wachsen, aber es kommt ein Tag, an dem die Schale durchbrochen werden muss. Geschieht es nicht, wird es Leiden und Tod geben. Frage: Meinen Sie damit, dass ich zur Auslöschung verdammt bin, wenn ich nicht Yoga übe? Maharaj: Es gibt den Guru, der zu Ihrer Rettung kommt. Seien Sie in der Zwischenzeit zufrieden damit, den Fluss Ihres Lebens zu betrachten. Wenn Ihre Beobachtung tief und beständig und immer in Richtung der Quelle gewandt ist, wird sie nach und nach flussaufwärts wandern und plötzlich selbst zur Quelle werden. Lassen Sie Ihr Gewahrsein arbeiten – nicht Ihren Verstand. Für diese Aufgabe ist der Verstand nicht das richtige Instrument. Das Zeitlose kann nur durch das Zeitlose erreicht werden. Ihr Körper und Verstand sind beide der Zeit unterworfen. Nur das Gewahrsein ist zeitlos, sogar im Jetzt. Im Gewahrsein sehen Sie sich Tatsachen gegenüber, und die Wirklichkeit ist verrückt nach Tatsachen. Frage: Sie scheinen allein auf mein Gewahrsein zu vertrauen, dass mich richtig leitet, aber nicht auf den Guru oder Gott. Maharaj: Gott gibt den Körper und den Verstand, und der Guru zeigt, auf welche Weise man Gebrauch von ihnen macht. Aber die Rückkehr zur Quelle ist Ihre Aufgabe. Frage: Gott hat mich erschaffen – er wird auch für mich sorgen. Es gibt zahllose Götter - auch in seinem eigenen Universum. Sie erschaffen und wiedererschaffen auf ewig. Wollen Sie darauf warten, bis diese Sie erretten? Was Sie für die Erlösung brauchen, ist bereits in Ihrer Reichweite. Nutzen Sie es. Erforschen Sie das, was Sie wissen, bis ans Ende. Dann werden Sie die unbekannten Schichten Ihres Seins erreichen. Gehen Sie noch weiter, und das Unerwartete wird in Ihnen
explodieren und alles erschüttern. Frage: Bedeutet dies den Tod? Maharaj: Es bedeutet Leben – am Ende.
Das Unbekannte ist die Heimat des Wirklichen Frage: Wer ist der Guru und wer der höchste Guru? Maharaj: Alles das, was in Ihrem Bewusstsein geschieht, ist Ihr Guru. Und das reine Gewahrsein jenseits des Bewusstseins ist der höchste Guru. Frage: Mein Guru ist Sri Babaji. Was ist Ihre Meinung von ihm? Maharaj: Was für eine Frage! Der Raum in Bombay wird gefragt, was seine Meinung vom Raum in Poona sei. Die Namen sind unterschiedlich, aber nicht der Raum. Das Wort „Babajii“ ist nur wie eine Adresse. Wer lebt unter dieser Adresse? Sie stellen Fragen, wenn Sie in Schwierigkeiten sind. Untersuchen Sie, wer die Schwierigkeiten wem gibt. Frage: Ich verstehe, dass alles dem Drang nach Verwirklichung unterliegt. Ist dies seine Pflicht oder sein Schicksal? Maharaj: Die Verwirklichung ist die Tatsache, dass Sie keine Person sind. Es kann daher nicht die Pflicht der Person sein, deren Schicksal darin besteht, zu verschwinden. Ihr Schicksal ist die Pflicht von dem, der sich selbst als Person denkt. Finden Sie heraus, wer dies ist – und die eingebildete Person wird verschwinden. Freiheit bedeutet die Freiheit von etwas. Wovon werden Sie frei sein? Offensichtlich müssen Sie von der Person frei sein, für die Sie sich halten, weil es diese Idee von Ihnen selbst ist, die Sie in Bindung hält. Frage: Wie wird die Person beseitigt? Maharaj: Durch Entschlossenheit. Verstehen Sie einfach nur, dass sie gehen muss, und wünschen Sie es sich. Sie wird gehen, sobald Sie sich dies nur ernsthaft genug wünschen. Irgendjemand wird Sie
irgendwie davon in Kenntnis setzen, dass Sie reines Bewusstsein, aber nicht ein Körper-Verstand, sind. Akzeptieren Sie es als Hypothese und untersuchen Sie es ernsthaft. Vielleicht entdecken Sie, dass es nicht so ist, dass Sie keine in Zeit und Raum gebundene Person sind. Stellen Sie sich vor, wie der Unterschied wäre! Frage: Wenn ich keine Person bin, was bin ich dann? Maharaj: Feuchte Kleidung, so lange sie feucht ist, riecht und sieht anders aus und fühlt sich anders an. Wenn sie wieder trocken ist, dann ist es wieder normale Kleidung. Das Wasser hat sie verlassen. Wer könnte noch feststellen, dass sie einmal nass war? Ihre wahre Natur ist nicht das, was sie zu sein scheint. Geben Sie die Idee auf, eine Person zu sein, das ist alles. Sie müssen nicht werden, was Sie ohnehin schon sind. Da ist die Identität mit dem, was Sie sind, und dann ist da die Person, die dem überlagert ist. Alles, was Sie kennen, ist nur die Person, während Sie die Identität – die keine Person ist – nicht kennen, da Sie niemals daran zweifeln und sich selbst nie die kritische Frage „Wer bin ich“ gestellt haben. Die Identität ist der Zeuge der Person, und das Sadhana besteht im Verlagen des Interesses von der oberflächlichen und wechselvollen Person zum Unbewegten und stets gegenwärtigen Zeugen. Frage: Wie kommt es, dass die Frage „Wer bin ich?“ mich nur wenig anzieht? Ich ziehe es vor, meine Zeit in der süßen Gesellschaft von Heiligen zu verbringen. Maharaj: Das Verbleiben in Ihrem eigenen Sein ist ebenfalls eine heilige Gemeinschaft. Wenn Sie kein Problem im Leiden und der Erleichterung des Leidens haben, werden Sie nicht die Energie und Nachdrücklichkeit finden, die für die Selbsterforschung benötigt wird. Eine Krise kann
man nicht herstellen. Sie muss echt sein. Frage: Wie geschieht eine echte Krise? Maharaj: Sie geschieht in jedem Moment, aber Sie sind nicht wach genug. Der Schatten auf dem Gesicht Ihres Nachbar, die immense und allgegenwärtige Sorge der Existenz ist ein konstanter Faktor Ihres Lebens, aber Sie weigern sich, davon Notiz zu nehmen. Sie leiden und sehen andere leiden, aber Sie antworten nicht. Frage: Es stimmt, was Sie sagen, aber was kann ich dazu tun? Die Situation ist nun einmal so. Meine Hilflosigkeit und Stumpfheit sind ein Bestandteil davon. Maharaj: Das ist schon etwas. Schauen Sie sich selbst beständig an – das genügt. Die Tür, hinter der Sie eingesperrt sind, ist gleichzeitig die Tür, die Sie ins Freie lässt. Das „Ich bin“ ist die Tür. Bleiben Sie dabei, bis sie sich öffnet. Tatsache ist, dass sie offensteht, aber dass Sie woanders sind. Sie warten auf die nicht existierenden gemalten Türen, die sich niemals öffnen werden. Frage: Viele von uns haben früher einmal Drogen in kleinerem oder größerem Umfang genommen. Man hatte uns erzählt, dass man durch Nehmen von Drogen höhere Bewusstseinzustände erreichen kann. Andere haben uns geraten, zum selben Zweck übertriebenen Sex zu praktizieren. Was ist Ihre Meinung in dieser Frage? Maharaj: Es ist kein Zweifel, dass eine Droge Ihr Gehirn ebenso wie Ihren Verstand beeinflussen und Ihnen alle die versprochenen seltsamen Erfahrungen verschaffen kann. Aber was sind alle Drogen verglichen mit der einen, die Ihnen diese so außerordentliche Erfahrung gibt, geboren worden zu sein, in Sorgen und Ängsten zu leben, auf der Suche nach dem Glück, welches nie kommt oder nicht lange dauert? Sie sollten die Natur dieser Droge
erforschen und das Gegenmittel finden. Geburt, Leben, Tod – alle sind eins. Finden Sie heraus, was sie verursacht hat. Bevor Sie geboren wurden, standen Sie bereits unter Drogen. Welche Art von Droge war es aber? Sie mögen sich von allen möglichen Krankheiten befreien, aber wenn Sie immer noch unter dem Einfluss der uranfänglichen Droge stehen – welchen Nutzen hätten dann diese oberflächlichen Kuren? Frage: Ist es nicht das Karma, dass Wiedergeburten verursacht? Maharaj: Sie können den Namen ändern, aber die Tatsachen bleiben. Was ist die Droge, die Sie Karma oder Schicksal nennen? Es lässt Sie an etwas glauben zu sein, was Sie nicht sind. Was ist es, und wie können Sie frei davon werden? Bevor Sie weiter gehen, müssen Sie akzeptieren, zumindest als Arbeitshypothese, dass Sie nicht sind, als was Sie erscheinen; dass Sie unter dem Einfluss einer Droge sind. Nur dann werden Sie den Drang und die Geduld verspüren, die Symptome genauer zu untersuchen und nach ihrer gemeinsamen Ursache zu suchen. Der Guru kann Ihnen nur eines sagen: „Mein werter Herr, Sie sind im Irrtum über sich selbst. Sie sind nicht die Person, für die Sie sich halten.“ Trauen Sie niemandem – nicht einmal sich selbst. Suchen Sie, finden Sie es heraus, entfernen und scheiden Sie alle Annahmen aus, bis Sie das Wasser des Lebens und den Stein der Wahrheit gefunden haben. Bis Sie frei sind von der Droge, werden Ihnen alle Ihre Religionen und Wissenschaften, Gebete und Yogas nicht helfen, da sie auch einen Fehler beruhen. Sie verstärken das Problem nur noch. Wenn Sie aber bei der Idee bleiben, dass Sie weder Körper noch Verstand sind, noch nicht einmal ihr Zeuge, sondern etwas darüber Hinausreichendes, dann wird Ihr Verstand langsam klarer werden. Ihre Wünsche – deutlicher
ausgedrückt: Ihre Handlungen – werden wohltuender, und diese innere Läuterung wird Sie in eine andere Welt tragen, eine Welt der Wahrheit und furchtloser Liebe. Widerstehen Sie Ihren alten Gewohnheiten des Denkens und Fühlens – sagen Sie sich immer wieder: „Nein, nicht so, so kann es nicht sein; ich bin nicht so, ich brauche dies nicht, ich will dies nicht“. Und der Tag wird gewiss kommen, an dem die ganze Struktur von Fehler und Verzweiflung kollabiert und der Grund für ein neues Leben freigelegt wird. Denken Sie stets daran, dass alle Ihre Beschäftigungen mit Ihren Sorgen nur in Ihren Wachstunden und teilweise in Ihren Träumen stattfinden. Im Schlaf ist dieses alles beiseitegelegt und vergessen. Es zeigt, wie wenig wichtig Ihr Wachleben ist, sogar für Sie selbst, dass nur das bloße Hinlegen und Augen schließen es beenden kann. Immer dann, wenn Sie schlafen gehen, haben Sie keinerlei Garantien dafür, dass Sie wieder erwachen, und doch fürchten Sie nichts. Frage: Sind Sie bewusst oder unbewusst, wenn Sie schlafen? Maharaj: Ich bleibe bewusst, aber nicht bewusst dessen, eine bestimmte Person zu sein. Frage: Können Sie uns den Geschmack der Erfahrung der Selbst-Verwirklichung verschaffen? Maharaj: Nehmen Sie alles davon, nicht nur den Geschmack! Es steht für alle die fragen, zur Verfügung. Aber fragen Sie nicht. Auch wenn Sie fragen, nehmen Sie nicht. Finden Sie heraus, was Sie daran hindert, zu nehmen. Frage: Ich weiß, was es verhindert – mein Ego. Maharaj: Dann setzen Sie sich mit Ihrem Ego auseinander – und lassen Sie mich zufrieden. So lange Sie innerhalb Ihres Verstandes eingeschlossen sind, ist mein Zustand jenseits Ihres Begreifens. Frage: Ich sehe, dass ich keine weiteren Fragen zu
stellen habe. Maharaj: Wenn Sie wirklich im Kampf mit Ihrem Ego wären, dann hätten Sie viele weitere Fragen gestellt. Sie haben keine Fragen mehr, weil Sie nicht wirklich interessiert sind. Im Moment werden Sie vom Schmerz-Freude-Prinzip bewegt, das das Ego selbst ist. Sie wandern zusammen mit dem Ego – Sie kämpfen nicht gegen es. Sie sind nicht gewahr, wie vollständig Sie von persönlichen Erwägungen beherrscht werden. Ein Mensch sollte immer gegen sich selbst revoltieren, weil das Ego wie ein krummer Spiegel verengt und verzerrt. Es ist der Schlimmste aller Tyrannen – er dominiert Sie absolut. Frage: Wenn es kein „Ich“ gibt, wer ist dann frei? Maharaj: Die Welt ist frei von einem mächtigen Ärgernis. Das ist schon etwas. Frage: Gut für wen? Maharaj: Gut für alle. Es ist wie ein Seil, dass sich über die Straße spannt – es behindert den Verkehr. Rollen Sie es auf; es ist da als bloße Identität; nützlich nur, wenn nötig. Die Freiheit vom EgoSelbst ist die Frucht der Selbsterforschung. Frage: Es gab eine Zeit, in der ich äußerst unzufrieden mit mir selbst war. Jetzt habe ich meinen Guru getroffen und ich bin im Frieden, nachdem ich mich selbst ihm vollständig hingegeben habe. Maharaj: Wenn Sie Ihr tägliches Leben beobachten, werden Sie sehen, dass Sie gar nichts hingegeben haben. Sie haben lediglich das Wort „hingeben“ Ihrem Vokabular hinzugefügt und Ihren Guru zu einem Nagel gemacht, an dem Sie Ihre Sorgen aufhängen. Echte Hingabe bedeutet nichts zu tun, sofern Sie nicht von Ihrem Guru dazu aufgefordert werden. Man könnte sagen, dass Sie beiseite gehen und Ihren Guru Ihr Leben leben
lassen. Sie schauen nur zu und wundern sich, wie leicht er die Probleme löst, die für Sie unlösbar schienen. Frage: Ich sitze hier und sehen den Raum und die Leute. Und ich sehe Sie. Wie sieht es auf Ihrer Seite aus? Was sehen Sie? Maharaj: Nichts. Ich sehe, aber ich sehe nicht in dem Sinn des Erzeugens von Bildern, die mit Urteilen bekleidet sind. Weder beschreibe ich noch bewerte ich. Ich sehe, sehe auch Sie, aber weder eine Haltung noch eine Meinung verdunkeln meine Sicht. Und wenn ich meine Augen abwende, erlaubt mein Verstand der Erinnerung nicht zu verweilen – er ist sofort frei und frisch für den nächsten Eindruck. Frage: So wie ich hier sitze und Sie betrachte vermag ich das Ereignis in Raum und Zeit nicht zu lokalisieren. Da ist etwas ewiges und universelles bezüglich der Übertragung von Weisheit, dass stattfindet. Zehntausend Jahre früher oder später machen keinen Unterschied - das Ereignis selbst ist zeitlos. Maharaj: Die Menschheit ändert sich im Laufe der Zeitalter nicht sehr. Die menschlichen Probleme bleiben dieselben und verlangen nach den immer gleichen Antworten. Ihr Bewusstsein von dem, was Sie die Übertragung der Weisheit nennen, zeigt, das Weisheit noch nicht übertragen worden ist. Wenn Sie sie haben, sind Sie sich ihrer nicht länger bewusst. Was wirklich Ihr eigen ist, dessen können Sie sich nicht bewusst sein. Wessen Sie sich bewusst sind, das sind weder Sie noch gehört es Ihnen. Ihnen gehört die Kraft der Wahrnehmung, nicht aber das, was Sie wahrnehmen. Es ist ein Fehler, das Bewusste für den ganzen Menschen zu halten. Der Mensch ist das Unbewusste, Bewusste und Überbewusste. Sie sind jedoch kein Mensch. Sie sind die Kinoleinwand, das Licht und auch die
Sehkraft, während das Bild nichts mit Ihnen zu tun hat. Frage: Muss ich nach dem Guru suchen oder sollte ich mit dem bleiben, den ich gerade gefunden habe? Maharaj: Diese Frage zeigt, dass Sie noch keinen gefunden haben. So lange Sie nicht verwirklicht haben, werden Sie von Guru zu Guru wandern. Sobald Sie sich aber selbst gefunden haben, wird die Suche beendet sein. Ein Guru ist ein Meilenstein. Wenn Sie sich auf der Wanderung befinden, passieren Sie viele Meilensteine. Wenn Sie dann Ihr Ziel erreicht haben, zählt nur der letzte davon. In der Wirklichkeit zählen alle zu ihrer Zeit und keiner jetzt. Frage: Sie scheinen die Frage des Guru für nicht wichtig zu halten. Er scheint nur ein Zufall unter anderen zu sein. Maharaj: Alle Zufälle sind Beiträge, aber der einzelne ist nicht ausschlaggebend. Auf dem Weg hilft jeder einzelne Schritt, das Ziel zu erreichen, und jeder ist so ausschlaggebend wie der andere, denn jeder Schritt muss gegangen werden – keiner darf ausgelassen werden. Wenn Sie sich weigern ihn zu tun, werden Sie steckenbleiben. Frage: Jeder besingt die Glorien des Guru, während Sie ihn nur mit einem Meilenstein vergleichen. Brauchen wir denn den Guru nicht? Maharaj: Brauchen wir denn einen Meilenstein? Ja und nein. Ja, wenn wir unsicher sind - nein, wenn wir unseren Weg kennen. Wenn wir unser selbst gewiss sind, ist der Guru nicht länger vonnöten außer in einem technischen Sinne. Unser Verstand ist schließlich ein Instrument, und Sie sollten einfach wissen, wie Sie es benutzen. So wie Sie im Gebrauch Ihres Körpers unterwiesen wurden, so sollten Sie auch wissen, wie Sie Ihren Verstand
benutzen. Frage: Was erreiche ich, wenn ich meinen Verstand zu benutzen verstehe? Maharaj: Sie erreichen Freiheit von Wunsch und Furcht, die gänzlich auf den Missbrauch des Verstandes zurückzuführen sind. Bloßes mentales Wissen ist nicht genug. Das Bekannte ist nebensächlich - das Unbekannte ist die Heimat des Wirklichen. Im Bekannten zu leben bedeutet Bindung, im Unbekannten zu leben bedeutet Befreiung. Frage: Ich habe verstanden, dass alle spirituellen Praktiken aus der Beseitigung des persönlichen Selbst bestehen. Eine solche Praxis verlangt eiserne Entschlossenheit und unnachgiebige Anwendung. Wo soll man die Integrität und Energie für diese Arbeit finden? Maharaj: Sie finden Sie in der Gesellschaft der Weisen. Frage: Woher weiß ich, wer weise und wer einfach nur clever ist? Maharaj: Wenn Ihre Motive rein sind, wenn Sie nichts als die Wahrheit suchen, dann werden Sie die richtigen Leute finden. Sie zu finden ist einfach – schwierig ist es dagegen, ihnen zu vertrauen und vollen Nutzen aus ihrem Ratschlag und ihrer Führung zu ziehen. Frage: Ist der Wachzustand wichtiger für die spirituelle Praxis als der Schlaf? Maharaj: Im Ganzen gesehen messen wir dem Wachzustand zuviel Bedeutung bei. Ohne Schlaf wäre der Wachzustand unmöglich – ohne Schlaf wird man verrückt oder stirbt – weshalb also so viel Wichtigkeit dem Wachbewusstsein zuwenden, welches offensichtlich vom Unbewussten abhängt? Nicht nur das Bewusste, sondern ebenso auch das
Unbewusste sollte in Ihrer spirituellen Praxis Berücksichtigung finden. Frage: Wie kann man des Unbewussten bewusst sein? Maharaj: Behalten Sie das „Ich bin“ im Fokus des Gewahrseins; erinnern Sie sich daran, dass Sie sind; beobachten Sie sich selbst unaufhörlich – so wird das Unbewusste ins Bewusste fließen ohne eine spezielle Bemühung von Ihrer Seite. Falsche Wünsche und Ängste, falsche Ideen, soziale Vorurteile blockieren und verhindern seinen freien Austausch mit dem Bewussten. Sobald beide frei zum Verschmelzen sind, werden sie eins und das Eine wird zu Allem. Die Person taucht in den Zeugen ein, der Zeuge ins Gewahrsein, das Gewahrsein in reines Sein. Und doch geht die Identität nicht verloren – nur die Begrenzungen fallen fort. Sie wird umgestaltet und wird zum wirklichen Selbst, dem Sadguru, dem ewigen Freund und Führer. Durch Verehrung können Sie sich ihm nicht nähern. Keine externe Tätigkeit kann das innere Selbst erreichen; Gottesdienst und Gebete bleiben auf der Oberfläche. Um tiefer zu gehen, ist Meditation wesentlich, das Streben, über die Zustände von Schlafen, Träumen und Wachen hinauszugehen. Am Anfang mögen die Versuche unsystematisch sein, aber dann geschehen sie öfter, werden geordneter, dann stetig uns intensiv, bis alle Hindernisse beseitigt worden sind. Frage: Hindernisse für was? Maharaj: Für das Vergessen von sich selbst. Frage: Wenn Gottesdienst und Gebete wirkungslos sind, weshalb pflegen Sie dann täglichen Gottesdienst mit Liedern und Musik und dem Bild Ihres Gurus? Maharaj: Diejenigen, die es mögen, tun es. Ich sehe keinen Sinn darin, mich einzumischen.
Frage: Aber Sie nehmen daran teil. Maharaj: Ja, so sieht es aus. Aber weshalb so viel über mich nachdenken? Geben Sie alle Ihre Aufmerksamkeit der Frage: „Was ist es, was mich bewusst macht?“, bis Ihr Verstand zur Frage selbst wird und an nichts anderes mehr denken kann. Frage: Alle und jeder drängen mich dazu, zu meditieren. Ich finde in der Meditation keinen Antrieb, sondern bin an vielen anderen Dingen interessiert. Manche davon möchte ich gerne haben, und dann wandert mein Verstand dorthin. Meine Versuche zu meditieren sind halbherzig. Was kann ich tun? Maharaj: Fragen Sie sich selbst: „Zu wem kommt dies alles?“ Nutzen Sie alles als eine Gelegenheit, nach innen zu gehen. Werfen Sie Licht auf Ihren Weg, indem Sie die Hindernisse im Feuer des Gewahrseins verbrennen. Wenn Sie Wünsche oder Ängste entwickelt haben, dass ist es nicht der Wunsch oder die Furcht selbst, die falsch sind und verschwinden müssen, sondern es ist die Person, die verlangt und fürchtet. Im Bekämpfen von Wünschen und Ängsten liegt kein Sinn, da sie vollkommen natürlich und gerechtfertigt sind. Es ist die Person, die süchtig nach ihnen ist, was die Ursache der Fehler in Vergangenheit und Zukunft ist. Die Person sollte sorgfältig untersucht und in ihrer Falschheit gesehen werden. Dann wird ihre Macht über Sie ein Ende haben. Sie verschwindet ja schließlich auch immer dann, wenn Sie schlafen gehen. Im Tiefschlaf sind Sie keine selbst-bewusste Person, und doch sind Sie lebendig. Wenn Sie lebendig und bewusst sind, aber nicht länger selbstbezogen, dass sind Sie auch keine Person mehr. Während der wachen Zeit sind Sie wie ein Schauspieler auf der Bühne, der eine Rolle spielt, aber was sind Sie, wenn dies vorüber ist? Sie sind, was Sie sind – was Sie vor dem Beginn des
Schauspiels waren, das bleiben Sie, auch nachdem das Schauspiel vorüber ist. Schauen Sie sich selbst als Handelnden auf der Bühne des Lebens an. Das Schauspiel mag glänzend oder enttäuschend sein, aber Sie selbst sind nicht darin, Sie beobachten es lediglich; zwar mit Sympathie und Interesse, aber Sie behalten die ganze Zeit über im Gedächtnis, dass Sie nur zuschauen, während das Spiel - das Leben - weitergeht. Frage: Sie heben stets den Wahrnehmungsaspekt der Wirklichkeit hervor. Sie erwähnen aber selten Gefühl und Will; oder vielleicht sogar nie. Maharaj: Wille, Gefühl, Freude, Streben und Vergnügen sind so tief behaftet mit dem Persönlichen, dass man ihnen nicht wirklich trauen kann. Wegen der Klarheit und Reinheit, die ganz am Anfang der Reise benötigt wird, kann als erstes nur das Gewahrsein als Anhalt dienen. Liebe und Wille werden wieder ihre Zeit haben, aber dazu muss der Boden vorbereitet werden. Erst muss die Sonne des Gewahrseins aufsteigen – alles andere folgt dann.
Halte den Verstand still – und du wirst erkennen Frage: Ich hatte einmal eine seltsame Erfahrung. Weder war ich, noch war die Welt – da war nur Licht, innerhalb und außerhalb, und immenser Friede. Es dauerte vier Tage und dann kehrte ich zum Alltagsbewusstsein zurück. Jetzt habe ich das Gefühl, dass alles, was ich weiß, nur wie ein Baugerüst ist, das einen Rohbau bedeckt und verbirgt. Ich weiß nichts vom Architekten, vom Plan, vom Entwurf und dem Zweck. Ich weiß überhaupt nichts. Da geht Aktivität vor sich – das ist alles, was ich sagen kann. Ich bin selbst dieses Baugerüst, etwas recht brüchiges und kurzlebiges. Wenn das Gebäude fertig ist, wird das Gerüst abgebaut und entfernt. Das „Ich bin“ und das „Was bin ich“ sind bedeutungslos, weil das „Ich“ nach der Fertigstellung ganz selbstverständlich gehen und keine Fragen nach sich selbst, die zu beantworten wären, zurücklassen wird. Maharaj: Sind Sie selbst sich all dessen denn nicht bewusst? Ist hier nicht die Tatsache des Gewahrseins der konstante Faktor? Frage: Mein Gefühl von Dauerhaftigkeit und Identität ist der Erinnerung geschuldet, die so schwindend und unsicher ist. Wie wenig ich erinnere, sogar aus der jüngsten Vergangenheit! Ich habe ein ganzes Leben gelebt, aber was hat es mir gelassen? Nichts als ein Bündel von Ereignissen – bestenfalls eine Kurzgeschichte. Maharaj: All dies findet innerhalb Ihres Bewusstseins statt. Frage: Innerhalb und ohne es. Am Tag – innerhalb. In der Nacht – ohne es. Bewusstsein ist nicht alles. Es geschehen so viele Dinge jenseits von ihm. Zu
sagen, dass das, dessen ich nicht bewusst bin, nicht existiere, ist völlig falsch. Maharaj: Was Sie sagen, ist logisch, aber tatsächlich können Sie nur wissen, was sich in Ihrem Bewusstsein befindet. Was Sie als außerhalb des Bewusstseins als existierend erklären, ist reine Schlussfolgerung. Frage: Es mag geschlussfolgert sein und ist doch wirklicher als das sinnliche. Maharaj: Seien Sie vorsichtig. Der Moment, in dem Sie anfangen zu sprechen, erzeugt ein ganzes verbales Universum, ein Universum aus Worten, Ideen, Konzepten und Abstraktionen, miteinander verwoben und voneinander abhängig. Alles dies ist auf die wunderbarste Weise entstanden, unterstützt und beweist sich gegenseitig und ist doch ohne jede Essenz oder Substanz – eine bloße Schöpfung des Verstandes. Worte erzeugen Worte – die Wirklichkeit ist still. Frage: Wenn Sie sprechen, höre ich Sie. Ist dies keine Tatsache? Maharaj: Das Sie hören, ist eine Tatsache. Was Sie hören – nicht. Die Tatsache kann erfahren werden, und in diesem Sinne werden der Klang des Wortes und die mentale Bewegung, die er erzeugt, erfahren. Dahinter steckt keine andere Wirklichkeit. Die Bedeutung dessen ist rein konventionell – es dient der Erinnerung. Eine Sprache kann leicht vergessen werden, wenn sie nicht praktiziert wird. Frage: Wenn Worte keine Wirklichkeit in sich selbst haben, weshalb überhaupt sprechen? Maharaj: Sie dienen dem begrenzten Zweck der interpersonalen Kommunikation. Worte erschaffen keine Fakten, sondern melden sie nur. Wenn Sie erst jenseits der Person sind, brauchen Sie keine Worte mehr.
Frage: Was kann mich denn über die Person hinausführen? Wie jenseits des Bewusstseins gehen? Maharaj: Worte und Fragen kommen aus dem Verstand und halten Sie dort fest. Um jenseits des Verstandes zu gehen, müssen Sie still und ruhig sein. Frieden und Stille - Stille und Frieden – das ist der Weg jenseits. Hören Sie auf, Fragen zu stellen. Frage: Und was soll ich tun, wenn ich die Fragen aufgegeben habe? Maharaj: Was können Sie schon tun außer warten und schauen? Frage: Und auf was sollte ich dann warten? Maharaj: Darauf, dass das Zentrum Ihres Seins im Bewusstsein auftaucht. Die drei Zustände von Schlafen, Wachen und Träumen befinden sich alle im Bewusstsein, dem Manifesten. Was Sie unbewusst nennen, wird ebenfalls manifest – in der Zeit. Über das Bewusstsein hinaus liegt das Unmanifestierte. Und über alles hinaus, und alles durchdringend, ist das Herz des Seins, welches beständig klopft: Manifestiert – unmanifestiert; manifestiert – unmanifestiert (saguna-nirguna). Frage: Auf der verbalen Ebene klingt dies alles richtig. Ich kann mich selbst als den Samen des Seins visualisieren, einen Punkt im Bewusstsein, in dem mein Empfinden von „Ich bin“ pulsiert und abwechselnd erscheint und verschwindet. Aber was muss ich tun, um dies als Tatsache zu realisieren, um jenseits in die wandellose, wortlose Wirklichkeit zu gehen? Maharaj: Sie können gar nichts tun. Was die Zeit gebracht hat, wird sie auch wieder mitnehmen. Frage: Weshalb dann alle diese Ermahnungen, Yoga zu praktizieren und die Wirklichkeit zu suchen? All das gibt mir das Gefühl von Macht und
Verantwortlichkeit, während in Wirklichkeit die Zeit alles erledigt. Maharaj: Darin besteht das Ende des Yoga – zu einer unabhängigen Erkenntnis zu kommen. All dies geschieht, und es geschieht im Verstand und geschieht im gleichzeitig, aber nicht der Quelle des „Ich bin“. Sobald Sie erkennen, dass alles durch sich selbst geschieht (nennen Sie es Schicksal oder Gottes Wille oder bloßen Zufall), verbleiben Sie als reiner Zeuge, der versteht und genießt, aber nicht beunruhigt ist. Frage: Wenn ich gänzlich aufhöre, Worten zu vertrauen, was wird dann mein Zustand sein? Maharaj: Es gibt eine Jahreszeit für Vertrauen und eine für Misstrauen. Lassen Sie die Jahreszeiten ihre Arbeit tun – weshalb sich Sorgen machen? Frage: Irgendwie fühle ich mich verantwortlich für das, was um mich herum passiert. Maharaj: Sie sind nur für das verantwortlich, was Sie ändern können. Alles, was Sie ändern können, ist lediglich Ihre Haltung. Darin liegt Ihre Verantwortlichkeit. Frage: Sie raten mir also, indifferent gegenüber den Sorgen anderer zu sein! Maharaj: Es geht nicht um die Indifferenz. Alle Leiden der Menschheit halten Sie ja auch nicht davon ab, Ihre nächste Mahlzeit zu genießen. Der Zeuge ist nicht indifferent. Er ist die Fülle des Verstehens und Mitgefühls. Nur als der Zeuge können Sie anderen helfen. Frage: Mein ganzes Leben lang wurde ich durch Worte gefüttert. Die Anzahl der Worte, die ich gehört und gelesen habe, geht in die Millionen. Haben sie mir geholfen? Überhaupt nicht! Maharaj: Der Verstand bildet die Sprache und die Sprache bildet dann den Verstand. Beide sind
Werkzeuge – gebrauchen Sie sie, aber missbrauchen Sie sie nicht. Worte können Sie nur an Ihre eigenen Grenzen bringen. Um jenseits zu gehen, müssen Sie sie aufgeben. Verbleiben Sie als der stille Zeuge allein. Frage: Aber wie könnte ich? Die Welt stört mich einfach zu sehr. Maharaj: Das kommt daher, weil Sie sich für groß genug halten, um die Welt beeinflussen zu können. So ist es aber nicht. Sie sind so winzig, dass nichts Sie niedertreten könnte. Es ist Ihr Verstand, der gefangen ist, nicht Sie. Kennen Sie sich selbst als der, der Sie sind – ein bloßer Punkt im Bewusstsein, dimensionslos und zeitlos. Sie sind wie die Spitze des Bleistifts - nur durch bloßen Kontakt mit Ihnen beginnt Ihr Verstand das Bild der Welt zu zeichnen. Sie sind einzig und einfach – das Bild ist komplex und ausgedehnt. Lassen Sie sich vom Bild nicht irreführen – bleiben Sie des winzigen Punktes gewahr, der sich überall im Bild findet. Was ist, kann aufhören; was nicht ist, kann werden. Aber was weder ist noch nicht ist, aber von dem Sein und Nicht-Sein abhängen, ist unanfechtbar. Kennen Sie sich selbst als die Ursache von Wunsch und Furcht und befreien Sie sich selbst von beiden. Frage: Auf welche Weise bin ich die Ursache der Furcht? Maharaj: Alles hängt von Ihnen ab. Nur aufgrund Ihrer Zustimmung existiert die Welt. Geben Sie Ihren Glauben in ihre Realität auf, und sie wird sich wie ein Traum auflösen. Die Zeit kann Berge abtragen. Umso mehr Sie, der Sie die zeitlose Quelle der Zeit sind. Denn ohne Erinnerung und Erwartung kann es keine Zeit geben. Frage: Ist denn das „Ich bin“ das Ultimative? Maharaj: Bevor Sie sagen können: „ich bin“,
müssen Sie sein, um dies sagen zu können. Sein benötigt keinerlei Selbstbewusstsein. Sie müssen nicht wissen, dass Sie sind, aber Sie müssen sein, um zu wissen. Frage: Sir, ich ertrinke in einem See von Worten! Ich verstehe, dass alles davon abhängt, wie man die Worte bildet, aber es muss doch jemanden geben, der sie zusammensetzt – auf bedeutungsvolle Weise. Durch das zufällige Bilden von Wörtern wären das Ramayana, Mahabharata und Bhagavata niemals entstanden. Die Theorie des zufälligen Auftauchens ist nicht haltbar. Der Ursprung des Bedeutungsvollen muss jenseits davon sein. Was ist die Macht, die aus dem Chaos Ordnung schafft? Leben ist mehr als sein, und Bewusstsein ist mehr als Leben. Wer ist das bewusste lebendige Sein? Maharaj: Ihre Frage enthält die Antwort: Ein bewusstes lebendiges Sein ist ein bewusstes lebendiges Sein. Dies sind die am besten geeigneten Worte, aber Sie erfassen deren volle Bedeutung nicht. Gehen Sie tief in die Bedeutung der Worte sein, lebendig, bewusst hinein, und Sie werden nicht länger im Kreis herumlaufen und Fragen stellen, aber die Antworten verfehlen. Verstehen Sie, dass Sie keine gültige Frage über sich selbst stellen können, weil Sie nicht wissen, nach wem Sie fragen. In der Frage „Wer bin ich?“ ist das „Ich“ das Unbekannte. Die Frage kann daher umformuliert werden als: „Ich weiß nicht, was ich mit 'Ich' meine“. Was Sie sind, müssen Sie ja gerade herausfinden. Ich kann Ihnen lediglich sagen, was Sie nicht sind. Sie sind nicht aus dieser Welt; sie sind nicht einmal in der Welt. Die Welt ist nicht, nur Sie allein sind. Sie erzeugen die Welt in Ihrer Vorstellung, wie einen Traum. Weil Sie den Traum nicht von sich selbst trennen können, können Sie auch keine unabhängig von Ihnen existierende Welt haben. Sie sind unabhängig – nicht die Welt.
Fürchten Sie sich nicht vor einer Welt, die Sie selbst erschaffen haben. Hören Sie auf, nach Glück und Wirklichkeit in einem Traum zu suchen, und Sie werden aufwachen. Sie müssen das „weshalb“ und „warum“ nicht wissen – Fragen haben nie ein Ende. Geben Sie alle Wünsche auf und halten Sie Ihren Verstand still. Dann werden Sie erkennen.
Das Wissen des Verstandes ist kein wahres Wissen Frage: Erfahren Sie die drei Zustände von Wachen, Schlafen und Träumen wie wir oder anders? Maharaj: Alle die drei Zuständen sind für mich wie Schlaf. Mein Wachzustand ist jenseits davon. Wenn ich Sie anschaue, dann scheinen Sie alle schlafend, träumend in der Welt Ihrer Worte. Ich bin gewahr, da ich mir nichts vorstelle. Es ist kein Samadhi, der nur eine Art von Schlaf ist. Es ist einfach ein Zustand, der unbeeinflusst vom Verstand und frei von Vergangenheit und Zukunft ist. In Ihrem Fall ist er durch Furcht und Verlangen verzerrt, durch Erinnerungen und Hoffnungen. In meinem ist alles wie es ist - normal. Eine Person zu sein bedeutet, zu schlafen. Frage: Zwischen dem Körper und dem reinen Gewahrsein steht das „innere Organ“, antahkarana, der „subtile Körper“, der „mentale Körper“ oder was auch immer der Name sein mag. So wie ein drehender Spiegel das Sonnenlicht in ein mannigfaltiges Muster von Streifen und Farben verwandelt, so verwandelt der subtile Körper das einfache Licht des leuchtenden Selbst in die vielfältige Welt. Bis dahin habe ich Ihre Lehre verstanden. Was ich nicht verstehen kann, ist, wie dieser subtile Körper überhaupt auftaucht? Maharaj: Er wird mit dem Auftauchen der Idee „Ich bin“ erzeugt. Die beiden sind einer. Frage: Wie erschien das „Ich bin“? Maharaj: In Ihrer Welt muss alles einen Anfang und ein Ende haben. Wenn dies nicht der Fall ist, nennen Sie es ewig. In meiner Sicht gibt es so etwas wie einen Anfang oder ein Ende überhaupt nicht –
all dieses bezieht sich auf die Zeit. Die Zeitlosigkeit ist gänzlich im Jetzt. Frage: Ist antahkarana bzw. der „subtile Körper“ wirklich oder unwirklich? Maharaj: Er ist momentan. Wirklich, wenn gegenwärtig, unwirklich, wenn vorbei. Frage: Welcher Art von Wirklichkeit? Ist es momentan? Maharaj: Nennen Sie es empirisch, aktuell oder tatsächlich. Es ist die Wirklichkeit der unmittelbaren Erfahrung, hier und jetzt, die nicht geleugnet werden kann. Sie können die Beschreibung und Bedeutung diskutieren, aber nicht das Ereignis selbst. Sein und Nicht-Sein wechseln miteinander ab - ihre Wirklichkeit ist momentan. Die unbewegte Wirklichkeit liegt jenseits von Zeit und Raum. Realisieren Sie das Momentane des Seins und NichtSeins und seien Sie frei davon. Frage: Die Dinge mögen vergänglich sein, und doch sind sie uns in endloser Wiederholung sehr nah. Maharaj: Wünsche sind sehr stark. Es ist der Wunsch, der die Wiederholung verursacht. Es gäbe keine Wiederkehr, wenn es keinen Wunsch gäbe. Frage: Was ist mit Furcht? Maharaj: Wunsch gehört zur Vergangenheit, Furcht zur Zukunft. Die Erinnerung vergangenen Leidens und die Furcht vor ihrer Wiederkehr macht den Menschen besorgt hinsichtlich der Zukunft. Frage: Es gibt auch eine Furcht vor dem Unbekannten. Maharaj: Wer nicht leidet, hat auch keine Angst. Frage: Sind wir zur Furcht verdammt? Maharaj: Bis wir die Furcht erkennen und als Schatten der persönlichen Existenz akzeptieren
können, sind wir als Personen an die Sorge gebunden. Geben Sie alle persönlichen Bewertungen auf und so werden Sie frei von der Furcht. Es ist nicht schwer. Wunschlosigkeit kommt von selbst, wenn der Wunsch als falsch erkannt wurde. Sie müssen nicht mit dem Wunsch kämpfen. Schließlich ist er nur ein Drang zum Glücklichsein, was nur natürlich ist, so lange es die Sorge gibt. Sehen Sie einfach nur, dass es in dem, was Sie wünschen, kein Glück geben kann. Frage: Wir finden uns mit dem Vergnügen ab. Maharaj: Jedes Vergnügen ist in Schmerzen verpackt. Sie werden sehr bald entdecken, dass Sie das eine nicht ohne das andere haben können. Frage: Da ist der Erfahrende und da die Erfahrung. Was hat die Verbindung zwischen beiden geschaffen? Maharaj: Nichts hat sie erschaffen. Sie ist einfach. Die beiden sind einer. Frage: Ich habe das Gefühl, dass da irgendwo ein Haken ist, aber ich weiß nicht wo. Maharaj: Der Haken ist in Ihrem Verstand, der darauf insistiert, Dualität dort zu sehen, wo keine ist. Frage: Wenn ich Ihnen zuhöre, ist mein Verstand ganz im Jetzt, und ich bin erstaunt darüber, keine Fragen zu haben. Maharaj: Sie können die Wirklichkeit nur dann kennen, wenn Sie erstaunt sind. Frage: Ich kann die Ursache der Angst und der Furcht in der Erinnerung erkennen. Mit welchen Mitteln kann man der Erinnerung ein Ende machen? Maharaj: Sprechen Sie nicht von Mitteln, weil es keine gibt. Was Sie als falsch erkennen, löst sich auf. Es ist die eigentliche Natur der Illusion, sich bei Überprüfung aufzulösen. Erforschen Sie – das ist
alles. Sie können das Falsche nicht zerstören, da Sie es die ganze Zeit über erschaffen. Ziehen Sie sich davon zurück, ignorieren Sie es, gehen Sie jenseits davon. So wird es aufhören zu sein. Frage: Auch Jesus sprach vom Ignorieren des Bösen und dem Kind sein. Maharaj: Die Wirklichkeit gehört allen. Nur das Falsche ist persönlich. Frage: Wenn ich die Sadhakas beobachte und die Theorien untersuche, nach denen sie leben, dann finde ich, dass sie einfach nur materielle durch „spirituelle“ Bestrebungen ersetzt haben. Nach Ihren Worten scheint es für uns so, als ob die Worte „spirituell“ und „Bestrebung“ unvereinbar sein. Wenn „Spiritualität“ die Freiheit vom Bestreben bedeutet, weshalb wird der Sucher dann dazu gedrängt? Die Yogis sprechen vom Wunsch nach Befreiung als essenziell. Ist dies nicht die höchste Form von Bestrebung? Maharaj: Bestrebung ist persönlich, Befreiung kommt vom Persönlichen her. In der Befreiung existieren das Subjekt und das Objekt der Bestrebung nicht mehr. Die Ernsthaftigkeit ist kein Langen nach den Früchte der eigenen Bemühungen. Es ist vielmehr ein Ausdruck einer inneren Bewegung weg vom Falschen, Unwesentlichen, dem Persönlichen. Frage: Sie haben uns letztens gesagt, dass wir vor der Verwirklichung nicht von der Vollkommenheit träumen können, weil das Selbst und nicht der Verstand die Quelle der Vollkommenheit sei. Wenn es nicht die Vortrefflichkeit ist, die wesentlich für die Befreiung ist, was ist es dann? Maharaj: Die Befreiung ist weder das Ergebnis von geschickt angewendeten Mitteln noch der Umstände. Sie liegt jenseits des kausalen Prozesses. Nichts kann sie erzwingen und nichts kann sie
verhindern. Frage: Weshalb dann nicht hier und jetzt frei sein? Maharaj: Wir sind ja „hier und jetzt“ frei. Es ist ja nur der Verstand, der sich Bindung vorstellt. Frage: Was wird dieser Vorstellung ein Ende setzen? Maharaj: Weshalb sollten Sie dem ein Ende setzen? Sobald Sie Ihren Verstand und seine rätselhaften Kräfte kennen und das entfernen, was ihn vergiftet, nämlich die Idee einer getrennten und isolierten Person, überlassen Sie ihn einfach sich selbst, um ihn seine Arbeit mit den Dingen verrichten zu lassen, für die er geeignet ist. Den Verstand an seinem ihm zukommenden Platz zu belassen und ihn seine ihm zukommende Arbeit machen zu lassen, ist die Befreiung des Verstandes. Frage: Worin besteht die Arbeit des Verstandes? Maharaj: Der Verstand ist die Ehefrau des Herzens und die Welt ihr Zuhause – um alles strahlend und glücklich sein zu lassen. Frage: Ich habe noch nicht verstanden, weshalb, wenn doch nichts der Befreiung im Wege steht, es nicht hier und jetzt geschieht. Maharaj: Nichts steht Ihrer Befreiung im Wege und es kann hier und jetzt geschehen, aber Sie sind mehr an anderen Dingen interessiert. Und Sie können Ihren Interessen nicht widerstehen. Sie müssen mit ihnen gehen, durch sie hindurch sehen und beobachten, wie sie sich selbst als einfache Fehler in der Beurteilung und Wertschätzung enthüllen. Frage: Würde es mir nicht helfen, wenn ich gehe und mit großen und heiligen Männern zusammen bin? Maharaj: Große und heilige Männer sind immer in Ihrer Nähe, aber Sie beachten sie nicht. Woher
wollen Sie wissen, wer groß und heilig ist? Vom Hörensagen? Können Sie in dieser Angelegenheit anderen oder letztlich nur sich selbst trauen? Um Sie über jeden Schatten eines Zweifels hinaus zu überzeugen, brauchen Sie mehr als eine Empfehlung, sogar mehr als eine momentane Begeisterung. Vielleicht begegnen Sie zufällig großen und heiligen Frauen und Männern und wissen eine ganze Zeit lang gar nichts über ihr Glück. Der kindliche Sohn eines großen Mannes weiß viele Jahre lang überhaupt nichts über die Größe seines Vaters. Sie müssen reif sein, um Größe wahrnehmen zu können, und Ihr Herz für die Heiligkeit reinigen. Oder sie geben Ihr Geld und Ihre Zeit vergeblich aus und verfehlen darüber hinaus das, was das Leben Ihnen zu bieten hat. Unter Ihren Freunden gibt es gute Menschen – allein von ihnen können Sie schon viel lernen. Hinter Heiligen herzulaufen ist auch nur ein weiteres Spiel. Erinnern Sie sich anstelle dessen und beobachten Sie nachdrücklich Ihr Alltagsleben. Seien Sie ernsthaft, und Sie werden nicht verfehlen, die Fesseln der Unaufmerksamkeit und Einbildung zu brechen. Frage: Wollen Sie, dass ich ganz allein kämpfe? Maharaj: Sie sind nie allein. Es gibt Kräfte und Mächte, die Ihnen alle Zeit vertrauensvoll dienen. Sie mögen sie vielleicht nicht erkennen, aber sie sind trotzdem real und tätig. Wenn Sie erkennen, dass alles in Ihrem Verstand ist, und dass Sie jenseits desselben sind; dass nur Sie allein sind – dann gehört alles Ihnen. Frage: Was ist Allwissenheit? Ist Gott allwissend? Sind Sie allwissend? Wir haben den Ausdruck universeller Zeuge gehört. Was bedeutet das? Beinhaltet Selbst-Verwirklichung Allwissenheit? Oder ist das eine Frage eines besonderen Trainings? Maharaj: Das vollständige Verlieren jeden Interesses am Wissen ergibt die Allwissenheit. Es ist
nichts als das Geschenk zu wissen, was notwendig zu wissen ist, im richtigen Moment, für fehlerfreies Handeln. Wissen dient schließlich dem Handeln, und wenn Sie richtig handeln, spontan, ohne es bewusst zu machen, dann ist es umso besser. Frage: Kann man den Verstand einer anderen Person kennen? Maharaj: Kennen Sie zuerst Ihren eigenen Verstand. Er enthält das gesamte Universum und bietet noch Platz darüber hinaus! Frage: Ihre Arbeitshypothese scheint darin zu bestehen, dass der Wachzustand grundsätzlich nicht verschieden vom Traum und dem traumlosen Schlaf ist. Die drei Zustände sind wesentlich ein Ergebnis der Verwechslung von sich selbst mit dem Körper. Vielleicht ist es wahr, aber ich habe das Gefühl, dass es nicht die ganze Wahrheit ist. Maharaj: Versuchen Sie nicht die Wahrheit zu wissen, weil das Wissen des Verstandes kein wahres Wissen ist. Aber Sie können das kennen, was nicht wahr ist – da ist genug, um Sie vom Falschen zu befreien. Die Idee, dass Sie zu wissen glauben, was wahr ist, ist gefährlich, denn sie hält Sie im Verstand gefangen. Nur wenn Sie nicht wissen, sind Sie frei zu erforschen. Und es kann keine Erlösung ohne Erforschen geben, denn das Nicht-Erforschen ist die Hauptursache der Bindung. Frage: Sie sagen, dass die Illusion der Welt mit dem Empfinden von „Ich bin“ beginnt, aber wenn ich nach dem Ursprung des Empfindens von „Ich bin“ frage, antworten Sie, dass es keinen Ursprung habe, weil es beim Erforschen verschwinde. Wenn etwas fähig ist, eine Welt zu erschaffen, kann es keine bloße Illusion sein. Das „Ich bin“ ist der einzige wandellose Faktor, dessen ich bewusst bin. Wie kann er falsch sein? Maharaj: Es ist nicht das „Ich bin“, das falsch ist,
sondern das, was Sie für sich selbst halten. Ich kann ohne einen Schatten eines Zweifels sehen, dass Sie nicht sind, was Sie zu sein glauben. Logisch oder nicht logisch – das Offensichtliche können Sie nicht leugnen. Sie sind nichts von dem, dessen Sie bewusst sind. Geben Sie sich fleißig der Aufgabe hin, diese Struktur zu zerreißen, die Sie in Ihrem Verstand aufgebaut haben. Was der Verstand aufgebaut hat, muss er auch wieder abbauen. Frage: Sie können den gegenwärtigen Moment nicht verleugnen, ob mit oder ohne Verstand. Was jetzt ist, ist. Sie können die Erscheinung in Frage stellen, aber nicht die Tatsache. Was liegt an der Wurzel dieser Tatsache? Maharaj: An der Wurzel aller Erscheinungen liegt das „Ich bin“ und die dauerhafte Verknüpfung in der Aufeinanderfolge all der Ereignisse, die wir Leben nennen. Ich aber bin jenseits des „Ich bin“. Frage: Ich habe bemerkt, dass alle verwirklichten Leute ihren Zustand normalerweise in den Begriffen ihrer Religion beschreiben. Sie sind Hindu, und daher sprechen Sie von Brahma, Vishnu und Shiva, und Sie verwenden Hindu-Methoden und –Bilder. Sagen Sie uns bitte freundlicherweise, was die Erfahrung hinter Ihren Worten ist? Auf welche Wirklichkeit beziehen Sie sich? Maharaj: Es ist meine Art des Redens, eine Sprache, in deren Gebrauch ich unterwiesen wurde. Frage: Aber was befindet sich hinter der Sprache? Maharaj: Wie außer in negativen Begriffen könnte ich dies in Worte fassen? Daher verwende ich Worte wie zeitlos, raumlos, ursachelos. Es sind zwar auch Worte, aber da sie bedeutungenleer sind, dienen Sie meinen Zwecken. Frage: Wenn sie bedeutungslos sind, weshalb verwenden Sie sie dann?
Maharaj: Weil Sie dort Worte wünschen, wo keine möglich sind. Frage: Ich verstehe, was Sie meinen. Sie haben mich wieder einmal aller meiner Fragen beraubt!
Fortschritt im spirituellen Leben Frage: Wir sind zwei Mädchen aus England, die Indien besuchen. Wir wissen nicht viel über Yoga, und wir sind hier, weil uns gesagt wurde, dass spirituelle Lehrer eine wichtige Rolle im indischen Leben spielen. Maharaj: Sie sind willkommen. Sie werden hier nichts neues vorfinden. Die Arbeit, die wir tun, ist zeitlos. Sie ist dieselbe wie vor zehntausend Jahren. Die Jahrhunderte gehen vorbei, aber die menschlichen Probleme bleiben dieselben – das Problem des Leidens und das Ende des Leidens. Frage: Letztens kamen einige junge Ausländer vorbei, die nach einem Schlafplatz für einige Nächte fragten. Sie wollten ihren Guru besuchen, der in Bombay lehrte. Ich traf ihn. Er ist sein sehr nett aussehender junger Mann, Der anscheinend sehr bewandert in der Sache und wirkungsvoll ist; mit einer Atmosphäre von Frieden und Stille um sich herum. Seine Lehre ist traditionell mit Betonung auf Karma-Yoga, selbstlosem Dienst, Dienst am Guru usw. Wie die Gita sagt er, dass selbstloses Dienen in Erlösung gipfelt. Er ist voller ambitiöser Pläne – er möchte Arbeiter ausbilden, die spirituelle Zentren in vielen Ländern gründen. Anscheinend verleiht er ihnen nicht nur die Autorität, sondern auch die Kraft dazu, diese Arbeit in seinem Namen auszuführen. Maharaj: Ja, es gibt diese Art der Übertragung von Kraft. Frage: Als ich bei ihnen war, hatte ich ein seltsames Gefühl davon, unsichtbar zu werden. Die Devotees in ihrer Auslieferung an ihren Guru lieferten auch mich aus! Was auch ich immer für sie tat, war das Tun ihres Gurus, während ich selbst keine Rolle spielte mit der Ausnahme, bloßes Instrument zu sein. Ich war nur wie ein Wasserhahn,
den man nach links oder rechts dreht. Es gab keinerlei persönliche Beziehung. Sie versuchten mich ein wenig zu ihrem Glauben zu bekennen, aber sobald sie Widerstand spürten, entließen sie mich aus dem Bereich ihrer Aufmerksamkeit. Auch untereinander schienen sie nicht sehr miteinander in Beziehung zu stehen - es ist ihr gemeinsames Interesse am Guru, das sie zusammenhält. Ich empfand es als eher kalt, fast unmenschlich. Sich selbst als Instrument in Gottes Händen zu sehen, ist die eine Sache. Aber alle Aufmerksamkeit und Beachtung zu leugnen, weil „alles Gott ist“, kann zu einer Gleichgültigkeit führen, die in Grausamkeit übergehen kann. Schließlich sind alle Kriege „im Namen Gottes“ geführt worden. Die gesamte Geschichte der Menschheit ist eine Folge von „heiligen Kriegen“. Man ist nie so unpersönlich wie im Krieg! Maharaj: Zu beharren, zu widerstreben ist enthalten im Willen zu sein. Entfernen Sie den Willen zu sein, und was wird bleiben? Existenz und Nicht-Existenz beziehen sich auf etwas in Raum und Zeit, hier und jetzt, da und dort, was wiederum im Verstand ist. Der Verstand spielt ein Spiel der Vermutungen, es ist immer ungewiss, angstgetrieben und ruhelos. Ihr Widerstreben, als ein bloßes Instrument eines Gottes oder Gurus behandelt zu werden, und das Beharren darauf, als Person behandelt zu werden, kam, weil sie sich ihrer eigenen Existenz nicht sicher waren, und weil Sie die Bequemlichkeit und die Sicherheit einer Persönlichkeit nicht verlieren mochten. Sie mögen nicht sein, was Sie selbst glauben zu sein, aber es gibt Ihnen Kontinuität; Ihre Zukunft fließt in die Gegenwart ein und wird ohne Verzögerungen zur Vergangenheit. Die Verneinung der persönlichen Existenz ist erschreckend, aber Sie müssen sich dem stellen und Ihre Identität mit der Totalität des
Lebens finden. Dann besteht das Problem, wer wen benutzt, nicht länger. Frage: Die einzige Aufmerksamkeit, die ich erhielt, war der Versuch, mich zu Ihrem Glauben zu bekehren. Als ich widerstrebte, verloren sie ihr ganzes Interesse an mir. Maharaj: Man wird kein Schüler durch Übertritt oder Zufall. Es gibt normalerweise eine uralte Verbindung, die über viele Leben unterhalten wurde, und die wie die Liebe und das Vertrauen blüht. Ohne diese kann es keine Schülerschaft geben. Frage: Woher kam Ihr Entschluss, ein Lehrer zu werden? Maharaj: Ich wurde dadurch einer, dass man mich so genannt hat. Wer bin ich, dass ich lehre, und wen? Was ich bin, sind Sie auch, und was Sie sind, bin ich ebenfalls. Das „Ich bin“ ist uns allen gemeinsam. Jenseits des „Ich bin“ liegt das Ungeheure des Lichts und der Liebe. Wir sehen es nicht, weil wir woanders hinschauen. Ich kann nur in den Himmel weisen – die Sterne zu sehen, ist Ihre Aufgabe. Manche brauchen etwas länger, bevor sie die Sterne sehen können, und andere weniger lange. Es hängt von ihrer Sicht und ihrer Ernsthaftigkeit bei der Suche ab. Dies beides muss von Ihnen kommen – ich kann nur ermutigen. Frage: Was wird von mir erwartet, wenn ich ein Schüler werde? Maharaj: Jeder Lehrer hat seine eigene Methode, die normalerweise auf der Lehre seines Gurus gründet und der Art und Weise, wie dieser selbst verwirklicht hat, und ebenso seiner eigenen Terminologie. Innerhalb dieser Rahmenbedinungen finden die Anpassungen der Persönlichkeit des Schülers statt. Der Schüler erhält die volle Freiheit des Denkens und der Erforschung, und er wird dazu ermuntert, den Inhalt seines Herzens zu befragen.
Er muss des Stehvermögens und der Kompetenz seines Gurus absolut sicher sein, denn andernfalls wären weder sein Vertrauen absolut noch seine Handlungen vollständig. Es ist das Absolute in Ihnen, das Sie in das Absolute jenseits von Ihnen trägt. Absolute Wahrheit, Liebe und Selbstlosigkeit sind die entscheidenden Faktoren der SelbstVerwirklichung. Mit Ernsthaftigkeit können Sie dies erreichen. Frage: Ich habe verstanden, dass man seine Familie und seinen Besitz aufgeben muss, um Schüler zu werden. Maharaj: Es hängt vom Guru ab. Manche erwarten, dass ihre reifen Schüler Asketen oder Einsiedler werden, während andere zum Familienleben und den Alltagspflichten ermutigen. Die meisten erwarten ein modellhaftes Familienleben, das schwieriger als die Entsagung zu leben ist. Es ist geeignet für eine reifere und besser ausbalancierte Persönlichkeit. Auf den frühen Stufen kann die Disziplin des mönchischen Lebens ratsam sein. Daher erwartet man in der Hindu-Kultur, dass Studenten ab dem Alter von 25 wie Mönche leben in Armut, Keuschheit und Gehorsam. Damit Sie die Chance erhalten, einen Charakter aufzubauen der mit den Härten und Versuchungen des Ehelebens fertig wird. Frage: Wer sind die Menschen in diesem Raum? Sind es Ihre Schüler? Maharaj: Fragen Sie sie. Ein Schüler wird man nicht auf der verbalen Ebene, sondern in den stillen Tiefen des eigenen Seins. Sie werden nicht aus eigener Wahl ein Schüler – es ist mehr eine Frage des Schicksals denn des freien Willens. Es spielt keine große Rolle, wer Ihr Lehrer ist – alle wollen nur Ihr Bestes. Es ist der Schüler, der die entscheidende Rolle spielt – seine Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit. Der richtige Schüler findet immer den richtigen
Lehrer. Frage: Ich kann die Schönheit und den Segen eines Lebens fühlen, das der Suche nach der Wahrheit unter einem kompetenten und liebenden Lehrer gewidmet wird. Leider müssen wir nach England zurückkehren. Maharaj: Entfernung spielt keine Rolle. Wenn Ihre Wünsche stark und wahr sind, dann werden Sie Ihr Leben formen, bis sie erfüllt sind. Sähen Sie den Samen und überlassen Sie ihn der Natur. Frage: Was sind die Anzeichen von Fortschritt im spirituellen Leben? Maharaj: Freiheit von Ängsten, ein Empfinden von Leichtigkeit und Heiterkeit, tiefer Friede im Innern und überströmende Energie nach außen. Frage: Wie haben Sie es erlangt? Maharaj: Ich fand all dies in der heiligen Gegenwart meines Gurus – ich wollte nichts für mich selbst. Er riet mir still zu sein, und so tat ich, aus ganzem Herzen. Frage: Ist Ihre Gegenwart so stark wie die seine? Maharaj: Wie kann ich das wissen? Für mich ist er die einzige Gegenwart. Wenn Sie mit mir sind, dann sind Sie auch mit ihm. Frage: Jeder Guru verweist mich an seinen eigenen Guru. Wo liegt der Anfang von all dem? Maharaj: Es gibt eine Macht im Universum, die für die Erleuchtung arbeitet - und die Befreiung. Wir nennen sie Sadashiva, der auf ewig gegenwärtig ist in den Herzen der Menschen. Es ist der vereinigende Faktor. Einheit befreit. Freiheit vereint. Letztlich ist nichts meines oder Ihres - alles ist unser. Seien Sie einfach nur eins mit sich selbst, und Sie werden eins mit allem sein – zuhause im gesamten Universum. Frage: Sie meinen damit, dass alle diese Glorien
dann kommen, wenn das bloße Gefühl von „Ich bin“ auftaucht? Maharaj: Es ist das Einfache, das gewiss ist, nicht das Komplizierte. Aus irgendeinem Grund trauen die Menschen nicht dem Einfachen, dem Leichten, dem immer zur Verfügung stehenden. Weshalb dem, was ich sage, nicht einfach einmal zu vertrauen versuchen? Es mag sehr klein und unbedeutend aussehen, aber es ist wie der Same, der zu einem mächtigen Baum heranwächst. Geben Sie sich selbst eine Chance! Frage: Ich sehe hier so viele Menschen still sitzen. Weshalb sind sie gekommen? Maharaj: Um zu sich selbst zu finden. Zuhause ist es die Welt, die zu viel von ihnen will. Hier stört sie nichts. Sie haben die Gelegenheit, ihre täglichen Sorgen fahrenzulassen und das Essenzielle in sich selbst aufzusuchen. Frage: Was ist das Ergebnis des Trainings in Selbst-Gewahrsein? Maharaj: Es gibt keine Notwendigkeit des Trainings. Gewahrsein ist stets mit Ihnen. Dieselbe Aufmerksamkeit, die Sie dem Äußeren geben, wenden Sie nach innen. Es wird keine neue oder besondere Art von Gewahrsein benötigt. Frage: Helfen Sie den Menschen persönlich? Maharaj: Die Menschen kommen hierher, um ihre Probleme zu diskutieren. Anscheinend ist es für sie von Nutzen, sonst würden sie nicht kommen. Frage: Finden die Gespräche mit den Leuten immer öffentlich statt oder führen Sie auch private Gespräche? Maharaj: Je nach dem Wunsch der Menschen. Persönlich mache ich selbst keine Unterscheidung zwischen öffentlich und privat. Frage: Stehen Sie immer zur Verfügung oder
haben Sie noch andere Verpflichtungen? Maharaj: Ich stehe immer zur Verfügung, aber in den Morgenstunden und dem späten Nachmittag passt es am besten. Frage: Ich denke, dass keine Arbeit höher zu bewerten ist als die Arbeit eines spirituellen Lehrers. Maharaj: An allererster Stelle zählt das Motiv.
Gib dich an dein eigenes Selbst hin Frage: Ich wurde in den Vereinigten Staaten geboren. Die letzten vierzehn Monate habe ich in Sri Ramanashram verbracht. Jetzt bin ich auf der Rückreise nach USA, wo mich meine Mutter erwartet. Maharaj: Wie sind Ihre Pläne? Frage: Vielleicht mache ich eine Ausbildung als Kindermädchen oder ich heirate und bekomme Kinder. Maharaj: Weshalb haben Sie den Wunsch zu heiraten? Frage: Für ein spirituelles Zuhause zu sorgen ist die höchste Form eines sozialen Dienstes, den ich mir vorstellen kann. Vielleicht entscheidet das Leben aber auch anders. Ich sehe allem was kommt, entgegen. Maharaj: Und was haben Ihnen diese vierzehn Monate in Sri Ramanashram gegeben? Auf welche Weise sind Sie anders als zu dem Zeitpunkt, als Sie hier angekommen sind? Frage: Ich bin nicht mehr besorgt. Ich habe mehr Frieden gefunden. Maharaj: Welche Art von Frieden ist es? Der Friede zu haben, was Sie wünschen, oder nicht zu wünschen, was Sie nicht haben? Frage: Ein wenig von beidem, denke ich. Es war überhaupt nicht einfach. Der Ashram ist zwar ein sehr friedvoller Ort, aber innerlich stand ich Höllenqualen aus. Maharaj: Wenn Sie erkennen, dass die Unterscheidung zwischen dem Innern und Äußern nur im Verstand ist, werden Sie nicht länger besorgt sein.
Frage: Diese Art von Verwirklichung kommt und geht bei mir. Ich habe noch die Unbewegtheit der absoluten Vollständigkeit erreicht. Maharaj: So lange Sie dies glauben, müssen Sie mit Ihrem Sadhana fortfahren, um die falsche Idee, nicht vollständig zu sein, zu zerstreuen. Sadhana entfernt die Überlagerungen. Wenn Sie sich selbst als weniger als ein Punkt in Raum und Zeit erkennen; etwas, dazu klein ist, um zerschnitten, und zu kurzlebig ist, um getötet werden zu können, dann und nur dann werden alle Ängste gehen. Wenn Sie kleiner als der Punkt einer Nadel sind, kann die Nadel Sie nicht stechen – Sie stechen im Gegenteil die Nadel! Frage: Ja, so fühle ich mich manchmal – unantastbar. Ich bin dann mehr als nur furchtlos ich bin Furchtlosigkeit selbst. Maharaj: Was veranlasste Sie, in den Ashram zu gehen? Frage: Ich hatte eine unglückliche Liebesbeziehung und litt höllisch. Weder Trinken noch Drogen konnten mir helfen. Ich suchte herum und geriet an einige Bücher über Yoga. Ich ging von Buch zu Buch und Anhaltspunkt zu Anhaltspunkt weiter und landete schließlich in Ramanashram. Maharaj: Ist Ihnen dasselbe Unglück aufs Neue begegnet ist und haben Sie wieder ähnlich viel gelitten, wenn Sie es mit dem Zustand Ihres Gemüts heute vergleichen? Frage: Oh nein, ich würde nicht zulassen, dass ich erneut leide. Ich würde mich lieber selber töten. Maharaj: Also haben Sie keine Angst zu sterben! Frage: Ich habe Angst zu sterben, nicht vor dem Tod selbst. Ich stelle mir vor, dass der Todesprozess schmerzhaft und hässlich ist. Maharaj: Woher wollen Sie es wissen? Das muss
nicht so sein. Er kann herrlich und friedlich sein. Sobald Sie wissen, dass der Tod dem Körper geschieht und nicht Ihnen, brauchen Sie nur zu beobachten, wie Ihr Körper wie ein abgelegtes Kleidungsstück abfällt. Frage: Ich bin mir völlig bewusst, dass meine Todesangst auf Annahme und nicht Wissen zurückzuführen ist. Maharaj: Menschliche Wesen sterben in jeder Sekunde. Die Furcht und die Qualen des Sterbens hängen über der Welt wie eine Wolke. Kein Wunder, dass Sie ebenfalls erschreckt sind. Aber sobald Sie wissen, dass nur der Körper stirbt, aber nicht die Kontinuität der Erinnerung und des Empfindens des darin reflektierten „Ich bin“, sind Sie nicht länger erschreckt. Frage: Nun, lasst uns sterben und dann sehen. Maharaj: Seien Sie aufmerksam und Sie werden sehen, dass Geburt und Tod eins sind, dass das Leben zwischen Sein und Nicht-Sein hin und her pulsiert, und das jedes das andere zur Vollständigkeit benötigt. Sie sind geboren um zu sterben, und sie sterben, um wiedergeboren zu werden. Frage: Kann Loslösung diesen Prozess nicht stoppen? Maharaj: Mit Loslösung geht nur die Furcht, aber nicht die Tatsache selbst. Frage: Bin ich denn gezwungen, wiedergeboren zu werden? Wie schrecklich! Maharaj: Da ist kein Zwang. Sie bekommen, was Sie wollen. Sie machen Ihre Pläne und verwirklichen Sie dann. Frage: Sind wir denn zum Leiden verdammt? Maharaj: Wir wachsen durch Erforschen. Zum Erforschen benötigen wir Erfahrung. Wir neigen
dazu, das zu wiederholen, was wir nicht verstanden haben. Wenn wir aufmerksam und intelligent sind, müssen wir nicht leiden. Schmerz ruft nach Aufmerksamkeit und ist die Strafe der Sorglosigkeit. Intelligente und mitfühlende Handlung sind die einzigen Hilfsmittel. Frage: Es ist nur wegen meines wachsenden Verständnisses, dass ich mein eigenes Leiden nicht länger hinzunehmen bereit bin. Was ist falsch an der Selbsttötung? Maharaj: Nichts – es löst das Problem. Frage: Was ist, wenn nicht? Maharaj: Leiden aufgrund von äußeren Einflüssen - schmerzhafte oder nicht heilbare Krankheiten oder unerträgliche Notsituationen - können eine gewisse Rechtfertigung bieten, aber wo Weisheit und Mitgefühl fehlen, kann auch Selbsttötung nicht helfen. Ein törichte Art zu sterben bedeutet eine törichte Wiedergeburt. Außerdem muss noch die Frage des Karma in Erwägung gezogen werden. Ertragen ist normalerweise der weiseste Rat. Frage: Muss man den Leiden, wie akut und hoffnungslos es auch sei, ertragen? Maharaj: Ertragen ist die eine Sache und hilflose Qual eine andere. Ertragen ist bedeutungsvoll und fruchtbar, während Qual nutzlos ist. Frage: Weshalb sich Sorgen über das Karma machen? Es sorgt für sich selbst. Maharaj: Das meiste unseres Karma ist kollektiv. Wir leiden an den Sünden anderer, so wie andere an unseren Sünden leiden. Das Menschliche ist eins. Die Unkenntnis dieser Tatsache ändert nichts daran. Wir könnten viel glücklichere Menschen sein, wenn nicht unsere Gleichgültigkeit gegenüber dem Leiden anderer wäre. Frage: Ich finde, dass ich viel aufgeschlossener
geworden bin. Maharaj: Gut. Was haben Sie dabei im Kopf, wenn Sie dies sagen? Sich selbst als eine aufgeschlossene Person mit einem weiblichen Körper? Frage: Da ist der Körper und da sind Mitgefühl, und ferner ist da die Erinnerung und eine Anzahl von Dingen und Attributen. Zusammen genommen kann man sie eine Person nennen. Maharaj: Einschließlich der Idee „Ich bin“? Frage: Das „Ich bin“ ist wie ein Korb, der viele Dinge enthält, die eine Person ausmachen. Maharaj: Oder eher wie die Weidenzweige, aus denen der Korb geflochten ist. Wenn Sie sich selbst als Frau sehen, meinen Sie dann damit, dass Sie eine Frau seien oder dass Ihr Körper als weiblich beschrieben werden kann? Frage: Dies hängt von meiner Stimmung ab. Manchmal fühle ich mich als ein bloßes Zentrum des Gewahrseins. Maharaj: Oder als ein Ozean des Gewahrseins. Aber gibt es Momente, in denen Sie weder Mann noch Frau noch das durch Umständen und Bedingungen verursachte Zufällige sind? Frage: Ja, die gibt es, aber ich bin zu schüchtern, um darüber zu sprechen. Maharaj: Es geht auch nur um einen Hinweis. Sie müssen nicht mehr sagen. Frage: Darf ich in Ihrer Gegenwart rauchen? Ich weiß, dass es nicht üblich ist, in Gegenwart eines Weisen zu rauchen, umso weniger für eine Frau. Maharaj: Rauchen Sie gern, niemand wird Einwände haben. Wir verstehen. Frage: Ich habe das Bedürfnis, mich abzuregen. Maharaj: Mit Amerikanern und Europäern ist dies sehr oft so. Nach der Anstrengung des Sadhana sind
sie mit Energie aufgeladen und suchen hektisch nach einem Ventil. Sie gründen Gemeinschaften, werden Yoga-Lehrer, heiraten, schreiben Bücher – sie sind alles mögliche, außer ruhig zu sein und ihre Energien im Innern zu bewahren, um die Quelle der unerschöpflichen Energie zu finden und die Kunst zu erlernen, wie man sie beherrscht. Frage: Ich gebe zu, dass ich nun zurückgehen und ein sehr aktives Leben führen möchte, weil ich mich voll mit Energie fühle. Maharaj: Sie können tun, was Ihnen gefällt, solange Sie sich nicht selbst für den Körper und den Verstand halten. Es ist nicht so sehr eine Frage, den Körper tatsächlich und alles mit ihm zusammenhängende aufzugeben, sondern ein klares Verstehen dessen, dass Sie nicht der Körper sind. Es ist ein Empfinden der Zurückgezogenheit, des emotionalen Nicht-Involviertseins. Frage: Ich weiß, was Sie meinen. Einige Jahre früher ging ich durch eine Phase der Zurückweisung des Physischen hindurch – ich kaufte keine Kleider mehr, aß nur einfachstes Essen und schlief auf Brettern. Es ist das Annehmen der Entbehrung, das zählt, nicht die tatsächliche Unbequemlichkeit. Nun habe ich erkannt, dass es das Beste ist, das Leben so willkommenzuheißen, wie es kommt, und alles darin zu lieben. Ich sollte stets mit einem freudigen Herzen alles annehmen, was kommt, und das Beste daraus machen. Falls ich nichts weiter leisten kann als Leben und echte Kultur einigen Kindern zu schenken, dann wäre dies bereits ausreichend. Mein Herz sehnt sich jedoch nach allen Kindern, aber ich kann nicht alle erreichen. Maharaj: Sie sind nur dann verheiratet und eine Mutter, wenn Sie Mann-Frau-bewusst sind. Wenn Sie sich selbst nicht für den Körper halten, dann wird das Familienleben des Körpers, wie interessant und intensiv es auch sein mag, als nichts als ein Spiel
auf der Leinwand des Verstandes gesehen, wobei das Licht des Gewahrseins die einzige Wirklichkeit darin ist. Frage: Weshalb insistieren Sie auf dem Gewahrsein als dem einzig Wirklichen? Ist es nicht das Objekt des Gewahrseins ebenso wirklich, so lange es andauert? Maharaj: Aber es dauert ja nicht an. Die momentane Wirklichkeit ist zweitrangig – sie hängt vom Zeitlosen ab. Frage: Meinen Sie ununterbrochen oder dauerhaft? Maharaj: In der Existenz kann es keine Ununterbrochenheit geben. Ununterbrochenheit impliziert Identität in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Eine solche Identität ist unmöglich aus dem einfachen Grunde, weil die Mittel der Identifikation fluktuieren und wechseln. Kontinuität und Dauerhaftigkeit sind von der Erinnerung erzeugte Illusionen; bloße mentale Projektionen eines Musters, wo es kein Muster geben kann. Geben Sie alle diese Ideen eines temporären oder dauerhaften Körpers und Verstandes, von Mann oder Frau auf was bleibt zurück? Was ist der Zustand Ihres Verstandes, sobald alle Trennung aufgegeben wurde? Ich rede nicht davon, die Unterscheidungen aufzugeben, weil es ohne sie keine Manifestation geben könnte. Frage: Wenn ich nicht trenne, bin ich glücklich und friedlich. Aber irgendwie verliere ich dann meine Haltung wieder und wieder und beginne in den äußeren Dingen nach dem Glück zu suchen. Ich verstehe nicht, weshalb meiner innerer Friede nicht dauerhaft ist. Maharaj: Auch Friede ist nur ein Zustand im Verstand. Frage: Jenseits des Verstandes ist Stille. Darüber
kann nichts ausgesagt werden. Maharaj: Ja, alles Reden über Stille ist reines Geräusch. Frage: Weshalb suchen wir nach weltlichem Glück auch dann, wenn man schon die eingeborene natürliche und spontane Seligkeit geschmeckt hat? Maharaj: Wenn der Verstand damit beschäftigt ist, dem Körper zu dienen, geht das Glücklichsein verloren. Um es wiederzuerlangen, sucht er nach dem Vergnügen. Der Drang, glücklich sein zu wollen, ist recht, aber die Mittel zur Sicherung dessen sind irreführend, unzuverlässig und zerstörerisch für wahres Glück. Frage: Ist Vergnügen denn immer falsch? Maharaj: Der rechte Zustand und Gebrauch des Körpers und des Verstandes sind außerordentlich vergnüglich. Es ist die Suche nach dem Vergnügen, die falsch ist. Versuchen Sie sich nicht selbst glücklich zu machen, sondern fragen Sie sich lieber nach dem Grund Ihrer Suche nach dem Glück. Er liegt darin, dass Sie nicht glücklich damit sind, dass Sie glücklich sein wollen. Finden Sie heraus, weshalb Sie unglücklich sind. Weil Sie nicht glücklich sind, suchen Sie nach Glück im Vergnügen. Vergnügen bringt Schmerzen ins Spiel und dies wird dann von Ihnen „weltlich“ genannt. Dann suchen Sie nach anderen Vergnügen ohne Schmerzen, die Sie dann „göttlich“ nennen. In der Realität ist Vergnügen lediglich ein Aufschub von Schmerz. Glück ist sowohl weltlich als unweltlich; innerhalb und jenseits von allem, was geschieht. Treffen Sie keine Unterscheidungen – trennen Sie das Untrennbare nicht, und entfremden Sie sich nicht selbst vom Leben. Frage: Ich verstehe Sie jetzt viel besser! Vor meinem Besuch in Ramanashram wurde ich von meinem Bewusstsein tyrannisiert - ständig war ich
mit Urteilen über mich selbst beschäftigt. Jetzt bin ich vollständig entspannt in voller Annahme meiner selbst, wie ich bin. Wenn ich in die Staaten zurückkehre, nehme ich das Leben, wie es kommt, wie auch Bhagavans Gnade, und erfreue mich des Bitteren wie des Süßen. Dies ist eins der Dinge, die ich im Ashram gelernt habe - Bhagavan zu vertrauen. Früher war das nicht so. Ich konnte nicht vertrauen. Maharaj: Bhagavan zu vertrauen bedeutet sich selbst zu vertrauen. Seien Sie gewahr, dass was auch immer geschieht, Ihnen geschieht, durch Sie selbst geschieht. Sie sind der Schöpfer, Genießer und Zerstörer von allem von Ihnen wahrgenommenen, und so werden Sie die Sorge verlieren. Sorgenlos, werden Sie weder länger unglücklich sein noch nach dem Glück suchen. Im Spiegel des Verstandes erscheinen alle möglichen Bilder und verschwinden wieder. Beobachten Sie sie still, wie sie kommen und gehen, und wissen Sie, dass sie gänzlich Ihre eigene Schöpfung sind. Seien Sie wach, aber nicht beunruhigt. Diese Haltung der stillen Beobachtung ist die eigentliche Grundlage des Yoga. Sie sehen das Bild, sind aber selbst nicht im Bild. Frage: Ich stelle fest, dass der Gedanke des Todes mich erschreckt, weil ich nicht wiedergeboren werden möchte. Ich weiß, dass niemand es erzwingt, aber der Druck unerfüllter Wünsche ist so überwältigend, dass ich vielleicht nicht widerstehen kann. Maharaj: Die Frage des Widerstehens ergibt sich gar nicht. Was geboren und wiedergeboren wurde, sind nicht Sie. Lassen Sie es geschehen; beobachten Sie das Geschehen. Frage: Weshalb sich dann überhaupt Sorgen machen?
Maharaj: Aber Sie machen sich ja Sorgen. Und Sie werden sich so lange Sorgen machen, wie das Bild mit Ihrem eigenen Empfinden von Wahrheit, Liebe und Schönheit zusammen stößt. Der Wunsch nach Harmonie und Frieden ist unauslöschlich. Aber sobald er erfüllt worden ist, hört die Sorge auf, und das physische Leben wird mühelos und läuft unterhalb der Ebene der bewussten Aufmerksamkeit ab. Denn schließlich sind Sie nicht einmal in Ihrem Körper geboren worden. Verkörpert oder körperlos zu sein ist für Sie dasselbe. Sie haben dann einen Punkt erreicht, an dem Ihnen nichts mehr zustoßen kann. Ohne Körper können Sie nicht getötet werden – ohne Besitz können Sie nicht beraubt werden – ohne Verstand können Sie nicht getäuscht werden. Es gibt keinen Punkt mehr, an dem sich Wunsch oder Furcht festmachen können. So lange kein Wechsel Sie berühren kann - was zählt dann anderes noch? Frage: Irgendwie mag ich diese Idee des Sterbens nicht. Maharaj: Weil Sie so jung sind. Je mehr Sie über sich selbst wissen, umso weniger erschreckt werden Sie sein. Natürlich ist die Qual des Sterbens nie erfreulich mitanzusehen, aber der sterbende Mensch ist nur selten bewusst. Frage: Kehrt er denn zum Bewusstsein zurück? Maharaj: Es ähnelt sehr dem Schlaf. Eine Zeitlang ist die Person aus dem Fokus heraus und kehrt dann wieder zurück. Frage: Dieselbe Person? Maharaj: Die Person, die ein Erzeugnis der Umstände ist, ändert sich notwendigerweise wie die Flamme, die mit dem Brennstof wechselt. Nur der Prozess selbst geht immer weiter und erzeugt Zeit und Raum. Frage: Nun, Gott wird für mich sorgen. Ich kann
alles ihm überlassen. Maharaj: Auch das Vertrauen auf Gott ist nur eine Etappe auf dem Weg. Zu guter Letzt müssen Sie alles aufgeben, damit Sie so simpel werden können, dass keine Worte es ausdrücken können. Frage: Ich fange gerade erst an. Am Anfang hatte ich keinerlei Vertrauen, keinen Glauben. Ich schrak davor zurück, die Dinge geschehen zu lassen. Die Welt kam mir sehr gefahrvoll und als ein feindlicher Ort vor. Jetzt kann ich wenigstens vom Vertrauen in den Guru oder Gott sprechen. Lassen Sie mich wachsen. Versuchen Sie mich nicht zu überreden. Lassen Sie mich mein eigenes Tempo anschlagen. Maharaj: Tun Sie das unbedingt. Aber Sie tun es ja nicht. Sie stecken immer noch fest in den Ideen von Männern und Frauen, Alten und Jungen, Leben und Tod. Gehen Sie weiter, darüber hinaus. Ein erkanntes Ding ist ein transzendiertes Ding. Frage: Sir, wann immer ich mit Leuten zusammentreffe, halten diese es für ihre Plicht, Fehler an mir zu entdecken und mich zu etwas anzustacheln. Ich bin dieser ganzen spirituellen Glücksmacherei überdrüssig. Was ist falsch mit meiner Gegenwart, dass sie einer Zukunft, wie glorreich diese auch sei, geopfert werden sollte? Sie sagen, dass Wirklichkeit jetzt sei. Ich will das. Ich will nicht ewig über meine Statur und ihre Zukunft besorgt sein. Ich will nicht ständig hinter dem Mehr und Besseren hinterher sein. Lassen Sie mich lieben, was ich habe. Maharaj: Sie haben ganz recht - tun Sie das. Seien Sie nur ehrlich. Lieben Sie, was Sie lieben - und kämpfen und streben Sie nicht. Frage: Das ist, was ich Hingabe an den Guru nenne. Maharaj: Weshalb die Dinge veräußerlichen? Geben Sie sich Ihrem eigenen Selbst hin, von dem
alles ein Ausdruck ist
Lust und Glück Frage: Einem Freund von mir, ein junger, etwa 25jähriger Mann, wurde mitgeteilt, dass er an einer unheilbaren Herzkrankheit leide. Er schrieb mir, dass er anstelle eines langsamen Todes die Selbsttötung vorziehen würde. Ich antwortete ihm, dass eine durch die westliche Medizin unheilbare Krankheit vielleicht auf andere Weise geheilt werden könne. Es gibt yogische Kräfte, die fast unverzügliche Wandlungen im menschlichen Körper hervorrufen können. Auch die Wirkungen wiederholten Fasten grenzen manchmal ans Wunderbare. Ich schrieb ihm, sich nicht mit dem Sterben zu beeilen, sondern anderen Lösungsmöglichkeiten eine Chance zu geben. Es gibt einen Yogi, der nicht weit von Bombay wohnt, der rätselhafte Kräfte besitzt. Er hat sich auf die Kontrolle der Lebenskräfte, die den Körper regeln, spezialisiert. Ich traf einige seiner Schüler und sandte dem Yogi den Brief und ein Foto meines Freunden. Wir werden sehen, was daraus wird. Maharaj: Ja, Wunder gibt es immer wieder. Aber es muss einen Willen zu leben geben. Ohne ihn werden keine Wunder geschehen. Frage: Kann solch ein Wunsch jemandem eingeflößt werden? Maharaj: Als oberflächlicher Wunsch, ja. Aber er wird sich abnutzen. Grundsätzlich gesehen kann niemand jemand anderen zwingen zu leben. Außerdem gab es Kulturen, in denen die Selbsttötung einen anerkannten und selbstverständlichen Platz hatte. Frage: Ist es nicht verpflichtend, die zugemessene natürliche Lebensspanne voll auszuleben? Maharaj: Natürlich – spontan – leicht – ja. Aber
Krankheit und Leiden sind nicht natürlich. Es liegt eine noble Tugend im unerschütterlichen Gleichmut gegenüber dem, was auch immer kommen mag, aber es liegt auch Würde darin, sinnlose Qualen und Demütigung zu verweigern. Frage: Ich bekam einmal ein Buch, dass von einem Siddha geschrieben wurde. Er beschrieb darin viele seiner seltsamen und erstaunlichen Erfahrungen. Er sagte, dass der Weg eines wahren Sadhaka endet, wenn er auf seinen Guru trifft und diesem seinen Körper, seinen Verstand und sein Herz ausliefert. Ab da übernimmt der Guru und wird verantwortlich für sogar das kleinste Ereignis im Leben des Schülers, bis die beiden eins geworden sind. Man mag das Verwirklichung durch Identifikation nennen. Der Schüler wird von einer Kraft übernommen, die er weder kontrollieren noch ablehnen kann. Er fühlt sich so hilflos wie ein Blatt im Wind. Das einzige, was ihn vor dem Wahnsinn und Tod rettet, ist das Vertrauen in die Liebe und Macht seines Guru. Maharaj: Jeder Lehrer unterrichtet nach Maßgabe seiner eigenen Erfahrung. Die Erfahrung wird vom Glauben geformt, während der Glaube von der Erfahrung geformt wird. Auch der Guru wird vom Schüler nach dessen eigenem Bilde geformt. Es ist der Schüler, der den Guru groß macht. Sobald der Guru als das Werkzeug einer befreienden Macht gesehen wird, die sowohl innen als auch außen tätig ist, wird die aufrichtige Hingabe natürlich und leicht. So wie sich der vom Schmerz geplagte Mensch vollständig in die Hand eines Arztes begibt, so vertraut sich der Schüler selbst ohne Vorbehalt dem Guru an. Es ist ganz natürlich, Hilfe zu suchen, wenn diese als dringendes Bedürfnis empfunden wird. Aber wie stark ein Guru auch sein mag – er sollte dem Schüler nicht seinen Willen aufzwingen. Auf der anderen Seite wird ein Schüler, der misstraut und
zögert, ohne Schuld seines Guru zwangsläufig unbefriedigt bleiben. Frage: Was geschieht dann? Maharaj: Das Leben lehrt weiter, wenn alles andere versagt hat. Aber die Lektionen des Lebens brauchen länger, um zu wirken. Durch Vertrauen und Gehorsam kann viel Zeit und Schwierigkeit eingespart werden. Aber solches Vertrauen kommt nur dann, wenn Gleichgültigkeit und Ruhelosigkeit der Klarheit und dem Frieden Platz gemacht haben. Ein Mensch, der sich selbst geringschätzt, wird weder sich nicht selbst noch irgend jemandem sonst vertrauen können. Daher versucht der Lehrer am Anfang sein Bestes, um den Schüler seiner hohen Abkunft, seiner edlen Natur und seines glorreichen Zieles zu versichern. Er stellt ihm dazu die Erfahrungen von Heiligen und auch seine eigenen zur Seite, um ihm so Vertrauen in sich selbst und in seine unendlichen Möglichkeiten einzuflößen. Wenn Selbstvertrauen und Zuversicht im Lehrer zusammentreffen, können im Leben und Charakter des Schülers schnelle und weitreichende Veränderungen stattfinden. Frage: Ich möchte mich nicht ändern. Mein Leben ist gut so, wie es ist. Maharaj: Sie sagen dies, weil Sie noch nicht erkannt haben, wie schmerzlich das von Ihnen gelebte Leben ist. Sie sind wie ein Kind, das mit einem Lutscher im Mund schläft. Vielleicht fühlen Sie sich einen Moment lang, in dem Sie völlig selbstbezogen sind, wohl. Es reicht aber nicht zur Wahrnehmung des überall anwesenden Leidens, wenn man nur ein paar gute Freunde hat. Auch ist Ihr eigenes Glück so sehr verletzlich und kurzlebig. Es ist ganz der Gnade und Ungnade eines Bankencrashs oder eines Magengeschwürs ausgeliefert. Es ist nur ein Moment des Aufschubs – eine bloße Lücke zwischen zwei Sorgen. Echtes
Glück ist nicht verletzlich, weil es nicht von den Umständen abhängt. Frage: Sprechen Sie aus Ihrer eigenen Erfahrung? Sind Sie auch mal unglücklich? Maharaj: Ich habe keine persönlichen Probleme. Aber die Welt ist voll von Lebewesen, deren Leben zwischen Furcht und Streben zerquetscht werden. Da ist das Vieh, dass zum Schlachthaus gefahren wird und vielleicht noch springt und sich freut und herumtollt, sorglos und zufrieden, und innerhalb einer Stunde ist es dann getötet und gehäutet. Sie sagen, dass Sie glücklich seien. Sind Sie wirklich glücklich oder versuchen Sie sich nur selbst davon zu überzeugen? Schauen Sie sich selbst furchtlos an, und Sie werden plötzlich erkennen, dass Ihr Glück von Bedingungen und Umständen abhängt und daher momentan und nicht real ist. Echtes Glück kommt von innen. Frage: Welchen Nutzen hätte Ihr Glück dann für mich? Es macht mich nicht glücklich. Maharaj: Sie können alles davon nehmen und noch mehr nur durch simples Fragen bekommen. Aber Sie fragen nicht – Sie wollen anscheinend nicht. Frage: Weshalb sagen Sie das? Ich will glücklich sein. Maharaj: Sie sind recht zufrieden mit dem Vergnügen. Für Glück gibt es da keinen Platz. Leeren Sie Ihre Tasse und reinigen Sie sie. Anders kann sie nicht gefüllt werden. Andere können Ihnen Vergnügen verschaffen, aber niemals Glück. Frage: Eine Kette vergnüglicher Erfahrungen ist doch mehr als genug. Maharaj: Schon bald endet sie in Schmerzen, wenn nicht in einer Katastrophe. Yoga ist schließlich das Suchen nach der letzten Glückseligkeit des
Innern. Frage: Sie können nur für den Osten sprechen. Im Westen sind die Bedingungen so unterschiedlich, und was Sie sagen, kann hier nicht angewendet werden. Maharaj: Es gibt bezüglich von Leiden und Sorgen kein Ost und West. Das Problem ist universal – Leiden und das Beendigen des Leidens. Die Ursache des Leidens ist Abhängigkeit und Unabhängigkeit ist die Lösung. Yoga ist die Wissenschaft und die Kunst der Selbst-Befreiung durch Sich-Selbst-Verstehen. Frage: Ich denke nicht, dass ich geeignet für Yoga bin. Maharaj: Für was sind Sie dann fit? All Ihr Kommen und Gehen, nach Vergnügen suchend, das Lieben und Hassen – all dies zeigt, dass Sie gegen Begrenzungen kämpfen, die Sie sich freiwillig oder gezwungen selbst auferlegen. In Ihrer Unwissenheit machen Sie Fehler und verursachen sich selbst und anderen Schmerzen. Der Drang bleibt jedoch und kann nicht verleugnet werden. Derselbe Drang, der Geburt, Glück und Tod verursacht, sollte in die Suche nach Verstehen und Befreiung umgewandelt werden. Es ist wie der Funken eines Feuers in einer Baumwollfracht. Sie wissen vielleicht nichts davon, aber früher oder später wird das Schiff in Flammen stehen. Die Befreiung ist ein natürlicher Prozess, der auf lange Sicht unvermeidlich ist. Es liegt jedoch in Ihrer Macht, ihn ins Jetzt einzubringen. Frage: Weshalb gibt es dann so wenige befreite Menschen in der Welt? Maharaj: In einem Wald gibt es nur wenige Bäume, die im gegebenen Moment in vollem Wachstum stehen. Aber jeder wird einmal an die Reihe kommen. Früher oder später werden Ihre physischen und mentalen Ressourcen an ihr Ende kommen. Was
werden Sie dann tun? Verzweifeln? Verzweifeln Sie, in Ordnung. Dann werden Sie der Verzweiflung müde werden und beginnen, Fragen zu stellen. Ab diesem Moment werden Sie bereit für bewussten Yoga sein. Frage: Ich finde all dieses Suchen und Brüten meistens unnatürlich. Maharaj: Für Sie gilt die Natürlichkeit eines geborenen Krüppels. Vielleicht sind Sie sich dessen nicht bewusst, aber es macht Sie nicht normal. Was es bedeutet, natürlich oder normal zu sein, können Sie weder wissen noch können Sie wissen, was Sie nicht wissen. Gegenwärtig treiben Sie umher und sind deshalb in Gefahr, denn ein Umhertreibender kann jeden Moment in ein Unglück geraten. Es wäre besser aufzuwachen und Ihre Situation zu sehen. Das Sie sind – das wissen Sie. Was Sie sind – das wissen Sie nicht. Finden Sie heraus, was Sie sind. Frage: Weshalb gibt es so viel Leiden in der Welt? Maharaj: Die Ursache des Leidens ist Selbstsucht. Es gibt keine andere Ursache. Frage: Ich habe verstanden, dass Leiden der Begrenztheit innewohnt. Maharaj: Unterschiede und Verschiedenheiten sind keine Quelle der Sorge. Die Einheit in der Verschiedenheit ist natürlich und gut. Das echte Leiden tritt allein wegen der Getrenntheit und der Selbstsucht ins Leben.
Gehe über die Idee „Ich bin der Körper“ hinaus Frage: Wir sind wie Tiere, die in vergeblichen Bemühungen herumlaufen, und es scheint kein Ende von all dem zu geben. Gibt es einen Ausweg? Maharaj: Viele Wege werden Ihnen offenstehen, aber alle werden Sie nur im Kreis und letztlich zu Ihnen selbst zurückführen. Erkennen Sie als erstes, dass Ihr Problem nur in Ihrem Wachzustand existiert; dass Sie es, wie schmerzhaft es auch sein mag, im Schlaf vergessen können. Wenn Sie wach sind, sind Sie bewusst, wenn Sie schlafen, sind Sie lediglich lebendig. Bewusstsein und Leben – Sie mögen beides Gott nennen, aber Sie selbst sind jenseits davon, jenseits von Gott, von Sein und Nicht-Sein. Was hindert Sie daran, sich selbst als alles und jenseits von allem zu kennen? Es ist der Verstand, der auf Erinnerung basiert. Er hat die Macht über Sie, so lange Sie ihm trauen. Kämpfen Sie nicht mit ihm - ignorieren Sie ihn einfach. Durch fehlende Aufmerksamkeit wird er langsamer werden und die Mechanismen seiner Arbeitsweise enthüllen. Sobald Sie seine Natur und seinen Zweck kennen, werden Sie ihm nicht wieder erlauben, imaginäre Probleme zu erschaffen. Frage: Gewiss sind nicht alle Probleme imaginärer Natur. Es gibt echte Probleme. Maharaj: Welche Probleme könnte es geben, wenn der Verstand sie nicht erzeugt? Leben und Tod erzeugen keine Probleme - Schmerzen und Freuden kommen und gehen. Erfahrungen kommen und gehen. Es ist die Erinnerung und die Erwartung, die Probleme des Erlangens oder des Vermeidens erzeugen – gefärbt von Zu- und Abneigungen. Wahrheit und Liebe sind die wahre Natur des Menschen, während Verstand und Herz die Mittel
ihres Ausdrucks sind. Frage: Wie bringt man den Verstand unter Kontrolle? Und das Herz, welches nicht weiß, was es will? Maharaj: In Dunkelheit können sie nicht tätig sein. Sie benötigen zur Funktion das Licht des reinen Gewahrseins. Alle Bemühungen der Kontrolle werden sie lediglich dem Diktat des Verstandes unterwerfen. Die Erinnerung ist ein guter Diener, aber ein schlechter Meister. Tatsächlich verhindert sie die Entdeckungen. In der Wirklichkeit ist kein Platz für die Bemühung. Selbstsucht in Verbindung mit der Selbst-Identifikation mit dem Körper ist das Hauptproblem und die Ursache aller anderen Probleme. Und Selbstsucht kann nicht durch Bemühung beseitigt werden, sondern nur durch klare Einsicht in ihre Ursachen und Wirkungen. Bemühung ist ein Zeichen eines Konflikts zwischen unvereinbaren Wünschen. Sie sollten als das gesehen werden, was sie sind – nur dann können sie sich auflösen. Frage: Was bleibt dann? Maharaj: Was sich nicht wandelt, bleibt. Der große Friede, die tiefe Stille, die verborgene Schönheit der Wirklichkeit verbleibt. Sie kann nicht durch Worte vermittelt werden kann; sie wartet auf Sie, damit Sie sie für sich selbst entdecken. Frage: Muss man für die Verwirklichung nicht bereit und geeignet sein? Von unserer Natur her sind wir im Kern Tiere. So lange er nicht erobert ist wie können wir auf die Dämmerung der Wirklichkeit hoffen? Maharaj: Lassen Sie das Tier einmal beiseite. Lassen Sie die Dinge sein. Erinnern Sie sich einfach, was Sie sind. Nutzen Sie jedes Anzeichen des Tages dazu, sich vor Augen zu halten, dass es ohne Sie als den Zeugen weder Tiere noch Gott geben würde.
Verstehen Sie, dass Sie beides sind – die Essenz und die Substanz von allem, was ist, und verbleiben Sie dann fest in diesem Verständnis. Frage: Ist Verstehen denn genug? Braucht es nicht fassbarerer Beweise? Maharaj: Es ist Ihr Verständnis, dass über die Gültigkeit von Beweisen entscheidet. Welchen fassbareren Beweis als Ihre eigene Existenz benötigen Sie denn noch? Wo auch immer Sie hingehen, finden Sie sich selbst. Wie weit auch immer in die Zeit hinausreichen – Sie sind dort. Frage: Offenbar bin ich nicht allesdurchdringend und ewig. Ich bin lediglich hier und jetzt. Maharaj: Das ist schon etwas. Das „hier“ ist überall und das „jetzt“ ist immer. Gehen Sie jenseits der Idee „Ich bin der Körper“, und Sie werden feststellen, dass Zeit und Raum in Ihnen aber nicht Sie in Zeit und Raum sind. Sobald Sie dies einmal verstanden haben, sind die Haupthindernisse der Verwirklichung beseitigt. Frage: Worin besteht die Verwirklichung jenseits des Verstehens? Maharaj: Stellen Sie sich einen dichten Wald voller Tiger und sich selbst in einem starken Stahlkäfig vor. Sie beobachten die Tiger furchtlos, weil Sie sich in Ihrem Käfig gut geschützt wissen. Als nächstes sehen Sie die Tiger im Käfig und sich selbst im Dschungel umherstreifend. Zuguterletzt verschwindet der Käfig und Sie selbst reiten auf den Tigern! Frage: Ich besuchte eine kürzlich in Bombay abgehaltene Reihe von Gruppenmeditationssitzungen und wurde Zeuge der Hektik und Selbstsucht der Teilnehmer. Weshalb suchen die Leute nach diesen Dingen? Maharaj: All dies sind Erfindungen des ruhelosen
und verwöhnten Verstandes auf der Suche nach Sensationen. Einige von ihnen helfen dem Unbewussten dabei, die unterdrückten Erinnerungen und Verlangen bis zu dem Ausmaß, in dem sie Erleichterung versprechen, zu entladen. Letztlich jedoch lassen sie den Praktizierenden dort zurück, wo er schon war – oder es kommt noch schlimmer. Frage: Ich habe kürzlich ein Buch eines Yogi mit seinen Erfahrungen in der Meditation gelesen. Es ist voll von Visionen, Klängen und Farben und Melodien; wie eine großartige und unterhaltsame Zurschaustellung. Am Ende verblassten alle und nur das Gefühl äußerster Furchtlosigkeit verblieb. Kein Wunder – ein Mann, der durch alle diese Erfahrungen unbeschadet hindurch gegangen ist, sollte vor nichts mehr Angst haben! Und doch fragte ich mich, was der Nutzen eines solchen Buches für mich sein könnte. Maharaj: Offensichtlich von keinem Nutzen, da es Sie nicht angezogen hat. Andere sind vielleicht beeindruckt. Die Leute sind unterschiedlich. Alle aber haben mit der Tatsache ihrer eigenen Existenz zu tun. „Ich bin“ ist die letztgültige Tatsache; „Wer bin ich?“ ist die ultimative Frage, auf die jeder eine Antwort finden muss. Frage: Die gleiche Antwort? Maharaj: Die gleiche in der Essenz, verschieden im Ausdruck. Jeder Sucher akzeptiert oder erfindet eine Methode, die zu ihm passt. Er wendet sich auf sich selbst mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und Bemühung an und erlangt Resultate entsprechend seine Temperament und Erwartungen. Er presst diese in die Form der Worte, baut daraus ein System, errichtet eine Tradition und beginnt damit, andere für seine „Yoga-Schule“ zu verpflichten. Alles
baut auf der Erinnerung und der Vorstellung auf. Eine solche Schule ist weder wertlos noch unentbehrlich – in allen kann man bis zu dem Punkt Fortschritte machen, an dem aller Wunsch nach Fortschritt aufgegeben werden muss, um weitere Fortschritte möglich zu machen. Dann werden alle Schulen aufgegeben, alle Bemühung hört auf, und in Einsamkeit und Dunkelheit wird der nächste riesige Schritt gemacht, der die Unwissenheit und die Furcht für immer beendet. Der wahre Lehrer jedoch sperrt seine Schüler nicht in einen vorgeschriebenen Satz von Ideen, Gefühlen und Tätigkeiten ein. Im Gegenteil – er zeigt ihm geduldig die Notwendigkeit auf, frei von allen Ideen und Verhaltensmustern zu sein, wachsam und ernsthaft zu sein und dem Leben in allem, was kommt, zu folgen, nicht zu genießen oder zu leiden, sondern zu lernen und zu verstehen. Unter dem richtigen Lehrer lernt der Schüler zu lernen, nicht zu erinnern und zu gehorchen. Satsang, die Gemeinschaft der Guten, formt nicht – sie befreit. Seien Sie vor allem auf der Hut, was Sie abhängig macht. Die meisten so genannten „Hingaben an den Guru“ enden in Enttäuschung, wenn nicht in einer Tragödie. Ein ernsthafter Sucher wird sich glücklicherweise im Laufe der Zeit selbst befreien, weiser durch die Erfahrung geworden. Frage: Gewiss hat auch Selbsthingabe ihren Wert. Maharaj: Selbsthingabe ist die Hingabe aller Selbst-Bezogenheit. Sie kann nicht gemacht werden, sondern sie geschieht, sobald Sie Ihre wahre Natur erkennen. Verbale Selbst-Hingabe, auch wenn sie von gewissen Gefühlen begleitet wird, ist von nur geringem Wert und bricht unter Druck auseinander. Bestenfalls zeigt sie ein Sehnen nach etwas, aber keine Tatsache. Frage: Im Rigveda wird der adhi yoga erwähnt,
der uranfängliche Yoga, der aus der Vermählung des Pragna mit Prana besteht, was, wie ich verstanden habe, die Vereinigung von Weisheit und Leben bedeutet. Würden Sie sagen, dass es außerdem auch die Einheit von Dharma und Karma, dem Rechtmäßigen und dem Handeln, bedeutet? Maharaj: Ja, sofern Sie mit Rechtmäßigkeit die Harmonie zwischen der eigenen wahren Natur und mit Handeln nur selbstlose und wunschlose Handlung meinen. In adhi yoga ist das Leben selbst der Guru und der Verstand der Schüler. Der Verstand folgt dem Leben, er diktiert es nicht. Das Leben fließt natürlich und mühelos, und der Verstand beseitigt die Hindernisse dieses natürlichen Flusses. Frage: Ist nicht das Leben seiner Natur nach wiederholend? Würde ein bloßes Folgen des Lebens nicht zur Stagnation führen? Maharaj: Das Leben ist in sich selbst immens kreativ. Ein Samen wird im Laufe der Zeit zu einem Wald. Der Verstand ist wie ein Förster – er schützt und reguliert den immensen vitalen Drang der Existenz. Frage: Dann wäre der adhi yoga gesehen als der Dienst am Leben durch den Verstand die vollkommene Demokratie. Jeder versucht, ein Leben zu leben, das all seinen Kapazitäten und seinem Wissen entspricht; jeder ist Schüler desselben Gurus. Maharaj: Kann man so sagen. Es kann so sein – potentiell. Jedoch so lange das Leben geliebt und ihm vertraut wird, zusammen mit Eifer und Schwung, so lange wäre es wunderlich, von Yoga zu sprechen, welcher eine Bewegung im Bewusstsein ist, Gewahrsein in Aktion. Frage: Einmal habe ich einen Bergfluß beobachtet, der zwischen den Ufern dahinfloß. Auf
jedem Ufer war die Verwirbelung aufgrund von Form und Größe der Uferseite unterschiedlich. Ist nicht auch jede Person eine bloße Verwirbelung im Körper, während das Leben eins und ewig ist? Maharaj: Verwirbelung und Wasser sind nicht getrennt. Es ist die Verwirbelung, die Sie des Wasser gewahr werden lässt. Bewusstsein ist immer Bewegung – Bewegung im Wandel. Es kann nicht so etwas wie unveränderliches Bewusstsein geben. Unveränderlichkeit wischt das Bewusstsein augenblicklich aus. Ein Mensch, dem äußere und innere Eindrücke entzogen sind, wird stumpf, oder er geht über Bewusstsein und Unbewusstsein hinaus in den ungeborenen und todlosen Zustand. Bewusstsein wird nur dann geboren, wenn Geist und Materie ins Spiel kommen. Frage: Sind sie eins oder zwei? Maharaj: Es hängt von den Worten ab, die Sie verwenden – sie sind eins, zwei oder drei. Bei der Untersuchung werden drei zu zwei und zwei werden eins. Nehmen Sie das Gleichnis von Gesicht – Spiegel – Bild. Jedes von ihnen setzt das dritte voraus, welches die beiden vereint. Im Sadhana sehen Sie die drei als zwei, bis Sie erkennen, dass die zwei eins sind. So lange Sie in die Welt vertieft sind, können Sie sich selbst nicht kennen. Um sich selbst zu kennen, müssen Sie Ihre Aufmerksamkeit von der Welt abwenden und sich nach innen wenden. Frage: Die Welt kann ich nicht zerstören. Maharaj: Es gibt keine Notwendigkeit. Verstehen Sie einfach nur, dass das, was Sie sehen, nicht ist. Erscheinungen lösen sich bei der Untersuchung auf und die zugrundeliegende Wirklichkeit kommt an die Oberfläche. Sie müssen ein Haus nicht niederbrennen, um es zu verlassen. Gehen Sie einfach hinaus. Nur wenn Sie nicht frei und
unbehindert gehen können, dann wird das Haus ein Gefängnis. Ich bewege mich leicht und natürlich aus dem Bewusstsein hinaus und wieder hinein – daher ist die Welt für mich ein Heim, kein Gefängnis. Frage: Aber letztlich ist da eine Welt, oder gibt es keine? Maharaj: Was Sie sehen ist nichts als Ihr Selbst. Nennen Sie es, wie Sie wollen – es ändert nichts an der Tatsache. Ihr eigenes Licht wirft durch den Film des Schicksals hindurch die Bilder auf die Leinwand. Sie sind der Beobachter, das Licht, das Bild und die Leinwand. Sogar der Film des Schicksals (prarabdha) wird selber ausgesucht und selbst auferlegt. Der Geist ist ein Sportler und freut sich am Überwinden von Hindernissen. Je schwieriger die Aufgabe ist, umso tiefer und größer ist seine SelbstVerwirklichung.
Der Mensch ist nicht der Täter Frage: Von Anfang an in meinem Leben verfolgte mich das Gefühl der Unvollständigkeit. In der Schule bis College, auf der Arbeit, in der Ehe, im Wohlstand – immer dachte ich, dass mir das nächste Dinge ganz sicher Frieden geben würde, aber dieser kam nie. Dieses Empfinden von Unerfülltheit wuchs im Laufe der Jahre nur noch. Maharaj: So lange es einen Körper und ein Gefühl von Identität mit diesem Körper gibt, ist Frustration unvermeidlich. Nur dann, wenn Sie sich selbst als gänzlich fremdartig und andersartig gegenüber dem Körper kennen, werden Sie die Zuflucht vor der Mischung aus Angst und dem Klammern an die Untrennbarkeit von der Idee „Ich bin der Körper“ finden. Die bloße Besänftigung und Befriedigung von Wünschen kann dieses Empfinden von innerer Unerfülltheit, dem Sie zu entkommen versuchen, nicht beseitigen; hier hilft nur die Selbsterkenntnis. Mit Selbsterkenntnis meine ich das volle Wissen darum, was Sie nicht sind. Dieses Wissen ist erreichbar und endgültig – aber die Entdeckung von dem, was Sie sind, kann an kein Ende kommen. Je mehr Sie entdecken, umso mehr bleibt zu erforschen. Frage: Dazu müssen wir verschiedene Eltern und Schulen haben und in einer anderen Gesellschaft leben. Maharaj: Sie können nicht ihre Umwelt ändern, aber Sie können Ihre Einstellung dazu ändern. Sie müssen sich nicht an das nicht Essenzielle klammern. Nur das Essenzielle ist wichtig. Frieden gibt es nur im Essenziellen. Frage: Was ich suche, ist die Wahrheit, nicht der Friede.
Maharaj: So lange Sie nicht im Frieden sind, können Sie die Wahrheit nicht sehen. Für die richtige Wahrnehmung ist ein stiller Verstand wesentlich, und dieser wird wiederum für die Selbstverwirklichung benötigt. Frage: Ich habe so viel zu tun. Ich kann mir einen stillen Verstand einfach nicht leisten. Maharaj: Das kommt von Ihrer Illusion her, dass Sie der Täter seien. In Wirklichkeit geschehen Ihnen die Dinge einfach nur – nicht Sie tun sie. Frage: Wenn ich die Dinge einfach nur geschehen lasse, wie kann ich dann sicher sein, dass Sie nach meinem Wunsch geschehen? Ich muss sie doch gewiss nach meinem Wunsch formen. Maharaj: Auch Ihr Wunsch geschieht Ihnen einfach nur zusammen mit seiner Erfüllung oder NichtErfüllung. Sie können weder das eine noch das andere ändern. Vielleicht glauben Sie, dass Sie sich anstrengen, kämpfen und streben. Jedoch alles geschieht bloß, einschließlich der Ergebnisse der Tätigkeit. Nichts ist von Ihnen und für Sie. Alles ist nur in dem auf der Leinwand dargestellten Bild und nichts im Licht selbst, einschließlich dessen, wofür Sie sich selbst halten, nämlich für eine Person. Sie sind nur das Licht. Frage: Wenn ich nur das Licht bin, wie konnte ich dies dann vergessen? Maharaj: Sie haben es nicht vergessen. Es ist im Bild auf der Leinwand enthalten, dass Sie vergessen und dann wieder erinnern. Sie haben niemals aufgehört ein Mensch zu sein, nur weil Sie geträumt haben, ein Tiger zu sein. Ähnlich dazu sind Sie das reine Licht, das als Bild auf der Leinwand erscheint und eins mit ihm wird. Frage: Wenn alles nur geschieht, worüber sollte ich mich dann sorgen?
Maharaj: Genau das. Freiheit ist Freiheit von Sorgen. Wenn Sie einmal erkannt haben, dass Sie die Ergebnisse nicht beeinflussen können, nehmen Sie Ihre Wünsche und Ängste nicht mehr zur Kenntnis. Lassen Sie sie kommen und gehen. Nähren Sie sie nicht durch Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit. Frage: Wenn ich meine Aufmerksamkeit von allem, was geschieht, abwende, wodurch lebe ich dann noch? Maharaj: Auch das ist wieder, wie wenn man fragte: „Was soll ich tun, wenn ich aus dem Traum aufgewacht bin?“ Halten Sie inne und schauen Sie. Sie brauchen sich nicht ängstlich zu fragen: „Was kommt als nächstes?“ Das Nächste kommt immer. Leben beginnt weder noch endet es: Unbewegt bewegt es sich; es ist momentan, und doch dauert es an. Das Licht kann sich nicht erschöpfen, auch nicht, wenn zahllose Bilder von ihm projiziert werden. So füllt das Leben jede Form bis an den Rand und kehrt zu seiner Quelle zurück, wo die Form zerbricht. Frage: Wenn das Leben so wunderbar ist, wie konnte dann die Unwissenheit geschehen? Maharaj: Sie wollen die Krankheit behandeln, ohne den Patienten untersucht zu haben. Bevor Sie nach der Unwissenheit fragen, sollten Sie sich als erstes fragen, wer denn der Unwissende ist? Wenn Sie sagen, dass Sie unwissend seien, dann wissen Sie nicht, dass Sie das Konzept der Unwissenheit der momentanen Verfassung Ihrer Gedanken und Gefühle überlagert haben. Untersuchen Sie sie, wie sie kommen. Geben Sie dem Ihre volle Aufmerksamkeit, und Sie werden feststellen, dass es so etwas wie Unwissenheit nicht gibt – nur Unaufmerksamkeit. Achten Sie auf das, was Sie beunruhigt - das ist alles. Schließlich ist jede Sorge nur mentaler Schmerz, und Schmerz verlangt immer
nach Aufmerksamkeit. In dem Moment, in dem Sie aufmerksam sind, hört der Ruf danach auf, und die Frage der Unwissenheit verschwindet. Anstelle des Warten auf eine Antwort auf Ihre Frage finden Sie lieber heraus, wer die Frage stellt und weshalb er sie stellt. Sie werden schnell herausfinden, dass es der Verstand ist, angestachelt von der Furcht vor dem Schmerz, die die Frage stellt. Und im Schmerz gibt es immer Erinnerung und Erwartung, Vergangenheit und Zukunft. Aufmerksamkeit bringt Sie in die Gegenwart, das Jetzt, zurück, und diese ist immer zu Ihrer Verfügung, wird aber selten bemerkt. Frage: Sie reduzieren Sadhana auf simple Aufmerksamkeit. Wie kommt es, dass andere Lehrer völlig andere Lehren haben, die schwieriger und zeitaufwändiger zu verfolgen sind? Maharaj: Die Gurus unterrichten normalerweise die Sadhanas, mit deren Hilfe sie selbst ihr Ziel erreicht haben, was auch immer ihr Ziel gewesen sein mag. Das ist nur natürlich, denn ihr eigenes Sadhana kennen sie natürlich am besten. Ich wurde gelehrt, meine Aufmerksamkeit dem Empfinden von „Ich bin“ zuwenden, was ich außergewöhnlich effektiv fand. Daher kann ich von dieser Methode nur mit vollem Vertrauen sprechen. Oft kommen aber Menschen, deren Körper, Gehirne und Gemüter so missbraucht, pervertiert und schwächlich sind, dass der Zustand des gestaltlosen Gewahrseins für sie unerreichbar ist. In solchen Fällen ist ein einfacherer Ansatz sinnvoller. Die Wiederholung eines Mantras oder das Anblicken eines Bildes bereitet ihren Körper und den Verstand auf eine tiefere und direktere Art der Suche vor. Bei allem ist Ernsthaftigkeit immer unverzichtbar; es ist der entscheidende Faktor. Sadhana ist nur ein Vehikel – es muss mit bis an den Rand mit Ernsthaftigkeit gefüllt sein, die nichts anderes als tätige Liebe ist. Denn nichts kann ohne Liebe erreicht werden.
Frage: Wir lieben aber nur uns selbst. Maharaj: Wenn es nur so wäre, dann wäre es hervorragend! Lieben Sie sich selbst auf weise Art – so erreichen Sie den Gipfel der Vollkommenheit. Jeder liebt seinen Körper, aber nur wenige lieben ihr reines Sein. Frage: Benötigt mein wahres Sein meine Liebe? Maharaj: Ihr wahres Sein liebt sich selbst, während Ihre vielen Liebhabereien seine Reflektionen im gegebenen Moment sind. Frage: Wir sind selbstsüchtig - wir kennen nur die Selbstliebe. Maharaj: Das genügt für den Anfang. Wünschen Sie sich aus ganzem Herzen Ihr eigenes Wohlergehen. Denken Sie darüber nach, fühlen Sie tief, was wirklich gut für Sie ist, und streben Sie dann ernsthaft danach. Sie werden sehr bald entdecken, dass das Wirkliche Ihr einziger Schatz ist. Frage: Und doch verstehe ich nicht, weshalb die verschiedenen Gurus auf vorgeschriebenen komplizierten und schwierigen Sadhanas bestehen. Wissen sie es denn nicht besser? Maharaj: Es ist nicht das, was Sie tun, was zählt, sondern das, womit Sie aufhören. Die Leute beginnen ihr Sadhana so fieberhaft und ruhelos, dass sie sich sehr beschäftigt halten müssen, um am Ball zu bleiben. Eine Routinetätigkeit, die sie völlig in Anspruch nimmt, ist gut für sie. Nach einiger Zeit werden sie dann stiller und wenden sich von den Bemühungen ab. Im Frieden und der Stille löst sich die Schale des „Ich“ auf, und das Innere und Äußere werden eins. Das wahre Sadhana ist mühelos. Frage: Ich habe manchmal das Gefühl, dass der Raum selbst mein Körper ist.
Maharaj: Wenn Sie an die Illusion „Ich bin dieser Körper“ gebunden sind, dann sind Sie bloß ein Punkt im Raum und ein Moment in der Zeit. Wenn dann die Selbst-Identifikation mit dem Körper nicht länger ist, sind aller Raum und alle Zeit nur in Ihrem Verstand, der nichts als eine Furche im Bewusstsein ist, das wiederum von Natur aus reflektiertes Gewahrsein ist. Gewahrsein und Materie sind aktive und passive Aspekte des reinen Seins, welches sich in beiden und jenseits davon befindet. Raum und Zeit sind der Körper und der Verstand der universalen Existenz. Mein Empfinden ist, dass alles, was in Raum und Zeit geschieht, mir geschieht; dass jede Erfahrung meine Erfahrung und jede Form meine Form ist. Was ich für mich selbst halte, wird zu meinem Körper, und alles was geschieht, wird zu meinem Verstand. An der Wurzel des Universums jedoch ist reines Gewahrsein, jenseits von Zeit und Raum, hier und jetzt. Kennen Sie dies als Ihr wahres Sein und handeln Sie in Übereinstimmung damit. Frage: Was für einen Unterschied macht es im Handeln, wenn ich etwas für mich selbst halte? Die Handlungen geschehen einfach entsprechend den Umständen. Maharaj: Die Umstände und Bedingungen beherrschen den Unwissenden. Der Kenner der Wirklichkeit wird nicht verführt. Das einzige Gesetz, dem er gehorcht, ist das der Liebe.
Du bist jenseits von Zeit und Raum (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Nimm das Leben, wie es kommt Frage: Ich war letztes Jahr hier. Nun sitze ich wieder vor Ihnen. Ich kenne den Grund eigentlich nicht, aus dem ich zu Ihnen komme, aber irgendwie kann ich Sie nicht vergessen. Maharaj: Manche vergessen, manche nicht; entsprechend ihrem Schicksal, das Sie Chance nennen können, wenn Sie dies vorziehen. Frage: Zwischen Chance und Schicksal besteht ein grundlegender Unterschied. Maharaj: Nur in Ihrem Verstand. Was wissen Sie tatsächlich über die Ursachen von allem? Schicksal ist nur ein nacktes Wort, das Ihre Unwissenheit bedeckt. Chance ist ein weiteres Wort. Frage: Ohne Kenntnis der Ursachen und ihrer Ergebnisse – kann es da Freiheit geben? Maharaj: Ursache und Ergebnisse sind in Anzahl und Verschiedenheit zahllos. Alles berührt alles. Wenn sich in diesem Universum ein Ding ändert, ändert sich alles. Daher die große Macht eines Menschen, der die Welt ändert, indem er sich selbst ändert. Frage: Nach Ihren eigenen Worten haben Sie sich selbst durch die Gnade Ihres Guru vor etwa 40 Jahren radikal geändert. Doch die Welt ist geblieben wie sie war. Maharaj: Meine Welt hat sich komplett geändert. Ihr bleibt dieselbe, weil Sie sich nicht geändert haben.
Frage: Wie kommt es, dass Ihr Wandel mich nicht gewandelt hat? Maharaj: Weil es keine Gemeinschaft zwischen uns gab. Betrachten Sie sich nicht selbst als von mit getrennt, und wir werden sofort einen gemeinsamen Zustand teilen. Frage: Ich habe einen Besitz in der Vereinigten Staaten, den ich verkaufen möchte, und ich möchte dann Land in den Himalayas kaufen. Ich werde dann ein Haus bauen, einen Garten anlegen und zwei oder drei Kühe haben und ruhig leben. Die Leute erzählen mir, dass Besitz und Ruhe nicht zusammenpassen werden, weil ich sofort in Schwierigkeiten mit Behörden, Nachbarn und Dieben geraten werde. Ist dies unvermeidlich? Maharaj: Was Sie als mindestes erwarten dürfen, ist eine endlose Kette von Besuchern, die ihr Heim in ein freies und offenes Gästehaus verwandeln werden. Akzeptieren Sie Ihr Leben besser einfach so, wie es gerade kommt, und gehen Sie nach Hause und kümmern Sie sich mit Liebe und Umsicht um Ihre Frau. Niemand sonst braucht Sie. Ihre Träume vom Ruhm bringen Ihnen nur noch mehr Schwierigkeiten. Frage: Ich suche nicht nach Ruhm. Ich suche die Wirklichkeit. Maharaj: Dazu wird ein gut geordnetes und stilles Leben benötigt, ferner ein Frieden des Verstandes und äußerste Ernsthaftigkeit. Was in jedem Moment ungefragt zu Ihnen kommt, kommt von Gott und wird Ihnen ganz gewiss helfen, sofern Sie vollen Gebrauch davon machen. Schwierigkeiten haben Sie nur dann, wenn Sie aus eigener Einbildung und Verlangen heraus nach Dingen streben. Frage: Ist Schicksal dasselbe wie Gnade? Maharaj: Absolut. Nehmen Sie das Leben wie es kommt, und Sie werden es als Segen empfinden.
Frage: Ich kann mein eigenes Leben annehmen. Wie kann ich die Art des Lebens annehmen, die andere gezwungen sind zu leben? Maharaj: Sie akzeptieren es so oder so. Die Sorgen der anderen kommen mit Ihren Vergnügen nicht in die Quere. Wenn Sie wirklich mitfühlend während, würden Sie alle alten Selbstbezogenheiten aufgegeben und den Zustand erreicht haben, in dem allein Sie Hilfe geben könnten. Frage: Ich habe ein großes Haus und genug Land und könnte einen Ashram mit vielen verschiedenen Räumen für Meditation, Kantine, Bibliothek, Büro usw. gründen. Maharaj: Ashrams werden nicht gemacht, sie passieren. Sie können sie weder starten noch verhindern, so wie Sie einen Fluss nicht starten oder stoppen können. Bei der Schaffung eines erfolgreichen Ashrams sind zahllose Faktoren involviert, zu denen auch Ihre eigene innere Reife gehört. Wenn Sie allerdings unwissend bezüglich Ihres wahren Seins sind, wird alles, was Sie anfangen, wieder zu Asche verbrennen. Sie können einen Guru nicht imitieren und damit durchkommen. Alle Selbstüberschätzung endet in einer Katastrophe. Frage: Worin besteht die Gefahr, sich wie ein Heiliger zu verhalten, bevor man einer geworden ist? Maharaj: Das Vorspielen von Heiligkeit ist ein Sadhana. Es ist völlig in Ordnung, sofern keinerlei Verdienst beansprucht wird. Frage: Wie kann ich wissen, ob ich einen Ashram beginnen kann, wenn ich es nicht versuche? Maharaj: So lange Sie sich selbst als eine Person nehmen, einen Körper und Verstand, getrennt vom Lebensstrom, der einen eigenen Willen hat und seine eigenen Ziele verfolgt, so lange leben Sie nur
auf der Oberfläche. Was immer Sie dann tun, wird nur kurzlebig und von wenigem Wert sein – es ist nur Stroh im Feuer der Vergänglichkeit. Sie müssen Wahrheit wahr werden lassen, bevor Sie etwas echtes als Ergebnis erwarten können. Was ist Ihre Wahrheit? Frage: Mit welchem Mittel soll ich das ermessen? Maharaj: Schauen Sie sich den Inhalt Ihres Verstandes an. Sie sind, woran Sie denken. Sind Sie nicht die meiste Zeit mit Ihrer eigenen kleinen Person und Ihren täglichen Bedürfnissen befasst? Der Wert regulärer Meditation liegt darin, dass es Sie vom täglichen Einerlei wegholt und Sie daran erinnert, dass Sie nicht das sind, was Sie glauben zu sein. Aber erinnern ist nicht genug – der Überzeugung muss die Tat folgen. Seien Sie nicht wie der reiche Mann, der ein ausführliches Testament gemacht hat, aber nicht sterben will. Frage: Ist das Stufenweise nicht ein Gesetz des Lebens? Maharaj: Oh nein. Nur die Vorbereitung ist stufenweise - der Wandel selbst ist plötzlich und vollständig. Ein stufenweiser Wandel könnte Sie nicht zu einer neuen Ebene bewussten Seins bringen. Sie brauchen Mut, um loszulassen. Frage: Ich gebe zu, dass es mir am Mut fehlt. Maharaj: Das ist so, weil Sie nicht völlig überzeugt sind. Völlige Überzeugung gebiert sowohl Verlangen als auch Mut. Und die Meditation ist die Kunst des Erlangens von Vertrauen durch Verstehen. In der Meditation betrachten Sie die empfangenen Unterweisungen wiederholt in all ihren Aspekten, bis die klare Zuversicht geboren ist und damit auch die zuversichtliche Handlung. Überzeugung und Handlung sind untrennbar. Wenn die Handlung nicht der Überzeugung folgt, untersuchen Sie Ihre Überzeugungen – beschuldigen Sie sich nicht selbst
eines Mangels an Mut. Selbstunterschätzung wird Sie nirgendwo hinführen. Welchen Wert hat der Wille ohne Klarheit und emotionale Zustimmung? Frage: Was meinen Sie mit emotionaler Zustimmung? Handele ich nicht gegen meine Wünsche? Maharaj: Sie werden nicht gegen Ihre Wünsche handeln. Klarheit reicht nicht. Die Energie kommt von der Liebe. Um zu handeln, müssen Sie lieben, was auch immer die Gestalt und das Objekt Ihrer Liebe sein mag. Ohne Klarheit und Nächstenliebe ist Mut destruktiv. Im Krieg sind die Menschen oft wunderbar mutig, aber was ist der Nutzen? Frage: Ich sehe sehr klar, dass alles, was ich möchte, ein Haus in einem Garten ist, in dem ich in Frieden lebe. Weshalb sollte ich meinen Wunsch nicht leben? Maharaj: Tun Sie das unbedingt. Aber vergessen Sie nicht das Unvermeidbare, Unerwartete. Ohne Regen wird Ihr Garten nicht gedeihen. Für das Abenteuer brauchen Sie Mut. Frage: Ich brauche Zeit, um den Mut zu sammeln – hetzen Sie mich nicht. Lassen Sie mich reif zur Tat werden. Maharaj: Die ganze Herangehensweise ist völlig falsch. Verzögerte Tat ist aufgegebene Tat. Es mag weitere Gelegenheit für andere Tätigkeiten geben, aber der gegenwärtige Moment ist verloren – unwiederbringlich. Ale Vorbereitung ist für die Zukunft – für die Gegenwart können Sie sich nicht vorbereiten. Frage: Was ist falsch an einer Vorbereitung der Zukunft? Maharaj: Vorbereitungen helfen Ihnen nicht beim Handeln im Jetzt. Klarheit ist jetzt, Handlung ist jetzt. Das Denken an das Bereit-Sein behindert die
Handlung. Und Handlung, Tätigkeit ist der Prüfstein der Wirklichkeit. Frage: Auch dann, wenn wir ohne Überzeugung handeln? Maharaj: Sie können nicht ohne Tätigkeit leben – hinter jeder Tätigkeit steckt immer eine Furcht oder ein Verlangen. Schließlich ist alles das, was Sie tun, auf Ihrer Überzeugung aufgebaut, dass die Welt real und unabhängig von Ihnen selbst ist. Wenn Sie vom Gegenteil überzeugt wären, wäre Ihr Verhalten gänzlich anders. Frage: An meinen Überzeugungen ist nichts falsch – meine Handlungen sind von den Umständen geformt. Maharaj: Anders ausgedrückt – Sie sind von der Realität Ihrer Umständen überzeugt, von der Welt, in der Sie leben. Verfolgen Sie die Welt zu ihrer Quelle, und Sie werden feststellen, dass Sie waren, bevor die Welt war; und dass Sie bleiben, wenn die Welt nicht länger ist. Finden Sie Ihr zeitloses Sein – und Ihre Handlung wird dies bezeugen. Haben Sie es gefunden? Frage: Nein, nicht. Maharaj: Was anderes hätten Sie dann zu tun? Gewiss ist dies die dringlichste Aufgabe. Sie können sich nicht selbst als unabhängig von allem sehen, solange Sie nicht alles fallengelassen haben und selbst ohne Unterstütztheit und Undefiniertheit verbleiben. Sobald Sie sich selbst kennen, ist unwesentlich, was Sie tun. Um aber Ihre Unabhängigkeit zu erkennen, müssen Sie sie testen, indem Sie alles gehen lassen, von dem Sie sich abhängig gemacht haben. Der verwirklichte Mensch lebt auf der Ebene des Absoluten - seine Weisheit, Liebe und sein Mut sind vollständig; es gibt nichts relatives an ihm. Daher muss er sich selbst überprüfen, indem er sich immer strengeren Tests
und weiterreichenderen Erprobungen unterzieht. Der Tester, das Getestete und die Bedingungen des Tests sind alle im Innern. Es ist ein inneres Drama, an dem niemand an Teilnehmer sein kann. Frage: Kreuzigung, Tod und Wiederauferstehung – wir befinden uns auf bekanntem Land! Ich habe endlos darüber gelesen, gehört und gesprochen, aber ich finde mich selbst unzulänglich. Maharaj: Seien Sie einfach still und ungerührt – Weisheit und Kraft werden dann von selbst zu Ihnen kommen. Sie brauchen kein Sehnen danach. Warten Sie einfach in der Stille des Herzens und Verstandes ab. Es ist sehr einfach, still zu sein – allerdings ist der Wille dazu selten. Die Leute wollen über Nacht Superman werden. Bleiben Sie ohne eigene Bestrebungen ohne den geringsten Wunsch, offen, verletzlich, ungeschützt, in Unsicherheit und allein, vollständig geöffnet für das Leben und es willkommen heißend, wie es geschieht; ohne die selbstsüchtige Überzeugung, dass Sie Freuden oder Gewinne materieller oder so genannter spiritueller Art zu erlangen hätten. Frage: Ich stimme Ihnen in dem, was Sie sagen, zu, Sir, aber ich kann nicht erkennen, wie man dies erreichen könnte. Maharaj: Wenn Sie wüssten wie, würden Sie es auch nicht tun. Geben Sie alle Versuche dazu auf seien Sie einfach nur; kämpfen Sie nicht, streben Sie nicht, geben Sie alle Zufluchten auf; halten Sie am blinden Empfinden des Seins fest und streifen Sie alles andere ab. Das genügt. Frage: Wie geschieht dieses Abstreifen? Je mehr ich abstreife, umso mehr kommt an die Oberfläche. Maharaj: Verweigern Sie Ihr Interesse, lassen Sie die Dinge kommen und gehen. Auch Wünsche und Gedanken sind Dinge. Ignorieren Sie sie. Seit unvordenklicher Zeit hat der Staub des Geschehens
den klaren Spiegel Ihres Verstandes bedeckt, weshalb Sie nur noch Erinnerungen sehen können. Streifen Sie den Staub ab, bevor er Zeit hat, sich festzusetzen. Dadurch werden die alten Schichten freigelegt, bis die wahre Natur Ihres Verstandes entdeckt werden kann. Alles ist sehr einfach und vergleichsweise leicht – seien Sie ernsthaft und geduldig, das ist alles. Leidenschaftslosigkeit, Loslösung, Freiheit von Wunsch und Furcht und von der Selbstbezogenheit, bloßes Gewahrsein frei von Erinnerung und Erwartung - das ist der Zustand des Verstandes, in dem Entdeckung stattfinden kann. Befreiung ist nichts als die Freiheit des Entdeckens.
Erinnerungen und Erwartungen aufgeben Frage: Ich bin als Amerikaner geboren. Im letzten Jahr war ich in einem Ashram in Madhya Pradesh und habe viele Aspekte des Yoga studiert. Wir hatten einen Lehrer, dessen Guru, ein Schüler des großen Sivananda Saraswati, in Monghyr wohnte. Ich war auch in Ramanashram. Als ich in Bombay war, unterzog ich mich einem intensiven Kursus in burmesischer Meditation, die von einem Goenka angeleitet wurden. Aber ich habe immer noch keinen Frieden gefunden. Es gibt eine Verbesserung in der Selbstbeherrschung und der Alltagsdisziplin, aber das ist auch schon alles. Ich vermag nicht genau zu sagen, was was verursacht hat. Ich habe viele heilige Plätze besucht. Wie sie im einzelnen auf mich gewirkt haben, kann ich nicht sagen. Maharaj: Sinnvolle Ergebnisse werden früher oder später kommen. Haben Sie in Sri Ramanashram irgendwelche Instruktionen erhalten? Frage: Ja, es gab einige Engländer, die mich unterwiesen haben, und auch einen indischen Anhänger von Jnana Yoga, der dort dauerhaft wohnte. Er hat mir einige Lektionen erteilt. Maharaj: Wie sind Ihre Pläne? Frage: Wegen Visa-Schwierigkeiten muss ich in die Staaten zurückkehren. Ich habe vor, mein Studium abzuschließen, Naturheilkunde zu studieren und daraus einen Beruf zu machen. Maharaj: Ein guter Beruf, kein Zweifel. Frage: Liegt eine Gefahr darin, den Yoga-Pfad bedingungslos zu folgen? Maharaj: Ist ein Streichholz gefährlich, wenn das Haus schon in Flammen steht? Die Suche nach der Wirklichkeit ist das gefährlichste aller Unternehmen, weil sie die Welt zerstört, in der Sie leben. Wenn
aber Ihr Motiv die Liebe zur Wahrheit und zum Leben ist, brauchen Sie vor nichts zu erschrecken. Frage: Ich fürchte mich vor meinem eigenen Verstand. Er ist unstet! Maharaj: Im Spiegel Ihres Verstandes erscheinen und verschwinden Bilder. Der Spiegel bleibt. Lernen Sie das Unbewegte vom Bewegten, das Wandelbare vom Unwandelbaren zu unterscheiden, bis Sie erkennen, dass alle Unterschiede nur in der Erscheinung existieren und das Einssein eine Tatsache ist. Die grundlegende Identität – die Sie Gott, Brahman oder Matrix (Prakriti) nennen können; das Wort ist unwichtig – besteht nur in der Erkenntnis, dass alles eins ist. Sobald man voller Vertrauen aus direkter Erfahrung sagen kann: „Ich bin die Welt, die Welt ist ich“, ist man frei von Furcht und Verlangen. Gleichzeitig wird man voll verantwortlich für die Welt. Die besinnungslosen Sorgen der Menschheit werden Ihre einzige Sorge. Frage: So hat also auch der Jnani noch Probleme! Maharaj: Ja, aber er hat sie nicht länger selbst geschaffen. Sein Leiden ist nicht vom Empfinden der Schuld vergiftet. Es nichts falsch daran, für die Sünden anderer zu leiden. Ihre ganze Christlichkeit basiert darauf. Frage: Ist nicht alles Leiden selbst-erzeugt? Maharaj: Ja, so lange es das getrennte Selbst gibt, das sie erschafft. Am Ende wissen Sie, dass es keine Sünde, keine Schuld, keine Vergeltung, sondern nur Leben in seinen endlosen Transformationen gibt. Mit der Auflösung des persönlichen „Ich“ hört das persönliche Leiden auf. Was verbleibt, ist die große Trauer des Mitgefühls, der Horror der unnötigen Schmerzen. Frage: Gibt es in dieser Lage der Dinge irgend etwas Überflüssiges?
Maharaj: Nichts ist nötig, nichts ist unvermeidlich. Gewohnheit und Leidenschaft machen blind und führen in die Irre. Mitfühlendes Gewahrsein heilt und versöhnt. Es gibt nicht, was wir tun können – wir können lediglich die Dinge entsprechend ihrer Natur geschehen lassen. Frage: Befürworten Sie demnach die komplette Passivität? Maharaj: Klarheit und Wohltätigkeit ist Tätigkeit. Liebe ist nie faul, und Klarheit führt in die richtige Richtung. Sie brauchen sich um das Tätigsein keine Sorgen zu machen – schauen Sie nur nach Ihrem Verstand und Ihrem Herzen. Das einzig Böse ist die Dummheit und die Selbstsucht. Frage: Was ist besser – die Wiederholung von Gottes Namen oder Meditation? Maharaj: Die Wiederholung wird Ihren Atem gleichmäßig machen. Mit tiefer und ruhiger Atmung wird die Vitalität verbessert, was wiederum das Gehirn beeinflusst und dem Verstand dabei hilft, reiner und stabiler und fit für Meditation zu werden. Ohne Vitalität kann nur wenig erreicht werden, daher ist es wichtig, sie zu bewahren und zu steigern. Haltung und Atmung sind ein Teil des Yoga, denn der Körper muss gesund und gut unter Kontrolle sein. Zu viel Kontrolle über den Körper aber widerspricht wieder dem Zweck des Ganzen, denn am Anfang kommt es vor allem auf den Verstand an. Wenn der Verstand ruhiggestellt ist und in den inneren Raum (chidakash) nicht länger stört, erwirbt der Körper eine neue Bedeutung. Seine Transformation wird dann sowohl notwendig als auch möglich. Frage: Ich bin durch ganze Indien gewandert, habe viele Gurus getroffen und in kleinen Portionen verschiedene Yogas kennen gelernt. Ist es recht, wenn man sich einen Überblick über alles
verschafft? Maharaj: Nein, das wäre nur eine Einführung. Sie werden einmal einen Menschen treffen, der Ihnen dabei hilft, Ihren Weg zu finden. Frage: Ich habe das Gefühl, dass der Guru meiner eigenen Wahl nicht mein wirklicher Guru sein kann. Der wirkliche müsste unerwartet kommen und unwiderstehlich sein. Maharaj: Am besten ist es, nichts vorwegzunehmen. Die Art und Weise, wie Sie antworten, ist entscheidend. Frage: Aber bin ich der Meister meiner Antworten? Maharaj: Unterscheidung und Leidenschaftslosigkeit, die jetzt praktiziert werden, werden zur rechten Zeit Früchte tragen. Wenn die Wurzel gesund und gut gewässert sind, werden die Früchte ganz gewiss süß sein. Seien Sie rein, wach und bereit. Frage: Sind Askese und Bußübungen sinnvoll? Maharaj: Die Schicksalsschläge des Lebens sollten Buße genug sein! Sie müssen darüber hinaus nicht noch weitere Schwierigkeiten ins Spiel bringen. Die einzige Entsagungspraxis, die Sie benötigen, ist das freudige Willkommenheißen von allem, was das Leben bringt. Frage: Was ist mit Opfern? Maharaj: Teilen Sie bereitwillig und gern mit allen, die was immer auch für Bedürfnisse haben. Erlegen Sie sich keine selbsterfundenen Zwänge auf. Frage: Was ist Selbsthingabe? Maharaj: Akzeptieren was kommt. Frage: Ich fühle mich zu schwach, um auf meinen eigenen Beinen zu stehen. Ich brauche die heilige Gemeinschaft mit einem Guru und guten Menschen. Gleichmut ist jenseits meiner Reichweite. Zu
akzeptieren was kommt, erschreckt mich. Ich denke an meine Rückkehr in die Staaten mit Horror. Maharaj: Gehen Sie zurück und machen Sie das Beste aus Ihren Möglichkeiten. Machen Sie als erstes Ihren Hochschulabschluss. Danach können Sie für Ihre Studien zur Naturheilkunde immer noch nach Indien zurückkehren. Frage: Ich weiß die Möglichkeiten in den Staaten wohl zu schätzen. Es ist das Alleinsein, das mich erschreckt. Maharaj: Sie sind stets in Gesellschaft Ihres eigenen Selbst – Sie brauchen sich nicht allein zu fühlen. Wenn Sie sich mit sich selbst auseinandergelebt haben, werden Sie sich sogar in Indien einsam fühlen. Alles Glück stammt aus der Freude am Selbst. Erfreuen Sie sich daran nach Ihrer Rückkehr in die Staaten. Tun Sie nichts, was der glorreichen Wirklichkeit in Ihrem Herzen unwürdig wäre – so werden Sie glücklich werden und bleiben. Aber Sie müssen nach dem Selbst suchen, und, sobald Sie es gefunden haben, dabei bleiben. Frage: Wäre komplettes Alleinsein dabei eine Hilfe? Maharaj: Es hängt von Ihrem Temperament ab. Sie könnten aber auch mit anderen und für andere arbeiten, wach und wohlwollend, und so mehr als im Alleinsein wachsen, welches Sie vielleicht stumpf und träge macht oder Sie der Gnade des endlosen Geschwätzes des Verstandes ausliefert. Verfolgen Sie nicht die Idee, dass Sie Änderungen durch Bemühungen hervorrufen könnten. Gewaltsamkeit, auch wenn sie sich gegen sich selbst richtet in der Form von Härten und Bußübungen, sind fruchtlos. Frage: Gibt es keinen Weg zu erkennen, wer verwirklicht ist und wer nicht? Maharaj: Ihr einziger Beweise liegt in Ihnen selbst. Wenn Sie feststellen, dass Sie zu Gold werden, dann
ist dies ein Zeichen, dass Sie den Stein der Weisen berührt haben. Bleiben Sie dann bei dieser Person und beobachten Sie, was mit Ihnen geschieht. Fragen Sie nicht andere danach. Deren Mann muss nicht Ihr Guru sein. Ein Guru mag universal in seiner Essenz sein, aber nicht in seinem Ausdruck. Er mag ärgerlich oder gierig oder überängstlich erscheinen betreffend seinen Ashram oder seine Familie, und Sie werden vielleicht von den Erscheinungen irregeführt, aber nicht unbedingt auch andere. Frage: Habe ich nicht das Recht, eine allseitige Vollkommenheit, innen wie außen, erwarten zu dürfen? Maharaj: Innere – ja. Aber äußere hängt von den Umständen, der Verfassung des Körpers, den persönlichen und sozialen und anderen zahlreichen Faktoren ab. Frage: Mir wurde gesagt, ich solle einen Jnani suchen, so dass ich von ihm die Kunst des Erreichens von Jnana erlernen könne. Jetzt erfahre ich, dass der gesamte Ansatz völlig falsch sei; dass ich einen Jnani überhaupt nicht erkennen könne, und dass ich Jnana auch nicht mit irgendwelchen Mitteln erreichen könne. All das ist so verwirrend. Maharaj: Es ist alles auf Ihr komplettes Missverständnis der Wirklichkeit zurückzuführen. Ihr Verstand steckt in den Gewohnheiten der Bewertungen und der Erwerbungen fest und will nicht zugeben, dass das Unvergleichbare und Nichterlangbare auf zeitlose Weise in Ihrem Herzen darauf wartet, erkannt zu werden. Alles was Sie zu tun haben, ist das Aufgeben aller Erinnerungen und Erwartungen. Halten Sie sich selbst einfach in äußerster Nacktheit und Nichtsheit bereit. Frage: Wer ist dann der Aufgebende? Maharaj: Gott wird es tun. Sehen Sie einfach nur die Notwendigkeit des Aufgebens. Widerstreben Sie
nicht, und halten Sie nicht an der Person fest, für die Sie sich selbst halten. Weil Sie sich selbst als eine Person vorstellen, nehmen Sie auch den Jnani als Person, die nur etwas anderes, besser informiert und mächtiger als Sie sei. Vielleicht behaupten Sie, dass er auf ewig bewusst und glücklich sei, aber dies liegt weitab von der ganzen Wahrheit. Vertrauen Sie Definitionen und Beschreibungen nicht – sie sind auf grobe Weise irreführend. Frage: Wenn man mir nicht sagt, was und wie ich etwas tun soll, fühle ich mich verloren. Maharaj: Fühlen Sie sich unbedingt verloren! So lange Sie sich kompetent und zuversichtlich fühlen, ist die Wirklichkeit jenseits Ihrer Reichweite. Solange Sie nicht das innere Abenteuer als einen Weg des Lebens akzeptieren, werden Sie keine Entdeckungen machen können. Frage: Entdeckung von was? Maharaj: Dem Zentrum Ihres Sein, das frei von allen Richtungen ist, allen Mitteln und Enden. Frage: Alles sein, alles wissen, alles haben? Maharaj: Seien Sie nichts, wissen Sie nichts, haben Sie nichts. Das ist das einzige lebenswerte Leben – das einzig Glück, das des Besitzes wert ist. Frage: Ich kann zugeben, dass sich das Ziel jenseits meines Verstehens befindet. Aber lassen Sie mich wenigstens den Weg wissen. Maharaj: Sie müssen Ihren eigenen Weg finden. Solange Sie ihn nicht selber gefunden haben, wird es nicht Ihr eigener Weg sein, und er wird Sie nirgendwo hinführen. Leben Sie Ihr Leben ernsthaft so, wie Sie es vorgefunden haben. Arbeiten Sie auf der Grundlage des Wenigen, das Sie bis dahin verstanden haben. Es ist die Ernsthaftigkeit, die Sie trägt, nicht die Cleverness - weder Ihre eigene noch die eines anderen. Frage: Ich fürchte mich vor
Fehlern. Ich habe so viele Dinge ausprobiert, und nichts hat funktioniert. Maharaj: Sie haben sich zu wenig selber bemüht; sie waren nur neugierig, nicht ernsthaft. Frage: Ich wusste es nicht besser. Maharaj: Wenigsten wissen Sie dies. Wenn Sie Ihre Erfahrungen als oberflächlich kennen gelernt haben, dann beachten Sie sie nicht weiter. Vergessen Sie sie, sobald Sie sie hinter sich gelassen haben. Leben Sie ein sauberes, selbstloses Leben, das ist alles. Frage: Wie wichtig ist Moral? Maharaj: Betrügen Sie nicht – verletzen Sie nicht – soll das unwichtig sein? Vor allen brauchen Sie inneren Frieden, der nach Harmonie zwischen dem Innern und Äußern verlangt. Tun Sie, woran Sie glauben, und glauben Sie, was Sie tun. Alles andere ist nur eine Verschwendung von Zeit und Energie.
Verstand und Welt sind nicht verschieden (Text in der Ausgabe vom Kamphausen-Verlag enthalten)
Freiheit von der Selbst-Identifikation Maharaj: Können Sie auf dem Boden sitzen oder brauchen Sie ein Kissen? Haben Sie irgendwelche Fragen? Sie müssen nicht antworten, Sie können auch einfach still sein. Es ist sehr wichtig, zu sein, einfach nur zu sein. Sie müssen weder etwas fragen noch irgendetwas tun. Ein solcher scheinbar müßiggängerischer Weg wird in Indien sehr hoch geschätzt. Es bedeutet, dass Sie in der Zeit, in der Sie sind, frei von der Besessenheit des „was kommt als nächstes“ sind. Wenn Sie so in Eile sind, und der Verstand frei von Sorgen ist, wird er still, und in der Stille kann etwas vernommen werden, was normalerweise zu subtil und fein für die Wahrnehmung ist. Der Verstand muss offen sein, und still, um sehen zu können. Was wir hier zu tun versuchen, ist, unseren Verstand in die richtige Verfassung zu versetzen, um das Wirkliche verstehen zu können. Frage: Wie können wir lernen, unsere Sorgen aufzugeben? Maharaj: Sie müssen sich keine Sorgen über Ihre Sorgen machen. Seien Sie einfach nur. Versuchen Sie nicht still zu sein, machen Sie nicht das „still sein“ zu einer Aufgabe, die Sie zu bewältigen haben. Seien Sie nicht ruhelos auf der Suche danach „still zu sein“ und besorgt darüber, „glücklich zu sein“. Seien Sie einfach nur gewahr, dass Sie sind, und bleiben Sie gewahr. Sagen Sie sich nicht: „Ja, ich bin – was passiert als nächstes?“ Es gibt kein „nächstes“ im „Ich bin“. Es ist ein zeitloser Zustand. Frage: Wenn es ein zeitloser Zustand ist, wird er sich irgendwie von selbst durchsetzen. Maharaj: Sie sind was Sie sind, zeitlos. Von welchem Nutzen wäre es aber für, wenn Sie es nicht kennen und danach handeln? Ihre Bettelschale kann
aus purem Gold sein, aber so lange Sie es nicht wissen, sind Sie ein Bettler. Sie müssen Ihren inneren Wert kennen und ihm vertrauen, und ihn im täglichen Opfer von Wunsch und Furcht ausdrücken. Frage: Wenn ich mich selbst kennen – habe ich dann keinen Wunsch und keine Furcht mehr? Maharaj: Für eine gewisse Zeit können die mentalen Gewohnheiten trotz der visionären Neuausrichtung noch verweilen, nämlich die Gewohnheit des Verlangens nach der bekannten Vergangenheit und der Furcht vor der unbekannten Zukunft. Sobald Sie dies als Zustände des Verstandes erkennen, können Sie jenseits davon gehen. So lange Sie alle möglichen Ideen über sich selbst haben, kennen Sie sich lediglich im Nebel dieser Ideen. Um sich selbst zu kennen wie Sie sind, müssen Sie alle Ideen aufgeben. Sie können sich den Geschmack reinen Wassers nicht vorstellen – Sie können ihn nur entdecken, indem Sie alle Geschmacksvorstellungen aufgeben. So lange Sie an Ihrer gegenwärtigen Art zu leben interessiert sind, werden Sie sich auch nicht aufgeben. Entdeckung kann nur kommen, wenn Sie sich nicht mehr an das Vertraute klammern. Nur wenn Sie die immense Kümmernis Ihres Lebens vollständig realisiert und dagegen revoltiert haben, kann ein Weg nach draußen gefunden werden. Frage: Ich verstehe, dass das Geheimnis des indischen Lebens in diesen Dimensionen der Existenz liegt, die Indien stets behütet und bewahrt hat. Maharaj: Es ist ein offenes Geheimnis, und es gibt immer wieder Menschen, die willens und bereit sind, es zu teilen. Lehrer gibt es viele – furchtlose Schüler nur wenige. Frage: Ich bin bereit zu lernen. Maharaj: Worte lernen ist nicht genug. Vielleicht
kennen Sie die Theorie, aber ohne tatsächliche Erfahrung Ihrer selbst als das unpersönliche und eigenschaftslose Zentrum des Sein, der Liebe und der Seligkeit, bleibt rein verbales Wissen steril. Frage: Was kann ich dann tun? Maharaj: Versuchen Sie zu sein, einfach nur zu sein. Das über alles wichtige Wort dabei ist „versuchen“. Reservieren Sie genug Zeit am Tag zum stillen Sitzen und versuchen Sie, nur versuchen, jenseits der Persönlichkeit mit all ihren Anhaftungen und Besessenheiten zu gehen. Fragen Sie nicht wie – es kann nicht erklärt werden. Versuchen Sie es so lange, bis Sie Erfolg haben. Wenn Sie ausdauernd sind, kann es kein Versagen geben. Was an erster Stelle zählt, ist Ernsthaftigkeit und Lauterkeit. Sie müssen wirklich einen Überdruss an der Person empfinden, die Sie sind, und die dringende Notwendigkeit empfinden, frei von dieser unnötigen Selbstidentifikation mit einem Bündel von Erinnerungen und Gewohnheiten zu sein. Dieses stetige Widerstreben gegen das Unnötige ist das Geheimnis des Erfolgs. Schließlich sind Sie in jedem Moment Ihres Lebens das, was Sie sind. Sie sind nur dessen nie bewusst, außer vielleicht an dem Punkt, an dem Sie aus dem Schlaf erwachen. Alles dessen Sie gewahr sein müssen, ist das Sein - nicht als verbale Aussage, sondern als eine stetig präsente Tatsache. Das Gewahrsein, das Sie sind, wird Ihre Augen öffnen für das, was Sie sind. Alles ist sehr einfach. Als erstes stellen Sie einen konstanten Kontakt mit Ihrem Selbst her – seien Sie alle Zeit Sie selbst. In das Selbst-Gewahrsein fließen dann sämtliche Segnungen ein. Beginnen Sie als Zentrum der Beobachtung, wohlerwogener Wahrnehmung, und wachsen Sie schließlich in ein Zentrum tätiger Liebe hinein. „Ich bin“ ist ein winziger Same, der zu einem mächtigen Baum heranwächst - ganz natürlich,
ohne die Spur einer Anstrengung. Frage: Ich sehe so viel Böses in mir selbst. Muss ich dies nicht ändern? Maharaj: Das Böse ist der Schatten der mangelnden Achtsamkeit. Im Licht des SelbstGewahrseins schwindet es und fällt ab. Alles von anderem Abhängige ist flüchtig – denn was andere geben können, wird von anderen weggenommen. Nur was von Anfang an Ihr Eigenes ist, wird am Ende auch Ihr Eigenes bleiben. Akzeptieren Sie keine andere Führung als die aus Ihrem eigenen Innern. Und sieben Sie auch dann immer noch alle Erinnerungen aus, die Sie irreführen können. Auch wenn Sie gänzlich unwissend bezüglich der Wege und ihrer Mittel sind – bleiben Sie still und schauen Sie nach innen, denn die Führung wird ganz sicher kommen. Sie sind nie ohne das Wissen darüber, welches der nächste Schritt sein muss. Die Schwierigkeit besteht darin, dass Sie sich vielleicht davor drücken. Der Guru ist da aufgrund seiner Erfahrung und seiner erfolgreichen Leistung, um Ihnen den Mut zu geben. Aber nur dann, wenn Sie durch Ihr eigenes Gewahrsein, Ihre eigene Bemühung zu entdecken beginnen, werden diese Entdeckungen von permanentem Nutzen für Sie sein. Denken Sie daran, dass nichts Wahrgenommene Sie sein kann. Von außen kommt nichts, was nur irgendeinen Wert für Sie hätte. Es kommt nur auf Ihre eigenen Gefühle und Ihr Verstehen an, was relevant und aufschlussreich ist. Gelesene oder gehörte Worte erzeugen in Ihrem Verstand lediglich Bilder – Sie selbst sind aber kein mentales Bild. Sie sind die Kraft der Wahrnehmung und Tätigkeit und jenseits des Bildes. Frage: Sie scheinen mir zu raten, bis hin zum Egoismus selbstzentriert zu sein. Muss ich sogar
mein Interesse an anderen Menschen aufgeben? Maharaj: Ihr Interesse an anderen ist egoistisch, selbst-bezogen und selbstorientiert. Sie sind an anderen nicht als Personen interessiert, sondern nur insofern Sie sie bereichern oder Ihr eigenes Bild von sich selbst erhöhen. Und der Gipfel der Selbstsucht besteht darin, nur für den Schutz, den Erhalt und die Vermehrung des eigenen Körpers zu sorgen. Mit dem Körper meine ich alles, was sich auf Ihren Namen und Ihre Gestalt bezieht – Ihre Familie, Ihr Clan, Ihr Land, Ihre Rasse usw. Es ist Selbstsucht, an seinen Namen und seine Form gebunden zu sein. Ein Mensch, der weiß, dass er weder Körper noch Verstand ist, kann nicht selbstsüchtig sein, weil er nichts hat, dessen er der Selbstsucht bedarf. Oder Sie können auch sagen: Er ist gleich „selbstsüchtig“ für alle, die er trifft – jedermanns Wohlfahrt ist seine eigene. Das Gefühl „Ich bin die Welt, die Welt ist mein Selbst“ kommt ganz natürlich. Sobald es etabliert ist, gibt es keine Möglichkeit der Selbstsucht mehr. Selbstsüchtig zu sein bedeutet zu begehren, zu erwerben, anzusammeln auf Kosten des Ganzen. Frage: Man kann reich sein und viele Besitztümer haben, die man ererbt oder durch Heirat oder einfach Glück erworben hat. Maharaj: Wenn Sie sie nicht festhalten, werden Sie Ihnen genommen werden. Frage: Können Sie in Ihrem gegenwärtigen Zustand eine andere Person als Person lieben? Maharaj: Ich bin die andere Person, die andere Person ist ich selbst. Namen und Gestalt sind unterschiedlich, aber es gibt keine Trennung. An der Wurzel unseres Seins sind wir eins. Frage: Ist dies auch nicht dann so, wenn es Liebe zwischen Menschen gibt? Maharaj: So ist es, aber sie sind dessen nicht
bewusst. Sie fühlen die Anziehung, kennen aber den Grund nicht. Frage: Weshalb ist Liebe selektiv? Maharaj: Liebe ist nicht selektiv – Wunsch ist selektiv. In der Liebe gibt es keine Fremden. Wenn das Zentrum der Selbstsucht nicht länger existiert, hören alle Wünsche nach Freuden und Vergnügen auf. Man ist nicht länger daran interessiert, glücklich zu sein. Jenseits des Glücklichseins liegt reine Intensität, unerschöpfliche Energie, die Ekstase des Gebens aus einer ewigen Quelle. Frage: Sollte ich damit beginnen, für mich selbst das Problem von richtig und falsch zu lösen? Maharaj: Was erfreulich ist, halten die Leute für gut, und was schmerzhaft ist, halten sie für schlecht. Frage: Ja, das ist, wie es mit uns gewöhnlichen Menschen steht. Aber wie ist es bei Ihnen, auf der Ebene des Einsseins? Was ist für Sie gut und was schlecht? Maharaj: Was das Leiden steigert ist schlecht, und was es beseitigt, ist gut. Frage: Also sprechen Sie dem Leiden seinen Wert ab. Es gibt Religionen, in denen das Leiden als gut und edel angesehen wird. Maharaj: Karma oder Schicksal ist ein Ausdruck für ein wohltätiges Gesetz: Das Universale tendiert stets zum Ausgleich, zur Harmonie und zur Einheit. In jedem Moment ist das gerade Geschehende das Beste. Es mag als schmerzhaft und hässlich erscheinen, als bitteres und bedeutungsloses Leiden, aber in Betracht der Vergangenheit und der Zukunft ist es das Beste, weil es der einzige Ausweg aus einer katastrophalen Situation ist. Frage: Leidet man nur für seine eigenen Sünden? Maharaj: Man leidet unter dem, wofür man sich
selbst hält. Wenn Sie sich eins mit der Menschlichkeit fühlen, dann leiden Sie an der Menschlichkeit. Frage: Und da Sie behaupten, eins mit den Leidenden zu sein, gibt es weder in Zeit noch im Raum eine Grenze Ihres Leidens! Maharaj: Zu sein bedeutet zu leiden. Je enger der Kreis meiner Selbst-Identifikation wird, umso akuter wird das durch Verlangen und Furcht verursachte Leiden. Frage: Das Christentum akzeptiert das Leiden als Reinigung und Veredelung, während der Hinduismus einen Widerwillen dagegen hat. Maharaj: Das Christentum ist nur ein Weg, Worte zusammenzusetzen, während der Hinduismus ein anderer ist. Das Wirkliche ist hinter und jenseits der Worte, unkommunizierbar, direkt erfahren, explosiv in seiner Wirkung auf den Verstand. Es ist leicht erreichbar, wenn nichts anderes mehr gewünscht wird. Nämlich die durch Imagination und fortdauerndes Verlangen erzeugten „Innereien“. Frage: Kann es kein gutes und notwendiges Leiden geben? Maharaj: Zufälliger und beiläufig entstandener Schmerz ist unvermeidbar und vergänglich. Vorsätzlich entstandener Schmerz, auch wenn er durch die besten Absichten entstanden ist, ist sinnlos und grausam. Frage: Würden Sie Verbrechen nicht auch bestrafen? Maharaj: Bestrafung ist nicht als legalisiertes Verbrechen. In einer Gesellschaft, die auf Prävention aufbaut und nicht auf Vergeltung, würde es nur wenig Kriminalität geben. Die wenigen Ausnahmen könnten medizinisch behandelt werden, wie ein ungesunder Verstand oder Körper.
Frage: Sie scheinen nur wenig Verwendung für Religion zu sehen. Maharaj: Was ist Religion? Eine Wolke am Himmel. Ich lebe im Himmel, nicht in den Wolken, die nur von so vielen Worten zusammengehalten werden. Entfernen Sie den Wortschwall – was bleibt? Die Wahrheit bleibt. Mein Zuhause ist im Unveränderlichen, das als ein Zustand beständiger Versöhnung und Integration der Gegensätze erscheint. Die Leute kommen hierher, um etwas über die tatsächliche Existenz dieses Zustandes zu erfahren, die auftauchenden Hindernisse, und, einmal erkannt, die Kunst der Stabilisierung dieses Bewusstseins. Auf diese Weise entsteht kein Zusammenstoß zwischen Verstehen und Leben. Der Zustand selbst ist jenseits des Verstandes und muss nicht erlernt werden. Der Verstand kann sich nur auf die Hindernisse konzentrieren. Ein Hindernis als ein Hindernis sehen zu können, ist sehr wirksam, weil es der Verstand ist, der mit dem Verstand arbeitet. Beginnen Sie von Anfang an damit: Geben Sie auf die Tatsache acht, dass Sie sind. Sie können niemals sagen: „Ich war nicht“; alles was Sie sagen könnten, ist: „Ich erinnere mich nicht“. Sie wissen jetzt, wie unzuverlässig die Erinnerung ist. Akzeptieren Sie, dass Sie, versunken in geringfügige persönliche Angelegenheiten, vergessen haben, wer Sie sind. Versuchen Sie die verlorene Erinnerung zurückzubringen, indem Sie das Bekannte eliminieren. Sie können weder sagen, was geschehen wird, noch wäre dies wünschenswert. Jede Vorwegnahme erzeugt Illusionen. In der inneren Suche ist das Unerwartete unvermeidlich. Die Entdeckung ist unverändert stets jenseits aller Vorstellungen. So wie ein ungeborenes Kind nicht das Leben nach der Geburt kennen kann, da es nichts im Verstand hat, mit dem es ein gültiges Bild formen könnte, so ist auch der Verstand unfähig,
das Wirkliche in Begriffen des Unwirklichen zu denken; außer in der Negation: „Nicht dies, nicht das“. Das Akzeptieren des Unwirklichen als wirklich ist das Hindernis. Das Falsche als falsch zu sehen und aufzugeben trägt Wirklichkeit ins Sein hinein. Die Zustände äußerster Klarheit, immenser Liebe, äußerster Furchtlosigkeit sind nur bloße Worte für den Moment; Umrisse ohne Farben; Fingerzeige auf das, was sein könnte. Sie sind wie ein blinder Mann, der als Ergebnis einer Operation wieder zu sehen erwartet – sofern Sie die Operation nicht hintertreiben! Der Zustand „Ich bin“ in Worten dargestellt, bedeutet überhaupt nichts. Noch kann es irgendeine Anhänglichkeit an Worte geben. Nur die Fakten zählen. Frage: Es kann keine Religion ohne Worte geben. Maharaj: Aufgezeichnete Religionen sind nur Haufen von Wortschwall. Religionen erweisen ihr wahres Gesicht in Tätigkeit, in stiller Tätigkeit. Um zu erkennen, was ein Mensch glaubt, schauen Sie sich seine Taten an. Die meisten Menschen dienen nur ihren Körpern, und ihre Religion ist ihr Verstand. Sie haben viele religiöse Ideen, handeln aber nicht ihnen entsprechend. Sie spielen mit ihnen, und sehr oft haben sie viel Gefallen an ihnen, handeln aber nicht in ihrem Geist. Frage: Worte werden für die Kommunikation benötigt. Maharaj: Für den Austausch von Information – ja. Aber echte Kommunikation zwischen Menschen ist non-verbal. Zur Herstellung und Pflege einer Beziehung ist leidenschaftliches Gewahrsein ausgedrückt in direkter Tätigkeit erforderlich. Es zählt nicht, was Sie sagen, sondern was Sie tun. Worte sind vom Verstand gemacht und bedeutungsvoll nur auf der Ebene des Verstandes. Das Wort „Brot“ können Sie weder essen noch davon leben – es drückt bloß eine Idee aus. Seine
Bedeutung erhält es nur im Akt des Essens. Im selben Sinne teile ich Ihnen mit, dass der Normale Zustand nicht verbal ist. Ich könnte sagen, dass es auf weise Art ausgedrückte tätige Liebe ist, aber Worte dieser Art sagen nur wenig aus. Es sei denn, Sie erfahren sie in all ihrer Fülle und Schönheit. Worte haben ihren begrenzten Nutzen, aber wir setzen Ihnen keine Grenzen und bringen uns so selbst an den Rand einer Katastrophe. Unsere edlen Ideen sind letztlich alle durch unsere unedlen Handlungen ausgeglichen. Wir reden von Gott, Wahrheit und Liebe, aber anstelle direkter Erfahrung haben wir Definitionen. Anstelle einer Vergrößerung und Vertiefung von Handlungen drechseln wir nur an Definitionen. Und wir haben die Phantasie, dass wir das kennen, was wir definieren! Frage: Wie kann man Erfahrung außer durch Worte übermitteln? Maharaj: Erfahrung kann nicht durch Worte übermittelt werden. Sie kommt mit der Handlung. Ein Mensch, der in seiner Erfahrung intensiv ist, wird Vertrauen und Mut ausstrahlen. Andere werden darauf reagieren und Erfahrung erlangen, die aus der Handlung geboren ist. Verbaler Unterricht hat seinen Nutzen, er bereitet den Verstand darauf vor, sich seiner Erwerbungen zu entledigen. Eine Ebene der mentalen Reife ist erreicht, wenn nichts Externes von irgendeinem Wert zurückgeblieben und das Herz bereit zum Verzicht auf alles ist. Dann hat die Wirklichkeit eine Chance, die sie ergreifen kann. Verzögerungen, sofern gegeben, werden vom Verstand verursacht, der nicht bereit ist zu sehen oder aufzugeben. Frage: Sind wir denn so völlig allein? Maharaj: Oh nein, das sind wir nicht. Die, die haben, können geben. Und solche Gebende gibt es viele. Die Welt selbst ist das höchste Geschenk –
gegeben durch liebendes Opfer. Aber der rechten Empfänger, weise und demütig, sind nur wenige. „Frage und es wird dir gegeben“ ist das ewige Gesetz. So viele Worte Sie gelernt haben, so viele haben Sie auch gesprochen. Sie wissen alles, kennen sich aber nicht selbst. Das Selbst wird nicht durch Worte gekannt, sondern nur durch direkte Einsicht enthüllt. Schauen Sie nach innen, suchen Sie innen. Frage: Es ist sehr schwer, Worte aufzugeben. Unser mentales Leben besteht aus einem einzigen Strom von Worten. Maharaj: Es ist keine Frage von leicht oder schwer. Sie haben keine Alternative. Entweder versuchen Sie es oder nicht. Es liegt bei Ihnen. Frage: Ich habe es viele Male versucht und bin gescheitert. Maharaj: Versuchen Sie es weiterhin. Wenn Sie es weiterhin versuchen, wird irgendwann etwas geschehen. Aber wenn Sie es nicht tun, werden Sie festsitzen. Sie kennen vielleicht alle richtigen Wörter, wie sie in den Schriften geschrieben stehen, sind brillant in Ihren Diskussionen - und doch bleibt nur ein Sack voller Knochen zurück. Oder Sie sind recht unauffällig und demütig und eine insgesamt gänzlich unbeachtete Person, doch innerlich glühend von liebender Güte und tiefer Weisheit.
Das Wahrgenommene kann nicht der Wahrnehmer sein Frage: Ich bin von Ort zu Ort gefahren, um die verschiedenen Praktiken des Yoga zu erforschen, und ich konnte nicht entscheiden, welcher der beste für mich ist. Ich wäre dankbar für kompetenten Rat. Im Moment bin ich als Ergebnis all dieses Suchens müde durch die Idee geworden, nach der Wahrheit
zu suchen. Für mich sieht es so aus, als wäre dass sowohl unnötig als auch beschwerlich. Das Leben ist schön so, wie es ist, und ich sehe keinen Grund darin, es verbessern zu wollen. Maharaj: Wir wünschen Ihnen natürlich all die Zufriedenheit, die Sie schon haben. Aber werden Sie auch zufrieden bleiben? Jugend, Kraft, Geld – all dass wird schneller verschwinden als Sie nur ahnen. Die Sorgen, die bis jetzt fern waren, werden Sie verfolgen. Wenn Sie jenseits des Leidens gehen wollen, dann müssen Sie ihm auf halbem Wege begegnen und es umarmen. Lassen Sie Ihre Gewohnheiten und Anhaftungen gehen; leben Sie ein einfaches und anständiges Leben, verletzen Sie andere Lebewesen nicht - das ist die Grundlage des Yoga. Um die Wirklichkeit in Ihnen zu finden, müssen Sie in der kleinsten täglichen Handlung wirklich sein – einen Betrug auf der Suche nach der Wahrheit kann es nicht geben. Sie sagen, dass Sie Ihr Leben schön finden. Vielleicht ist das im Moment so. Aber wer findet es schön? Frage: Ich gebe zu, dass ich weder den Genießer noch das Genossene kennen. Ich kenne nur den Genuß. Maharaj: Ganz richtig. Aber Genuss ist ein Zustand im Verstand - er kommt und geht. Seine offenbare Unbeständigkeit macht ihn wahrnehmbar. Sie können sich nicht dessen bewusst sein, was sich nicht ändert. Alles Bewusstsein ist Bewusstsein der Wandlung. Aber die Wahrnehmung des Wandels bedingt doch einen unwandelbaren Hintergrund. Frage: Überhaupt nicht. Die Erinnerung des letzten Zustand im Vergleich mit der Aktualität des gegenwärtigen Zustands ermöglicht die Erfahrung des Wandels. Maharaj: Zwischen dem Erinnerten und dem Aktuellen gibt es einen grundlegenden Unterschied,
der von Moment zu Moment beobachtet werden kann. Das Aktuelle kann zu keinem Zeitpunkt erinnert werden. Zwischen beiden ist ein Unterschied der Art, nicht nur der Intensität. Das Aktuelle ist unverkennbar so. Durch keine Anstrengung des Willens oder der Vorstellung können Sie die beiden austauschen. Was gibt Ihnen nun diese einzigartige Qualität des Aktuellen? Frage: Das Aktuelle ist wirklich, während es bezüglich des Erinnerten ein Maß an Ungewissheit gibt. Maharaj: Ganz recht, aber weshalb? Vor einem Moment war das Erinnerte noch aktuell, und im nächsten Moment wird das Aktuelle das Erinnerte sein. Was macht das Aktuelle einzigartig? Es ist offensichtlich unser Empfinden der Gegenwärtigkeit. In der Erinnerung und Vorwegnahme gibt es das klare Gefühl, dass dies ein mentaler Zustand unter Beobachtung ist, während im Aktuellen das Empfinden primär das des Gegenwärtigseins und Gewahrseins ist. Frage: Ja, ich kann das verstehen. Es ist das Gewahrsein, das den Unterschied zwischen dem Aktuellen und dem Erinnerten ausmacht. Man denkt an die Vergangenheit oder Zukunft, ist aber im Jetzt gegenwärtig. Maharaj: Wo auch immer Sie hingehen – das Empfinden des Hier und Jetzt nehmen Sie die ganze Zeit über mit sich. Es bedeutet, dass Sie unabhängig von Zeit und Raum sind, dass Zeit und Raum in Ihnen, nicht aber Sie in ihnen sind. Es ist Ihre Selbst-Identifikation mit dem Körper, die natürlich begrenzt in Zeit und Raum ist, die Ihnen das Gefühl von Endlichkeit gibt. In der Wirklichkeit sind Sie unendlich und ewig. Frage: Dieses Unendliche und Ewige Selbst in mir – woher kenne ich es?
Maharaj: Sie wollen das Selbst kennen, aber ist es denn irgendwie ein zweites Selbst? Bestehen Sie aus mehreren Selbst? Gewiss kann es nur ein Selbst geben, und Sie sind dieses Selbst. Das Selbst, das Sie sind, ist das einzige, das es gibt. Entfernen und verlassen Sie die falschen Ideen über sich selbst – und da ist es in all seiner Herrlichkeit. Es ist nur Ihr Verstand, der die Selbsterkenntnis verhindert. Frage: Wie kann ich den Verstand loswerden? Und ist auf der menschlichen Ebene ein Leben ohne Verstand überhaupt möglich? Maharaj: Es gibt nichts derartiges wie den Verstand. Es gibt Ideen, und einige von ihnen sind falsch. Geben Sie die falschen Ideen auf, denn es sind diese, die Ihre Sicht auf sich selbst verdunkeln. Frage: Welche Ideen sind falsch und welche wahr? Maharaj: Behauptungen sind normalerweise falsch und Leugnungen – richtig! Frage: Man kann doch nicht leben, indem man alles leugnet! Maharaj: Nur durch Verleugnen kann man leben. Behauptungen sind Bindung. In Frage zu stellen und zu verleugnen ist notwendig. Es ist die Essenz der Revolte, und ohne Revolte kann es keine Freiheit geben. Es gibt kein zweites oder höheres Selbst, nach dem zu suchen wäre. Sie sind das höchste Selbst. Geben Sie nur die falschen Ideen auf, die Sie über Ihr Selbst haben. Vertrauen und Vernunft teilen Ihnen mit, dass Sie weder der Körper noch seine Wünsche und Ängste sind. Sie sind auch nicht der Verstand mit all seinen phantasievollen Ideen, und Sie müssen auch nicht die Ihnen von der Gesellschaft zugedachten Rollen spielen, die Person sein, die man von Ihnen zu sein erwartet. Geben Sie das Falsche auf – und das Wahre wird zu seinem Recht kommen.
Sie sagen, dass Sie Ihr Selbst kennen lernen möchten. Sie sind Ihr eigenes Selbst – Sie können nicht etwas anderes sein, als Sie sind. Heißt „kennen“, getrennt vom Sein zu sein? Was immer Sie mit Ihrem Verstand kennen können, ist vom Verstand, nicht von Ihnen. Über sich selbst können Sie nur sagen: „Ich bin, ich bin gewahr, Ich bin Es.“ Frage: Ich finde das Leben müssen einen schmerzhaften Zustand. Maharaj: Sie können nicht am Leben sein, weil Sie das Leben selbst sind. Es ist die Person, für die Sie sich selbst halten, die leidet, nicht Sie. Lösen Sie sie im Gewahrsein auf. Sie ist nur ein Bündel aus Erinnerungen und Gewohnheiten. Vom Gewahrsein des Unwirklichen bis zum Gewahrsein Ihrer wahren Natur ist eine Kluft, die Sie leicht überqueren können, sobald Sie einmal die Kunst des reinen Gewahrseins beherrschen. Frage: Alles was ich weiß ist, das ich mich selbst nicht kenne. Maharaj: Woher wissen Sie, dass Sie Ihr Selbst nicht kennen? Ihre direkte Wahrnehmung sagt Ihnen, dass Sie sich selbst als erstes kennen, denn nichts existiert ohne Ihr Sein, dass seine Existenz erfährt. Sie stellen sich vor, dass Ihr Selbst nicht existiert, weil Sie Ihr Selbst nicht beschreiben können. Sie können immer sagen: „Ich weiß, dass ich bin“, und Sie können die Aussage „Ich bin nicht“ als unwahr zurückweisen. Aber was auch immer beschrieben werden kann, ist nicht Ihr Selbst, und was Sie sind, kann nicht beschrieben werden. Sie können Ihr Selbst nur kennen, indem Sie sie selbst sind, ohne jeden Versuch einer Selbst-Definition und Selbst-Beschreibung. Sobald Sie einmal verstanden haben, dass Sie nichts Wahrnehmbares oder Verstehbares sind, dass was auch immer im Feld des Bewusstseins erscheint, nicht Ihr Selbst sein kann, werden Sie sich selbst der Auslöschung aller
Selbstidentifikation verpflichtet fühlen. Es ist der einzige Weg, wie Sie eine tiefere Verwirklichung des Selbst erlangen können. Sie lernen buchstäblich durch Abstoßung – eine wahrhafte Rakete. Zu wissen, dass Sie weder Körper noch Verstand sind, obwohl Sie beides gewahr sind, ist bereits Selbsterkenntnis. Frage: Wenn ich weder Körper noch Verstand bin, wie bin ich ihrer gewahr? Wie kann ich etwas wahrnehmen, dass mir selbst völlig fremd ist? Maharaj: „Nichts bin ich“ ist der erste Schritt. „Alles bin ich“ der nächste. Beide hängen an der Idee: „da ist eine Welt“. Wenn auch diese aufgegeben würde, dann verbleiben Sie als das, was Sie sind – das nicht-duale Selbst. Sie sind hier und jetzt, aber Ihre Sicht wird durch falsche Ideen über Ihr Selbst verdunkelt. Frage: Nun, ich gebe zu, dass ich bin, war und sein werde – zumindest von der Geburt bis zum Tode. Ich habe keine Zweifel an meinem Sein, hier und jetzt. Aber ich finde, dass dies nicht genug ist. In meinem Leben fehlt die Freude, die aus der Harmonie zwischen dem innern und äußern entsteht. Wenn nur ich selbst bin und die Welt nur eine Projektion ist, weshalb gibt es dann Disharmonie? Maharaj: Sie erzeugen Disharmonie und beklagen sich dann darüber. Wenn Sie verlangen und fürchten und sich selbst mit Ihren Gefühlen identifizieren, erzeugen Sie Sorgen und Bindung. Wenn Sie dagegen alles mit Liebe und Weisheit ansehen und unberührt von Ihren eigenen Schöpfungen bleiben, dann ist das Ergebnis Harmonie und Friede. Aber was auch immer der Zustand Ihres Verstandes sein mag – auf welche Weise wirkt er auf Sie? Es ist nur Ihre Selbstidentifikation mit Ihrem Verstand, die Sie glücklich oder unglücklich macht. Rebellieren Sie gegen die Sklaverei Ihres Verstandes, sehen Sie Ihre
Bindung als selbsterzeugt an und durchbrechen Sie die Ketten Anhaftung und Widerwillen. Behalten Sie im Verstand das Ziel der Freiheit, bis es Ihnen dämmert, dass Sie bereits frei sind, dass Freiheit nichts in der fernen Zukunft ist, was mit schmerzhaften Bemühungen erstrebt werden muss, sondern auf ewig Ihres ist – zu Ihrem Gebrauch. Die Befreiung ist keine Erwerbung, sondern eine Angelegenheit des Mutes, nämlich des Mutes zu glauben, dass Sie bereits frei sind, und dann entsprechend zu handeln. Frage: Wenn ich tue, was ich möchte, werde ich leiden. Maharaj: Trotzdem sind Sie frei. Die Konsequenzen Ihres Handelns hängen von der Gesellschaft ab, in der Sie leben, und ihren Konventionen. Frage: Vielleicht handele ich dann rücksichtslos. Maharaj: Zusammen mit dem Mut kommen die Weisheit, Mitgefühl und die Fähigkeit zu handeln. Sie werden wissen, was Sie zu tun haben, und das was immer Sie tun, gut für alle sein wird. Frage: Ich finde, dass die verschiedenen Aspekte meiner selbst im Krieg miteinander stehen, und dass es in mir keinen Frieden gibt. Wo sind Freiheit und Mut, Weisheit und Mitgefühl? Meine Handlungen steigern nur den Krampf, in dem ich lebe. Maharaj: Das kommt nur daher, weil Sie sich selbst für etwas oder jemanden halten. Halten Sie an, schauen Sie, erforschen Sie, stellen Sie die richtigen Fragen, kommen Sie zu den richtigen Schlussfolgerungen und haben Sie dann den Mut, dementsprechend zu handeln und zu schauen, was passiert. Die ersten Schritte lassen Ihnen vielleicht das Dach auf den Kopf fallen, aber schon bald wird er Tumult schwinden, und es wird Friede und Freude geben. Sie wissen so viele Dinge über sich selbst,
aber den Kenner kennen Sie nicht. Finden Sie heraus, wer Sie sind, der Kenner des Bekannten. Schauen Sie eifrig nach innen, erinnern Sie sich daran sich zu erinnern, dass das Wahrgenommene nicht der Wahrnehmer sein kann. Was immer Sie sehen, hören oder denken und erinnern - Sie sind nicht das, was passiert, sondern der, dem es geschieht. Tauchen Sie tief in das Gefühl „Ich bin“ ein, und Sie werden schon bald entdecken, dass das wahrnehmende Zentrum universal ist, so universal wie das Licht, dass die Welt erleuchtet. Alles was im Universum geschieht, geschieht Ihnen - dem stillen Zeugen. Auf der anderen Seite - was immer auch getan wird, wird von Ihnen getan – der universalen und unerschöpflichen Energie. Frage: Es ist zweifellos sehr wohltuend zu hören, dass man der stille Zeuge als auch die universale Energie ist. Aber wie kann man die Brücke von der verbalen Aussage zum direkten Wissen überqueren? Hören ist nicht wissen. Maharaj: Bevor Sie etwas direkt kennen können, nonverbal, müssen Sie den Kenner kennen. Bis jetzt halten Sie den Verstand für den Kenner, was aber nicht so ist. Der Verstand umnebelt Sie mit Bildern und Ideen, die Spuren in der Erinnerung hinterlassen. Sie halten die Erinnerung für Wissen. Wahres Wissen ist stets frisch, neu und unerwartet. Es strömt aus dem Innern. Wenn Sie wissen, was Sie sind, dann sind sich gleichzeitig auch das, was Sie wissen. Zwischen Wissen und Sein gibt es keine Lücke. Frage: Ich kann den Verstand doch nur mit dem Verstand erforschen. Maharaj: Verwenden Sie unbedingt den Verstand, um den Verstand zu kennen. Dies ist vollkommen berechtigt und ferner die beste Vorbereitung darauf,
jenseits des Verstandes zu gehen. Sein, wissen und genießen ist Ihr Eigenes. Erkennen Sie als erstes Ihr eigenen Sein. Dies ist einfach, weil das Empfinden „Ich bin“ stets mit Ihnen ist. Anschließend kennen Sie sich selbst als den Kenner, gesondert vom Bekannten. Sobald Sie sich selbst kennen als reines Sein, ist die Ekstase der Freiheit ihre. Frage: Was für ein Yoga ist dies? Maharaj: Weshalb darüber nachdenken? Sie sind hierher gekommen, weil Ihr Sein ein Ungenügen hat an dem Leben, dass Sie kennen, das Leben Ihres Verstandes und Körpers. Sie können versuchen, dies zu verbessern, indem Sie sich an ein Ideal anzupassen versuchen, oder aber Sie durchschneiden alle Knoten der Selbstidentifikation und betrachten Ihren Körper und Verstand als etwas, das Ihnen geschieht, ohne Sie zu irgendetwas zu verpflichten. Frage: Kann man den Weg der Selbstbeherrschung und Disziplin Raja Yoga und den Weg der Loslösung Jnana Yoga nennen? Und ist die Verehrung eines Ideals Bhakti Yoga? Maharaj: Wenn es Ihnen gefällt, ja. Worte sind Hinweise, erklären aber nichts. Was ich lehre, ist das uralte und einfache Weg der Befreiung durch Verstehen. Verstehen Sie Ihren eigenen Verstand – und sein Zugriff auf Sie wird aufhören. Der Verstand missversteht – das Missverstehen ist seine ureigene Natur. Rechtes Verstehen ist das einzige Lösungsmittel, welchen Namen Sie dem auch immer geben wollen. Es ist der erste und der letzte, denn er behandelt den Verstand als das, was er ist. Nichts was Sie tun, wird Sie verändern, denn Sie benötigen keine Veränderung. Sie können Ihren Verstand oder Ihren Körper verändern, aber dies wird immer etwas Externes für Sie sein, was sich geändert hat, nicht Sie selbst haben sich geändert.
Weshalb überhaupt um Änderungen kümmern? Erkennen Sie ein für alle mal, dass Sie weder Körper noch Verstand sind, und dass nicht einmal Ihr Bewusstsein Ihres ist. Verbleiben Sie dann allein für sich in Ihrer wahren Natur jenseits von Bewusstsein und Unbewusstsein. Keine Bemühung kann Sie dort hinbringen, nur die Klarheit des Verstehens. Verfolgen Sie Ihre Missverständnisse und geben Sie sie auf, das ist alles. Es gibt nichts, was gesucht und gefunden werden müsste, weil nichts verloren gegangen ist. Entspannen Sie sich und beobachten Sie das „Ich bin“. Gleich dahinter liegt die Wirklichkeit. Seien Sie still, seien Sie ruhig. Es wird auftauchen, oder genauer: Es wird Sie in sich hineinnehmen. Frage: Muss ich nicht als erstes meinen Körper und Verstand aufgeben? Maharaj: Das können Sie nicht, weil Sie ja gerade die Idee davon an diese bindet. Verstehen Sie einfach nur und beachten Sie dies nicht weiter. Frage: Ich bin nicht in der Lage, nicht zu beachten, weil ich nicht integriert ist. Maharaj: Stellen Sie sich sich selbst als vollständig integriert und Ihre Gedanken und Handlungen als vollständig koordiniert. Wie wird es Ihnen helfen? Es wird Sie nicht frei davon machen, sich selbst mit dem Körper oder Verstand zu verwechseln. Sehen Sie diese einfach zutreffenderweise als „nicht Sie“, das ist alles. Frage: Sie wollen, dass ich mich daran erinnere, zu vergessen! Maharaj: Ja, so sieht es aus. Und doch ist es nicht hoffnungslos. Sie können es tun. Sehen Sie es einfach nur in aller Ernsthaftigkeit. Ihr blindes Herumtasten ist voller Verheißung. Gerade Ihr Suchen ist das Finden. Sie können nicht irregehen. Frage: Wir leiden, weil wir so desintegriert sind.
Maharaj: Wir leiden so lange, wie unsere Gedanken und Handlungen durch Verlangen und Furcht motiviert sind. Sehen Sie deren Flüchtigkeit, und Gefahr und Chaos werden abflauen. Versuchen Sie sich nicht selbst zu reformieren – sehen Sie einfach nur die Flüchtigkeit allen Wandels. Das Wechselhafte verändert sich fortwährend, während das Wandellose wartet. Erwarten Sie nicht das Wechselhafte, damit es Sie zum Wandellosen trägt – dies könnte niemals geschehen. Nur dann, wenn die Idee des Verändernwollens als falsch erkannt und aufgegeben wurde, kann das Wandellose zu seinem Recht kommen. Frage: Überall wo ich hingehe, wird mir gesagt, dass ich mich tief wandeln muss, bevor ich das Wirkliche sehen kann. Dieser Prozess ist absichtlich und selbstauferlegt, und wird Yoga genannt. Maharaj: Alle Veränderungen betreffen nur den Verstand. Um zu sein, was Sie sind, müssen Sie jenseits des Verstandes in Ihr eigenes Sein gehen. Was der Verstand ist und was Sie hinter sich lassen, ist immateriell, sofern Sie es für immer hinter sich lassen. Dies wiederum ist ohne SelbstVerwirklichung unmöglich. Frage: Was kommt zuerst – die Aufgabe des Verstandes oder die Selbst-Verwirklichung? Maharaj: Die Selbst-Verwirklichung kommt definitive als erstes. Der Verstand kann nicht durch sich selbst jenseits von sich selbst gehen. Er würde explodieren. Frage: Kann es keine Erforschung vor der Explosion geben? Maharaj: Die explosive Kraft kommt vom Wirklichen. Aber Sie sind gut beraten, wenn Sie Ihren Verstand darauf vorbereiten. Furcht kann es nur verzögern, bis andere Gelegenheiten auftauchen.
Frage: Ich dachte, dass es immer eine Chance gibt. Maharaj: In der Theorie ja. In der Praxis muss eine Situation auftauchen, in der alle für die SelbstVerwirklichung nötigen Faktoren anwesend sind. Ich will Sie damit nicht entmutigen. Ihr Beharren auf der Tatsache des „Ich bin“ wird schon bald eine neue Chance erzeugen. Denn die Haltung erzeugt die Gelegenheit. Alles was Sie wissen, ist nur aus zweiter Hand. Nur das „Ich bin“ ist aus erster Hand und braucht keine Beweise. Bleiben Sie dabei.
Verstehen führt zur Freiheit Frage: In vielen Ländern der Erde betreiben Verhörspezialisten gewisse Praktiken, die darauf abzielen, die Fähigkeiten ihrer Opfer auszulöschen und ihre Persönlichkeit zu manipulieren. Durch wohlerwogenen Einsatz physischer und moralischer Zwänge und durch Überredung wird die alte Persönlichkeit zerstört und an ihrer Stelle eine neue errichtet. Der Mensch, der so manipuliert wird, hört so viele Male, dass er ein Feind des Staates und Verräter seines Landes sei, dass ein Tag kommt, an dem etwas in ihm zerbricht und er sich mit voller Überzeugung als Verräter, Rebell, für verabscheuungswürdig und für jemanden hält, der mit vollem Recht Bestrafung verdient hat. Dieser Prozess wird Gehirnwäsche genannt. Es erschreckt mich zu sehen, dass religiöse und Yoga-Praktiken dieser „Gehirnwäsche“ sehr ähnlich sind. Es ist dieselbe physische und mentale Zwangssituation, die Ausschließlichkeit des Interesses, das starke Gefühl von Sünde, Verzweiflung und einem Wunsch, durch Buße und Konversion zu entfliehen, die Übernahme eines neuen Selbstbildes und die Ver-Unpersönlichung dieses Bildes. Es ist dieselbe Wiederholung von stupiden Formeln: „Gott ist gut, der Guru (die Partei) weiß alles, Glaube wird mich retten“. In diesen so genannten Yoga- oder religiösen Praktiken arbeiten dieselben Mechanismen. Der Verstand wird dazu gebracht, sich auf eine bestimmte Idee zu fixieren unter Ausschluss aller anderen, und die Konzentration wird dann durch rigide Disziplin und schmerzhafte Verzichtsleistungen verstärkt. Es wird ein hoher Preis im Leben und Glück gezahlt, und was so jemand dann im Austausch erhält, wird als ein hoher Wert angesehen. Diese vorgegebene Konversion, offenbar oder versteckt, religiös oder
politisch, ethisch oder sozial, mag echt und dauerhaft aussehen, aber über allem liegt immer ein Gefühl des Künstlichen. Maharaj: Sie haben ganz recht. Indem sich der Verstand so vielen Härten unterzieht, wird er erschüttert und unbeweglich gemacht. Seine Verfassung wird heikel – was immer er unternimmt, endet in tieferer Bindung. Frage: Weshalb werden dann Sadhanas vorgeschrieben? Maharaj: Solange Sie keine enormen Anstrengungen unternehmen, werden Sie nicht überzeugt sein, dass Anstrengungen Sie nirgendwohin führen. Das Ego-Selbst ist so zuversichtlich, dass es nur bei totaler Entmutigung bereit zur Aufgabe ist. Die bloße verbale Überzeugung ist nicht genug. Nur harte Tatsachen können das absolute Nichts des Ego-Selbstbildes zeigen. Frage: Der Gehirnwäscher hat mich verrückt gemacht, und der Guru macht mich wieder gesund. Die Verfahrensweisen sind ähnlich. Und doch sind die Motive und der Zweck völlig anders. Die Ähnlichkeiten sind vielleicht rein verbal. Maharaj: Das Zustimmen wie das Widerstreben des Leidens tragen in sich eine gewisse Gewalttätigkeit, und die Frucht davon kann nicht süß sein. Es gibt gewisse Lebenssituationen, die unvermeidlich schmerzhaft sind, und Sie müssen sie durchlaufen. Es gibt außerdem bestimmte Situationen, die Sie selbst erzeugt haben, entweder vorsätzlich oder durch Widerstand. Und aus diesen haben Sie eine Lektion zu lernen, damit sie sich nicht wiederholen. Frage: Es scheint so, dass wir leiden müssen, damit wir den Schmerz überwinden können.
Maharaj: Schmerz muss ertragen werden. Es gibt nicht so etwas wie das Überwinden von Schmerz; es wird kein Training dazu benötigt. Ein Trainieren für die Zukunft und das Entwickeln von Haltungen ist ein Zeichen von Furcht. Frage: Wenn ich einmal weiß, wie ich dem Schmerz begegnen kann und nicht vor ihm erschrecke, dann bin ich frei davon und folglich glücklich. Das ist, was einem Gefangenen widerfährt. Er akzeptiert seine Bestrafung als gerecht und angemessen, und ist im Frieden mit den Gefängnisbehörden und dem Staat. Alle Religionen tun nichts anderes als Annehmen und Hingabe zu predigen. Wir werden dazu ermutigt, uns schuldig zu erklären, uns verantwortlich für alles Böse in der Welt zu fühlen und auf uns selbst als der einzigen Ursache zu zeigen. Mein Problem damit ist: Ich kann keinen großen Unterschied zwischen Gehirnwäsche und Sadhana sehen ausgenommen den Fall, dass man beim Sadhana nicht physisch misshandelt wird. Das Element der Zwangssuggestion ist aber in beiden enthalten. Maharaj: Wie Sie gesagt haben, sind die Ähnlichkeiten rein oberflächlich. Sie müssen nicht auf ihnen herumreiten. Frage: Sir, die Ähnlichkeiten sind nicht bloß oberflächlich. Der Mensch ist ein komplexes Lebewesen und kann zur selben Zeit der Täter und das Opfer sein, der Richter, der Wärter und der Henker. In einem „freiwilligen“ Sadhana liegt nicht viel freiwilliges. Man wird von Kräften bewegt, die außerhalb der eigenen Kontrolle und des eigenen Horizonts sind. Ich kann meinen mentalen Metabolisus so wenig ändern wie den physischen, ausgenommen durch schmerzhafte und langwierige Bemühungen – und das ist Yoga. Ich frage nur eines: Stimmen Sie mit mir darin überein, dass Yoga Gewaltsamkeit beinhaltet?
Maharaj: Ich stimme darin überein, dass der von Ihnen dargestellte Yoga Gewaltsamkeit bedeutet, und ich habe niemals irgendeine Form von Gewaltsamkeit befürwortet. Mein Weg ist total gewaltfrei. Ich meine genau das, was ich sage: gewaltfrei. Finden Sie für sich selbst heraus, was damit gemeint ist. Ich sage einfach nur: er ist gewaltfrei. Frage: Ich missbrauche Worte nicht. Wenn ein Guru mich dazu auffordert, sechzehn Stunden am Tag für den Rest meines Lebens zu meditieren, dann kann ich dies nicht ohne extreme Gewaltanwendung mir selbst gegenüber tun. Ist solch ein Guru richtig oder falsch? Maharaj: Nichts zwingt Sie dazu, sechzehn Stunden am Tag zu meditieren, außer Sie fühlen sich dazu gedrängt. Es ist nur ein Weg, um Ihnen zu sagen: „bleiben Sie bei sich selbst, gehen Sie nicht in der Menge verloren“. Der Lehrer wartet, aber der Verstand ist ungeduldig. Es ist nicht der Lehrer, sondern der Verstand, der gewaltsam ist und auch vor seiner eigenen Gewaltsamkeit erschreckt. Die Sachen des Verstandes sind relative – es wäre ein Fehler, sie zu etwas Absoluten zu machen. Frage: Wenn ich passiv bleibe, ändert sich nichts. Wenn ich aktiv sein möchte, muss ich gewaltsam werden. Wie könnte ich sonst etwas tun, was weder steril noch gewaltsam wäre? Maharaj: Natürlich gibt es einen Weg, der weder gewaltsam noch steril ist und doch extrem wirksam. Schauen Sie sich einfach nur selbst so an, wie Sie sind, akzeptieren Sie sich selbst, wie Sie sind, und gehen Sie tiefer in das hinein, was Sie sind. Gewaltsamkeit und Gewaltfreiheit beschreiben Ihre Einstellung zu anderen. Das Selbst in Beziehung zu sich selbst ist weder gewaltsam noch nicht-
gewaltsam – es entweder gewahr oder nicht gewahr seiner selbst. Wenn es sich selbst kennt, wird alles, was es tut, in Ordnung sein. Falls nicht, wird all sein Tun falsch sein. Frage: Was meinen Sie damit, wenn Sie sagen: Ich kenne mich selbst so, wie ich bin? Maharaj: Vor dem Verstand ist das „Ich bin“. „Ich bin“ ist kein Gedanke im Verstand, der Verstand geschieht mir, nicht aber geschehe ich dem Verstand. Und da Zeit und Raum im Verstand sind, bin ich jenseits von Zeit und Raum; ewig und allgegenwärtig. Frage: Meinen Sie das ernst? Glauben Sie wirklich, dass Sie überall und allzeit existieren? Maharaj: Ja, das tue ich. Für mich ist dies so selbstverständlich wie für Sie ihre körperliche Bewegungsfreiheit. Stellen Sie sich einen Baum vor, der einen Affen fragt: „Meinst du ernsthaft, dass du dich von Ort zu Ort bewegen kannst?“ Und der Affe antwortet: „Ja, das kann ich“. Frage: Sehen Sie sich auch frei von der Kausalität? Können Sie Wunder machen? Maharaj: Die Welt selber ist ein Wunder. Ich bin jenseits von Wundern – ich bin absolut normal. Mit mir geschieht alles so, wie es muss. Ich arbeite nicht gegen die Schöpfung. Welchen Nutzen hätten kleine Wunder für mich, wenn das größte Wunder alle Zeit geschieht? Was immer Sie auch sehen, ist immer nur Ihr eigenes Sein. Gehen Sie tiefer in sich selbst, suchen Sie im Innern. In der SelbstErforschung gibt es weder Gewaltsamkeit noch Gewaltfreiheit. Die Zerstörung des Falschen ist nicht Gewalt. Frage: Wenn ich Selbst-Befragung praktiziere oder mich nach innen mit der Idee wende, dass es mir in irgendeiner Weise Gewinn bringt, dann fliehe ich immer noch vor dem, was ich bin.
Maharaj: Ganz richtig. Wahre Befragung ist immer das Befragen von etwas, nicht außerhalb von etwas. Wenn ich erfrage, wie ich etwas erhalten oder vermeiden kann, dann frage ich nicht wirklich. Um irgend etwas zu kennen, muss ich es total annehmen. Frage: Ja, um Gott zu kennen, muss ich Gott kennen – erschreckend! Maharaj: Bevor Sie Gott annehmen können, müssen Sie sich selbst annehmen, was noch erschreckender ist. Die ersten Schritte im SelbstAnnehmen sind nicht für jeden erfreulich, denn was man sieht, ist nicht erfreulich. Man braucht Mut, um weiter zu gehen. Stille hilft dabei. Schauen Sie in totaler Stille in sich selbst – versuchen Sie sich nicht selbst zu beschreiben. Schauen Sie sich das Wesen an, das Sie für sich selbst halten, und erinnern Sie sich. Sie sind nicht, was Sie sehen. „Dies bin ich nicht - was bin ich?“ ist die Methode der Selbsterforschung. Es gibt kein anderes Mittel der Befreiung – alle Mittel verzögern nur. Weisen Sie entschlossen das zurück, was Sie nicht sind, bis das wirkliche Selbst in seiner glorreichen Nichts-heit auftaucht, in seiner „nicht-ein-Ding-heit“. Frage: Die Welt durchläuft schnelle und kritische Wandel. Wie sehen sie mit großer Deutlichkeit in den Vereinigten Staaten, aber sie geschehen auch in anderen Ländern. Es gibt zunehmende Kriminalität auf der einen und echte Heiligkeit auf der anderen. Es werden Gemeinschaften gebildet, von denen einige einen sehr hohen Grad an Integrität und Verzicht erreichen. Es sieht so aus, als ob das Böse durch seinen eigenen Erfolg zerstört wird, wie ein Feuer, das seinen Brennstoff verbraucht, während das Gute, wie das Leben, fortdauert. Maharaj: So lange Sie die Ereignisse in gute und
böse unterteilen, könnten Sie recht haben. Tatsächlich aber wird das Gute zum Bösen und das Böse zum Guten durch Selbsterfüllung. Frage: Wie steht es mit der Liebe? Maharaj: Wenn sie sich in Lust verwandelt, wird sie destruktiv. Frage: Was ist Lust? Maharaj: Erinnern – vorstellen – vorwegnehmen. Sie ist sinnlich und verbal. Eine Form von Sucht. Frage: Ist Brahmacharya, Enthaltsamkeit, im Yoga verbindlich? Maharaj: Ein Leben der zwangsweisen Beschränkung und Unterdrückung ist nicht Yoga. Der Verstand muss frei von Wünschen und entspannt sein. Dies geschieht durch Verstehen, nicht durch Drängen, was nur eine andere Form von Erinnerung wäre. Ein verstehender Verstand ist frei von Wünschen und Ängsten. Frage: Wie kann ich mich selbst verstehen? Maharaj: Durch Meditation, die die Achtsamkeit lehrt. Werden Sie sich Ihres Problems voll bewusst, schauen Sie es von allen Seiten an, beobachten Sie, wie es Ihr Leben beeinflusst. Lassen Sie es dann hinter sich. Mehr als das können Sie nicht tun. Frage: Wird es mich befreien? Maharaj: Sie sind von dem frei, was Sie verstanden haben. Die äußere Ausdrucksform von Freiheit mag einige Zeit dauern, bis sie erscheint, aber sie ist schon da. Erwarten Sie keine Perfektion. In der Manifestation gibt es keine Perfektion. Einzelteile stoßen zwangsläufig miteinander zusammen. Kein Problem wird vollständig gelöst, aber Sie können sich davon auf eine Ebene zurückziehen, auf der es sich nicht mehr auswirkt.
Der Jnani hält nicht fest Frage: Wie geht der Jnani vor, wenn er etwas zu erledigen hat? Macht er Pläne, denkt er über Details nach, und führt sie dann im einzelnen aus? Maharaj: Der Jnani versteht die Situation voll und ganz und weiß auf einmal, was getan werden muss. Das ist alles. Der Rest geschieht von selbst und zu einem großen Teil unbewusst. Die Identität des Jnani mit allem was ist ist so vollständig, dass das Universum ihm antwortet, wie er auf das Universum antwortet. Er ist aufs äußerste zuversichtlich, dass eine Situation, sobald sie einmal erkannt worden ist, die erforderlichen Elemente herbeischafft, die eine angemessene Antwort darstellen. Der gewöhnliche Mensch ist persönlich betroffen, er erwägt seine Risiken und Chancen, während der Jnani für sich bleibt. Er ist gewiss, dass alles geschehen wird, wie es muss. Es spielt keine Rolle für ihn, was genau geschehen wird, den letztlich ist die Rückkehr zur Harmonie und zum Gleichgewicht unvermeidlich. Das Herz aller Dinge ist im Frieden. Frage: Ich habe verstanden, dass die Persönlichkeit eine Illusion ist, und das wache Loslösung, ohne Verlust der Identität, unsere Gelegenheit zur Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit ist. Würden Sie mir bitte erklären, ob Sie in diesem Moment eine Person oder eine selbstgewahre Identität sind? Maharaj: Ich bin beides. Aber das wahre Selbst kann nicht beschrieben werden außer in Begriffen, die von der Person beigesteuert werden; in Begriffen von dem, was ich nicht bin. Alles, was Sie über eine Person aussagen können, ist nicht das Selbst, und Sie können wiederum nichts über das Selbst sagen, welches selbst nicht auf die Person verweist - wie sie ist, wie sie sein könnte, wie sie
sein sollte. Alle Attribute sind persönlich. Das Wirkliche ist jenseits aller Attribute. Frage: Sind Sie manchmal das Selbst und ein andermal die Person? Maharaj: Aber wie könnte ich? Die Person ist das, als was ich gegenüber anderen Personen erscheine. Für mich selbst bin ich die unendliche Erweiterung des Bewusstseins, in dem zahllose Personen in endloser Folge auftauchen und erscheinen. Frage: Wie kommt es, dass die Person, die für Sie gänzlich illusorisch ist, für uns so real ist? Maharaj: Sie, das Selbst, welches die Wurzel allen Seins ist, das Bewusstsein und Freude ist, teilen Ihre Wirklichkeit allem mit, was Sie wahrnehmen. Diese Mitteilen der Wirklichkeit findet unverändert im Jetzt statt, nicht zu einem anderen Zeitpunkt, weil Vergangenheit und Zukunft nur im Verstand sind. „Sein“ bezieht sich immer nur auf das Jetzt. Frage: Ist nicht auch die Ewigkeit endlos? Maharaj: Die Zeit endlos, obgleich begrenzt, und Ewigkeit ist im aufblitzenden Moment des Jetzt. Wir verfehlen dies, weil der Verstand stets zwischen Vergangenheit und Zukunft hin und her wandert. Er würde nicht anhalten, um das Jetzt zu fokussieren. Es kann aber mit vergleichsweise Leichtigkeit erreicht werden, sobald das Interesse daran entsteht. Frage: Wodurch entsteht das Interesse? Maharaj: Durch Ernsthaftigkeit, das Zeichen der Reife. Frage: Und wie entsteht die Reife? Maharaj: Indem Sie Ihren Verstand klar und rein halten, indem Sie Ihr Leben im vollen Gewahrsein jedes Momentes, der geschieht, leben, und indem Sie Ihre Wünsche und Ängste untersuchen und auflösen, so bald sie auftauchen.
Frage: Ist eine solche Konzentration denn überhaupt möglich? Maharaj: Versuchen Sie es. Ein Schritt in jedem Moment ist leicht getan. Die Energie entsteht aus der Ernsthaftigkeit. Frage: Ich glaube, dass ich nicht ernsthaft genug bin. Maharaj: Selbstbetrug ist eine traurige Angelegenheit. Sie verdirbt den Verstand wie ein Krebs. Die Lösung liegt in der Klarheit und Integrität des Denkens. Versuchen Sie zu verstehen, dass Sie in einer Welt der Illusion leben. Untersuchen Sie sie und entdecken Sie ihre Wurzeln. Schon der Versuch dazu wird Sie ernsthafter machen, denn in echter Bemühung steckt immer Segen. Frage: Wohin wird es mich führen? Maharaj: Wohin kann es Sie führen, wenn nicht zu seiner eigenen Vervollkommnung? Sobald Sie einmal fest im Jetzt gegründet sind, müssen Sie nirgendwo sonst mehr hingehen, da Sie zeitlos sind und dies auf ewig ausdrücken. Frage: Sind Sie einer oder viele? Maharaj: Ich bin einer, erscheine aber als viele. Frage: Weshalb erscheint überhaupt einer? Maharaj: Es ist gut zu sein, und bewusst zu sein. Frage: Leben ist traurig. Maharaj: Unwissenheit verursacht Sorgen. Dem Verstehen folgt das Glück. Frage: Weshalb sollte Unwissenheit schmerzhaft sein? Maharaj: Sie liegt an der Wurzel aller Wünsche und Ängste, die schmerzhafte Zustände und die Quelle endloser Fehler sind. Frage: Ich habe Leute, die sich für verwirklicht hielten, lachen und weinen sehen. Zeigt dies nicht,
dass sie nicht frei von Wunsch und Furcht sind? Maharaj: Sie mögen lachen und weinen entsprechend den Umständen, aber innen sind sie kühl und klar. Sie beobachten losgelöst ihre eigenen spontanen Reaktionen. Erscheinungen sind irreführend – umso mehr im Falle eines Jnani. Frage: Ich verstehe Sie nicht. Maharaj: Der Verstand kann nicht verstehen, denn er ist auf Festhalten und Klammern programmiert, während der Jnani an nichts festhält. Frage: An was halte ich fest, nicht aber Sie? Maharaj: Sie sind ein Geschöpf der Erinnerungen; zumindest stellen Sie sich selbst so vor. Ich dagegen bin gänzlich unvorstellbar. Ich bin was ich bin – nicht identifizierbar mit irgend einem physischen oder mentalen Zustand. Frage: Ein Unfall würde Ihren Gleichmut zerstören. Maharaj: Die seltsame Tatsache besteht darin, dass dies nicht geschehen würde. Zu meiner eigenen Überraschung bleibe ich, was ich bin – reines Gewahrsein, wach gegenüber allem, was geschieht. Frage: Auch im Moment des Todes? Maharaj: Was kümmert es mich, dass der Körper stirbt? Frage: Brauchen Sie ihn nicht zur Kontaktaufnahme mit der Welt? Maharaj: Ich brauche die Welt nicht. Und ich befinde mich auch nicht in einer solchen. Die Welt, an die Sie denken, befindet sich in Ihrem eigenen Verstand. Ich kann sie durch Ihre Augen und Ihren Verstand sehen, aber ich bin voll dessen gewahr, dass es sich dabei um eine Projektion aus der Erinnerung handelt. Sie wird vom Wirklichen am Punkt des Gewahrseins berührt, der nur das Jetzt sein kann.
Frage: Der einzige Unterschied zwischen uns scheint zu sein, dass ich behaupte, mein wirkliches Selbst nicht zu kennen, während Sie sagen, dass Sie es im Gegenteil sehr gut kennen. Gibt es noch weitere Differenzen zwischen uns? Maharaj: Es gibt keine Differenzen zwischen uns. Ich kann auch nicht sagen, dass ich mich selbst kenne; ich weiß, dass ich unbeschreibbar und undefinierbar bin. Es gibt da eine ungeheure Weite jenseits jeder maximalen Reichweite meines Verstandes. Diese Weite ist mein Zuhause – diese Weite bin ich selbst. Und diese Weite ist außerdem Liebe. Frage: Sie sehen überall Liebe, wo ich Hass und Leiden sehe. Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte von Mord – individuell und kollektiv. Kein anderes Lebewesen ist so erfreut am Töten. Maharaj: Wenn Sie sich die Motive anschauen, werden Sie Liebe finden – Liebe für sich selbst und für das Eigene. Die Menschen kämpfen für das, was sie sich vorstellen zu lieben. Frage: Gewiss muss ihre Liebe wirklich genug sein, wenn sie bereit sind, dafür zu sterben. Maharaj: Liebe ist ungebunden. Was auf nur einige begrenzt ist, kann nicht Liebe genannt werden. Frage: Kennen Sie eine solche unbegrenzte Liebe? Maharaj: Ja, das tue ich. Frage: Wie fühlt sie sich an? Maharaj: Alles wird geliebt und ist liebenswert. Nichts wird ausgeschlossen. Frage: Nicht einmal das Hässliche und Kriminelle? Maharaj: Alles ist innerhalb meines Bewusstseins; alles ist mein Eigen. Es ist verrückt, sich selbst in Zu- und Abneigungen zu zerteilen. Ich bin jenseits von beidem. Ich bin nicht entfremdet.
Frage: Um von Zu- und Abneigungen frei zu sein, muss man in einem Zustand von Gleichgültigkeit leben. Maharaj: Es mag sich am Anfang so anfühlen. Dringen Sie in diese vermeintliche Indifferenz ein, und sie wird in allesdurchdringender und allesumfassender Liebe erblühen. Frage: Man hat Momente, in denen der Verstand zu einer Blume und einer Flamme wird, aber sie dauern nicht an, und das Leben kehrt zu seiner Alltagsgräue zurück. Maharaj: Diskontinuität ist das Gesetz, sobald Sie es mit dem Konkreten zu tun haben: Das Kontinuierliche kann nicht erfahren werden, weil es keine Grenzen hat. Bewusstsein beinhaltet Abwechslungen, Änderungen, die Änderungen folgen, wenn ein Ding oder Zustand an ein Ende kommt und ein anderer beginnt. Das, was keine Grenzlinien hat, kann nicht in der normalen Bedeutung des Wortes erfahren werden. Man kann nur damit sein, ohne es zu kennen, aber man kann wissen, was es nicht ist. Es ist definitiv nicht der gesamte Inhalt des Bewusstseins, welches sich stets in Bewegung befindet. Frage: Wenn das Unbewegte nicht gekannt werden kann, was ist dann die Bedeutung und der Zweck seiner Verwirklichung? Maharaj: Das Unbewegte zu verwirklichen bedeutet, selber unbeweglich zu werden. Und der Zweck besteht in dem Guten, das es für alles Lebende bedeutet. Frage: Leben ist Bewegung. Unbeweglichkeit ist Tod. Welchen Nutzen hätte der Tod für das Leben? Maharaj: Ich spreche von Unerschütterlichkeit, nicht Unbeweglichkeit. Sie werden unerschütterlich in der Zurückgezogenheit. Sie werden zu einer Kraft, die alle Dinge richtig macht. Es kann oder
kann auch nicht nach außen gerichtete Tätigkeit beinhalten, aber der Verstand bleibt stets tief und still. Frage: Wenn ich meinen Verstand beobachte, dann finde ich ihn dauernd wechselnd. Eine Stimmung folgt der anderen in endloser Folge, während Sie sich anscheinend beständig in derselben Stimmung freudigen Wohlwollens zu befinden scheinen. Maharaj: Stimmungen sind im Verstand und sind unwichtig. Gehen Sie nach innen, darüber hinaus. Hören Sie auf, von dem Inhalt Ihres Bewusstseins fasziniert zu sein. Wenn Sie die tieferen Schichten Ihres wahren Seins erreicht haben, werden Sie feststellen, dass die Oberflächenspiele des Verstandes Sie nur wenig berühren. Frage: Gibt es denn immer dieses Spiel? Maharaj: Ein stiller Verstand ist kein toter Verstand. Frage: Bewusstsein ist immer in Bewegung – das ist eine beobachtbare Tatsache. Unerschütterliches Bewusstsein ist ein Widerspruch. Wenn Sie von einem stillen Verstand sprechen, was genau ist dann dies? Ist es nicht dasselbe wie Bewusstsein? Maharaj: Wir müssen daran denken, dass Worte auf vielerlei Art gebraucht werden; entsprechend dem Kontext. Die Tatsache besteht darin, dass es nur wenig Unterschied zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten gibt – essenziell sind sie dasselbe. Der Wachzustand unterscheidet sich vom Tiefschlaf durch die Gegenwart des Zeugen. Ein Strahl des Gewahrseins beleuchtet einen Teil unseres Verstandes, und dieser Teil wird zu unseren Träumen oder dem Wachbewusstsein, während das Gewahrsein als Zeuge erscheint. Der Zeuge kennt üblicherweise nur Bewusstsein. Sadhana besteht aus dem Zeugen, der sich zuerst nach rückwärts zu
seinem Bewussten und anschließend auf sich selbst in seinem eigenen Gewahrsein richtet. Yoga ist Selbst-Gewahrsein. Frage: Wenn Gewahrsein allesdurchdringend ist, dann kann also ein blinder Mensch, sobald er verwirklicht ist, sehen? Maharaj: Sie vermischen Sinne mit Gewahrsein. Der Jnani kennt sich selbst als das, was er ist. Er ist auch seines Körpers bewusst, der behindert sein mag, und seines Verstandes, der vielleicht eine Reihe von sinnlichen Wahrnehmungen nicht mehr hat. Aber er ist weder von der Abwesenheit noch der Anwesenheit des Sehvermögens beeinträchtigt. Frage: Meine Frage ist etwas spezifischer: Wenn der Blinde ein Jnani wird, wird ihm dann sein Augenlicht wiedergegeben oder nicht? Maharaj: Wenn doch seine Augen und sein Gehirn dasselbe geblieben sind, wie sollte er sehen können? Frage: Aber werden Sie nicht verwandelt werden? Maharaj: Kann sein oder auch nicht. Alles hängt von Schicksal und Gnade ab. Einem Jnani jedoch steht eine Art spontaner, nicht-sinnlicher Wahrnehmung zur Verfügung, der ihn in die Lage versetzt, die Dinge auf direkte Art zu kennen, ohne Einschaltung der Sinne. Er ist jenseits der Wahrnehmung und des Konzeptuellen, jenseits von Kategorien wie Zeit und Raum, Name und Gestalt. Er ist weder das Wahrgenommene noch der Wahrnehmer, sondern der einfache und universale Faktor, der das Wahrnehmen möglich macht. Die Wirklichkeit liegt innerhalb des Bewusstsein, aber er ist weder Bewusstsein noch sein Inhalt. Frage: Was ist falsch, die Welt oder mein Wissen davon? Maharaj: Gibt es eine Welt außerhalb von Ihrem
Wissen? Können Sie jenseits von dem kennen, was Sie kennen? Sie können eine Welt jenseits des Verstandes postulieren, aber sie wird ein Konzept bleiben, unbewiesen und unbeweisbar. Ihre Erfahrung ist der Beweis, und dieser ist nur für Sie gültig. Wer sonst könnte Ihre Erfahrung haben, wenn die andere Person nur so lange wirklich ist, wie sie in Ihrer Erfahrung erscheint? Frage: Bin ich denn hoffnungslos allein? Maharaj: Als Person ja. In Ihrem wahren Wesen sind Sie das Ganze. Frage: Sind Sie ein Teil der Welt, die ich im Bewusstsein trage, oder sind Sie unabhängig davon? Maharaj: Was Sie sehen, ist Ihres, und was ich sehe, meines. Beide haben nur wenig miteinander gemeinsam. Frage: Es muss doch einen gemeinsamen Faktor geben, der uns vereint. Maharaj: Um den gemeinsamen Faktor zu finden, müssen Sie alle Unterscheidungen aufgeben. Nur das Universale ist allen gemeinsam. Frage: Was mich äußerst irritiert ist, dass Sie sagen, ich sei nur ein Produkt meiner Erinnerungen und daher erbärmlich begrenzt, und doch erzeuge ich eine ungeheure und reiche Welt, in der alles enthalten ist, einschließlich von Ihnen und Ihrer Lehre. Wie wird dieses Ungeheure erzeugt und wie ist es enthalten in meiner Kleinheit – dies finde ich schwer zu verstehen. Vielleicht können Sie mir die ganze Wahrheit mitteilen, von der ich nur einen kleinen Teil erfasse. Maharaj: Es ist eine Tatsache, dass das Kleine das Ganze projiziert, aber nicht das Ganze enthalten kann. Wie groß und komplett Ihre Welt auch sein mag – sie ist sich selbst widersprechend und
vergänglich und daher insgesamt illusionär. Frage: Vielleicht ist sie illusionär, aber wunderbar. Wenn ich schaue und höre, berühre, rieche und schmecke, denke und fühle, erinnere und vorstelle, dann muss ich über meine wunderbare Kreativität erstaunt sein. Ich schaue durch ein Mikroskop oder Teleskop und sehe Wunder – ich folge der Spur eines Atoms und höre das Raunen der Sterne. Wenn ich der einzige Schöpfer von all diesem bin, dann muss ich in der Tat Gott sein! Aber wenn ich Gott bin, weshalb erscheine ich dann so klein und hilflos für mich selbst? Maharaj: Sie sind Gott, wissen es aber nicht. Frage: Wenn ich Gott bin, dann muss die von mir erschaffene Welt wahr sein. Maharaj: Sie ist in der Essenz wahr, aber nicht in der Erscheinung. Seien Sie frei von Wünschen und Ängsten, und auf einmal wird Ihre Sicht klar werden; Sie werden alle Dinge so sehen, wie sie sind. Oder Sie können auch sagen, dass satoguna die Welt erschafft, tamoguna sie verdunkelt und rajoguna sie zerstreut. Frage: All dies sagt mir nicht viel, weil die Antwort, wenn ich nach der Bedeutung der Gunas frage, als Antwort hören werden: Was erzeugt – was verdunkelt – was zerstreut. Die Tatsache bleibt, dass etwas Unglaubliches mit mir geschieht, und dass ich nicht verstehe, was, wie und warum geschieht. Maharaj: Nun, Erstaunen ist die Dämmerung der Weisheit. Sadhana ist stetiges und konsistentes Staunen. Frage: Ich bin in einer Welt, die ich nicht verstehe und daher fürchte. Dies ist jedermanns Erfahrung. Maharaj: Sie habe sich selbst von der Welt getrennt, daher schmerzt und erschreckt sie Sie. Entdecken Sie Ihren Fehler und seien Sie frei von
Furcht. Frage: Sie fordern mich auf, die Welt aufzugeben, während ich aber in dieser Welt glücklich sein möchte. Maharaj: Wer kann Ihnen helfen, wenn Sie nach dem Unmöglichen verlangen? Das Begrenzte ist gebunden an den abwechselnden Rhythmus von Schmerz und Freude. Wenn Sie echtes Glück suchen, unanfechtbar und unwandelbar, müssen Sie die Welt mit Ihren Schmerzen und Freuden hinter sich lassen. Frage: Wie soll dies gehen? Maharaj: Der physische Rückzug ist wohl ein Zeichen von Ernsthaftigkeit, aber Ernsthaftigkeit allein befreit nicht. Es muss ein Verstehen geben, das dann mit wacher Sensibilität, eifriger Erforschung und tiefer Ergründung entsteht. Sie müssen unnachgiebig an Ihrer Erlösung von Sünde und Sorge arbeiten. Frage: Was ist Sünde? Maharaj: Alles das, was Sie bindet.
Anhang 1 – Nisarga Yoga In der bescheidenen Unterkunft von Sri Nisargadatta Maharaj würde man nicht wissen, in welcher Periode menschlichen Lebens man sich aufhielte, wenn da nicht die elektrischen Lichter und die Geräusche des Straßenverkehrs wären. In diesem winzigen Raum herrscht eine Atmosphäre der Zeitlosigkeit, wie auch die diskutierten Themen selbst zeitlos sind – gültig für alle Zeiten, erläutert und untersucht auf zeitlose Art und Weise. Die Jahrhunderte, Millennien und Yugas (Zeitalter) scheinen zu verschwinden, und man geht mit Fragen um, die immens alt sind und doch ewiglich neu. Die hier abgehaltenen Diskussionen und Unterweisungen wären in zehntausend Jahren genau dieselben, und waren schon zehntausend Jahre davor dieselben. Es wird immer bewusste Wesen geben, die über die Tatsache ihres bloßen Seins nachdenken und nach dem Woher und Wohin fragen. Woher komme ich? Wer bin ich? Wohin gehe ich? Fragen dieser Art haben keinen Anfang und kein Ende. Und es ist wesentlich, die Antworten zu kennen auf diese Fragen, denn ohne ein vollständiges Kennen seiner selbst, sowohl in der Zeit wie in der Zeitlosigkeit, ist Leben nur ein Traum – uns auferlegt von Mächten, die wir nicht kennen, und für Zwecke, die wir nicht erfassen können. Maharaj ist kein Gebildeter. Hinter seinem bodenständig klingenden Marathi, seiner Muttersprache, liegt keinerlei Gelehrtheit. Er zitiert keine Autoritäten, erwähnt Schriften nur selten – die ganze reiche Spiritualität Indiens ist eher implizit als explizit in ihm enthalten. Kein wohlhabender Ashram wurde um ihn herum errichtet, und die meisten seiner Anhänger sind bescheidene,
berufstätige Leute, die es genießen, von Zeit zu Zeit einige Stunden mit ihm zusammen zu verbringen. Einfachheit und Bescheidenheit sind die Marksteine seines Lebens und seiner Unterweisungen. Er beansprucht physisch und als Mensch niemals den höheren Platz. Er sieht die Essenz dessen, was er lehrt, in anderen Menschen ebenso klar wie in sich selbst. Er bestätigt, dass andere sich dessen nicht bewusst seien, was ihm bewusst ist, aber er sieht diesen Unterschied als nur zeitweise gegeben und als von nur geringer Bedeutung an – im Unterschied zum Gemüt und seinen ständig wechselnden Inhalten. Wenn er nach Yoga gefragt wird, dann sagt er, dass er niemandem etwas anzubieten, kein System vorzuschlagen, keine Theologie, Kosmologie, Psychologie oder Philosophie anzubieten habe. Er kenne einfach nur die wahre Natur seiner selbst wie seiner Zuhörer, und er zeigt einfach darauf. Der Zuhörer sieht sie nicht, weil er das Offenbare, Einfache und Direkte nicht zu sehen vermag. Was er weiß, kennt er mit dem Verstand, der von den Sinnen angeregt wird. Dass dieser Verstand selbst nichts als ein Sinn ist, darauf kommt er überhaupt nicht. Der Nisarga Yoga, der „natürliche“ Yoga Maharaj‘s, ist auf geradezu beunruhigende Weise einfach: Der Verstand, der zu Allem geworden ist, muss sein eigenes Wesen erkennen und durchdringen, indem er versteht, dass er nicht dies oder das, hier oder dort, jetzt oder früher ist, sondern dass hinter ihm das zeitlose Sein steht. Dieses zeitlose Sein ist die Quelle des Lebens und des Bewusstseins. In Begriffen der Zeit, des Raums und der Kausalität ist dieses Sein allmächtig – ursachenlose Ursache, allesdurchdringend, der Kenner, ungeteilt, selig. Es lebt, liebt, und es hat nicht endende Freude, während es das Universum bildet und entbildet. Jeder Mensch hat es, jeder
Mensch ist es, aber nicht alle kennen sich auf diese Weise. Sie identifizieren sich daher selbst dem Namen und der Gestalt ihres Körpers und dem Inhalt ihres Bewusstseins. Um dieses Missverstehen über die eigene Wirklichkeit geradezurücken, ist der einzige Weg dazu die volle Wahrnehmung der Wege des Verstandes und seine Verwandlung in ein Instrument der Selbsterforschung. Ursprünglich war der Verstand nichts anderes als ein Werkzeug im biologischen Überlebenskampf. Er hatte die Gesetze und Wege der Natur zu erlernen, um mit ihrer Hilfe dem Leben dabei zu helfen, sich Stück für Stück auf eine höhere Stufe zu erheben. Aber im Verlauf dieses Prozesses erwarb der Verstand die Kunst des symbolischen Denkens und der Kommunikation, die Kunst und Fähigkeit der Sprache. Wörter wurden plötzlich enor wichtig. Ideen und Abstraktionen stellten etwas als Realität vor, was dies nicht war; das Konzeptuelle ersetzte das Reale, und das Ergebnis war, dass der Mensch fortan in der verbalen Welt lebte – überlastet mit Wörtern und dominiert von Wörtern. Ganz offensichtlich ist die Verwendung von Worten beim Umgang mit Personen und Dingen extrem hilfreich. Aber sie führen uns dahin, einer Welt zu leben, die völlig symbolisiert und daher völlig irreal geworden ist. Um dieses Gefängnis des sprachlich orientierten Verstandes wieder in Wirklichkeit zu verwandeln, müssen wir die Fähigkeit entwickeln, unseren Fokus von dem Wort und seiner Bedeutung zum gemeinten Ding selbst hinzuverlagern. Das am häufigsten und am meisten mit Bedeutungen und Ideen schwangere Wort ist das Wort „Ich“. Der Verstand tendiert dazu, es in alles und jedes einzubinden, in den Körper ebenso wie in das Absolute. Im Alltag steht dieses Wort als Zeiger
auf eine Erfahrung, die direkt, sofortig und immens bedeutungsvoll ist. Zu sein, und dies auch zu wissen, ist sehr wichtig. Und um interessant zu sein, muss sich ein Ding auf die eigene bewusste Existenz beziehen können lassen, die als der zentrale Gesichtspunkt aller Wünsche und Ängste gilt. Denn das letztliche Ziel jedes Wunsches ist die Erweiterung und Vertiefung dieses Sinnes für die eigene Existenz, während alle Ängste in ihrem Wesen die Furcht vor der Selbstauslöschung darstellen. Der Kern von Nisarga Yoga besteht darin, in dieses Gefühl von „Ich“, das so real und vital zu sein scheint, einzutauchen, um seine Quelle zu erreichen. Da das Gefühl von „Ich“ nicht kontinuierlich ist, muss es eine Quelle haben, aus der es stammt und zu der es wieder zurückkehrt. Diese zeitlose Quelle des bewussten Seins ist es, die Maharaj die Selbst-Natur, Selbst-Wesen, swarupa, nennt Was die Methoden zur Realisierung der eigenen höchsten Identität mit dem Selbst-Wesen betrifft, so ist Maharaj bemerkenswert unverbindlich in den diesbezüglichen Aussagen. Er sagt, dass jeder seinen eigenen Weg zur Wirklichkeit habe, und dass es daher keine allgemeine Regel geben könne. Jedoch sei für alle, unabhängig von dem Weg, den sie gehen, um dieses Ziel zu erreichen, das Tor zu diesem Wesen das Gefühl von „Ich bin“. Indem man hinter dieses Gefühl, zu seiner Quelle, gelange, realisiere man den höchsten Zustand, der außerdem der uranfängliche und letzte sei. Der Unterschied zwischen dem Anfang und dem Ende des Ganzen liege allein im Verstand. Wenn der Verstand verdunkelt oder erregt ist, dann wird die Quelle nicht wahrgenommen. Ist er dagegen klar und leuchtend, dann wird er zur wahrhaften Widerspiegelung der Quelle. Die Quelle selbst ist
immer sich selbst gleich – jenseits von Dunkelheit und Licht, jenseits von Leben und Tod, jenseits des Bewussten und des Unbewussten. Dieses innewohnende Gefühl von „Ich bin“ist der einfache, leichte und natürliche Yoga, der Nisarga Yoga. Es gibt ihn ihm keinerlei Geheimnistuerei und keinerlei Bedingungen – es wird keinerlei Vorbereitung und keinerlei Initiation benötigt. Wer immer sich ergriffen fühlt von seinem eigenen Sein als bewusstes Lebewesen und ernsthaft nach der Erkenntnis seiner eigenen Quelle verlangt, kann den stets gegenwärtigen Sinn des „Ich bin“ ergreifen und sich geduldig und nachhaltig in ihn vertiefen, bis die Wolken, die den Verstand verdunkeln, verschwinden und das Herz des Seins in all seiner Glorie erkannt wird. Der Nisarga Yoga, der beharrlich und ausdauernd geübt wird, führt dazu, dass man dort bewusst und aktiv wird, wo man zuvor unbewusst und passiv war. Es gibt keinerlei Unterschied zwischen einem Klumpen Gold und einem herrlichen Ornament, das aus ihm gefertigt wurde, außer der Gestalt. Das Leben geht weiter, ist aber jetzt spontan und frei, bedeutungsvoll und glücklich. Maharaj beschreibt dieses natürlichen, spontanen Zustand wohl auf lichtvolle Weise, aber wie ein blind geborener Mann keine Farben wahrzunehmen vermag, so kann auch der unerleuchtete Verstand nicht die Bedeutungen dieser Beschreibungen erfassen. Ausdrücke wie leidenschaftsloses Glück, leidenschaftliches Nicht-Anhaften, Zeitlosigkeit und Raumlosigkeit von Dingen und Wesen klingen seltsam und erzeugen keinerlei Resonanz. Intuitiv fühlen wir, dass hinter ihnen eine tiefe Bedeutung steht – sie erzeugen in uns sogar ein starkes, merkwürdiges Verlangen nach dem Erhabenen, dem Unaussprechlichen – dem Vorläufer der Dinge, die kommen sollten, aber das ist auch alles. Wie
Maharaj immer betont: Sie zeigen die Richtung an, aber sie begleiten uns nicht auf diesem Weg. Die Wahrheit ist die Frucht ernsthaftester Bemühung – die Worte weisen nur den Weg. Maurice Frydman
Anhang 2 - Navnath Sampradaya Der Hinduismus besteht aus zahlreichen Sekten, Konfessionen und Kulten. Der Ursprung der meisten von ihnen verliert sich im Dunkel der Geschichte. Der Nath Sampradaya, später bekannt als Navnath Sampradaya, ist eine davon. Manche Gelehrte sind der Ansicht, dass diese Sekte ihren Anfang in den Unterweisungen des mythischen Rishi Dattatreya hat, der als Verkörperung der heiligen Trinität von Brahma, Vishnu und Shiva angesehen wird. Die einzigartige spirituelle Bedeutung dieser legendären Figur wird im Bhagavata Purana, dem Mahabharata und auch in einigen späteren Upanishaden erwähnt. Andere glauben, dass es sich um eine Abspaltung des Hatha Yoga handelt. Was auch immer der Ursprung sein mag - die Lehren des Nath Sampradaya sind im Laufe der Jahrhunderte labyrinthisch in ihrer Komplexität geworden und haben verschiedene Formen in verschiedenen Teilen Indiens angenommen. Einige Gurus des Sampradaya betonen Bhakti, Hingabe, während andere Jnana, Erkenntnis, und wieder andere Yoga, die Vereinigung mit dem Höchsten betonen. Im vierzehnten Jahrhundert finden wir Svatmarama Svami, den großen Hathayogin, der die „große Dunkelheit aufgrund der Vielfalt der Meinungen“ beklagte und diese mit dem Licht seines berühmten Werkes Hathayogapradipika beseitigen wollte. Gemäß einiger gelehrter Kommentatoren erklärten die Nath Gurus, dass das gesamte Universum aus nada (Klang), dem göttlichen Prinzip, und bindu (Licht), dem physischen Prinzip und der Höchsten Wirklichkeit gebildet sei, und dass die Emanation dieser beiden Prinzipien Shiva sei. Befreiung bedeutet dann nach ihrer Ansicht das
Eintauchen der Seele in Shiva durch den Prozess von laya, der Auflösung des menschlichen Ego als das Empfinden des Ich-Sinns. In ihren alltäglichen Unterweisungen ihrer Anhänger jedoch bezogen sich die Nath Gurus selten auf die Metaphysik, die von den Gelehrten in ihren Lehren entdeckt wurden. Ihr Ansatz ist dagegen vollkommen nicht-metaphysisch, einfach und direkt. Zu den traditionellen Merkmalen dieser Sekte gehören das Singen von heiligen Hymnen und verehrenden Liedern ebenso wie die Verehrung der Götter. Ihre Lehre hebt hervor, dass die Höchste Wirklichkeit nur innerhalb des Herzens verwirklicht werden kann. Der Nath Sampradaya wurde als Navnath Sampradaya bekannt, als irgendwann in der fernen Vergangenheit die Anhänger der Sekte neun ihrer frühen Gurus als Vertreter ihres Kultes bestimmt hatten. Es besteht jedoch keine Einstimmigkeit hinsichtlich der überlieferten Namen dieser neun Meister. Die am weitestgehenden akzeptierte Liste umfasst folgende Namen: 1. Matsyendranath 2. Gorakhnath 3. Jalandharnath 4. Kantinath 5. Gahininath 6. Bhartrinath 7. Revananath 8. Charpatnath 9. Naganath Von diesen neun Meistern hatten Gahaninath und Revananath eine große Anhängerschaft im sdlichen Teil Indiens einschließlich von Maharashtra, dem Staat, in dem Sri Nisargadatta Maharaj lebt.
Revananath soll eine eigene Untersekte gegründet haben und Kadasiddha als seinen Hauptschüler und Nachfolger bestimmt haben. Dieser letztere initiierte dann Lingajangam Maharaj und Bhausahib Maharaj vertraute ihnen seinen Ashram und die Weiterverbreitung seiner Lehre an. Bhausahib Maharaj etablierte dann später das, was als Inchegeri Sampradaya bekannt wurde, eine neue Strömung innerhalb der traditionellen Richtung. Unter seinen Schülern waren Amburao Maharaj, Girimalleshwar Maharaj, Siddharameshwar Maharaj und der bekannte Philosoph Dr. R. D. Renade. Sri Nisargadatta Maharaj ist der direkte Schüler und Nachfolger von Siddharameshwar Maharaj. Es mag hier erwähnenswert sein, dass Sri Nisargadatta den Sekten, Kulten und Konfessionen einschließlich seiner eigenen nie viel Bedeutung beigelegt zu haben scheint, obwohl er der offizielle Guru des Inchegeri-Zweigs von Navnath Sampradaya war. Als Antwort auf einen Fragesteller, der dem Navnath Sampradaya beizutreten wünschte, sagte er: „Der Navnath Sampradaya ist nur eine Tradition, ein Weg des Lehrens und der Praxis. Er bezeichnet keine höhere Ebene eines Bewusstseinszustandes. Wenn Sie einen Lehrer des Navnath Sampradaya als Ihren Guru akzeptieren, dann treten Sie dadurch Sampradaya bei... Ihre Zugehörigkeit ist eine Angelegenheit Ihres eigenen Gefühls und Ihrer Überzeugung. Schließlich ist alles nur rein verbal und formal. In Wirklichkeit gibt es weder einen Guru noch einen Schüler, weder Theorie noch Praxis, weder Unwissenheit noch Verwirklichung. Alles hängt davon ab, für was Sie sich selbst halten. Kennen Sie sich selbst auf korrekte Weise. Für die Selbsterkenntnis gibt es keinen Ersatz.“ Die Lehre des Nath Sampradaya bietet dem Sucher den Königsweg zur Befreiung, eine
vierspurige Straße mit Bhakti, Jnana, Karma und Dhyana gemäß Lord Shiva, der in seiner Hagiographie mit Namen Nathlingamrita erklärt, dass der von der Nath-Sekte gezeigte Weg der beste von allen sei und zur direkten Befreiung führt.
***