Medien- und Kommunikationstheorie Universität Wien / Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Wintersemester 2010 S.A.B.
[Published: 08.04.2011]
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1. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 11.10.2010
Viele stehen skeptisch gegenüber Theorie – sie sehen es als etwas Verstaubtes, Trockenes. Theorien dienen die Praxis zu verstehen und sie gegeben falls zu verbessern. Denken als Kommunikationswissenschaftler stark von der Faszination mit Praxis stark geprägt. Es geht um das Erwerb von praktischen Fähigkeiten. Die Vorlesung soll aufzeigen die Theorien durchaus helfen die Praxis besser zu verstehen und verbessert auch diese Fähigkeiten. Alles handeln beruht auf theoretische Annahmen bzw. Vorannahmen z.B. Besuch des Studiums soll (theoretisch) die Berufschancen verbessern. Wir versuchen ständig Phänomene zu begründen z.B. das hinter der Phänomen ‚Symptom‘ steckt möglicherweise eine Krankheit.
Alltagstheorien werden ständig konzipiert und gebaut. Diese verstehen sich als Grundannahmen: Wie kann man diese eine Problem lösen? Wie geht man damit um? Z.B. Wie sollten Kinder erzogen werden? Bei Theorien geht es um nichts anderes als das tentative/versuchsweisen Umgehen mit einer komplexen Wirklichkeit. In der PuKW geht es um die komplexe Wirklichkeit von sozialen Kommunikationsbeziehungen – all dem was man als Kommunikation bezeichnen kann. Kommunikation versteht sich als Totalphänomen – es gibt nichts was nicht als Kommunikation verstanden werden kann. Hegel: Alles sein ist Beziehung. Luhmann: Ein System besteht aus nichts anderes als Beziehungen, und Beziehungen sind alle Kommunikationsbeziehungen. Journalismus System, Politisches-System – man rekurriert auch unbewusst auf Systemtheorie. Der Gegenstandsbereich der Kommunikationswissenschaft, das Objekt der Theoriebildung ist die menschliche oder soziale Kommunikation. Die PuKW steht vor das Problem Theorien zu entwickeln die für diese Kommunikationsphänomene geeignet sind. Was heißt geeignet? Welche die helfen diese Kommunikationsphänomene erkennbar zu machen und ihren Zusammenhang/gelingen/funktionieren/Ablauf/Prozesshaftigkeit zu erklären um sie vorhersehbar zu machen. Was kann man von einem bestimmten Input erwarten? Will man eine Wahl beeinflussen muss man rechtzeitig die Themenführerschaft erlangen. Man muss einem neuen Thema einbringen. Praktische Handlungsweisen haben eine theoretische Entsprechung; es dauert z.B. 5 – 6 Tage bis ein neues Thema in dem Köpfen der Menschen ankommt und möglicherweise ihr Handeln beeinflusst. PuKW hat sich damit abgefunden dass es für soziale Kommunikation keine übergeordnete Supratheorie gibt. Das theoretische Bemühen der PuKW bleibt letztendlich Stückhaft – die Realität der Kommunikation in der Gesellschaft eilt die wissenschaftliche Kommunikationsbildung immer voraus. Das theoretische Rüstzeug der PuKW gemessen an was von der Praxis benötigt wird bleibt immer zurück. Einen ständigen Wettlauf zwischen theoretische Reflexion und praktische Entwicklung. Die Theorie wird ständig von der Praxis überholt. Nicht nur gibt es keine Supratheorie, sondern die PuKW hat es auch zu tun mit zwei gänzliche Unterschiedliche Modi der Kommunikation. Das sind die zwischenmenschliche Kommunikation auf der eine Seite, und die Massenkommunikation auf der anderen Seite. Die anthropologische Grundkonstante von Kommunikation: wo Kommunikation fehlt, besteht keine Möglichkeit der Mensch-werden. Es geht nicht nur um die verbale Kommunikation, sondern auch um viel grundlegendere Formen wie der Berührung. Massenkommunikation ist für unsere Existenz als gesellschaftliche Subjekte bzw. Gesellschaftswesen auch unabdingbar. Wir leben nicht vereinzelt und nur für uns selbst. Medien sind daher für die soziale Orientierung unverzichtbar. Diese beiden Modi haben nur bedingt etwas miteinander zu tun – sie haben möglicherweise auch andere Voraussetzungen. Zum Beispiel in der Massenkommunikation hat man nicht die Möglichkeit des spontanen Feedbacks. Die Massenkommunikation kann aber Themen für die ganze Gesellschaft bereitstellen. Sind kann die 2
Gesellschaft vergewissern über die sie betreffenden Themen. Zwischenmenschliche Kommunikation versteht sich auch als Erfahrungsaustausch; wir teilen mit jemand eine Erfahrung. In der Massenkommunikation sind es mindestens Sekundär- wenn nicht tertiärvermittelten Kommunikationsinhalte. Diese entziehen sich unsere direkte Erfahrung. Wir sind auf die Medien angewiesen, können aber auch dieses Prozess optimieren. Zum Beispiel in dem wir viele Quellen benutzen oder nicht alles sofort glauben sondern auch Hinterfragen. Was ist Propaganda, was ist Information? (Mischt sich heute sehr stark) Die moderne Kriege sind Kriege der medialen Wahrnehmung: wer besetzt das Thema als erster? Manchmal wird es über beide Kommunikationsmodi von Dialog gesprochen: Das Dialog der Gesellschaft. Massenmedien führen nicht zum Dialog der Gesellschaft, sie stellen Themen zur Kommunikation bereit. Sie transportieren Informationen und vermitteln Daten – der Bedeutungskontext muss vom Individuum erst eingeholt werden. Ein Dialog unterliegt bestimmte moralische Maßstäbe; ein Dialog kann nicht gelingen in einen Über- / Unterordungsverhältnis beispielsweise. In diese Situation gibt es aber dennoch Kommunikation. Man nimmt wahr was eine Person fragt, aber auch Wer es i st der spricht. Man deutet die Person in Bezug auf seine Worte. „Ich deute sie und sie deuten mich.“ Hat man glück, dann Treffen sich die Deutungsebenen.
Kommunikationstheorien beziehen sich auf mannigfaltige Fülle von Kommunikative Momente und Beziehungen. Theoriechaos: Bei einem sozialen Totalphänomen wie Medienkommunikation, das in alle erdenklichen Schichten des Kollektiven und Individuellen seins reicht, ist ja die Fülle mögliche Problemstellungen und Hypothesen buchstäblich unbeschränkt. Und so ja auch diejenige möglicher Holzwege. (Saxer, U.)
Der Kernbereich was Forschung und Theoriebildung ausmacht ist der Problembegriff. Am Problem/Problemrelevanz liegt die Art und Weise der Theoriebildung. Theorien versuchen immer Problem. Das Problem Antworten auf konkrete Probleme zu geben. Aber das Problem ist auch ‚dein‘ Problem. wird definiert. Das Problem existiert nicht an a n sich und unabhängig von ihnen. Beeinflussen Medien das Wahlverhalten? Wenn ja, wie? Gibt es Gruppen in der Gesellschaft auf den die Medien einen größeren Einfluss ausüben? Was wirkt, das Schlagwort oder das Argument?
Kommunikationswissenschaft ist keine Geisteswissenschaft sondern eine Sozialwissenschaft, und sie denk deshalb Problemorientiert. Deshalb greift sie auf eine Basistheorie/Metatheorie zurück; zum Beispiel auf den kritischen Rationalismus von Karl Popper. Im Sinne des kritischen Rationalismus ist die Wissenschaft dazu da konkrete Probleme zu lösen. Was ist aber eine Problem, wissenschaftliche gesehen? Ein Problem ist die erkannte Diskrepanz zwischen einen erkannten Ist-Zustand und eine erwünschten Sollens-Zustand. Man erkennt also wie etwas ist, meint aber das es besser wäre wenn es anders wäre. Wenn man möchte dass etwas besser gelingt als bisher, bezeichnet man das als normativen Anspruch. Normativer Anspruch kommt aus dem Erwartungsverständiß; das Verständnis über die Wirklichkeit und wie sie sein soll. Alleine die Beobachtung des Ist-Zustandes reicht aber nicht aus; wenn man möchte dass es besser wird, dann wird es zum Problem. Sozialwissenschaft hat tatsächlich die Aufgabe gesellschaftliche Realität zu verändern, zu verbe ssern. Bei den Vertretern der kritischen Theorie wird explizit davon gesprochen dass das Verhältnis von Theorie und Wirklichkeit ein revolutionäres sein muss. Die Theorie ist nur wertvoll wenn sie tatsächlich gesellschaftliches Unrecht behebt oder aufzeigt oder bekämpft.
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Popper aber, besagt das die Theorie wird immer gefährlich wenn sie die Gesellschaft verändern will; dann wird plötzlich aus der Theorie eine Ideologie. Die Theorie existiert aber nicht im Luftleeren Raum. Sie entspringt den Köpfen der Menschen, weil Probleme von Menschen identifiziert werden. Anderseits, die identifizierte Probleme und Forschungen in die Gesellschaft zurückspiegeln und gesellschaftliche Prozesse verändert. Wenn man ein lösungsbedürftiges Problem identifiziert impliziert man das die Lösung die Gesellschaft verändert. Werte haben aber natürlich einen Einfluss auf die Forschungsergebnisse; es hängt von meine Werte ab, was ich als Problem erkenne. Es hängt auch von meinen Wertorientierungen ab, wie man versucht das Problem zu lösen. Deshalb sollte die Wertorientierung immer Transparent gemacht werden. Ein Problem, im wissenschaftlichen Sinn, hat nichts mit gelingen zu tun. Forschung ist nicht neutral, genauso wie Technik nie neutral ist. Technik hat ein Wesen; es ist Teil des Wesens der Messer das man damit Bort schneiden kann, aber auch jemanden Stechen. „Man wird nicht Journalist; man scheitert in den Beruf hinein.“ Das Fach der PuKW besteht aus
Holzwege. Die Wissenschaft ist immer der aktuellste Stand des Irrtums; nichts ist Sakrosankt. Der Zwang der Selektion verläuft immer der Gefahr der Sicht des Ganzen zu verlieren. Zentralste Forschungsbereich in der PuKW ist: die Medienwirkung. Wie wirken die Medien? Was muss man tun um die Größtmögliche Wirkung zu erlangen? Wirkungen interessieren alle die von eine positive Medienwirkung abhängig sind, wie z.B. P.R. Leute. Früher dachte Man die Medien seien der einzige und Wirksamste Faktor; Theorie der Omnipotenz der Medien; Starke Botschaft = Starke Wirkung. Das Stimulus-Response denken hat sich aber nicht bewährt. Deshalb wurden die intervenierenden Variablen angeschaut; Opinion Leader usw. Das waren alles Irrtümer; aber nicht die Antworten waren falsch sondern die Fragen waren Falsch. Dan hat sich das Paradigma geändert: Nicht was machen Medien mit Menschen, sondern was machen Menschen mit Medien.(?) Und so entstanden neue Fragestellungen, die RezipientenOrientierten Forschung. Forschung hat einen Mainstream und verändert sich deshalb nicht von heute auf morgen. Karl Popper fordert in seine kritische Rationalismus: Man muss gegen sich forschen: nicht das Ergebnis ist Falsch sondern die Theorie ist falsch. Die Sachverhalte entwickeln sich auch über die Theorien hinaus. Es ist sehr wohl möglich dass die Theorie der Medienwirkung durchaus stimmte, als das Fernsehen und Zeitung herausgekommen sind. Aber durch die jahrelange Habitualisierung hat sich die Realität verändert. Es kann sein das es sehr wohl etwas gibt wie mediale Massenphänomene und das Medien durchaus eine Wirkung haben auf das Kollektive Fühlen und Denken der Menschen. Die Phänomene verändern sich, die Variablen ändern sich; sie sind Flüchtig. Es zwar unverzichtbar die Wirklichkeit zu verstehen, aber wir wissen auch das die Wirklichkeit über unsere Wahrnehmungsmöglichkeiten hinaus geht. Wichtige Phänomene können manchmal nicht gemessen werden…wie misst man Sympathie? Das Phänomen ist schwer fassbar; man kann es nicht immer messbar machen. Die empirischen Theorien sind vorgeprägt durch die Methodenstandards die man anwendet. Das was man messen kann ist auch Wirklichkeit und was nicht Messbar ist, ist nicht Wirklich. Das weist die Forschungsmethode die man verwendet Priorität zu. Die Theoriebildung in der sozialen Wissenschaft ist auch endgeknüpft an dem Methodenrepertoire. Die Methode bestimmt was man denkt, nicht man bestimmt durch sein Denken die Methode. Neue Fragen machen deshalb neue Methoden notwendig; neue Methoden sind aber nicht validiert, nicht geeicht. Man muss deshalb seine Frage manchmal so Formulieren das es Messbar gemacht wird, mit herkömmlichen Methoden. Das sind alles restriktive Momente die es schwierig Machen eine Theorie zu entwickeln. Die die in der Wissenschaft Karriere machen, machen es deswegen weil sie das Fach vertreten wie es gelehrt wird. Ein wirklicher Querdenker kommt gar nicht zur Habilitation. „Bleibt nicht wie du bist; 4
werde wie du sein könntest.“ Theorien sind gedankliche Konstrukte, Ansammlungen von Sätze und
Behauptungen meistens deduktiver Art. Sie sind deduktive Aussagen die einen Teilbereich der Wirklichkeit beschreiben und Erklären. Theorien sind immer etwas Vorläufiges. Die Aufgabe der Vorlesung besteht darin sich nicht klein machen zu lassen von Problemen wie das Totalphänomen der Kommunikation oder der Theorienchaos. Für Erkenntnis ist es gleichermaßen schlecht ob man ein System hat, oder kein System hat. Hegel: „ Es ist gleich tödlich für den Geist ein System zu haben und keines zu haben, er wird sich also wohl schließen müssen, beides zu verbinden.“
Rotes Skriptum soll im Rhythmus der Vorlesung gelesen werden. „Vielleicht sollte man sich das Merken“ heißt der entsprechende Stoff Prüfungsrelevant ist, möglicherweise.
2. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 11.10.2010
Ernst Steiner untersucht das Spannungsfeld Chaos und Ordnung. Es gibt so was wie einem Theorienchaos innerhalb der PuKW. Aber das ist nur ein vermeintliches Chaos. In der Chaostheorie versteht man Chaos als eine höhere Form der Ordnung . Es kommt früher oder später zu TheorieKreisen, also zu einer gewissen Ordnung. Paradigmen sind kognitive Muster nach denen Wissenschaft funktioniert. Zum Beispiel die Paradigma über das ‚Omnipotenz der Medien‘. Die daraus entstandenen Theorien wurden alle von einer bestimmte Sicht der Dinge gesteuert. Die Kommunikationswissenschaft wir erst spannend wenn man das gelernte mit dem persönlich erlebten verknüpft. Paul Feyeraben, ehemalige Mitarbeiter von K. Popper, sagt: Respektiere dein Vorgänger aber sei nicht seine Sklave. Man ist dann nicht ein Sklave wenn man das persönlich erfahrene mit dem eigen erlebten verknüpft. Das was in der Vorlesung geschieht ist ein Mehr oder Weniger systematisches Nachdenken über menschliche Kommunikation. Alles Existenz ist kommunikative Existenz. Existieren und Kommunizieren gehören zusammen; zwei Seiten einer Medaille. Existenz ist nicht etwas was auf sich selbst bezogen bleibt; insofern man existiert, existiert man im Zusammenhang mit anderen. Man existiert in Bezug auf einen anderen. Die Beziehung des einen zum anderen. Kommunikationswissenschaft beschäftigt sich nur sporadisch mit der zwischenmenschliche Kommunikation. Zumeist wird nur die Massenkommunikation betrachtet. Das ist nicht vorteilhaft weil es ja ein Verhältnis zwischen den Beiden besteht. Wir sprechen mit anderen über Massenmediale Inhalte. Diese Kommunikationsprozesse folgen aber jeweils eine andere Logik. Es gibt wenige Theorien die die zwischenmenschliche Kommunikation betreffen, und diese kommen meist aus anderem Fächer. Was sind Theorien und wie kommen Theorien zustande? Wenn wir von Theorien sprechen, dann ist es meisten über empirische Kommunikationstheorien. Theoreme sind abgeleitete Gesetzesaussagen die sich aus Theorien ableiten lassen. In Bezug auf die theoretische Erörterung kann man einzelne gesetzmäßige Aussagen ableiten. In dem Fach der PuKW hat man oft nicht mit geschlossenen Theorien zu tun sondern eher mit Theoreme. Wir haben zu tun mit drei große Arten von Theorien: (1) empirische Kommunikationstheorien –> deckt den Bereich ab wenn man von der Kommunikationswissenschaft als empirisch-analytisch Sozialwissenschaft spricht. Auf Basis von empirischen Beobachtungen werden Theorien entwickelt. Beispiele sind Theorien über die berufliche Sozialisation von Journalisten, Theorie der Wirkung der Massenkommunikation; das ist ein großer Teil dessen mit dem sich das Fach beschäftigt. 98 Prozent der theoretischen Auseinandersetzung bezieht sich auf empirische Kommunikationstheorien. (2) 5
sozialphilosophische Kommunikationstheorien der Gesellschaft -> einerseits der Systemtheorie von Luhmann; hier geht es nicht mehr um einzelne empirische Befunde und ihre Zusammenhang mit einer Begründung oder theoretische Rechtfertigung. Es geht auf übergeordneter Ebene um das Verständnis der Gesellschaft als Kommunikationssystem. Gesellschaft wird verstanden als kommunikativer Handlungszusammenhang. Diese Theorien beschäftigen sich mit dem Gesamtzusammenhang von Gesellschaft und Kommunikation. Ideologisch auf der anderen steht die Theorie des kommunikativen Handelns von Habermas. Diese versuchen auf der Makroebene große Theorieentwürfe anzubieten. Diese Theorien speisen sich aus der Philosophie; sie haben ihr Fuß in der Philosophie.
Im Luhmannischen Sinn besteht ein System aus nichts anders als Kommunikation; Systeme sind Beziehungen die sich durch eine System-Umwelt Differenz auszeichnen. Das Hauptproblem alle Systeme sind der Bestandserhaltung; betrifft alle Systeme gleichermaßen. Bestandserhaltung heißt: Sich gegenüber eine sehr variablen variablen Umwelt abzugrenzen. Systeme bezeichnen sich also auch dadurch aus das sie relativ invariant sind und bleiben. Eine relative Invarianz gegenüber eine sehr variablen System-Umwelt. Ein System definiert sich also immer durch seine Differenz mit der Umwelt wie in etwa das Universitätssystem zur Bildungssystem, oder Bildungssystem zur übrigen Gesellschaftssystem. Theorie des Kommunikativen Handels von Jürgen Habermas auch eine solche übergeordnete mit deren Hilfe man die Kommunikationsvorgänge der Gesellschaft bewerten kann. Der Grundgedanke ist der: Welche Möglichkeiten hat man, wenn man nicht mit Gewalt seine Interessen durchsetzen will? Die Antwort ist die Kommunikation; die einzige Möglichkeit nicht unsere Köpfe einzuschlagen. Für Habermas begründet sich die Vernünftigkeit des Menschen in der Kommunikation. Will man sich vernünftig mit jemand oder etwas auseinander setzen, dann geht es nicht mit Gewalt sondern mit Kommunikation. Die Theorie erläutert die Möglichkeit, auch dann wenn Kommunikation scheitert, dieses Scheitern wiederum mit Kommunikation zu beheben. Die geschieht durch die Metaebene des Diskurses. Diskurs versteht sich als der Gerichtshof über das Scheitern von Kommunikation.
(3) philosophische Kommunikationstheorien (als Theorien der Intersubjektivität) -> beziehen sich auf die Frage: in welcher Zusammenhang steht das Ich und das Du in Bezug auf Kommunikation. Ein Beispiel ist der symbolische Interaktionismus von G. H. Mead. Solche Theorien bieten gewissermaßen eine Schnittstelle zwischen alle drei Ebenen an. Hier geht es schon um die Frage: Wie sehr konstituiert sich das ‚Ich‘ durch einen ‚Du‘? Oder wie sehr sich das ‚Ich‘ durch einen ‚Wir‘
konstituiert. Diese spielen auch bei Axel Honneth in der Anerkennungstheorie eine Rolle. Die Anerkennungstheorie besagt: „Man muss jemand als ‚den anderen‘ Anerkennen bevor man ihn Erkennen kann.“ Erst die Anerkennung stiftet die Intersubjektivität. Anerkennung beschreibt ein Wechselseitiger Prozess: Man erkennt jemand als der/den Andere der dich Gegenüber steht. In diesem Prozess des Anerkennens hebt sich die Differenz auf. Anerkennung in der Arzt-Patienten Beziehung: Der Arzt darf nicht ‚von Oben‘ mit dem Patient Kommunizieren sondern muss in ihn erkennen (anerkennen) dass er auch irgendwann mal ein Leidender ist: Solidarität in der ArztPatienten Beziehung. Man ist in diesem Prozess der Solidarität aufeinander verwiesen und nicht mehr in einer subjekt-objekt Beziehung verwickelt. Das Problem liegt schon in der Terminologie: Behandlung , der Arzt Behandelt jemanden als Objekt. Diese sind philosophische Überlegungen zur Intersubjektivität. Hier geht es nicht um die Erklärung von empirischen Phänomenen, sondern um die Begründung . Der empirische Kommunikationswissenschaftler fragt: Was sind denn die Phänomene? Der Philosoph fragt: Wir kommen deine Erkenntnisse zustande um dieses als Phänomen zu erkennen? Der Philosoph fragt also nach den Erkenntnisbedingungen. Der 6
Sozialwissenschaftler versucht Erkenntnisse an bestimmte beobachtete Phänomene festzumachen. Philosoph wiederum fragt nach den nicht-empirischen Voraussetzungen für das Erkennen vom Empirischen. Diese ist ein Schema um gewissermaßen Ordnung herzustellen in das behauptete Theorienchaos von Ulrich Saxer. Die Wissenschaft und die Theoriebildung stehen beide in eine gewissen Verhältnis zur Wirklichkeit, sind aber nicht ‚die Wirklichkeit.‘ Die ‚Wirklichkeit‘ im Sinne der PuKW ist die ‚Wirklichkeit sozialer Kommunikation‘; ‚sozialer Kommunikationsphänomene‘. Popper besagt, man kann nie seine Theorien/Hypothesen ‚Verifizieren‘; eine Theorie kann man nie bewahrheiten. Der Satz ‚Alle Schwäne sind Weiß gilt nur vorläufig bis man ein schwarzer Schwann findet.“ Die
Prognosen reichen nicht für alle Ewigkeit. Die Wissenschaft bildet die Wirklichkeit nicht 1:1 ab, und Journalismus auch nicht. Die Wissenschaft greift Selektiv auf die Wissenschaft zu z.B. durch Paradigmen, Werte, Vorurteile. Darüber hinaus, ist die Wissenschaft selbst Teil der Wirklichkeit über die sie diese Aussagen trifft. In dem Prozess der Auseinandersetzung mit Wirklichkeit wird die Wissenschaft selbst zu Wirklichkeit. Es gibt keine Beobachtung die nicht Beobachtung von jemand ist – man kann nicht außerhalb der Welt stehen und beschreiben. Die Wissenschaft ist also mit der Wirklichkeit auf doppelter Weise involviert. Die Methoden die die Wissenschaft anwendet sind auch nicht vom Untersuchungsobjekt unabhängig – die Methoden bestimmen also zum Teil die Untersuchte Wirklichkeit. Die Dritte Verborgenheit: Die Ergebnisse die die Wissenschaft produziert werden in der Gesellschaft zurückgespielt, und dadurch wird die Gesellschaft wiederum verändert. Jede Beobachtung von Wirklichkeit ist eine Beobachtung von jemand. Es gibt keine unabhängige wissenschaftliche Beobachtung. Alles was in die Wissenschaft drinnen Steckt (Erfahrungen, Vorurteilen, Interessen, Paradigmen, Geld) bestimmt dem Prozess der Beobachtung von Wirklichkeit und damit auch das Denkergebnis. Ein Guter Wissenschaftler macht dieser Zustand Transparent in dem er Sagt aus welchem Standpunkt aus dem er Betrachtet. Die Ergebnisse der Wissenschaft hängen sehr stark mit dem Inputs zusammen; es kommt darauf an was man oben eingibt. Eine Entscheidung für etwas ist immer eine Entscheidung gegen etwas anderes (gegen Millionen andere Möglichkeiten). Aussagen der Wissenschaft über die Wirklichkeit sind immer nur Interpretationen der Wirklichkeit. Es sind aber keine beliebige Interpretationen, sondern sie sind systematisch Erarbeitet, sind Wahrheitsfähig; es sind Interpretationen aber keine ad hoc Interpretationen. Positiv/Positivistisch heißt durch die Sinne wahrnehmbar. Man ist Positivist wenn man seine Welterkenntnis nur darauf baut, was er sehen kann. Positiv heißt: Was existiert; was positiv durch die Sinne wahrnehmbar ist. Z.b. Was man wissenschaftliche Beobachten kann existiert, und was man nicht Beobachten kann existiert nicht. Kritischer Rationalismus von Popper als gewissermaßen die meisten nicht ausgesprochene Hülle unter der sich alle Arten empirische Forschung versammeln. Und die Grundthese des Kritischen Rationalismus besteht darin die Hypothesen zu Falsifizieren; man muss danach Streben gegen sich zu arbeiten. Kritische Rationalisten müssen alles tun um sich zu wiederlegen – das ist ihr wissenschaftstheoretisches Selbstverständnis. Zu erkennen das der Welt nicht flach ist war ein ‚revolutionärer Akt‘ – wissenschaftstheoretische Dach/Gebäude ist Karl Popper’s kritischen Rationalismus.
Große philosophische Diskussion: Wie sind Geist und Gehirn zu verstehen? Bedingen sie sich gegenseitig? Ist das Gehirn vielleicht die Voraussetzung aber nicht die hinreichende Erklärung? z .B. die Gehirnforschung kann beweisen es gibt eine neurophysiologische Basis für das Mitgefühl. Zuwendung gegen Leistung ist der Weg jemanden Kaputt zu machen. Wo hört der Sozialwissenschaftler auf zwangsweise zu denken? Ein Beispiel aus der PuKW: Wie oft spricht man davon dass Medien das gesellschaftliche Bewusstsein beeinflussen? Kein Mensch frägt danach, was ist denn ‚eine gesellschaftliche Bewusstsein?‘ Jahrelang vollzieht man bewusst 7
Setzungen: z.B. Man geht davon aus den Medien die Menschen beeinflussen. In dieser Hinsicht fragt der Philosoph: Wie kommt den eine Setzung zustande? Wir machen viele begriffliche Voraussetzungen auf dem wir dann aufbauen z.B. ‚gesellschaftlichen Bewusstsein‘. Wir kommen nur an Beschreibungen der Wirklichkeiten heran: Interpretationen die eingebunden sind in unsere Sprachlichkeit. Der letzte Bezugspunkt Wirklichkeitsbeschreibungen sind die Beschreibungssysteme. Man muss die Differenz zwischen Landschaft und Landkarte berücksichtigen. Die Wissenschaft stellt die Landkarte die alles in einem kohärenten Beschreibungssystem aufzeigt in einem Verhältnis von 1:10,000. Je genauer die Landkarte de sto näher kommt das Modell an ‚die Wirklichkeit‘ heran; aber die Landkarte bleibt trotzdem eine Landkarte: sie ist nur eine Entsprechung. Sie steht nur in einem Verhältnis zu dem was sie abbildet. Der Weg durch die Landkarte in der Wirklichkeit hat eigentlich nichts mit die Landkarte zu tun. Wie gut die Landkarte ist kann sich erst in der Realität beweisen. Daher die Forderung von Paul Feyerabend: die Landkarte (das was man hört, die Wissenschaft) muss mit der Realität verglichen werden und nicht einfach so als gegeben angenommen werden. 3. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 25.10.2010
Was man als Phänomen identifiziert hängt auf die Fähigkeit ab einen Gegenstand überhaupt als relevanten Gegenstand erkennen zu können. Der Gegenstand hängt von der Art und Weise ab was man sucht; man kann nur finden was man sucht. Wie findet die Kommunikationswissenschaft als Sozialwissenschaft ihre Gegenstände? Theorien verstehen sich im diesem Kontext als systematische Versuche diese Gegenstände erkennbar zu machen. Sie versuchen aus dem Spektrum möglicher Untersuchungsobjekte jede heraus zu finden die relevant sind; nämlich in Bezug auf Theoretische vorannahmen. Fischernetzparabel (Sir Arthur Eddington, 1939) : Die Wirklichkeit ‚an sich‘, also ohne unsere Beschreibung kann es nicht geben. Alles was wir über Wirklichkeit aussagen (in der Natur- sowohl wie auch in der Sozialwissenschaft) ist von jemanden Ausgesagt. Zwei Grundgesetze: (1) Alle Fische sind größer als 5 Zentimeter (2) Alle Fische haben Kiemen Beide diese Aussagen haben sie ohne Ausnahme bei jedem Fang bestätigt. Er nimmt auch an das diese Aussagen sich auch bei jeden künftigen Fang sich bewähren werden. Der Metaphysiker kommt und wendet ein: Das zweite Gesetz das alle Fische Kiemen haben, lass ich gelten. Aber bezüglich den ersten: Es gibt sehr wohl Fische im Meer die größer sind als fünf Zentimeter, nur die Maschenweite ihres Netzes ist fünf Zentimeter. Der Ichthyologe antwortet: Was ich nicht mit meinen Netz fangen kann, existiert nicht. Diese Fische können wir als Stellvertretend nehmen für soziale Phänomene. Dies verdeutlich das Problem der ‚Konstruktion von Wirklichkeit‘: Man kann nur Erkennen mit Hilfe der Erkenntnismöglichkeiten die uns zur Verfügung stehen. Die Erkenntnismöglichkeiten sind wiederum durch unsere Wahrnehmungsmöglichkeiten begrenzt. Uns stehen nur bestimmte Methoden zu Verfügung, wie Interview, Inhaltsanalyse usw. Diese Methoden definieren die Maschengröße des Netzes. Im Interview Z.b. Schlüpft alles durch, was nicht verbalisierbar ist wie alle dem nicht abfragbare emotionalen Momente einer Beziehung. Oder zum Beispiel im Intimbereich der Menschen zu befragen; was er Glaubt, was er nicht glaubt usw. Nur weil man dieses nicht messen kann, heißt es nicht dass es nicht da ist, sondern dass es nicht messbar ist. Es ist ein positivistisches Fehlurteil zu glauben, alles was nicht wahrnehmbar ist existiert nicht. Man kann aber Sachen auch intuitiv fühlen; man spürt diese Sachen und kann nicht sagen warum. Um zu behaupten diese Sachen sind nicht da wäre Reduktionismus: man reduziert die Wirklichkeit auf die sinnlich erfahrene Momente. Die Komplexität der Wirklichkeit reicht weit über unsere Wahrnehmungsmöglichkeiten hinaus. 8
„Theorien sind solche Netz die ausgeworfen werden, um die Welt einzufangen, sie zu rationalisieren, zu erklären und zu beherrschen.“ – Popper, Logik der Forschung. Augenmerk auf die Begrifflichkeiten der ‚Rationalisieren‘ und ‚Beherrschen‘ zu lenken. Beherrschbarkeit ist ein
Grundlegender Aspekt. Wissenschaft im Dienste der beherrschbar machen der Natur, oder der sozialen Beziehungen. Technische Erkenntnisinteresses: Wissenschaft im Dienste der Beherrschung; des Verfügbarmachens – wenn man etwas weißt über den Zusammenhang, kann man es sich Verfügbar machen. Das Erkenntnisinteresse … von fast alle Sozialwissenschaften und alle Naturwissenschaften liegt außerhalb des Gegenstandsbereichs. Man möchte verstehen wie eine Kommunikation fun ktioniert, um zu … um sie Dienstbar zu machen, um sie zu optimieren, um sie manipulieren zu können, um größere Wahlergebnisse zu erzielen, um mehr zu verkaufen. Der Zweck der Wissenschaft liegt außerhalb ihres Selbst, in alle Wissenschaften mit Ausnahme der Philosophie. Man beschäftigt sich mit Hegel nicht um eine Wahl zu gewinnen. Technische Erkenntnisinteresse besteht in der ‚Verfügbarmachung von Welt‘ oder ‚Verfügbarmachung von Natur.‘ Wenn man etwas Verfügbar machen will, dann ist es um etwas im außerhalb zu bewirken. Der Zweck der Forschung liegt außerhalb ihre selbst; immer eine ‚Um-Zu‘ Beziehung, eine Instrumentalisierung von Wissenschaft. Die damalige wesentliche Frage war: Im wessen Interesse betreiben wir die Forschung? Wer profitiert davon? Verknüpft mit der Diskussion zur Wertefreiheit der Wissenschaft von Max Weber. Kann Wissenschaft Wertefrei sein? Trägt der Wissenschaft Verantwortung für seine Ergebnisse oder nicht? Viele Wissenschaftler glauben sie machen nur ihre Forschung; was die Politik macht können die nicht kontrollieren. Stichwort: Atomwaffenproblematik. Das schlimmste was passieren kann ist wenn Verantwortung geteilt wird; genau das ist im Dritten Reich passiert. Wissenschaft kann die Folgen ihres Handelns nicht abkoppeln von den Forschungsprozessen oder selbst von den Fragestellungen. Jede Fragstellung zieht ein bestimmtes Ergebnis nach sich und das Ergebnis hat folgen. Es gehört zur Ethik der Wissenschaft: Verantwortliche Forschung hat den Gesamtprozess im Auge zu behalten. Es hat ein Grund warum man bestimmte Krankheiten in Afrika nicht erforscht: weil es kein Geld bringt nämlich. Man sollte mit der großangelegte Folgen eigentlich näher befassen, aber die Kommunikationswissenschaft ist eigentlich ein unwichtiges Fach im Konzert der Wissenschaften. Fischernetzparabel zeigt uns zweierlei: Es hat eine methodologische Implikation, nämlich durch und wegen der Maschennetzgröße und eine Erkenntnistheoretische. Die Maschengröße des Netzes gleicht den wissenschaftlichen Methoden der Erkenntnisgewinnung, über einen Gegenstand. Jede wissenschaftliche Methode bestimmt auch den Verlauf und Ergebnis der Erkenntnis. Die Methode der Untersuchung hängt wiederum von der Fragestellung ab. Wissenschaftliche Ergebnisse hängen immer von ihrer zugrundeliegende Fragestellungen ab. Die Erkenntnisbedingungen liegen auch in der Struktur unseres Geistes – die Netzgrößen in uns Selbst; der Wahrnehmende Mensch ist auch ein ‚Netz‘. Der Mensch selbst kommt auch nicht über seine Maschengröße hinaus. Erkenntnistheoretische Bedeutung: Alle empirische Anschauung, alle Erfahrung liegen Verstandesleistungen zugrunde. Diese Verstandesleistungen nennt Kant Kategorien, diese Kategorien sind a priori gegeben. Apriorische formen mögliche Erkenntnis. ( A priori forms (conditions) of human sensibility ) Es geht nicht um was ‚Empirisch‘ ist, sondern was sind die Voraussetzungen um etwas überhaupt als empirisch zu erkennen. Raum und Zeit sind solche apriorische Kategorien bzw. Anschauungsformen. (Space and time as forms of human intuition ) Räumliche Ausdehnung ist Grundlage jeglicher Anschauung. Ohne Zeit als apriorische Kategorie des Verstandes ist die Folge/die Gleichzeitigkeit nicht vorstellbar. Insgesamt hat Kant 12 solche Kategorien aufgestellt, die man als ‚Elemente des Verstandes‘ verstehen kann und die alle empirische Erfahrung zugrundeliegend. Diese 12 Kategorien sind in 4 Gruppen geordnet: Quantität, Qualität, Relation und Modalität. Die Erkenntnis richtet sich nicht nach den
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Gegenständen sondern den Gegenständen richten sich nach dem Erkenntnis. (Potentielle Prüfungsfrage: Erklären sie diesen Satz.)
Man könnte als Philosoph sagen zu den Ichthyologe: du fängst aber zweifelslos was lebendiges, bis du es an Land ziehst. Man könnte deshalb Fragen: Was ist das Lebendige? Das ist nicht eine Frage Biologie sondern es geht an die Philosophie. Was ist das Lebendige an sich? Der Einzelwissenschaftler setzt diese Antwort voraus in dem er Forscht. „Gäbe es keinem lebenden Fische, würde ich sie nicht fangen können.“ Jede Wissenschaft operiert mit Voraussetzungen die sie selbst nicht einholen kann. Hinter diese Voraussetzungen geht der Einzelwissenschaftler nicht mehr zurück, aber sehr wohl der Philosoph. Für den Einzelwissenschaftler gilt: Empirisches wird durch Empirisches erklärt. Die Einzelwissenschaft ist mittel im Dienste der Naturbeherrschung. Die Kommunikationswissenschaft ist mittel im Dienste der Zwecke der Beherrschung, der Steuerung von Kommunikationsprozessen. „ Die Naturwissenschaft beschreibt die Natur nicht einfach so wie sie an sich ist. Sie ist vielmehr ein Teil des Wechselspieles zwischen der Natur und uns Selbst. “ Werner Heisenberg Was wir beobachten, ist nicht die Natur selbst sondern die Natur die unsere Art der Fragestellung ausgesetzt ist. Durch unsere Erkenntnisbedingungen sind wir in der Erkenntnis selbst enthalten. Wir sind immer teil der Erkenntnis von Welt. In dem Wissenschaft etwas über die Wirklichkeit aussagt, sagt sie auch was über sich selbst aus z.B. durch ihr Gesellschafts oder Menschenbilds. Wie wird die Gesellschaft verstanden in den Sozialwissenschaften? Automatismus, geschlossenes System, offene System? Wie wird der Mensch verstanden? Wird der Mensch nur als Rolle verstanden, wie in der Systemtheorie? Oder kann es sein das es doch welche Identifikationsmomente gibt die über eine Rolle hinausgehen. Z.b. bei der Mutter-Kind Beziehung: Spielt die Mutter nur eine bestimme Rolle weil die Gesellschaft erwartet sie soll ihr Kind lieben? Gibt es keines Identitätsstiftendes Intimität. Was ist mit der Verweigerung oder mit den Abweichlern? Auf welche Voraussetzungen beruht die Negation? Die Wissenschaft ist stets ein relatives und ein relationales Unternehmen. Es geht immer um das Verhältnis von Wissenschaft und den Gegenstand der sich behauptet bzw. Konstituiert. Die Art der Fragestellung wird dann zu unserem Netz, mit dem wir dann unsere Fragen zu beantworten versuchen. Wissenschaft ist gezwungen Selektiv, weil jede Art von Erkenntnis auch selektiv ist. Der Erkenntnis des einen geht immer zu Lasten der Erkenntnisse des anderen. Theorien sind eine systematisch geordnete, oft reich strukturierte deduktiv zusammenhängende Sammlung von zumeist gesetzesartigen Aussagen über ein ei n bestimmtes Gegenstandsbereich. Habermas sagt: „Theorien sind Ordnungsschemata, die wir in einem syntaktisch Verbindlichen rahmen beliebig Konstruieren. Sie erweisen sich für ein speziellen Gegenstandsbereich dann als Brauchbar wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt.“
Die Theorien sind die Landkarte und es gibt keine direkte ontologische Entsprechung zwischen Landschaft und Landkarte. Theoretische aussagen sind keine ontologischen Aussagen; sie sagen nicht über das Wesen des Gegenstands; sie sind bloß sprachliche Repräsentationen einer komplexen Wirklichkeit. Die Landkarte ist eine symbolische Repräsentation von eine dahinterstehenden komplexe Wirklichkeit. Es ist unmöglich aufgrund der Komplexität der Phänomene so was wie eine Universaltheorie der Kommunikation zu entwerfen. Das Universum der Kommunikation im Sinne von Saxer als ‚soziales Totalphänomen‘ ist unendlich weiter als sich mit dem Teleskopen der
Wissenschaft einfangen lässt. Theoriebildung ist selbst ein kommunikativer Prozess der auf dem Weg des wissenschaftlichen Diskurses zur Expansion dieses Universums beiträgt, also etwas was Komplexität unter der Bedingung wissenschaftliche Wissensproduktion und Wissensdistribution erhöht. Die Theoriebildung/Wissenschaft bringt zwar Ordnung, aber sie erhöht auch die Komplexität. „Wir schaffen durch unsere Theorien genau jene Welt, zu deren systematischen 10
Beobachtung wir diese Theorien gebrauchen. In dieser Zirkularität, sind die Grenzen des Verhältnisses zwischen Wissenschaft und Realität beschrieben. Wissenschaft erzeugt immer neue Realität, die sie beobachtet nach ihren Möglichkeiten. Man kann nur hoffen das sich dieses Prozess Spiralförmig (nach oben schraubt) vollzieht bzw. ent wickelt. „Die Struktur der Welt ist nicht von der Natur aus als solcher vorgegeben, sondern durch die Struktur unseres Geis tes.“ - Emmanuel Kant „Nicht die Wirklichkeit als solche ist Bezugspunkt unsere Erkenntnis, sondern die verschiedenen Interpretationen und Deutungen von Kohärenten Beschreibungssystemen. “ – Karl Popper ( Mögliche
Prüfungsfrage)
Kohärente Beschreibungssysteme sind Theorien, und sie steuern unseren denken. Dieser Satz macht den Popper nicht zu reinen Positivist. Ein reiner Positivist würde nicht sagen dass die Wirklichkeit immer relational zu unserer Interpretation von Wirklichkeit steht. Eine reiner Positivist wurde seine Erkenntnis zurückführen auf die Beobachtung die er macht – er sieht sich nicht selbst als Teil dieser Beobachtung. Was sind die verschiedenen Wissensmöglichkeiten? Drei Stufen: (1) Anschauende(n) Denken: Diese Art von Denken setzt sich unmittelbar mit der Phänomene auseinander. Z.b. Wie war das Wahlverhalten bei den unter 30 Jährigen bei dem vergangen Wien Wahlen? Oder, Welcher Wählerströme hat es gegeben? Von Woher kamen die Wähler der gewinnenden Partei? Was waren die Wahlkampf bestimmende Themen? Man nimmt die Phänomene und stellt sie in Relation zu den anderen Phänomenen. Empirisches wird mit empirische verglichen. Das Denken folgt der Muster der Wahrnehmung empirische Wirklichkeit. Es geht aus von der empirischen Evidenz. Diese Art von Denken darf man nicht verachten weil sie Grundlage ist von alle anderen Arten des Denkens. Kant sagt: „Ohne Anschauung gibt es kein erkennen.“ Anschauung ist immer empirisch, ist immer sinnlich,
das was man erfährt, aber man bleibt auf dieser Erfahrungsebene stehen. (2) Problemlösendes Denken: Das Problemlösende denken baut auf die Anschauliche Denken auf. Diese ist dasjenige Denken das im Zentrum der Wissenschaftstheorie von Karl Popper steht. Popper sagt „alles Leben ist Problemlösen.“ Wir sind uns hinsichtlich der
Problemlösung alle sehr ähnlich. Wissenschaft steht im Dienst der Problemlösung. Man versucht die dahinterstehenden Ursachen zu finden und zu erklären. Z.b. Man könnte fragen, wie kam es zu dem bestimmten Verlust? Welche Maßnahmen könnte man setzen um dieses zukünftig zu vermeiden? Welcher Einfluss hatte die mediale Präsenz in der Meinungsbildung gehabt? Diese Fragen gehen über eine Beobachtung hinaus und fragen ‚Wie können wir es verbessern, bzw. das Problem beheben oder optimieren?‘
Sozialwissenschaft wird von diese grundlegende erkenntnisinteresse der Problemlösung gesteuert. Man beobachtet die Zahlreichen gesellschaftlichen Probleme und fragt: Welche Lösung gibt es für dieses Problem? Wie kann man es besser machen? Das ist auch der gesamt Anspruch der die kritische Rationalismus als wissenschaftstheoretische Überbau über alle mögliche Formen von Forschung mit sich bringt. Es geht immer um die Optimierung aber letztlich auch mit dem Ziel der Steuerung . Adorno erhebt den Vorwurf des ‚Social Engineering‘ deswegen. (Bezogen auf dem sog. Positivismus-Streit, Adorno vertritt die kritische Theorie) Social Engineering im Sinne von ‚etwas Funktioniert nicht, also beheben wir dieses eine Problem.‘ Es werden nur kleine Justierungen gemacht. Die Kritische Theorie
hingegen will die Grundprobleme erkennbar machen, vor deren Hintergrund erst so was verständlich wird, wie die einzelnen Phänomene. Mit diesem verstehenden Prozess hat das 11
begreifende Denken zu tun. Sie frägt nämlich, was steht den dahinter , was ist die eigentliche Ursache? Auf dieser Ebene steht die ‚Um-Zu‘ ganz im Vordergrund. Dies ist die instrumentelle Ebene; das sogenannte technische Erkenntnisinteresse. (3) Begreifende Denken: Nicht das nicht-gelingen ist ein Problem, sondern es geht auch darum, auf welcher Voraussetzungen beruht das Reibungslose Funktionieren. Zu welchem Preis gelingt das Reibungslose Funktionieren? Z.b. Das Reibungslose Funktionieren zwischen Ärzte und Pharma-Industrie. Die Wissenschaft attestiert dass diese Produkte wirken und diese werden anschließend besser verkauft. „Was macht die Menschen psychisch krank?“
Dies ist eine begreifende Frage, mit der Antwort des es bestimmte Grundlegende Entfremdungsprozesse stattfinden. Auf problemlösende Ebene kann es einem egal sein ‚Was‘ die Menschen krank macht. Die Erklärung der Stufe 1 & 2 bietet sich erst auf der begreifende ebene an. Die antworte die auf der zweiten Ebene angeboten werden sind nicht fundamental genug. Erst auf die begreifende Ebene wird einem Gesamtzusammenhang hergestellt. Diese nehmen dem gesamten Apparat in Wahrnehmung und nicht nur bestimmte Phänomene. In der Kommunikationswissenschaft hat man große Mühe über die erste Stufe hinaus zu kommen. 4. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 08.11.2010
Morgen 9./10. November ist das gedenken an der Reichskristallnacht. Vor 72 Jahren sind im gesamten deutschen Reichsgebiet (Deutschland & Österreich) die Synagogen in Flammen gestanden. Die systematische Judenvernichtung hat in diesem Tage vor 72. Jahren begonnen. In Wien wurden insgesamt 42 Synagogen und Bethäuser durch Brandstiftung zerstört. 27 Juden wurden getötet, 88 schwer verletzt und über 6,000 wurden verhaftet. Von dem 6,000 wurden 4,000 ins Konzentrationslager deportiert (nach Dachau). 4,000 jüdische Geschäfte insgesamt liquidiert und über 2,000 jüdische Wohnungen wurden geräumt. In Österreich waren die Geschehnisse zu dieser Zeit besonders Grausam. Die Problematik des Vernichtens des europäischen Judentums kann man nicht vergegenwärtigen; es übersteigt alle dessen was für Menschen vorstellbar ist . „Ich schäme mich ein Mensch zu sein.“ – Primo Levi, italienische Architekt der selbst se lbst in Ausschwitz war. Wie gehen wir als Nachgeborene mit diese Katastrophe des NS Gewaltregimes um. Was bedeutet das für die Studierenden im Zusammenhang mit Kommunikationswissenschaft? Diese ist nicht nur eine zeitgeschichtliche Problematik, es geht uns sehr wohl was an. Es geht hier um was Adorno als die ‚autoritäre Persönlichkeit‘ genannt hat. Das Thema der autoritären Kommunikation ist nach wie vor virulent. Diese trifft uns im Jahr 2010 genauso sehr wie im Jahr 1938. Die autoritäre Person und das autoritäre Persönlichkeit kann nicht all das erklären was an unrecht, an Gewalt und an Vernichtungsmaschinerie geschehen ist erklären oder gar rechtfertigen. In allen reflektierten Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus sind diese Konzepte eine zentrale Schlüsselvariable. Adorno hat sich, unter Eindruck des Faschismus in Deutschland mit seine Mitarbeiter in Amerika die Frage gestellt ob es so was wie eine autoritäre Charakterstruktur gibt. Ob es Merkmale gibt wo man daran erkennen kann das Menschen zu Faschismus neigen. Sie wollten diese Frage nach dem autoritären Persönlichkeitssyndrom empirisch überprüfen. Adorno war aber eher der Theoretiker in dieses Forschungsteam; sein persönlicher Anteil war bei dem Experiment nicht sehr groß. Die Studie die sie in dem 1950er herausgebracht haben bezog sich hauptsächlich auf Bürger die in U.S. Großstädte im Westen lebten und die Mittelschicht angehörten. Diese wurden alle anhand einer Faschismus-Skala bewertet (F-Skala) die unter anderem Eigenschaften wie autoritäre Unterwürfigkeit, autoritäre Aggression, und Destruktiver Zynismus gemessen hat. Diese Studiengruppe hat Merkmale festmachen konnten die dazu führt das menschliche Persönlichkeit zu autoritären Unterwerfung neigen bzw. dafür offen sind. Adorno war eine der Chefideologen des 12
Frankfurter Instituts und eine Art Leitfigur bzw. Vaterfigur für die damaligen Studentenproteste in 1986. Wegen der Gewaltbereitschaft der Studenten hat er sich zurückgezogen und hat seine Überlegungen relativiert. Er sagte aber in einem Interview dass das Begriff der Autorität differenziert zu betrachten ist. Es gibt auch eine Art argumentativ Begründete Autori tät. „Aber ich möchte dazu noch etwas spezifischeres sagen, da sie den Punkt Autorität gerade aufgeworfen haben, etwas was mit der Sozialisierungsprozess in der frühen Kindheit und damit also mit dem Schnittpunkt gesellschaftliche, pädagogischer und psychologischer Kategorien zu tun hat. Die Art in der man psychologisch Gesprochen zu einem autonomen also mündigen Menschen wird, ist nicht einfach das aufmucken gegen jede Art von Autorität. Empirische Untersuchungen in Amerika haben gerade das Gegenteil gezeigt, nämlich das sogenannte brave Kinder als erwachsene eher zu autonome und opponierende Menschen geworden sind als refraktäre Kinder, die dann als Erwachsene sofort mit ihren Lehren am Biertisch sich versammelt und die gleiche Reden geschwungen haben. “ – Adorno. Es gibt also keine lineare Verknüpfung zwischen der Art und Weise wie sich ein Kind momentan verhält und wie er sich als erwachsene verhalten wird. Aber innerhalb des Erwachsenen kann man vorhersagen Treffen die mit der destruktiven Autorität zu tun haben, also mit der Bereitschaft sich autoritären Strukturen zu unterwerfen, bis hin zur Ausführung von Mord. Diese Untersuchungen sind gleichsam gelaufen mit dem Eichmann Prozess (1960 – 1962) der in Israel durchgeführt wurde. Im Zusammenhang mit dem psychiatrischen Gutachten die über ihn erstellt wurden, kam die Frage: Wie muss jemand geartet sein um Fahrdienstleiter des Todes von Millionen Menschen zu sein? Um Millionen Menschen in den Tod zu schicken? Welche Charakterstruktur, welche Merkmale hat dieser? Diese Fragen wurden gestellt um präventiv zu agieren, um künftig ein solcher Mensch identifizieren zu können. Wie war die Erziehung von einem solchen Menschen bzw. wie waren die anderen Bedingungen der Sozialisation? Das hat den berühmten Professor an der Yale Universität Stanley Milgram dazu gebracht den ‚Milgram Experiment‘ durchzuführen.
Adolf Eichmann war Österreicher, zwar in Solingen geboren aber in Linz aufgewachsen. Er war Leiter der GESTAPO Abteilung 4 im Reichsicherheitshauptamt der NSDAP die mit der berüchtigten Endlösung der Judenfrage befasst war. Adolf Eichmann hat seine Aufgabe mit vollen Pflichteinsatz und exzellenten Organisationstalent bis zum bitteren Ende erfüllt. Die Philosophin Hannah Arendt schrieb über dieses Prozess ein bu cht mit dem Titel ‚Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen‘ Eichmann war von seine Charakterstruktur, von seine Auffassung vollkommen
unspektakulär deshalb der Titel. Erkannt wurde das Eichmann ein typischer Schreibtischtäter war. Er mordete am Schreibtisch, ohne Judenhass, ohne Zorn und ohne Verachtung quasi als treue Untertan seines Führers der stets die Anordnungen ausführt die angeschafft werden. Ähnlich befehlsgehorsam wiesen Rudolf Höss (Kommandant von Ausschwitz, 1947 in Polen hingerichtet) der in seine Erinnerungen geschrieben hat dass er sich kein Urteil erlaubt, ob die Massenvernichtung der Juden wirklich notwendig war. Die Parole, ‚Führer befiehl. Wir folgen dir.‘ wurde von ihn bitter ernst genommen. Die Milgram Experiment erschütterte damals die Welt und wurde weltweit und auch in Österreich durchgeführt von der Grete Schurz in Graz durchgeführt. Die zentrale Fragestellung von Stanley Milgram war: Unter welche Bedingungen wird ein Mensch, dem ein Versuchsleiter aufträgt, mit zunehmender Härte gegen einen anderen Menschen vorzugehen, diesen Befehl nachkommen, und wie sollten Situationen gestaltet werden damit er die Gehorsam verweigert. (?) Unter dem Vorhang zu untersuchen nämlich wie sich Strafe auf das Lernen auswirkt, wurden Versuchspersonen über Zeitungsinserate geworben. Zwischen 1960 und 1963 haben mehr als tausend Leute an den verschiedenen Variationen des Grundexperiments teilgenommen. Zwei Personen haben im Experiment eine Rolle gespielt; Einmal eine Person in der Lehrerrolle und eine andere Person in der Schülerrolle. Der ‚Lehrer‘ hatte die Aufgabe der Schüler bei Lernversagen mittels S chockgenerator zu bestrafen. Vorgesehen war eine Stufenweise Erhöhung der Stromspannung von 15 – 450 Volt, die 13
mittels 30 Kippschaltern ausgelöst werden könnten. Die einzigen Stufen signalisierten mäßigen bis gefährlichen Schock. Die letzten beiden Schalter waren ohne näheren Angaben nur mit dreimal ‚X‘
markiert. Bei jedem Fehler des Schülers war die Stromspannung 15 Volt zu erhöhen. Jede Person wurde mit 45 Volt elektrisiert, um eine Vorstellung zu bekommen was diese Elektroshocks für den Schüler bedeuten können. Danach wurde vom Versuchsleiter betont dass die elektrische Schläge, obwohl sie in dem oberen Bereiche extrem Schmerzhaft werden können, niemals bleibende Schäden unterlassen würden. Natürlich sind während des Experiments die Elektroschocks eben nur so simuliert geworden wie den Schmerzensschreien des Schülers. (Der Schüler hat ein Schauspieler gespielt) Der ‚Lehrer‘ war die Versuchsperson die davon nichts wusste. Der Schüler wurde unter Augen des Lehrers an einen Stuhl gefesselt. Der Grundversuch hat ergeben, weltweit, unabhängig von Alter, Geschlecht, Bildung, 62,5 Prozent sind dazu bereit dieser Befehl bis zum bitteren Ende durchzuführen, bis zum Tod oder Verletzung. Diese Zahlt stammt von 1980. Zwei Drittel aller Menschen gehorchen Jemand, wenn es eine Autorität befiehlt der die entsprechende Insignie der Autorität hat (in dem Experiment gekennzeichnet durch eine weißen Arbeitsmantel) jemanden zu schädigen, Gewalt auszuüben ohne das irgendwelche Aggressionen/Ressentiments gegenüber diese Personen vorhanden wären. Dieses für das Menschsein erschütternde Experiment, wo man doch sagen könnte, es sind mittlerweile Jahrzehnte vergangen, Jahrzehnte der Aufklärung, Jahrzehnte der anti-autoritäre Erziehung. Man musste sich in der Pädagogischen Ausbildung mit der anti-autoritäre Erziehung auseinandersetzen in den 70er/80er. Man diese These übernommen und versuchte selbst in Familien so zu agieren. Fünfzig, sechzig Jahre danach hat sich an die prinzipielle Situation nicht geändert – Trotz die ganz Aufarbeitung des Themas im Jahr 1988 von den Medien. Man muss fast davon ausgehen diese Gehorsamsbereitschaft zu eine negative ‚conditio humana ‘ gehört. Diese Unfähigkeit sich gegenüber
Autorität zu wiedersetzen ist offenkundig so stark eingepflanzt das es fast Teils des genetischen Programms ist. Das Milgram Experiment versteht sich als eine der erschütterndste Beispiele wie wenig Aufklärung im Sinne des kommunikativen Anspruches bewirken kann. Hier sieht man wenig an Lernprozesse eigentlich ausgelöst werden, wie wenig eigentlich bewirkt werden kann. Der gleichzeitige Einsicht das wir nichts anderes haben Außer das Wort (der Vernunft, die Vernünftigkeit der Sprache, Vernünftigkeit als Telos der Sprache sozusagen) zeigt wie ernst das genommen werden muss. Die führt zu der Einsicht dass jenseits der Argumente Strukturen ansprechbar sind, mobilisierbar sind, die dazu führe das tatsächlich der Mensch des anderen Menschen Wolf wird. Er hat nicht gegen den anderen, kann ihn aber trotzdem nach Befehl schädigen. Dieses Experiment wurde vielfach abgeändert, mit neuen Versuchsbedingungen. Man hat zum Beispiel versucht, wenn der Lehrer nur sagen muss ‚Die Antwort ist falsch‘ und er selbst nicht den
Schalter tätigen muss, aber im vollen Wissen der Konsequenz die seine Aussage für den Schuler hat. Dann ist die Gehorsamsbereitschaft auf fast 100 Prozent gestiegen. Man muss es nur plausibel machen; man muss nur feststellen es ist falsch, und jemand anders druckt den Schalter. Damit muss man nicht die Verantwortung nicht übernehmen. Man ist dadurch in doppelter Weise nicht verantwortlich: Ersten für den Lernexperiment nicht, und zweitens für die Tätigung der Stromschalter nicht. Delegation der Verantwortung . Nicht ich bin verantwortlich, sondern der andere. Genau dort wo Verantwortung delegiert werden kann auf die nächst höherer Instanz, überall dort entsteht Gewalt; entsteht die Bereitschaft zur Gewalt. Die zerstörerische Gehorsamsbereitschaft ist da. Genau mit der Delegation der Verantwortung haben sich Höss und Eichmann gerechtfertigt; die waren in alle ihre Schriften nicht bereit die Verantwortung zu übernehmen. Es geht hier um zwei ‚ Masse und Macht‘ (für ganz zentrale Begriffe: Pflicht und Befehls. Elias Canetti schreibt in sein Buch ‚Masse den er die Literaturnobelpreis bekommen hat) im Kapitel ‚Befehl und Verantwortung‘ : „Es ist bekannt das Menschen die unter Befehlen handeln, der furchtbarsten Taten fähig sind. Wenn die 14
Befehlsquelle verschüttet ist und man sie zwingt auf ihre Tat zurückzublicken, erkennen sie sich selbst nicht. Sie sagen ‚Das habe ich nicht getan.’ Und sie sind sich keineswegs immer klar darüber
dass sie lügen. Wenn sie durch Zeugen überführt werden und ins Schwanken geraten sagen sie doch, ‚So bin ich nicht, das kann ich nicht getan haben.‘ Sie suchen nach den Spuren der Tat in sich, und können sie nicht finden. Man staunt wie unberührt sie von ihr geblieben sind. Das Leben das sie später führen ist wirklich ein anderes und von der Tat in keiner Weise gefärbt. Sie fühlen sich nicht schuldig, sie bereuen nichts. Der Tat ist nicht in sie eingegangen. Was geschehen ist kann wieder geschehen. Ein Schutz vor neue Situationen, die den Alten aufs Haar gleichen bildet sich in ihnen nicht aus. Sie sind nicht resistent dagegen. Sie bleiben den Befehl wehrlos ausgeliefert. Seine Gefährlichkeit nur sehr dunkel bewusst.“ Die Menschen die mit ihren Taten konfrontiert worden sind waren von sich selber vollkommen entsetzt. Sie sind später aufgeklärt worden an welchem Experiment sie wirklich teilgenommen haben, und sagen ‚Das kann ich nicht gewesen sein.‘ Es ist gewissermaßen eine Flucht in die eigene Blindheit. Die Psychologie nennt dies den ‚blinden Fleck‘ –
man kann es einfach nicht sehen. Der Befehl in seiner kompakten, fertigen Form wie er sie nach einer langen Geschichte heute hat, ist das gefährlichste einzelne Element im Zusammenleben von Menschen geworden. Man muss den Mut haben sich ihn entgegenzustellen und seine Herrschaft zu erschüttern. Es müssen Mittel und Wege gefunden den größeren Teil der Menschen von ihm frei zu halten. Man darf ihm nicht erlauben mehr als die haut zu ritzen. Aus seinen Stacheln müssen Kletten werden, die mit leichter Bewegung abzustreifen sind. Es geht darum, den Befehl als gesellschaftliches Instrument soweit es geht überhaupt abzuschaffen. Das Risiko mit dem Befehl verbunden ist, ist auf jeden Fall unkalkulierbar. Was an diesen Männern (Höss, Eichmann) neben ihre umfassende Normalität auffällt ist ihr völligen Mangel an Fantasie, an Vorstellungskraft gegenüber fremdem Leid, ihre Herzenskälte. „Diese herrliche Unzulänglichkeit des Vorstellens und Fühlens. Ihr stets sprungbereiter Gehorsam und die Tatsache dass weder sie noch ihre Familie mit diese Gehorsamsbedürfnis die allergeringste Probleme hatten.“ – Günther Anders. Höss sagte in einem Interview: „Ich bin völlig normal, selbst als ich die Ausrottungsaufgabe durchführte, führte ich ein
normales Familienleben und so weiter. Der Gedanken einfach einen Befehl nicht auszuführen kam einfach niemanden. Und jemand anderes hätte es sowieso getan wenn ich es nicht getan hätte.“ Eichmann sagt zur Hauptmann der israelischen Polizei: „Nicht ich habe dieses Befehl des Erschießens
von mir aus gegeben, sondern ich habe diese Sache auf dem Dienstweg behandelt und die Auskunft meiner Vorgesetzten ist eben gewesen ‚Erschießen‘. Da ist kein Platz für moralische Reflektion.“ Eichmann beruht sich auf die Pflichtenethik von Kant, im Sinne von ‚Ich habe nur meine Pflicht getan.“ Die Endlösung wurde bei der sogenannten Wannenseekonferenz beschlossen. Das waren alles juristische gebildete Menschen; es war keine dabei der nicht das Doktorat hätte. Alle aufgewachsen in der Traditionen von Kant, Fichte, Schelling, Hegel, alles Vertreter des deutschen Idealismus. Die haben sich bei der Wannenseekonferenz getroffen um die Frage zu erörtern: Wie kann man 11 Mio. europäischen Juden vernichten am besten. Sie haben gewusst sie treffen sich zu dieser Frage. Die Vernichtung des europäischen Judentums dauerte bei der Wannenseekonferenz nicht länger als eineinhalb Stunden. In eineinhalb Stunden waren so viele Vorschläge am Tisch, dass die Logistik von Eichmann realisiert werden konnte. Im Zusammenhang mit der Fraglosigkeit des Ausführens von Befehlen ist auch ein weiterer Aspekt interessant. Nämlich das Eichmann während seiner ganzen Dienstzeit auf niemand getroffen ist der diese Endlösung der Juden als Problem gesehen hätte. Es gab einfach niemanden der dagegen opponieren hätte. Man könnte das daher als selbstverständlich erachten. In seiner Erinnerungen erzählt Eichmann wie die Konferenz abgelaufen ist. Dieses Treffen war ein wichtiges Ereignis für Eichmann weil er nie auf eine Gesellschaft war, wo solche höhen 15
Persönlichkeiten daran Teilgenommen haben. „Ich weiß noch dass im Anschluss an diese Wannenseekonferenz Heidrich, Müller und meine Wenigkeit an einem Kamin gemütlich saßen, nicht um zu fac hsimpeln sondern uns nach der langen anstrengenden Stunden der Ruhe hinzugeben.“ – Adolf Eichmann. Im Gefängnis erinnert sich Eichmann noch an die allgemeine Zufriedenheit und besonders auf Heidrichs gute Laune. „Ich weiß noch dass ich Heidrich dort zum ersten Mal habe rauchen sehen … er trank Cognac, was ich jahrelang nicht gesehen habe das Heidrich irgendeinen alkoholisches Getränk trank.“ – Adolf Eichmann. Und noch aus einem anderen Grund war diese
Konferenz für den Eichmann unvergesslich, sagt Hannah Arendt. Zwar hatte er ohnehin alles getan um den Endlösung auf den Weg zu bringen, gewisse Zweifel an so eine Gewaltlösung hatten aber immer noch an ihn genagt. Und nun je waren doch diese Zweifel zerstreut. „Hier auf der
Wannenseekonferenz sprachen nur die Prominenten des damaligen Reichs, die Päpste. Jetzt sah er mit eigenen Augen und hörte mit eigenen Ohren das nicht nur Hitler, nicht nur Heidrich und Müller. Nicht allein die S.S. und die Partei, sondern das die Elite des guten alten Staatsbeamtentums sich mit allen anderen und untereinander um den Vorzug stritt, bei diese gewaltsame Angelegenheit in der vordersten Linie zu stehen.“ „In d em Augenblick hatte ich eine Art … Zufriedenheit in mir verspürt den ich fühlte mich bar jeder Schuld.“ – Adolf Eichmann. „Wer war er, um sich ein Urteil anzumaßen. Von solcher Arroganz war er ganz frei. Was soll ich als kleiner Mann mir Gedanken darüber machen. Nun, er war nicht der erste und doch nicht der letzte der aus Bescheidenheit zu Fall kam.“ – Hannah Arendt. Hinter der Milgram Experiment ist also schreckliche Realität gestanden. Und immer noch steckt diese furchtbare Realität in den Menschen selbst. [Kurze Film] Die entscheidende Schlüsselpassage ist am Schluss gekommen. Der Staatsanwalt hat gefragt, ‚Warum hören die nicht auf, wenn sie erkennen dass es unrecht ist?‘ Diese Satz ist der zentrale Satz der Erklärung von all dessen ist was an verbrechen geschieht. In dem Moment wo man ganz anders handeln wollte als man bisher gehandelt hat, wäre das eine Eingeständnis das alles was bisher geschehen ist und alle Handlungen die man gesetzt hat falsch waren, unmenschlich waren. Diese Fähigkeit der Distanzierung zu sich selbst, die haben nur ein ganz geringer Prozent. Diese Bereitschaft gegen sich selbst zu argumentiere n. In dem Moment wo man sagen will ‚Ich höre auf damit‘ hieße das gleich alles was ich bisher getan habe war falsch. Das Weitermachen ist
psychologisch gesehen eine Rechtfertigung was man bisher gemacht hat. Und so pflanzt sich das Elend und das Unglück fort. Das ist ein ganz zentraler psychologischer Mechanismus. Man macht weiter um vor sich besser dar zu stehen. Um sich nicht selbst in Frage stellen zu müssen. Die Antwort auf die destruktive Gehorsamsbereitschaft wäre die Bereitschaft zu trainieren sich selbst permanent in Frage zu stellen. Dieser Versuch sich selber zu wiederlegen und nicht zu bestätigen ist das Kernprogramm des kritischen Rationalismus von Karl Popper für die Wissenschaft. Betreibe deine Wissenschaft nicht so dass du dich bestätigen möchtest, handele stets so dass das was du forschst eigentlich gegen deine primären Annahmen steht. Versuch die ständig zu wiederlegen. Dies ist das sogenannte Falsifikationsprinzip. Dieses Falsifikationsprinzip ist das einzige Garantie dass es so was wie einen wissenschaftlichen Fortschritt geben kann. Sonst ‚zementiert‘ sich die Wissenschaft ein. Dieses Prinzip kann man letztendlich auch auf Journalismus anwenden. Jeder der Schreibt hat die Geschichte im Kopf schon und der Recherche dient meist die Bestätigung dieser Geschichte. Man sucht dadurch nur die Informationen die seinen Erwartungen entsprechen. Das wesentlichste des Konsonanz-Phänomens ist das es eine innere Konsonanz gibt, und nicht das die Journalisten sich gegenseitig korrigieren. Die Konsonanz zwischen dem was ich als Wirklichkeit thematisiere und meine Erwartungen über diese Wirklichkeit. Eine der wenige österreichische Journalisten der dieses 16
Prinzip erkannt und angewendet hat war der Peter Michael Lingens. Um sich zu distanzieren brauch es wahrscheinlich ein starkes Ego, das nicht dadurch erschüttert wird Fehler zuzugeben. Sie gibt es ansatzweise in der Medizin, aber nicht in der Pädagogik oder Journalismus. Je mehr sich eine Disziplin ausdifferenziert, je größer der Spezialistentum wird, desto größer die Bereitschaft die Verantwortung fürs Ganze nicht mehr wahrzunehmen. Ein Teil des Leiden der Menschen ist das er einen Apparat gegenübersteht, der Arbeitsteilig und Bürokratisiert funktioniert, und wo er nur eine Nummer ist an dem gearbeitet wird. Milgram Experiment mit Blick auf die Studien von Adorno und den Eichmann Prozess durchgeführt. Er versucht wissenschaftliche nachzuvollziehen warum das Schreckensregime des Nationalsozialismus, warum diese Mordmaschinerie funktionieren konnte. Weil eben in der Kommunikationsstruktur der Befehl und die Pflichterfüllung gegenüber dem Befehl so eine zentrale Rolle gespielt hat. Die persönliche Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen war nicht gegeben. Die Bildung reicht nicht aus dieses Moralfreie verhalten aufzuheben – es ist kein Gegengewicht dazu. Man hat aber festgestellt, je näher der Peiniger dem Opfer steht, desto schwieriger wird es ihn noch zu quälen. Die Nähe zum Opfer stärkt die Tendenz den Befehl in Frage zu stellen. Je weiter weg der Täter von seinen Opfer (stellen sie sich eine Befehlskette vor) entfernt ist, desto größer die Bereitschaft dies zum bitteren Ende durchzuführen. Es gehört deshalb sehr wohl zum kritischen Journalismus sehr wohl die Gegenstimmen zu hören, sie vernehmbar zu machen. Die Entsetzung nach dem zweiten Weltkrieg bezog sich auf die Konsequenz des Verbrechens, und bezog sich nicht auf den Anfang. Es galt immer dem Ende, aber es hätte auch den Anfang gelten sollen. Aufgabe von Aufklärung ist die Katastrophe in Anfang schon erkennbar zu machen. 5. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 15.11.2010
Das Gesamte Unheil und Unglück ist in dem Begriff des Befehls fokussiert. Der Befehl löst sich praktisch los von seiner moralischen Reflexion. Der Gehorsam gegenüber einen Befehlt steht übermächtig zu das was man als einen Gewissen bezeichnen könnte. Stanley Milgram stellte sich die Frage: Welche Kraft hat eine Kommunikationsakt über den Menschen? Adolf Eichmann als der Schreibtischtäter par excellence. „Dies ist vielleicht die fundamentalste Erkenntnis aus unsere Untersuchung: Ganz gewöhnliche Menschen, die nur schlicht ihre Aufgabe erfüllen und keinerlei persönliche Feindseligkeit empfinden, können zur Handlungen in einem grausigen Vernichtungsprozess veranlasst werden. Schlimmer noch: Selbst wenn ihnen die zerstörerischen Folgen ihres Handelns vor Augen geführt, und klar bewusst gemacht werden und wenn man ihnen dann sagt, sie sollen Handlungen ausführen die im krassem Widerspruch stehen zu ihren moralischen Grundüberzeugungen, so verfügen nur vereinzelte Menschen über genügende Standfestigkeit um der Auto rität wirksam wiederstand entgegenzusetzen.“ – Stanley Milgram, seine Bilanz in Bezug auf das Experiment. Diese Schlussfolgerung zeigt dass es keineswegs Ausreicht sich ausschließlich auf die Bildung von einer moralischen Grundüberzeugung bei der Eltern-Kind Kommunikation zu orientieren. Man könnte fragen: Welche ungeheure destruktive Kraft steckt in die Kommunikation? Hier werden Worte zu wesentlich mehr als nur Worte. Wie manifestiert sich das Verhältnis von Über/Unterordnung in dem Kommunikationsprozess? Gibt es etwa ein kommunikatives Gegengift gegen die Gehorsamsbereitschaft? Wie kann die Kommunikation entgegenwirken? Wie kann man ein solches Gegengift erzeugen? Diese Überlegungen gehören zu dem Begreifenden-Denken. Dieses Denken genügt sich nicht mit der Feststellung dass etwas ist wie es ist. Dieses Denken bleibt nicht bei der empirischen Wahrnehmung, bei der Anschauung eines Problems stehen. Das BegreifendeDenken versucht dem hinter den losungsbedürftigen Problemen stehenden Strukturzusammenhang zu rekonstruieren um überhaupt zu verstehen wie diese Probleme entstanden sind. BegreifendeDenken versucht die isolierten Phänomene in der Gesellschaft zu erfassen.
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Der kritische Rationalismus wurde ursprünglich im Hinblick auf die Naturwissenschaften entwickelt, wurde aber dann von den Sozialwissenschaften übernommen und ist zur wissenschaftlichen Leitparadigma geworden. Mit Hilfe von Forschung werden lösungsbedürftige Probleme gelöst. Die Art und Weise wie man das macht nennt Karl Po pper die ‚Logik der Forschung.‘ In dem man eine bestimmte Forschungslogik anwendet kann man von einem erkannten Problem zu einer Lösung kommen. Dieses Vorgehen passiert im Rahmen des Problemlösendes-Denken auf der zweite Ebene. Das Anschauliche-Denken darf man aber auch nicht missachten; mit die Beginnt jede Art der Erkenntnis – die Basisform des Staunens. Das Anschauende-Denken lässt die Wirklichkeit so wie sie ist. Erst auf der nächsten Stufe erkennt man dass es möglicherweise ein Problem gibt. Die Wissenschaft funktioniert nicht anders als das Problemlösendes-Denken. Probleme werden identifiziert, ob in der Wirtschaft, Politik, Umwelt und mithilfe von Forschung werden diese dann bekämpft. Der Vorwurf der marxistisch Denkenden Vertreter der kritischen Theorie gegen dem kritischen Rationalismus ist dass sie durch dieses Problemlösendes-Denken nur eine Art von ‚social engineering ‘ betreiben. Es wird die Frage ausgeklammert: Wie kommt es denn überhaupt zu das Entstehen von einzelne Probleme? Kann es sein das hinter diese einzelne Probleme eine gesellschaftliche Strukturzusammenhang steht, der zusammenhängt mit den ökonomischen Bedingungen mit denen Gesellschaft funktioniert? Zum Beispiel kann ist nicht vielleicht sein dass das Auftauchen vielfältigen Symptome wie zunehmender depressiver Bestimmtheit und Depressionen etwas zu tun hat mit Formen der gesellschaftlicher gesellschaftlicher Entfremdung. Die WHO stellt fest das Angst in der westlichen Gesellschaft zunimmt. Angst ist ein zentraler Krankheitsfaktor. Zwei Drittel alle Menschen die eine ärztliche Praxis aufsuchen tun dies aus psychosomatischen Befindlichkeitsstörungen, die keine spezifische Symptomatik haben. Diese versteht sich als eine Art ‚generelles Unwohlsein‘. Diese Patienten bekommen dann entweder Ratschläge oder Psychopharmaka – beide sind eine Antwort auf das Symptom. Das Begreifende-Denken versucht dem hinter den erkannten einzelne Phänomene stehenden prinzipiellen historisch und gesellschaftlichen Zusammenhang. Bas Begreifende-Denken versucht das Bild hinter dem Mosaik zu rekonstruieren. Was ist der Strukturzusammenhang das dazu führt dass sich die Menschen immer schlechter fühlen obwohl es ihnen materiell immer besser geht? Was sind die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge? Das wirkliche Wissenschaftliche denken beginnt auf der dritten Ebene – in diesem Fall werden die einzelnen Symptome als Teil eines kranken Systems gesehen. Man kann zwar die empirische Theorien und ihre Ergebnisse heranziehen aber man bleibt nicht stehen bei ihnen. Die Kommunikationswissenschaft funktioniert meistens auf Ebene der Problemlösendes-Denken. Vielfach bleiben sie sogar auf der ersten Ebene des AnschaulichenDenkens stehen, und begnügen sich mit Beschreibungen der Status-Quo, wie z.B. die Medienlandschaft in Österreich, die Art und Weise der politischen Kommunikation in Wahlkampzeiten usw. Auf der zweiten Ebene werden mit den empirischen Theorien Probleme festgestellt. Die Phänomene werden nicht nur gesammelt, systematisiert und gegenübergestellt sondern es wird auch darin ein Problem gesehen und als solche erkannt. Auf der Ebene des Begreifenden-Denkens, wird versucht das Problem selbst auszuweisen als Symptom eines dahinterstehenden noch unbekannten Zusammenhangs. Auf diese Ebene des Begreifenden-Denken kann man leicht Ideologie betreiben – ein mögliches Vorwurf gegen den kritischen Rationalismus. Die Vertreter der kritischen Theorie haben den kritischen Rationalismus aber auch vorgeworfen sie betreiben eine Ideologie, nämlich durch ihr technokratisches Verständnisses von Gesellschaft das dazu führt anzunehmen das die Gesellschaft sich entwickelt darin das man einzelne Phänomene verändert und löst. Und die Marxistisch motivierten Vertreter der kritischen Theorie der Frankfurter Schule haben durch ihr bemühen Begreifenden-Denken zu betreiben, dagegen argumentiert. Sie waren der Meinung das im Effekt sich der Status Quo der Gesellschaft überhaupt nicht verändert. Im Gegenteil; er trägt sogar 18
dazu bei das überhaupt kein Bewusstsein dessen entsteht das die Gesellschaft zu verändern wäre. Karl Popper antwortet dass er überhaupt nicht will dass die Wissenschaft die Welt verändert, weil das Ideologie sein kann. Man muss wiederum die Ideologie wiederum selbst kritische Reflektieren können – die Ideologie hat in sich die Tendenz sich nicht Falsifizieren zu lassen. Ein etablierte Ideologie die mit allen Möglichkeiten der Macht ausgestattet ist, mit der Gewalt über Menschenleben zu urteilen, diese wird sich nicht dem Falsifikationsprinzip unterstellen. Das Falsifikationsprinzip in der Politik ist die Möglichkeit der Kritik und Kontrolle der regierenden und Zweitens die Möglichkeit nach vier Jahren die Regierung wieder abzuwählen. Das Begreifende denken im marxistischen Sinne versucht die historischen Wiedersprüche, die Dynamik der Wiedersprüche der Gesellschaft aufzuzeigen – weil durch diese historisch bedingten Widersprüche der Gesellschaft entstehen die Probleme die auf der zweiten Ebene gelöst werden sollten. Als was nicht auf der Ebene 2 oder 3 ist verdient nicht die Bezeichnung von Theorie. Das Begreifende-Denken erhebt also im marxistischen Sinne den Anspruch die Gesellschaft zu verändern – also ein revolutionäres Bewusstsein zu schaffen. In diesem Konflikt zwischen den Vertretern der beiden Ebene (Kritische Theorie auf dritte Ebene, Kritischen Rationalismus auf zweite Ebene) ging es letztendlich um die Frage der Sinnhaftigkeit von Sozialwissenschaft in der Gesellschaft. Die Aufgabe der Sozialwissenschaften besteht darin dieses Gesellschaft verändernde Potenzial bereitzustellen. Begreifende-Denken: Was sind die hinter den lösungsbedürftigen Gegenstände/Problemen verborgene Voraussetzungen (nicht direkt beobachtbare) aus deren sich den problematischen Gegenstand erst konstituiert? Es geht nicht um die Symptome und was man dagegen tun kann sondern es geht um die krankheitsbedingende Ursachen gesellschaftlicher Natur, die für das Entstehen von Krankheit Verantwortlich oder Mitverantwortlich sind. Welcher Anteil hat denn die entfremdete Arbeit, welchen Anteil hat denn die soziale Isolation des modernen Menschen, am Entstehen von Krankheit? Die Einbeziehung alle derjenigen Faktoren die zur Problemgenese beitragen, unterscheiden Begreifendes-Denken (und die damit verbundene Theorien) vom isolierten Problemlösendes denken. In der Regel, das Problemlösende-Denken die Bedingungen des Zustandekommens von Problemen aus ihr Denkhorizont ausklammert. Begreifendes-Erkennen geht jedenfalls von die Erfahrung der Wirklichkeit, versucht aber zu ergründen warum das was ist, und wie es ist zustande gekommen ist. Das Begreifende-Denken versucht also die Wirklichkeit in ihrer historischen Notwendigkeit zu begreifen und zu verstehen um sie aber auch zu verändern . Erst wenn man versteht kann man auch verändern. Neo-Marxistische Aussage der kritischen Theorie. Das Begreifende-Erkennen ist daher die Voraussetzung für Gesellschaftskritik. Gesellschaftskritik versucht die empirisch vorfindbaren Bedingungen, wie z.B. gesellschaftliche Verhältnisse, mit Blick auf bestimmte Ideale Konzeptionen von Menschsein und Gesellschaft zu verändern. Zum Beipsiel Emanzipation, ist eine gesellschaftskritische Konzeption.
Im Positivismus-Streit der deutschen Soziologie (Karl Popper [Kritischen Rationalismus] vs. Theodore W. Adorno [Vertreter der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule]) geht es letztlich um die Sinnbestimmung moderne Sozialwissenschaft. In einer ersten groben Zuordnung können wir die meisten Theorien und Forschungsergebnisse der Kommunikationswissenschaft im Typus des orientierenden Problemlösendes-Denken zuordnen (zweite Stufe). Besonders hinsichtlich der aktuellen Entwicklung der Dominanz von Auftragsforschung – Forschung im Sozialwissenschaft in zunehmender Maße Auftragsforschung. Auftragsforschung ist Forschung die einen bestimmten Problemzusammenhang vorgibt, der zu lösen wäre aber ohne die Frage wie kommt es zu der Problem überhaupt. Dominanz der Auftragsforschung zu Ungunsten der Grundlagenforschung. Das Begreifende-Denken sieht das jeweilige Problem als Ergebnisse einer widersprüchlichen Realität. Das Begreifende-Denken erkennt in den jeweiligen Problemen die sich stellen das Symptom einer sich 19
widersprüchlichen Realität. Kommunikationswissenschaft.
Diese
Art
von
Denken
findet
man
selten
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der
Das Problemlösendes-Denken ist von einem technischen Erkenntnisinteresse geleitet. Das technische Erkenntnisinteresse ist abgestellt auf die Bewältigung konkreter Lebensprobleme. Das Begreifende-Denken hat hingegen ein emanzipatorisches Erkenntnisinteresse. Das BegreifendeDenken will sich nicht auf das ‚Hier und Jetzt‘ dieses Problems beschränken. Auf der Problemlösende-Ebene geht es um die Faktizität. Die Gesellschaft spiegelt sich in ihrer Problematik Proble matik in den ‚Hier und Jetzt‘ aber die Problemgenese steht dahinter. Das Faktum von heute hat Voraussetzungen die im Gestern oder Vorgestern liegen. Jedes Faktum vermittelt in sich die historischen Bedingungen seines Zustandekommens. Die Fakten von Heute sind das Ergebnis von langen Entwicklungsketten die meistens ausgeblendet werden. Das Faktum von heute ist die Bedingung der Fakten von Morgen und Übermorgen. Das Faktum steht in einem Problemzusammenhang der sich aus seiner Genese und seiner Zukunftsentwicklung ergibt. Genau dieses Denken in größeren Zusammenhängen ist Begreifendes-Denken. Die journalistische Kunst bestünde darin die Fakten in einem größeren Problemzusammenhang zu stellen. Das politische Faktum ist das kurzfristige Ergebnis von unendlich komplexen Voraussetzungen. Es spricht nicht gegen die Objektivität die Fakten von heute in einem spekulativen Zusammenhang zu Integrieren. Es ist immer Spekulation in die Zukunft zu projizieren. Auch in die Naturwissenschaft. Es hat eine gewisse Wahrscheinlichkeit dass der Apfel morgen mit derselben Geschwindigkeit fällt wie heute, aber es ist nie mit Sicherheit vorhersagbar. Man weiße eigentlich nur dann was ein Faktum wirklich bedeutet wenn man es Einordnen kann. Das Begreifende-Denken findet in der Kommunikationswissenschaft fast keine Anwendung. Wenn ein Faktum nicht für sich spricht, muss man es in einen größeren Bedeutungskontext einbeziehen um es verstehbar zu machen. Eine Nachricht muss Verständlich und Verstehbar sein. Von der Syntaktik und der Semantik sind die meisten Nachrichten durchaus verständlich – aber man muss zusätzlich wissen was es für sich und die Gesellschaft bedeutet. Dieses kann nur gemacht werden wenn man auch dem Umfeld des Faktums übermittelt bekommt. Beispiele von Begreifendes-Erkennen in der Kommunikationswissenschaft: (1) Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Ökonomisierung des Journalismus wonach journalistische Produkte als Wirtschaftsgüter begriffen werden, deren Produktion nur ökonomische Rationalität folgen? Zusatzfrage: Was folgert daraus und für wer? Was folgert daraus für die demokratische Gesellschaft? Es folgert daraus dass der Journalismus zur Content-Produktion wird. Diese Tendenz gibt es durchaus schon. Was passiert wenn Journalismus immer mehr in Abhängigkeit von Public Relations gerät? Kolonialisierung der Journalismus durch die Wirtschaft. Mit den journalistischen Produkten verändert sich auch etwas mit unserer Wirklichkeit und Weltverständnisses. Das wirkliche Potenzial der Medien besteht darin dass sie die Tagesordnung bestimmen. Sie bestimmt über welche Themen die Gesellschaft gerade verhandeln soll. Medien beschreiben nicht die Wirklichkeit, sondern sie konstruieren es - die berichteten berichteten Themen wiederspiegeln sich auch in die Wirklichkeit. Probleme sind aber nicht von allen als solche anerkannt. Was ist das lösungsbedürftige Problem überhaupt: Wie man die Medikamente bereitstellt oder wie man verhindert das die Menschen überhaupt depressiv werden? Oder wie man sich gegen die Depression immunisieren kann. (2) Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Globalisierung der Gesellschaft die sich gegenwärtig vor allem als ökonomischen Prozess vollziehen? Kommt es zu einer wachsenden kulturellen Synchronisation im Sinne einer Homogenisierung. Kommt es zu 20
einer Verwestlichung von journalistischen Produkten? Was passiert mit der Kulturleistung des Journalismus im Rahmen der Globalisierung? Die Kulturleistung des Journalismus definiert sich unter anderem darin dass sie die kulturelle Erbe eine Gesellschaft wiederspiegelt. Wie wichtig ist es dieses aufrechtzuerhalten? Wie kann man Journalismus/Journalistenausbildung so gestalten dass wir diese dysfunktionalen Folgen vermeiden? (3) Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Mediatisierung der Gesellschaft? (Also der wachsende Relevanz von Medien für gesellschaftliche Prozesse) Was nicht von den Medien als relevantes Thema behandelt wird, existiert auch nicht gesellschaftlich. (4) Führt die in diesem Kontext beobachtbare Professionalisierung der Public Relations zu einer Entgrenzung des Journalismus im Sinne einer privilegierten Beziehung zur Öffentlichkeitsarbeit? Was verändert sich im Journalismus selbst wenn Journalisten aus ökonomischen Gründen zur Public Relations wechseln? Public Relations kann man definieren als die Durchsetzung legitimer Kommunikationsinteressen. (5) Welche Konsequenzen ergeben sich aus der weitergehenden Technisierung journalistische Arbeit? Was bedeutet in diesem Kontext die weit fortgeschrittene Konvergenz von Massenmedien, Telekommunikation und Computertechnologie sowie die technologische und ökonomische Herausforderungen von Onlinekommunikation. Wie verändert also Technik den Journalismus? Wie verändert das Internet die Voraussetzungen unseres Erkennens überhaupt? Haben wir möglicherweise unsere Konzentrationsfähigkeit verloren, unsere Interesse an Reflektion? Können wird überhaupt Begreifend-Erkennen oder können wir nur Googeln? „In der Geschichte der Menschheit haben wir uns immer neue Hilfsmittel zum Denken geschaffen, das Alphabet, die Landkarte, die Uhr, das Buch. Ich nenne diese Dinge die intellektuellen Technologien des Menschen. Setzen wir sie und nutzen unserem Gehirn. Aber nicht immer dieselben Bereiche. Das Internet ist die neueste Errungenschaft unter den intellektuellen Technologien, es verlangt von uns neue Denkgewohnheiten. Es hat unserem Gehirn beigebracht Texte zu überfliegen, an der Oberfläche zu kratzen, ständig mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Leider beginnen wir uns diese Fähigkeit selbst dann wenn Computer und Smartphone ausgeschaltet sind.“ Die Veränderung der Denkprozesse wirkt sich auf die Zellstruktur. Das Problem ist: Während bestimmte neuronale Systeme trainiert werden, werden andere vernachlässigt. Die Technik verändert unsere Denkweise und ist somit nicht neutral. Die Folgen der Technik liegen immer in ihr Potenzial. (Wer bin ich, wenn ich Online bin? Nicholas Carr Englisch: The Shallows: What the Internet is doing to Our Brains) Die Frage um wie die Technik unsere Denkfähigkeit verändert ist eine Frage jenseits des Problemlösendes-Denken. Es geht bei diesen Sachen nämlich um gesamtgesellschaftliche Phänomene. 6. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 22.11.2010
Bei den Überlegungen befinden wir uns immer in den ersten Teil: wissenschaftstheoretische Grundüberlegungen. Es geht grundsätzlich um die Frage: Wie funktioniert Wissenschaft? Die Wissenschaftstheorie, das Nachdenken über die Wissenschaft, zwangsweise etwas zu tun hat mit Philosophie. Wir beschäftigen uns theoretisch mit der Art und Weise wie Theorie zustande kommt. Das ist die Meta-Ebene; die übergeordnete Ebene. Im Zuge eines schnellen Studiums bekommt man maximal angeboten fertige Denkprozesse und Denkmuster. Diese Denkprozesse mögen zu einer Zeit gültig gewesen sein, aber bleiben nicht so. Deshalb ist es wichtig sich mit den Denkprozessen zu befassen. Positivismus-Streit der deutschen Soziologie hat in 1961 stattgefunden. Auch beim PositivismusStreit geht es um eine Frage: Welche Aufgabe hat die Wissenschaft, näher hin die Sozialwissenschaft, 21
in Hinblick auf die Gesellschaft? Soll die Wissenschaft Gesellschaft beschreiben, objektiv wiedergeben oder im Hinblick auf ein bestimmten Ideal zu verändern? Versucht man letzteres dann besteht die Möglichkeit das alle Ideologien Tür und Tor geöffnet werden und die Wissenschaft könnte möglicherweise in dienst der Politik stehen. Die Grundfrage ‚Wie funktioniert Wissenschaft?‘ hängt eng mit der Frage zusammen ‚Welchen Sinn hat die Wissenschaft?‘ Es ist vernünftig wenn man sich die Frage stellt: ‚Welche Aufgabe hat denn das Fach das ich 3,4,5 Jahre studiert habe?‘
Theorien und Forschung hängen zusammen: Forschung füllt die Theorien und Theorien versuchen wiederum den Bereich der empirischen Forschung zusammenzufassen. Aufgabe der Forschung ist es das wissenschaftliche Begriffsgefüge zu verbessern, zu schärfen und zwar jenes Begriffsgefüge. Die Begriffsgefüge versucht die Welt in objektiverweise Wiederzugeben. Jede Forschung muss die bisher gewonnene Theorie, das bisher systematisch verarbeitete Wissen zur Kenntnis nehmen, bevor eine Untersuchung beginnen kann. Das Forschungsziel steht also niemals Isoliert sondern fügt sich in vorhandenes Wissen ein. Im Forschungsziel werden die Erfahrungsbereiche angegeben über die weiteres zuverlässiges wissen gewonnen werden soll. Wobei möglichst Verbindungslinien zu dem bereits bekannten Wissen gezogen werden. Jedes Forschungsziel ist eingebettet in einem größeren Wissenszusammenhang. Deshalb befindet sich am Anfang der Meisten wissenschaftlichen Arbeiten eine intensive Auseinandersetzung mit der bisherigen Literatur. Jede wissenschaftliche Aktivität legitimiert sich durch den Rekurs auf bereits vorhandene Arbeiten. Genau dieses Vorgehen bereits vorhandenes Denken weiterzudenken führt zum Kapitel des Paradigmas. Das Paradigma bestimmt die Sichtweise, die zulässigen Fragen und die Methoden mit den diese Fragen beantwortet werden. Das Paradigma hat (nur) einen einzigen Nachteil; es ist Unsichtbar. Das Paradigma ist der Geist eines Faches der sich in die Forschungsfragen manifestiert, das kann man nicht fassen. Es ist eine Grundorientierung, eine geistige Matrix die die Forschungsaktivitäten durch Generationen hindurch bestimmt. Das was man Fragt hängt Großteils davon ab von dem Paradigma in den man Forscht. Die Fragen wiederum bestimmen die Methoden, und die Methoden bestimmen das Universum der möglichen Ergebnisse. „Jede Wissenschaft hat zu jeder Zeit eine bestimmte, nicht weiter problematisierbare Grundansicht. Das Paradigma ist eine in die Wissenschaft hineinwirkende aber nicht weiter problematisierbare Grundansicht.“ Erst wenn es zu einem Paradigmenbruch kommt, wenn die beobachteten Ergebnissen mit den theoretischen Vorhersagen nicht übereinstimmen, und wenn man diese Ergebnisse nicht hineinpressen kann in diese vorgefertigten Denkschemata, Denkmuster wird die Wissenschaft vorangetrieben. Wissenschaft ist wie einen Puzzle: Man sieht nicht das Ganze und überall befinden sich Leerstellen. Solange man die vorhandenen Ergebnisse irgendwie an den Denkschemata anpassen kann, kommt es zu keinen Paradigmenwechsel. Nicht mögen Wissenschaftler weniger als das bisherige Paradigma in Frage zu stellen. Machen sie das, dann müssen sie quasi zugeben das alles was sie bisher getan haben war Falsch – denken sie an die autoritäre Kommunikation. Popper besagt daher, Wissenschaft wird nicht durch die Verifikation sondern durch die Falsifikation vorangetrieben. Man soll sich selber immer versuchen zu wiederlegen, und seine Argumente so zu formulieren dass sie gegen den persönlichen Paradigma agieren. Die Suche nach Bestätigung ist allerdings ein starkes Wissenschaftsmotiv das die Wissenschaft bestimmt, und das heißt in die Wissenschaftssprache ‚das eingebettet sein in eine Paradigma.‘
Paradigmenwechsel passiert nur dann wenn entweder die Proponenten des Paradigma aussterben oder aber wenn die Widersprüche zwischen den beobachteten Phänomene und die theoretisch Begründeten Prognosen zu groß werden. In der Kommunikationswissenschaft ist der Paradigmenbruch passiert wo das Fach am Fruchtbarsten war, nämlich in der Medienwirkungsforschung. Man von dem Stimulus-Response denkt in den Massenmedien 22
weggegangen weil die prognostizierten Ergebnisse nicht vorhanden waren. Es ist irgendwann mal nicht mehr stimmig geworden zu sagen dass die Massenmedien wie Stimuli reagieren. Man hat sich dann erdacht es gibt vielleicht intervenierende Variablen die dieses Response auch beeinflussen. Dadurch ist man von der monokausalen Wirkungserklärung zu eine multikausale Gekommen. Es wurde festgestellt dass der Stimulus verändert wird durch Psychologische und Soziologischen variablen. Dann hat jemanden einen Aufsatz geschrieben die die bis dahin relevanten Fragstellungen reflektiert hat. ‚Vielleicht sollten wir nicht fragen was die Medien mit den Menschen machen…‘ im
Sinne eines reinen Stimulus-Response Format. Die dahinterstehende Forschungsparadigma, die sogenannte Steuerungsparadigma gilt aber immer noch, nur ist sie heutzutage viel raffinierter. Die Frage wurde eventuell umgedreht und neu formuliert: ‚Was machen die Menschen mit den Medien?‘
Wie sind Medien in ihrem Lifestyle eingebettet und wie werden diese von ihnen genutzt? Welchen Sinn weisen die Menschen den Medien zu? In den 1970er haben die Wiener Kommunikationswissenschaftler eine Studie durchgeführt die genau in diese Richtung gegangen ist. Nämlich, welche Nutzen haben die Medien für bestimmte Rezipientengruppen? Es haben sich Fragen herausgestellt wie ‚Was ist ein Bedürfnis? Wie misst man Bedürfnisse?‘ Bedürfnisse sind nicht
empirisch Beobachtbar. Wie operationalisiert man Bedürfnisse? Seit 40 Jahre jetzt denkt die Kommunikationswissenschaft immer noch in diese Richtung. Wenn wir Aussagen treffen wollen nach der Medienwirkung, müssen zunächst mal nach dem Rezipienten fragen, weile diese weisen den Medien einen Sinn überhaupt zu. Man geht hier sogar in Richtung einer InterpretativenParadigma. Diese Paradigma geht davon aus das Menschen nicht geprägt werden sondern das sie den Medien aktiv sinn zuweisen. Menschen sind somit nicht das Ergebnis von Determinationsprozessen, sie werden nicht durch die Welt determiniert sondern sie weisen diese aktiv einen Sinn zu. Die wissenschaftliche Fragen bestehen nun darin zu Fragen: Nach welchen Kriterien wird interpretiert? Was sind die Bausteine diese Interpretation? „Jede Erklärung und auch jede Forschung ist jeweils Forschung im Lichte dieses nicht weiter hinterfragten Paradigmas. Ohne Paradigma wäre Wissenschaft gar nicht möglich, weil sie Orientierungsideale darstellt auf deren Folie ein Phänomenbereich geordnet wird. Darin erkennt man die Wissenschaft nicht ein Abbildprozess ist sondern einen Konstruktionsprozess. Wir beschreiben nicht die Welt wie sie ist, sondern die Welt ist wie wir sie beschreiben. Kübeltheorie der Erkenntnis: Je mehr man Erfahrungen sammelt, desto näher kommt man an die Wissenschaft. Scheinwerfertheorie der Erkenntnis: Wir befinden uns in einem dunklen Raum und unsere Erkenntnisbemühen ist der Scheinwerfer. Eventuell kommt jemand und sagt: Sie richten den Scheinwerfer falsch. Thomas Kuhn besagt das eine einmal gewählt Paradigma generell die Tendenz hat sich weiter fortzupflanzen. Eine anderes Wort für Paradigma ist ‚ Framing ‘ – man kann aus dem Frame nicht heraustreten sonst steht die Frame in Frage. Das Framing ist der Gesichtspunkt unter den man alle Informationen hineinordnet. Die Schwierigkeit diese Framing zu verändern ist das eine neue Framing das alte ersetzen muss. Normalwissenschaft: „Normal ist die Wissenschaft insofern als die Wissenschaftler unter dem Dach eines Paradigmas der Frage (scheinbar, musste man sagen) enthoben sind warum sie die Welt gerade so sehen, wie sie sie sehen. Alle Fachkollegen haben die betreffende Sicht akzeptiert.“ Die Tätigkeit der Wissenschaftler in diese Phase wird deshalb als Rätsellösung
(Puzzle Solving) charakterisiert. Das ganze wissenschaftliche Bemühen geht in diesem Fall darum das abweichende Phänomen irgendwie kompatibel zu machen mit dem gesamten was man bisher schon gemacht hat. Die Wissenschaftler bemühen sich also keinesfalls im Sinne von Popper ihre Theorien zu wiederlegen bzw. zu falsifizieren. Diejenige die an eine Paradigma festhalten handeln eigentlich gegen das Diktum von Karl Popper. Karl Popper sagt eben dass der Erkenntnisfortschritt in der Wissenschaft ausschließlich über Falsifikation geht. Der Kritikbegriff des kritischen Rationalismus ist ausschließlich begründet im Falsifikationsprinzip. Der Kritikbegriff in der Kritischen Theorie meint Wissenschaft hat die Aufgabe die Gesellschaft zu verändern. Es geht um die wissenschaftliche 23
Überwindung historisch bedingte Wiedersprüche. In diesem zweiten Kritikbegriff steck das bekannte Revolutionäres Potenzial. Bei Popper besteht dieses Revolutionäres Potenzial darin zu sagen ‚Nehme Abstand von dem Wünsch dich bestätigen zu wollen. Nehme Abstand von dir selbst.‘ Das ist genau das was man beim Milgram Experiment hätte wünschen müssen. Man darf sich durchaus von sein verhalten distanzieren – man darf gescheiter werden. Die Deutung der Welt wird in einem Begriffsgefüge gebracht (das was man mit Theorien beschreibt, ein relativ plausibles Begriffsgefüge). Die Phänomene die diese Paradigma oder Theorie nicht entsprechen werden zur Seite gelegt oder kompatibel gemacht. Das Paradigma bestimmt nicht nur die Theorien, sondern das Paradigma bestimmt auch die Regeln wie man mit Hilfe der Theorien die Wirklichkeit erkennen kann. Man kann zwei Arten von Regeln unterscheiden: Die Methodologischen Regeln und die Methodischen Regeln. Beide Begriffe leiten sich aus dem kritischen Methodos und Methodos heißt der ‚Weg‘. Methode versteht sich als nichts anderes als der Weg zu Erkenntnisfindung. Methodologie ist die Lehre von der richtigen Vorgangsweise. Darunter versteht man Handlungsanweisungen wie das wissenschaftliche Erkenntnisstreben zu ordnen ist, welche Verfahrensweisen praktiziert werden sollen um wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Methodologie ist der lehre der Methoden – welche Wege sind zu beschreiten um zu welchen Erkenntnisziel zu kommen. Die Paradigma bestimmt auch welchen Stellenwert bestimmte Methoden, wie etwa Interview oder Inhaltsanalyse haben um bestimmte Erkenntnisziele zu beschreiben. Zum Beispiel wie eignet sich Interview um menschliche Einstellungen zu erfassen? Das Paradigma bestimmt was man von dieser Verfahrensweise erwarten darf. Welcher Stellenwert hat eine bestimmte Methode um ein bestimmtes Erkenntnisziel zu erreichen? Es konnte der Einwand erfolgen, man kann nur etwas Abfragen was einem bewusst ist. Einstellungen und Attituden haben an sich drei Dimensionen – wir behaupten es sind in der Regel drei: Kognitive, Emotionale und Motivationale Dimensionen. Wenn man eine Frage stellt wird man höchstwahrscheinlich die Wissens-Dimension/Kognitive-Dimension abfragen. Einige Fragenbeispiele: (I)
Kognitive Ebene: Welche Partei glauben sie kann diesem Land am besten aus der Krise
helfen? (II) (III)
Emotionale Ebene : Wie sympathisch ist ihnen diese Partei? Motivationale Ebene: Würden sie diese Partei selbst wählen?
Das Methodologische Problem besteht nun darin zu fragen, inwieweit kann man überhaupt Einstellungen abfragen? Und in welchem Verhältnis stehen die Ebenen zueinander? Man geht üblicherweise davon aus das es eine einheitliche Beziehung bestünde zwischen die verschiedenen Ebenen. Was passiert wenn die Beziehung doch brüchig wird? Die Methode ist einfach eine Sache der Technik: Wie setzt man genau die gewählte Methode eine? Man wählt aufgrund des Paradigmas bestimmte Regeln auf um den Zusammenhang zwischen Theorie und Empirie herzustellen. Mit Auswahl der Methode schränkt man bereits das Universum mögliche Phänomene ein. Man kann nur dass erfassen was sich aufgrund der methodischen Vorüberlegungen erfassen lässt. Das was man nicht fassen kann existiert nicht: Stichwort Netzparabel. Das Netz kann oder könnte man gleich als Paradigma verstehen. Man könnte durchaus sagen dass eine Paradigma für die Wissenschaft durchaus wertvoll ist. Es gab auch nach Kuhn und Poser eine vor-paradigmatische Phase, wo man Dinge nur Beobachtet hat. So hat Wissenschaft begonnen; man hat die Merkwürdige Phänomene gesammelt und systematisiert. Eventuelle entsteht dadurch eine Normalwissenschaft. Krise: Wenn zwischen den beobachteten Phänomene und den theoretische fundierten Prognosen zu einem Widerspruch kommt. Anomalien in Bezug auf die nicht in Frage gestellte Grundannahme. Durch Paradigmenwechsel verlegt sie den Fokus der Wissenschaft. Das Paradigma könnte man auch als Kognitive Muster bzw. Kognitive 24
Matrix nennen. Zwischen Paradigma und Theorien steht die Erkenntnisinteresse. Das sind diejenigen Faktoren die eine Wissenschaft steuern. Begriff des Erkenntnisinteresses kommt aus der Phylogenese, aus der Entwicklung der Menschheitsgeschichte. Der Mensch stand vor der Notwendigkeit sich die Welt untertan zu machen. Die Welt zur Hand haben, die Phänomene zu beherrschen. Mit der Entwicklung der Menschheit haben sich drei großen Formen des Erkenntnisinteresses herausgebildet.
(I)
(II) (III)
Technische Erkenntnisinteresse: Stellt sich auf die Beherrschung der Umwelt ab. Ist immer noch in den Naturwissenschaften zu finden. Auch in der Sozialwissenschaft zu finden. Da geht es nämlich darum was Menschen denken und fühlen sollten durch Kommunikationsstimuli. Wie kann ich Wissenschaft einsetzen um etwas bestimmtes zu erreichen? Praktisches Erkenntnisinteresse: Hier geht es nicht um die Frage der Beherrschung sondern um das Zusammenlebens. Emanzipatorisches Erkenntnisinteresse: Versucht die Lebensmöglichkeiten der einzelnen gegenüber seinen Umwelt zu verteidigen. Wie hinsichtlich die zunehmende Anonymisierung und Bürokratisierung das Menschsein gerettet werden? Wie kann man mithilfe von Kommunikation Entwicklungsprozesse im Gang setzen?
Zwischen Paradigma und Theorien ein Erkenntnisinteresse eingebaut wird als ergänzender Begriff. 7. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 29.11.2010
Kritischer Rationalismus als wissenschaftstheoretisches Dach das über alle Arten von empirischer Forschung steht. Eine verborgene Grundannahme der hinter alle Arten von empirischer Wissenschaft steht. Der Schlüssel um Wissenschaft zu verstehen liegt in der historischen Eibettung, also in dem Paradigmen begriff. Thomas Kuhn hat gezeigt dass die Annahme dass die Wissenschaft sich linear weiterentwickelt falsch war. Kuhn zeigt in ‚The History of Scientific Revolution‘ das die Wissenschaft diskontinuierlich/revolutionär voran geht. Wenn die Anomalien sich häufen, dann bricht eine Paradigma zusammen und es wird nach eine neue gesucht. Zunächst versuchen die Vertreter des alten Paradigmas die Anomalien auszugleichen, sie versuchen sie in dem herrschenden Paradigma einzuordnen. Paradigma ist eine Art gemeinsame denken wie man an bestimmte Phänomene herangeht. Es beschreibt auch die Art und Weise wie man Fragen stellt und welche Fragen man stellt. Eine Paradigma lässt sich weiter definieren als intersubjektiv geteilte Grundüberzeugungen oder als Leitgesichtspunkte des denken und Handelns. In dem man eine Paradigma hat, erspart man sich die ewigen Grundsatz-Diskussionen – die Grundlage der Wissenschaft steht nicht zur Diskussion. Das ständig sich in Frage stellen ist ein mühsamer Prozess dem man sich durch das folgen einer Paradigma spart. Das Paradigma ist eine fast unabdingbare Voraussetzung das empirische Forschung betreibt. Es genügt schon ein leichtes Kratzen an der Oberfläche von Begriffe und schon ist man mitten in Grundsatz fragen drin. Die Arbeit am Begriff: Es gibt grundsätzlich nichts das ungefragt richtig ist. Es sind alles nur Übereinkünfte, ein Konsens der zu bestimmten Begriffe hergestellt wurde der sich als pragmatisch Sinnvoll erwiesen hat. Der Kitt der diese Übereinkunft bindet ist das unausgesprochene Paradigma. Zum Beispiel das Paradigma das Massenmedien Wirkungen haben; aber was ist wenn nicht? Müssen Wirkungen Ergebnisse hinterlassen die man messen kann? Oder kann man bestimmte Wirkungen gar nicht messen? Paradigma als eine alles bestimmende Grundvoraussetzung. Theorien sind nichts anderes als Deutungen der Welt in einem bestimmten Ausschnittsbereich. Für PuKW ist die Welt die ‚soziale Kommunikation‘ – das ist die Welt mit der wir uns auseinandersetzen. Das Paradigma leistet eine Grundlage für die Theoriebildung. Die Phänomene der sozialen Kommunikation reduzieren sich 25
eben nicht nur auf die Medien, soziale Kommunikation ist alles was in der Gesellschaft kommunikativ passiert. Die Medien sind nur einem unter u nter vielen anderen Anteilen. Das Erkenntnisinteresse ist die Frage nach der wissenschaftlichen Motivation. Jede Arbeit beginnt mit der Ausweisung des Erkenntnisinteresses. Warum scheint ein bestimmtes Problem wichtig zu sein? Man muss immer Problemorientiert die Arbeiten gestalten. Das Begriff des Erkenntnisinteresses bezieht sich auf Jürgen Habermas der darauf hingewiesen hat dass die wurzeln alle wissenschaftlichen Erkenntnisbemühungen in lebensweltlichen praktischen Interessen liegen. Es gibt ein ganz praktisches Interesse das Leben zu bewältigen, die Natur zu beherrschen, Konflikte zu regeln. Die Basis aller wissenschaftlichen Interessen liegt in die Bewältigung des Lebens. „Die spezifischen Gesichtspunkte unter denen wir Realität auffassen haben ihre Basis in der Naturgeschichte der Menschheit. In den Bedingungen des Überlebens innerhalb einer gesellschaftlichen soziokulturellen Lebensform.“ – Habermas. Man kann auch gegen argumentieren und sagen dass der Primat der Menschen nicht in seiner Naturgeschichte sondern in seine Geistesgeschichte steht, seine Bewusstseinsgeschichte. „Es gibt drei Bedingungen für die Reproduktion des menschlichen Lebens. Erstens, die Bearbeitung der Natur. Die Bearbeitung der Natur hat zur Entwicklung des handwerklichen Könnens geführt. Mit dem handwerklichen Könnens verknüpft ist das technische Interesse. (Wie mach ich es? Wie optimier ich es?) In der modernen Wissenschaft artikuliert sich dieses technische Interesse in der Kontrolle und voraussage der Ereignissen der natürlichen Welt. Um die natürliche Welt kontrollieren zu können, und vorhersehen zu können braucht es die Erzeugung eines gesetzesartigen Wissens.“ Technische Interessen dienen eigentlich dem Überleben von Menschen. Dieses Technische Interesse das auf Kontrolle und auf Steuerung von Systemprozessen abzielt ist auch in den Sozialwissenschaften vorhanden. Dahinter steht mit Sicherheit der irrtümliche Gedanke dass man die Gesellschaft und das Zusammenleben in der Gesellschaft gleich wie Naturprozesse begreift. Die Gefahr besteht nun darin das dieses bedenken der Beherrschung von Naturprozesse übertragen wird auf die Gesellschaft. ‚Wie mach man es um die Menschen zu manipulieren?‘ ‚Wie macht man es um ihre Einstellungen zu ändern?‘ Fast alles was in der Kommunikationswissenschaft gemacht wird, orientiert sich an dem technischen Erkenntnisinteresse. Das meiste was in der Sozialwissenschaften geforscht wird, dem liegt meistens ein technisches Erkenntnisinteresse zugrunde. Das Technische Erkenntnisinteresse kommt aus der Notwendigkeit die Natur zu beherrschen bzw. die Gesellschaft zu beherrschen, über sie Einfluss zu nehmen. Es gibt ein zweites grundlegendes Erkenntnisinteresse das sich der Phylogenese der Menschheit herausgebildet hat: das Praktische Erkenntnisinteresse. Für die Reproduktion des menschlichen Lebens (also die Befriedigung der mentalen Bedürfnisse) ist es auch notwendig Kommunikationsstörungen zu bewältigen. Denn das gesellschaftliche zusammenleben, wenn es eine bestimmte Komplexität erreicht hat bedarf eine Grundlage und diese Grundlage bildet die zuverlässige Intersubjektivität. Es bedarf zuverlässige intersubjektive Beziehungen. Zum Beispiel muss man sich jeder Zeit darauf verlassen können das ein Vertrag ein Vertrag ist. Es gibt also ein anthropologisches begründetes praktisches Interesse, das besteht in der Sicherung und der Erweiterung von Möglichkeiten des gegenseitigen Verstehens. Wie lässt sich dieses gegenseitiges Verstehen organisieren und sichern und ausweiten? Wie lässt sich das Zusammenleben multikulturelle Gesellschaften organisieren um diese Verlässlichkeit zu garantieren? Hier geht es um die Grundlagen des gegenseitigen Verstehens ohne die Gesellschaft nicht gelingen kann. Es geht auch um die Möglichkeiten der Selbstverständigung in der Lebenspraxis. Die Anerkennungsdiskussion von Axel Honneth ist genau geführt auf der Grundlage dieses praktischen Erkenntnisinteresses. In der Anerkennungsdiskussion wird deutlich gemacht dass bevor man jemand andere erkennen kann, muss man ihn erst Anerkannt haben, als den jeweils anderen erkennen. Es ist die Folge, und nicht die 26
Voraussetzung. Es wird im anderen anerkannt die prinzipielle Würde des anderen als abstraktes Prinzip. Aus der Anerkennung entsteht dann die Achtung im Sinne von Kant. Die Anerkennung erfolgt nicht auf Basis irgendwelche Eigenschaften, sondern wird a priori vergeben. Beim praktischen Erkenntnisinteresse geht es eigentlich um die Basis des zwischenmenschlichen Verstehens. Habermas sagt das praktische Erkenntnisinteresse realisiert sich primär in der historisch hermeneutischen Wissenschaften – wo es um das verstehen vom Komplexen Prozesse geht. Insbesondere die Kommunikationswissenschaft wäre aufgerufen weniger das technische Erkenntnisinteresse zu befriedigen und eher das Praktische. Wer wenn nicht die Kommunikationswissenschaft könnte sich mit Probleme der menschlichen Kommunikation befassen? Es geschieht aber nicht. In der Historisch-Hermeneutischen Wissenschaften geht es um eine interpretativen Vorgang/Verstehen von gesellschaftlichen Handlungszusammenhängen. Beim emanzipatorischen Erkenntnisinteresse geht es um die Bewältigung der Diskrepanz zwischen dem denkbaren subjektiven Handlungs- und Entfaltungsmöglichkeiten auf der einen Seite und dem was tatsächlich Eingang in die gesellschaftliche Praxis findet. Man muss sich in seine subjektiv empfundene Entfaltungsmöglichkeiten realisieren können. Die emanzipatorischen Erkenntnisinteresse stoßt in den Wiederspruch (Diskrepanz) vor zwischen den subjektiven Handlungs- und Entfaltungsmöglichkeiten die man in sich trägt und den was tatsächlich möglich ist, oder das was Eingang finden kann in der gesellschaftlichen Praxis. Hier sind es vor allem die Mechanismen der gesellschaftlichen Macht die eine zentrale Rolle spielen. Diese Mechanismen verhindern dass diese Diskrepanz kleiner wird. Zum Beispiel die strukturelle Bedingungen gesellschaftliche Ungleichheit. Das emanzipatorische Interesse artikuliert sich in einer kritischen Stellung gegenüber den eigenen geschichtlichen Prozessen. Das heißt auch die Geschichtlichkeit/Gewordenheit gesellschaftlichen seins. Gesellschaft ist nicht bloß als Faktum da, oder als Ansammlung von Fakten denen man begegnet sondern die gesellschaftlichen Fakten sind definierte Fakten, also von jemand definiert. Möglicherweise aus einer bestimmte Absicht oder aus bestimmten Interessen. Faktum ist etwas Gemachtes und Gewordenes, also ist es nicht objektiv und unumstößlich. Emanzipatorische Interesse artikuliert sich die Fähigkeit das jeweils gegebene nicht als die Letztinstanz sich damit abzufinden, sondern als etwas Gewordenes zu verstehen. Emanzipatorisches Interesse kann man auch auf sich selbst anwenden. Man reflektiert seinen jeweiligen zustand vor dem Hintergrund der subjektiven genese des Individuums. Beispielswiese wirken sich Prozesse der Erziehung auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Die Beringungen eines Zustands setzt man in Relation zu den Entstehungsbedingungen des Zustandes. Es entsteht die Frage: Wer bin ich wirklich? Als Beispiel nennt Habermas die Psychoanalyse. Psychoanalyse ist Beispiel von einem kritischen Verhalten zur Geschichtlichkeit nicht nur der Gesellschaft sondern auch die gewordenheit der eigenen Subjektivität. Träger des emanzipatorischen Interesses ist aber auch die Ideologiekritik. Auch die kritische Gesellschaftstheorie. Die kritische Gesellschaftstheorie setzt sich auch kritisch mit der Geschichtlichkeit der gesellschaftlichen Existenz auseinander. Die Erkenntnisse der gewordenheit dessen was ist haben in sich den Keim zu Veränderbarkeit. Das gewordene wird zu etwas was man wiederum verändern kann, wenn man sich dazu kritisch Verhält. Das ist das Kern der Vorwurf gegen den kritischen Rationalismus, nämlich das er blind macht zu dieser historischen Gewordenheit der Entwicklung der Prozesse. Er beschäftigt sich nur mit den gesellschaftlichen Fakten ohne zu fragen wie diese Fakten geworden sind. Die Phänomene in der PuKW sind Oberflächen Phänomene, sie sind meist nur einen Ausweise für etwas tiefer verborgenes. Das was verborgen ist hängt eng mit der Geschichtlichkeit zusammen. Das emanzipatorische Erkenntnisinteresse versucht hinter diese Fassade erkennbarer soziale Probleme zu sehen, und diese Probleme selbst zuerkennen als des jeweiligen historischen Ausfluss dahinterstehende Widersprüche.
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Die erkenntnisinteressen stellen allgemeine Orientierungen bzw. kognitive Strukturen oder Strategien dar. Der Vorwurf der kritischen Theorie an dem kritischen Rationalismus besteht darin das er die komplexe Wirklichkeit auf positivistischer Sichtweise reduziert. Die Vernunft wird also einseitig auf das technische Vernunftsinteresse reduziert. Das Interesse der technischen besteht gerade in diesem Anspruch, dieser Hoffnung, diese Erwartung auf Steuerung und Beherrschung. Die menschliche Vernunft wird im Positivismus einseitig reduziert auf ein technisches Vernunftinteresse. Diese besteht darin die natürliche aber auch soziale Welt zu steuern und zu kontrollieren. Genau da beginnt die Machtproblematik. Das Interpretative Paradigma entspricht dem praktischen Erkenntnisinteresse denn es geht um die Interpretation von gesellschaftlichen Verhältnissen. Der Steuerungsparadigma hingegen hat ein bestimmtes Kausalitätsdenken in sich. Es ist deterministisch, deterministisches Denken – der Mensch wird geprägt von seiner Umwelt. Das Interpretative Paradigma ist das Gegenteil davon. Es ist eine geistige Grundorientierung die davon ausgeht das der Mensch nicht abhängig ist von gesellschaftlichem Einfluss, sondern das er diese aktiv gegenübertritt. Der Mensch interpretiert sich im Verhältnis zu den anderen und im Verhältnis zur Welt. Letztlich sind diese Interpretationsprozesse Prozesse der Sinnzuweisung. Das Interpretative-Paradigma ist ein wesentlich für den Menschsein Entsprechender Ansatz als der Steuerungsparadigma. Diese Auseinandersetzung mit der Sinnzuweisung folgt eher dem praktischen Erkenntnisinteresse. Es geht um die Frage: Wie wird der Sinn zugewiesen? Zum Beispiel: Welche Bedeutung haben die Medien für jugendliche? Die anthropologische Grundvoraussetzung des interpretativen Paradigmas liegt darin das dem Menschen Freiheit zugewiesen wird. Kommunikation besteht nämlich darin das Sinn zugewiesen wird. Und dieser Sinn kann abgewandelt werden; es bleibt nicht gleich. Eine vorherrschende Paradigma zieht ein vorherrschendes Erkenntnisinteresse nach sich. Wenn jemand nur Einfluss haben will, auf egal wen, dann folgt er eo ipso einen Steuerungsparadigma. Daraus folgt dass sein gesamtes bestreben auch in dem wie Wissenschaft funktioniert auf die Verwirklichung eines technisches Erkenntnisinteresses ausgerichtet ist. Der Mensch, der Subjekt hat auch praktische Erkenntnisinteressen, zum Beispiel um Verständigungsprozesse zu optimieren. Ein Beispiel dafür ist die Theorie kommunikativen Handelns. Es gibt nämlich nur zwei Möglichkeiten Verständigung herzustellen: (I) (II)
Vernunft bzw. Vernünftigkeit, und das bessere Argument Oder durch die Macht
Man kann Verständigung erzwingen oder man kann sich auseinandersetzen. Die Theorie Kommunikativen Handelns ist nichts anderes als ein versuch zu zeigen wie Verständigung herbeigeführt werden kann. Und zwar durch Sprache. Die Sprache ist das einzige Ort wo die Vernunft zuhause ist. Die Vernunft druckt sich sprachlich aus. Habermas sagt ‚Die Telos der Sprache ist die Vernunft.‘ In die Theorie Kommunikativen Handelns geht es darum wie man der Vernunft zum Durchbruch verhelfen kann, auf sprachlicher ebene. Worin manifestiert sich die Vernünftigkeit der Sprache? Im Argument. Die Frage ist ja grundsätzlich: Was ist die dahinterstehende Motivation? Welcher Sinn wird denn zugewiesen? Der aktive Rezipient ist der der Sinn zuweist. Das ist der der bestimmten Bedürfnissen folgt und Medienkonsum im Zusammenhang mit seinen subjektiven Erwartungen betreibt. Die können bewusst oder unbewusst sein. Erst in weiterer Folge entsteht ein bestimmtes Medienverhalten. Aber den Medienverhalten liegt eine psychische Aktivität zugrunde. Kritische Rationalismus: Karl Popper versteht die Wissenschaft als Problemlösen. Wissenschaft hat die Aufgabe Probleme zu lösen. Sofort denk man an die technisches Erkenntnisinteresse. Er geht von der Grundannahme hinaus, alles wissen ist fallibel. Alles wissen ist vorläufig . Es gibt durch dieses Wissen keine Gewissheit. Jede Gewissheit ist ausgeschlossen. Deshalb kann nicht im Sinn von Verifikation wissen produziert werden. Falsifikationsprinzip: das wissenschaftliche Handeln muss 28
sich darum bemühen die aufgestellten Theorien zu Wiederlegen und nicht zu Bestätigen. Das Ganze dient dazu sich der Wahrheit anzunähern. Wie kann man durch Wissen an die Wahrheit näher kommen? Das Wissen kann sich die Wahrheit nur asymptotisch annähern. Die Annäherung an die Wahrheit hat als einziges Prinzip die Falsifikation – ein ständiges bemühen das einmal erreicht wissen in Frage zu stellen. Als methodisches Prinzip meint der Kritik ein ständige widerlegungsversuch – darin ist der Kritikbegriff begründet. Die gesellschaftspolitische Dimension des Falsifikationsprinzips liegt darin das jede politische Macht, jede Ideologie mit dem Anspruch auf das Alleinvertretungsrecht von Wahrheit zu haben verwerflich ist. Jedes politisches System muss frei kritisierbar sein. Die freie Kritisierbarkeit der politischen Entscheidungen ist die einzige Garantie dafür dass die Gesellschaft frei bleibt. Deshalb wendet sich Karl Popper ganz massiv gegen totalitäre Regime, weil sie Kritikimmun sind. Je mehr sich den politisches System gegen Kritik immunisiert desto mehr läuft es die Gefahr sich in eine Richtung zu bewegen weg von der Demokratie. Der Schlüssel der freien Demokratie besteht darin dass sie kritisierbar ist. Das politische Regime entwickelt sich durch das Prinzip des Widerspruchs und nicht durch das Prinzip des Zuspruches. 8. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 06.12.2010
Kritische Rationalismus ist jene Methodologie die zeigen soll wie sich Wissenschaftlichen Fortschritt vollziehen kann. Man könnte zusammenfassen: Wissenschaft ist wahrheitssuche durch Kritik, nicht etwa durch Bestätigung. Kritik heißt in diesem Zusammenhang die suche immer wieder ob etwas auf eine mögliche Widerlegung zugespitzt werden kann. Der kritische Rationalismus besteht aus vier Ebenen: (I)
Erkenntnistheoretische Ebene: Der kritische Rationalismus behauptet die prinzipielle Fehlbarkeit der Vernunft. Fallibilität des Wissens: Die Einsicht der prinzipiellen Fehlbarkeit der Vernunft. Die menschliche Vernunft ist Irrtumsanfällig und ist deshalb nicht in der Lage zu einen absolut gesicherten wissen und zu einem für allemal gültigen Erkenntnisstand zu gelangen. Wissenschaftliche Erkenntnis muss daher versuchen durch Versuch und Irrtum Fehlerkorrektur zu betreiben. Das wird gemacht weil man sich an die Wahrheit nur durch Widerlegung, durch Fehlerkorrektur annähern kann. Das Falsifikationsprinzip zeigt den Vorgang wie man sich die Wahrheit annähern kann; durch Widerlegung und Ausmerzung von Fehlern, Feh lern, durch ‚Trial & Error‘
(II)
Geschichtsphilosophische Ebene: All jene Theorien werden kritisiert die die Geschichtsverlauf durch determinierende Gesetzmäßigkeiten geformt sind. Diese Theorien bezeichnet Popper als Historizismus. Historizismus bezeichnet die Idee dass etwas nicht irgendwie anders gewesen sein könnte. Dieses determinierende, also auf Gesetzmäßigkeiten abstellende Geschichtsverständnis lehnt Karl Popper und der kritischen Rationalismus ab. In diesem Zusammenhang kritisiert der kritische Rationalismus jene Denkhaltungen die aus einer vagen Ganzheit und Totalitätsidee die Gesellschaft als Ganzes erfassen wollen und behaupten dass die bestehende Gesellschaft nur als Ganzes revolutionär zu verändern wäre. Das ist genau der Punkt wo Popper mit Adorno im Widerspruch liegt. Kritische Theorie postuliert dass man diese häppchenweise Entwicklung von Wissensbausteine letztlich nicht die Gesamtstruktur der Totalität der Gesel lschaft transparent zu machen vermag. Diese ‚piecemeal‘ ‚Social Engineering‘ führt letztendlich dazu das die falsche Bewusstsein über eine Gesellschaft hat und das man dadurch seine eigene Position in Bezug auf diese Gesellschaft nicht zu reflektieren vermag. Die Kritische Theorie geht also davon aus die Gesellschaft als totales Phänomen zu begreifen, als Ganzheit. Die Kritische Theorie versucht zu verdeutlichen das die Probleme mit dem wir Konfrontiert werden, nicht anderes sind als die Erscheinungen einen verborgenen Widersprüchlichkeit. Kapitalistenvorwurf: Im 29
Vordergrund steht das ‚Tauschprinizip‘ dem man sich nicht entziehen kann und dieses Tauschprinzip würde die Lebensweise, die ‚Seinsweise‘ der Menschen in der Gesellschaft
(III)
(IV)
prägen. Die Marxistische Kritik an der Ökonomisierung der Gesellschaft war schon nicht unrichtig. Das nämlich alles dem Tauschprinzip unterstellt – der kapitalistische Warenzirkulation. Bildung zum Beispiel funktioniert unter dem Gesichtspunkt wo man den größten materiellen nutzen a us dem Studium hat und nicht unter der Frage ‚Wo kann ich für mich die maximalste Wissen beziehen um sozusagen meinen Menschsein zu verwirklichen?‘ Es geht nicht um die Frage: ‚Welche Bildungsziele streben wir an?‘ ‚Was soll diese Studienplatz bewirken?‘ Es geht um wo kann ich die besten Voraussetzungen finden um maximal verdienen zu können. Nie ist die Universität unter der reinen Verwertbarkeit gestanden. Es ging immer um nicht unmittelbar verwertbares wissen. Es wurde als für das Menschwerden wichtig erachtet. Die Kritische Theorie hat weder die bürgerliche Wissenschaft rechtfertigen wollen noch hat sie ein totalitäres System bzw. Bildungsverständnis rechtfertigen wollen. Sie verstand sich als gleichermaßen in Distanz zu beiden Wissenschaften. Ideologiekritische Ebene: Der kritische Rationalismus lehnt jegliche theoretische oder praktische Absolutheitsansprüche ab. Wer bezeichnet diese als Interpretationsmonopol und wendet sich gegen diese. Die sogenannte ‚Deutungshoheit‘ über Gesellschaft oder Teilbereiche der Gesellschaft wird abgelehnt. Es sollte niemand ein Erkenntnismonopol in der Gesellschaft haben. Kein gesellschaftliche Elite oder Denkschule hat ein Erkenntnismonopol auf letzte Wahrheit und Gewissheit. Der Staat wird, anschließend an diese Überlegungen, primär als sozialtechnisches Instrument aufgefasst mit dessen Hilfe Institutionen, Regeln, Gesetzte usw. installiert werden die es möglich machen das die Machstruktur kontrolliert werden können. Freiheit von zwang und Unterdrückung des Anderen.
Als Forschungsmethode besagt der kritische Rationalismus das die wissenschaftlichen Theorien durch Widerlegungsversuche getestet werden sollen, und nicht durch Beleg. Widerlegt und nicht abgesichert werden. Der Weg zur Widerlegung ist der methodische Falsifikationismus. Falsifikationismus soll das Induktionsproblem lösen. Induktionsproblem: Theorien stellen Behauptungen auf in sogenannte all- Sätze: ‚Alle Schwäne sind Weiß‘ oder ‚Jeden Morgen geht die Sonne auf‘. Theorien machen in All-Sätze Behauptungen über alle Ereignisse einer Art. Für alle Ereignisse einer jeweiligen Ereignisklasse werden diese All-Sätze hergestellt. Wenn man empirische Theorien in Hinblick auf ihr Wahrheitsgehalt prüfen will, bereiten diese All-Sätze Schwierigkeiten. Zur Prüfung empirische Theorien stehen immer nur einzelne Beobachtungen, d.h. singuläre Beobachtungssätze zur Verfügung. Man kann also All-Aussagen nur auf Basis diese singulären Beobachtungen überprüfen. Die Beobachtung liefert endlich viele Belege von singulären Sätzen. Einen All-Satz behauptet allerdings etwas über alle Ereignisse, und zwar auch über die zukünftigen Ereignisse. Es gibt also eine Differenz der von der Beobachtung berücksichtigten und der von der Theorie behaupteten Ereignisse. In diese Differenz können beliebig viele der Theorie wiedersprechende Gegenbeispiele angesiedelt sein. Wobei ein Gegenbeispiel ausreichen würde die gesamte Theorie zu falsifizieren. Daraus folgert Popper das empirische Theorien durch Beobachtung nicht zu beweisen sind. Die Existenz eines Gegenbeispiels kann nie ausgeschlossen werden. Man kann also Theorien durch Beobachtungen nicht bestätigen, aber sehr wohl Falsifizieren. Keine empirische Theorie ist induktiv Beweisbar – es darf also nicht von der einzelnen Beobachtung auf eine allgemeine geschlossen werden. Die Kluft zwischen der ähnliche Vielfalt einzelner Beobachtungen die man jetzt tut oder getan hat auf einer Aussage über alle Ereignisse dieser Klasse, auch die künftigen ist unüberbrückbar. Man kann nur Aussagen treffen über das was man beobachtet hat oder das was man gerade beobachtet. Die Schlussfolgerung auf die Zukunft ist immer tentativ; es 30
passiert mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Theorien sind also nicht bestätigbar aber sehr wohl falsifizierbar. Auf diese Eigenschaft kann man daher eine kritische Forschungsmethode aufbauen. Diese Methode ist also bemüht Theorien zu falsifizieren umso zwei Ziele zu erreichen: (I)
(II)
Mit jeder gelungenen Widerlegung kommt man der Wahrheit näher. Aus dem Fehler einer Theorie kann man etwas über den wahren Verhältnissen lernen. Jeder Fehler den man entdeckt bringt einen Schritt weiter. Also nicht der Fehler ist das Problem, sondern dass man die Fehler nicht suchen möchte. Jede misslungene Widerlegung zeigt dass die getestete Theorie sich bewährt – vielleicht also doch wahr sein könnte. Über die widerlegungsversuche erhält man Erkenntnisse über die wahrheitsnähe bewährter Theorien.
Der Weg der Wahrheitssuche, der Wahrheitsfindung, der Wahrheitsnähe über die Widerlegung geht. Nicht nur im wissenschaftlichen Bereich, sondern durchaus auch im politischen Bereich. Ein politisches System muss widerlegbar sein – es muss sich der Kontrolle aussetzen können. Jede politische Partei tut sich gut daran ihre Fehler bekannt zu geben. Nicht mauern und zumachen – als nichts zugeben, verschleiern – das ist keine gute Public Relations. Man sollte eine aktive Fehlerkultur betreiben. Die Transparenz hinsichtlich Fehler führt nicht unbedingt zu einem Verlust des Vertrauens. Das Vertrauen geht mit größerer Sicherheit verloren wenn man Fehlern macht und diese nicht zugibt. Klagmotive in der Medizin liegen nie unmittelbar und ausschließlich und zur hundert Prozent im Bereich des Kunstfehlers. Das Klagemotiv besteht darin das man die Kommunikation nicht zulässt – das die Fehler nicht eingestanden werden. Oder das keiner Form der Entschuldigung. Kritische Theorie der Frankfurter Schule : Frankfurter Schule deswegen weil sich dieses Denken an der Frankfurter Universität entwickelt hat. Adorno, Herbert Marcuse, Max Horkheimer waren die Hauptproponenten der Kritischen Theorie. Frankfurter Institut wurde in 1924 als Institut für Sozialforschung gegründet an der Universität Frankfurt am Main. Die Frankfurter Schule begreift sich als kritische Alternative einerseits zur bürgerlich etablierten Sozialwissenschaft und andererseits auch als alternative zur totalitären Richtungen des sozialwissenschaftlichen Denkens. Die Denker der Frankfurter Schule streben ein Bewusstsein an für die Notwendigkeit der Veränderung der Gesellschaft. Die Denker der Frankfurter Schule treten für die Veränderung des Systems ein weil trotz des technischen Fortschritts oder gerade auch deswegen die Ohnmacht des Individuums angesichts der Struktur die Gesellschaft zunimmt. Wie kann man ein entsprechendes gesellschaftliches Bewusstsein zur Veränderung diese Situation schaffen, damit erkannt wird dass die Entwicklung der Gesellschaft diese Ohnmachtssituation produziert? Wie kann man den Ohnmachtsgefühlen eines Individuums gegenüber einem anonymen Apparat abhelfen? Wie kann man die Rechte und Bedürfnisse des Individuums wieder im Mittelpunkt rücken? Es geht um den Spannungsverhältnis zwischen Großstruktur gesellschaftlicher Art und das Empfinden des Individuums. Der Fokus der Aufmerksamkeit wird auf die Mechanismen dieser Verdrängung gelegt. Aus Sicht der kritischen Theorie stehen die Medien nicht im Dienste der Aufhebung dieser Entfremdung in dem sie einem kritischen Gesellschaftlichen Bewusstsein schaffen, sondern sie stehen im Dienste der Verschleierung dieser Abhängigkeitsverhältnisse. Sie dienen dazu das dem Menschen nicht zu eine Bewusstsein kommt von seine Situation, seine realen Ohnmacht. Sie verhindern also dass so was wie einem Revolutionär potential entsteht in dem sie die Menschen durch Unterhaltungsangebote in einer Zustand der Entfremdung halten. Gemessen an den heutigen Verhältnissen waren sie in der Diagnostik nicht so schlecht. Der Frankfurter Schule geht es um die Entwicklung kritischer Denkmodelle zwecks Veränderung der gesellschaftlichen Praxis. Sozialwissenschaft hat die Aufgabe kritisches Bewusstsein und kritische Öffentlichkeit herzustellen. Insbesondre warf die kritischen Theorie der bürgerlichen Wissenschaft dreierlei dingen vor: 31
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Positivismus-Vorwurf: Jene Art des Denkens in der Sozialwissenschaft der davon ausgeht den sozialen Tatbeständen wie objektive Tatsachen anzusehen werden müssen. a. Fakten-Fetischismus: Die Fixierung auf sogenannte Fakten, wobei Fakten etwas sind die von der Wissenschaft definiert werden. Wissenschaft definiert soziale Probleme als Fakten. Das Problem ist die soziale Problem um denen sich die Wissenschaft kümmert werden verobjektiviert. Sie werden wie Dinge behandelt. Eine Verdinglichung von sozialen Verhältnissen. Diese ‚Dingen‘ aber sind selbst etwas
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(III)
von Menschen gemachtes. Hinter den Dingen liegt die Widersprüchlichkeit der Gesellschaft insgesamt. Die Fixierung auf Fakten ist somit eine Verlagerung des Problems von dem Hintergrund auf die Oberfläche. Der Problemcharakter liegt verborgen in der Widersprüchlichkeit der Gesellschaft. Man kann diese Widersprüchlichkeit der Gesellschaft nicht über ihre Erscheinungen erkennbar machen. Sie Bildet sich zwar ab in diese sozialen Phänomene aber die Lösung liegt eigentlich dahinter. Positivistische Sozialwissenschaft tut so als wäre die Fakten die sie beobachtet nicht etwas von dem Menschen gemachtes, dessen Problemgenese Mann nicht weiter verfolgen bräuchte. Der Umstand dass die Fakten etwas Gemachtes sind wird Ausgeblendet. Die Konzentration auf Fakten blendet den Ganzen historischen, sozio-ökonomischen entwicklungszusammenhang des jeweiligen Faktums aus. ‚Halten wir uns an die Fakten‘ heißt nichts anderes als ‚Halten wir uns an das was Menschen gemacht haben‘ Fakten sind das jeweilige Produkt von Handlungszusammenhängen die man beliebig als solches definiert. Die Objektivität scheinbar gerechtfertigt durch die Statistik. Die Repräsentativität von 1000 subjektive haben immer noch als Ursprung eine subjektive Meinung, die von der Wissenschaft klassifiziert und definiert werden. Die gesammelten Subjektivismen werden noch einmal verstärkt durch eine Pseudo-Objektivierende Umgang mit ihnen. In Wirklichkeit ist es der Forscher oder Wissenschaftler der diese Daten Interpretiert und Deutet und in Relation setzt. Die Objektivität der Kritischen Theorie besteht in dem Strukturzusammenhänge der Gesellschaft insgesamt. Vorwurf des Subjektivismus: Das was die Sozialwissenschaft beobachten kann sind Verhaltensweisen. Diese Verhaltensweisen sind aber subjektiv. Es ist also eine Summierung, eine Auflistung von subjektiven Verhaltensweisen. In Wirklichkeit produziert die Sozialwissenschaft Subjektivität – verkauft aber dieses als Objektiv. Objektiv sind aber nur die realen Widersprüche der Gesellschaft. Theoriefeindigkeit: Um diese verborgene Hintergrunde zu durchleuchten bedarf man Theorien. Die Theorie spricht immer gegen den Augenschein. Wenn man sich aber im Augenschein eingerichtet hat, auf der Ebene der Erscheinungen und mit der Theorie die Hintergrunde versucht zu beleuchten. Um die Erscheinungen als logische Konsequenz des verborgenen Hintergrunds erkennbar zu machen, stellt man alles Bisherige in Frage. Die Beschäftigung mit Theorien ist immer unangenehm für die die am Status Quo festhalten möchten. „Die Feindschaft gegen das theoretische überhaupt die heute im öffentlichen Leben passiert richtet sich in Wahrheit gegen die verändernde Aktivität. Mit der Theorie verbunden ist das Potenzial zur Veränderung. Wenn man erkannt hat wie die Zusammenhänge sein könnten ist damit ein Potenzial verknüpft das man es auch verändern kann. In diesem Punkt überschneidet sich Kritische Theorie und Kritische Rationalismus. Kritische Rationalismus behauptet nämlich auch dass wir immer nur im Besitz des vorläufigen Wahrheit sind. Der der sich theoretische beschäftigt geht radikal vor – er will die wurzeln erkennen. Die bürgerliche Gesellschaft wollte sich dagegen wehren um den Status Quo beizubehalten. Es macht kein sinn nur auf die einzelne 32
Erscheinung zu achten, ohne den dahinterstehenden Film in Betracht zu ziehen. Im Sinne der kritischen Theorie sollte die Soziallwissenschaft immer das verborgene allgemeines vermitteln. So kann man die Welt der Erscheinungen zuordnen. Was bedeutet es das Menschen immer mehr Angst haben? Die Frage muss gestellt werden ‚Was liegt hinter dem Symptom?‘, nicht nur Psychopharmaka verschreiben. Jeder zweite Arzt in Deutschland sagt er wolle nie wieder Arzt werden. Eine Antwort darauf ist keinesfalls ‚Weniger Stress am Arbeitsplatz‘ – dieses heißt noch lange n icht ‚Sinnerfüllung durch intensiven kommunikativen Patientenkontakt.‘ Die Selbstmordrate bei Anästhesisten ist überdurchschnittlich hoch. Positivistisch denkende Wissenschaftler geben eine Antwort auf das Symptom. Die Kritische Theorie war eine Möglichkeit nachzudenken ob die Lampe doch nicht was mit dem Motor zu tun hatte. Adorno und Horkheimer haben aus einer bestimmten ideologischen Position heraus, nämlich Marxismus und Neo-Marxismus, die Gesellschaft einseitig unter dem Gesichtspunkt des kapitalistischen Tauschsystems gesehen haben. Das war eine Entführung der Wahrnehmung, einen Reduktionismus nämlich dass alles mit der Warensystem zu tun hat. 9. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 13.12.2010
In seinem Buch Wissen ohne Bewusstsein erklärt Franz Dröge erklärt er wie Kritische Theorie mit Kommunikationswissenschaft verbunden ist. Der Titel deutet aber schon darauf hin worum es geht. Das gesamt akkumulierte wissen führt nicht unbedingt zu einer Bewusstsein. Man kann wissen generieren aber daraus entsteht nicht automatische gesellschaftliches Relevantes Bewusstsein. Dröge Kritik an der bürgerlichen Kommunikationswissenschaft: „Theorie bestehen also im nichts anderes
als in der Formal abstrakten Klassifikation der kommunikativen Phänomene. Diese Theorie hat eine reine Ordnungsfunktion. Das Chaos der Erscheinungswelt wird im Kantischen sinn gegliedert. “ Dieser Fehlschluss, nämlich sich nur auf der Ordnung der Phänomene zu beschränken passierte auch heutzutage wieder z.B. bei dem Hearings für die neuen Professuren am Institut. Theorien werden missverstanden als Ordnung-Schemata, die Voraussetzung der Klassifikation müssen aber auch transparent sein. „Eine solche Wissenschaft die das Problem gesellschaftliche Widersprüche in ihre kommunikative Erscheinungsweise gar nicht berührt unterstützt die bestehenden Verhältnisse weil sie deren formalen Gestände registriert, im gesellschaftlichen Inhalt aber unreflekt iert ist.“ – Franz Dröge. Die Widersprüchlichkeit die sich dahinter verbirgt wird verschleiert. Diese Widersprüche sind keine mechanistischen Widersprüche, sondern sind dynamische Widersprüche die sich durch das Zusammenleben der Menschen entstehen. Sie sind nicht da als Objekte, sondern sind etwas gesellschaftliche Vorgebrachtes, Erzeugtes – also auch veränderbares. Die Positivistische Wissenschaft tut so also wäre die Phänomene die sie betrachtet unveränderbar. Es reicht nicht aus zu erzählen was es alles gibt oder nur zu klassifizieren. Verändern zum Beispiel die Spiele in Cyberspace unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit und somit unsere Menschseins insgesamt. Wenn wir bloß formalisiert feststellen was es gibt besteht die Gefahr dass man die Dinge einfach in ihrem Status Quo zementiert. Forschung im Dienste der Erhaltung des Status Quo. Nehmen wir als Beispiel die Meinungsumfrage: Mithilfe einen künstlichen Mechanismus, nämlich einer Meinungsbefragung, erheben wir eine Durchschnittsmeinung, spielen diese Durchschnittsmeinung zurück in die Gesellschaft, und die Gesellschaft orientiert sich an diesem Artefakt das von der Wissenschaft erzeugt wurde. Es entsteht ein ‚Self-Fulfilling Prophecy‘. Die Wissenschaft misst etwas dass es ohne sie nicht oder nicht so gegeben hätte. Diese Art der Konstruktion von Wirklichkeit wird dann als Objektivität angepriesen. Allerdings ist es bloß die Summe von subjektiv erhobener Meinungen – und zwar auf doppelter Weise Subjektiv: Dem Interesse der wissenschaftliche Forschung folgend und eine vermeintliche subjektive Interesse des Probanden/Befragten. Der Befragte reagiert auf bestimmte verbale Stimuli die ihn in einer Bandbreite vorgelegt wird. Soziale Beziehungen werden in diesem 33
Fall verdinglicht. Wenn zum Beispiel das Medizinsystem Patienten als Klienten sieht, oder als Kunde ist das eine Verdinglichung der Beziehung zwischen Patient und Arzt. Der Prozess wird zum ökonomischen Größe – zur Tauschwert reduziert. Hier treten nicht Klient und Leistungserbringer in Beziehung, sondern zunächst ein Leidender und ein Heiler. Die Verdinglichung ist die Anerkennungsvergessenheit - man vergisst den anderen als Mensch zu (an)erkennen. Die subjektive Leidenssituation der anderen wird nicht erkannt – er wird zum ökonomischen Partner reduziert. Jede Beziehung hat eine Eigenwertigkeit die in der Beziehung zwischen den Partner zu einander enthalten ist. Die Verdinglichung besteht darin über diese subjektive Beziehung und ihre Einmaligkeit abstrakt Prinzipien zu legen. Die Wissenschaft schaut nur nach was genau diese subjektive Beziehungen definiert und verachtet den Einzelwert. Sympathie zwischen zwei Menschen ist eigentlich nicht wissenschaftlich erklärbar. Um es zu erklären muss man auf abstrakte Konzepte zurückgreifen. Zum Beispiel teilen die Menschen dieselbe Sprachgemeinschaft oder denselben kulturellen Raum. Das Fingermerk auf die Verdinglichung zu legen war eine verdienstvoll Geschichte der Kritischen Theorie, nur ist es verkürzt geworden durch Ökonomisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Alles wurde unter den ökonomischen Gesichtspunkt oder den Prinzip der Tauschwert gesehen. Es sei aber trotzdem darauf hingewiesen dass die Verdinglichung ein großes Problem ist. Positivismus Streit (alle Argumente im Roten Skriptum nachzulesen) Karl Popper hat in Tübingen einen Referat gehalten mit dem Titel, ‚Die Logik der Sozialwissenschaften‘. Adorno hat sich auf dieses Referat sehr scharf bezogen. In der vierten These sagt Karl Popper „So weit man überhaupt davon sprechen kann dass die Wissenschaft oder die Erkenntnis irgendwo beginnt, die Erkenntnis beginnt nicht mit der Beobachtung – sie beginnt nicht
mit der Wahrnehmung. Sie beginnt nicht mit Beobachtung, Wahrnehmung oder Sammlungen von Daten oder Tatsachen.“ – Karl Popper. Popper betrachtet die sozialen Phänomene nicht nur als Tatsachen – dies spricht gegen den Vorwurf die man ihn gemacht hat, das sogenannte Tatsache- bzw. Fakten-Fetischismus. „Sondern sie beginnt mit den Problemen. Kein wissen ohne Probleme, aber auch keine Probleme ohne Wissen. Alle Wissenschaft beginnt mit der Spannung zwischen Wissen und Nicht-Wissen.“ Wissenschaft beginnt also letztlich nicht mit den Tatsachen, sondern mit der Differenz zwischen Wissen und Nicht-Wissen. Lo gisch betrachtet geht’s um die Entdeckung eines immanenten Widerspruchs zwischen unserem Vermeintlichen wissen und dem Tatsachen. Oder, in der Entdeckung eines anscheinenden Widerspruches zwischen unseren vermeintlichen Wissen und den vermeintlichen Tatsachen. Fünfte These: Eben so wie alle anderen Wissenschaften, sind die Sozialwissenschaften erfolgreich oder erfolglos, interessant oder schal, fruchtbar oder unfruchtbar, im genauen Verhältnis zu der Bedeutung oder Interesse der Probleme um die es sich handelt. Und natürlich auch im genauen Verhältnis zur Ehrlichkeit, Geradheit, und Einfachheit mit der diese Probleme angegriffen werden. Der Ausgangspunkt ist immer das Problem. Man soll nie einer Arbeit mit einer Definition beginnen. Die Beobachtung wird nur dann zum Ausgangspunkt wenn sie ein Problem enthüllt oder wenn sie uns überrascht in dem sie etwas Aufweist das nicht mit unsere Theorien übereinstimmt. Beobachtungen stehen nur dann im Vordergrund wenn sie bestimmten bewussten oder unbewussten Erwartungen widersprechen. Sechste These: „Die Methode der Sozialwissenschaften wie auch in die Naturwissenschaften besteht darin, Lösungsversuche für ihre Probleme auszuprobieren. Lösungen werden vorgeschlagen und kritisiert. Wenn eine Lösung der sachlichen Kritik nicht zugänglich ist, so wird er deshalb als unwissenschaftlich ausgeschaltet. Wenn er eine sachliche Kritik zugänglich ist, dann versuchen wir ihn zu wiederlegen. Alle Kritik besteht in widerlegungsversuche. Wenn ein Lösungsversuch durch unsere Kritik widerlegt wird, so versuchen wir es mit eine andere Lösungsversuch. Wenn er der Kritik standhält, dann akzeptieren wir ihn vorläufig. Wir akzeptieren ihn vor allem als würdig weiter diskutiert und kritisiert zu werden. Die Methode der Wissenschaft ist also die des tentativen Lösungsversuches, der von der schärfsten Kritik 34
kontrolliert wird. Es ist eine kritische [weiterentwicklung] der Methode des ‚Versuch & Irrtums‘. Die sogenannte ‚Objektivität‘ der Wissenschaft besteht in der Objektivität der kritischen Methode und eben nicht die Objektivität des Wissenschaftlers. Objektivität ist somit keine Haltung und auch keine Einstellungssache. Das heißt aber vor allem darin dass keine Theorie von der Kritik befreit ist. „Mann könnte die Grundidee die Hinter meine Hauptthese steht vielleicht auch folgendermaßen zusammenfassen: (Siebte These) „Die Spannung zwischen Wissen und Nicht-Wissen führt zum Problem und zu den Lösungsversuche, aber sie wird niemals überwunden, denn es stellt sich heraus das unseres Wissen immer nur in vorläufiger und versuchsweise Lösungsvorschläge besteht und daher Prinzipiell die Möglichkeit einschließt dass es sich als Irrtümlich und als Nicht-Wissen herausstellen wird. (Fallibilität des Wissens) Die einzige Form der Rechtfertigung unseres Wissens ist wieder nur vorläufig: sie besteht in der Kritik. Eine darüber hinausgehende positive Rechtfertigung gibt es nicht. Insbesondere können sich unsere Lösungsversuche nicht als wahrscheinlich (im Sinne de r Wahrscheinlichkeitsrechnung) erweisen.“ – Karl Popper. Szientismus: Die Sozialwissenschaften sollten endlich von den Naturwissenschaften lernen, was wissenschaftliche Methode ist. Popper wendet aber ein: „Diese verfehlte Naturalismus stellt Forderungen auf wie Beginne mit Beobachtungen und Messungen; das heißt zum Beispiel mit statistische Erhebungen; schreite dann induktiv zur Verallgemeinerungen vor und zur Theoriebildung. Auf diese Weise wirst Du dem Ideal der wissenschaftlichen Objektivität näher kommen, soweit das mit Sozialwissenschaften überhaupt möglich ist. Dabei muss du dir darüber klar sein, dass in den Sozialwissenschaften die Objektivität weit schwieriger zu erreichen ist (falls sie überhaupt zu erreichen ist) als in den Naturwissenschaften; denn Objektivität bedeutet Wertfreiheit, und der Sozialwissenschaftler kann nur in den seltensten Fällen von der Wertung seiner eigenen Gesellschaftsschicht soweit emanzipieren, um auch nur einigermaßen zur Wertfreiheit und Objektivität vorzudringen. Meiner Meinung nach ist jeder der Sätze, die ich hier in diesem verfehlten Naturalismus zugeschrieben habe, grundfalsch und auf ein Missverständnis der naturwissenschaftlichen Methode begründet, je geradezu auf ein Mythus – einen leider allzu weit verbreiteten und einflussreichen Mythus vom induktiven Charakter der naturwissenschaftlichen Methode und vom Charakter der naturwissenschaftlichen Objektivität. “ – Karl Popper. Der Induktionsschluss ist nicht möglich weil Induktion immer von den einzelnen Beobachtungen auf AllSätze, also auf alle Ereignisse diese Ereignis Klasse schließen – das gesamte Universum auch kommende mögliche Ereignisse. Dafür gibt es wiederum kein Beispiel dass es schon gelungen wäre. Der Nachweis kann nicht erbracht werden von Einzelbeobachtung auf das Allgemein zu schließen. Für den Satz, ‚Man kann von Einzelbeobachtungen auf das allgemeine schließen, bräuchte es empirische beobachtbare Beispiele.‘ Man kann aber sehr wohl feststellen wo die Theorie scheitert, aber nicht so sie gestimmt hat. All Sätze beziehen sich auch auf die künftigen Ereignisse – dies ist nur
zulässig wenn man eine Art deterministische Geschichtsauffassung hat. Man muss glauben das dahinter ein allgemeines Gesetz steht das Schwäne nur Weiß sein dürfen. Die Annahme von geschichtshistorischen Gesetzesprozessen birgt in sich die Gefahr nicht nur die Ideologisierung sondern auch der Rechtfertigung von Unrecht. Dass Menschenverachtendes System der Marxismus könnte gerechtfertigt werden als Durchgangs-Stadion. Das Schlimme wird gerechtfertigt vor der Utopie eine bessere Gesellschaft. Popper hat zu Recht davor gewarnt dass man Geschichtsprozesse/Gesellschaftliche Prozesse deterministisch sehen möchte. Kritische Theorie hat sich davon frei gehalten und sich weder dem Linken oder dem Rechten gewidmet. „Die Sache sel ber [die Sache der Gesellschaft um die es in den Sozialwissenschaften geht]
wiedersteht der blanken systematischen Einheit verbundener Sätze. Ich ziele nicht auf die herkömmlichen Unterscheidungen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften, wie die Rickter sche sche zwischen nomothetischer und idiographischer Methode, die Popper positiver sieht als ich. Aber das Erkenntnisideal der einstimmigen, möglichst einfachen, 35
mathematische Eleganten Erklärung versagt, wo die Sache selbst: die Gesellschaft nicht einstimmig, nicht einfach ist, auch nicht neutral dem Belieben kategorialer Formung anheimgegeben, sondern anders, als das Kategoriensystem der diskursiven Logik von seinen Objekten vorweg erwartet. Die Gesellschaft ist widerspruchsvoll und doch bestimmbar; rational und irrational in eins, System und brüchig, blinde Natur und durch Bewusstsein vermittelt. Dem muss sich die Verfahrens der Soziologie sich beugen. Sonst gerät, aus puristischem Eifer gegen den Widerspruch, in den verhängnisvollsten: den zwischen ihrer Struktur und der ihres Objekts. So wenig die Gesellschaft der rationalen Erkenntnis entzieht; so einsichtig ihre Widersprüche und deren Bedingungen sind, so wenig sind sie doch zu eskamotieren [hinwegzubringen] durch Denkpostulate, die von einem der Erkenntnis gegenüber gleichsam indifferenten Material abgezogen sind, das keine Widerstände setzt gegen die szientifischen Gebräuche, welche dem erkennenden Bewusstsein geläufig sich anbequemen. Der sozialwissenschaftliche Betrieb wird permanent davon bedroh, daß er, aus Liebe zu Klarheit und Exaktheit, verfehlt, was er erkennen will. Popper wendet sich gegen das Cliché, Erkenntnis durchlaufe einen Stufengang von der Beobachtung zur Ordnung, Aufbereitung und Systematisierung ihres Materials. Dies Cliché ist darum so Absurd in der Soziologie, weil sie nicht über unqualifizierte Daten verfügt, sondern einzig über solche, die durch den Zusammenhang der gesellschaftlichen Totalität strukturiert sind. Das angebliche soziologische Nichtwissen bezeichnet in weitem Maß bloß die Divergenz zwischen der Gesellschaft als Gegenstand und der traditionellen Methode; darum ist es auch kaum einzuholen von einem Wissen, das die Struktur seines Gegenstands der eigenen Methodologie zuliebe verleugnete.“ – Theodore Adorno
Die Sachen um den es geht kann man nicht in einfachen zusammenhängen als Einheit darstellen. Als was Sozialwissenschaftler Beobachten ist keine Einheit sondern in sich widersprüchlich – diese Zusammenhänge blenden die Widersprüche der Zustandekommens aus. Es ist eben nicht wie in der Diskursiven Logik angenommen, entweder das oder das. Hier ist von zwei verschiedenen Begriffe des Widerspruchs zu unterscheiden: Popper mein den logischen Widerspruch. Es geht bei ihm darum, die Widersprüche vorläufig zu beheben, bis neue auftauchen. Adorno spricht von dem gesellschaftlichen Widerspruch und nimmt diese als Ausgangspunkt seine Überlegungen. Es gibt nach Adorno aussagen die die Widersprüchlichkeit der Gesellschaft auffangen können, eben aber nicht elegante mathematische Aussagen wo die Widersprüche aufgrund einer vermeintlichen Einheit weggedampft werden. Adorno spricht weiter von der potentielle Unvereinbarkeit zwischen Soziologie als Erkenntnismethode und ihr Objekt bzw. Gegenstand. Man kann ein widerspruchvolles Objekt nicht erkennen wollen mit einer widerspruchsfreien Methode. Aus dem Methodischen Verfahren ergibt sich die Eliminierung der Widersprüche. Es geht in der Kritischen Theorie gerade darum diese Widersprüchlichkeit aufzudecken und nicht mit einer bestimmten Methodologie der nach Widerspruchlosigkeit strebt zu verfärben. Man kann nicht in völlig indifferente material produzieren durch die Logik der Forschung. In einer Studie stellte sich fest, dass Menschen die Grün wählen überdurchschnittliche kritisch dem grünen Zeitungsinhalte gegenüber stehen. Das ist doch ein Widerspruch wo man glauben könnte es gibt ein Fehler. Warum haben Menschen die Grün wählen eine größere Distanz zur grünen Inhalte als Menschen die nicht Grün wählen? Grün wählen haben mehr wissen und gehen die Sache kritischer heran und sie brauchen gar nicht die Tagesmedien weile sie ihr Wissen aus anderen Quellen haben. Was die Tagespresse bietet wird daher irrelevant für sie. Der Spezialist betrachtet Medien kritischer als der Nicht-Spezialist. Wenn der Popper schon Recht haben möchte dann nicht so wie er argumentiert, weil die Daten die er sammelt selbst zu tun haben mit der Totalität der Gesellschaft. Adorno wendet die Argumentation 36
Poppers gegen ihn selbst. Er meint, es ist so richtig wie du meinst, aber aus anderen Gründen. Er sagt man soll nicht mit dem Problem beginnen sondern mit eine Beobachtung. Weil eben die Totalität die hinter den Erscheinungen steht nicht direkt beobachtbar ist. Sie vermittelt sich in den Erscheinungen. Das Problem mit dem Motor vermittelt sich übers Lämpchen. Beispiel aus dem medizinischen Bereich: Man hat ein Symptom und kriegt die Antwort auf sein Symptom. Aber das Symptom ist nur der Ausdruck einer dahinterstehenden, verborgenen Psychosomatische Krankheit. Die Widersprüchlichkeit liegt allerdings nicht in der Symptomatik. Die Widersprüchlichkeit liegt hinter der schwer beobachtbaren Situation der Depression oder depressiven Bestimmtheit, die ihrerseits wieder die Antwort ist auf Unfähigkeit existentielle Widersprüche zu lösen. Deswegen sagt der Adorno, man darf nicht mit der Beobachtung oder Datensammlung beginnen, weil man über die Symptomebene nicht hinauskommt. Wenn man, wie Popper sagt, mit einen Problem beginnen soll, vermittelt sich zwar dieses Problem in den Erscheinungen, ist aber nicht in diese zu fassen. 10. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 10.01.2011
Nicht alles was im Roten Skriptum steht wird kommen – vieles ist auch nicht mal Teil der Vorlesung. Allerdings besteht das Geheimnis der Besteht darin, die Sachen eben nicht auswendig zu lernen. Es geht sehr um das verstehen der Zusammenhänge – also keine Fragen die man durch Auswendiglernen beantworten kann. Die Fragen Kommen zum Teil aus dem Vorlesungsstoff und zum anderen Teil aus dem Skriptum. Die Frage ist auch sicher dabei nach der von ihnen gelesenen Literatur zur Vorlesungsthematik – also was man darüber hinaus zur Thema Medien- und Kommunikationstheorien noch gelesen hat. Das kann ein Buch sein, oder einen Aufsatz. (Ausgeklammert wird den ganzen Bereich der empirischen Kommunikationstheorien. Die wichtigsten davon befinden sich im roten Skriptum. Es lohnt sich diese zu lernen, verstehen und zu erarbeiten. In der Auseinandersetzung damit wurde zur Licht kommen das wir viele Begriffe voraussetzen, ohne diese philosophisch weiter zu hinterfragen. Zum Beispiel die Setzung von der wir ausgehen das Medien überhaupt wirken. Oder die Setzung von der wir ausgehen das Medien auf Bewusstsein wirken. Der Begriff des Bewusstseins wird nicht weiter Thematisiert. Auch symbolischer Interaktionismus muss ausgelassen werden. Es wird das eine oder andere Kapitel sein die man nicht können muss. Symbolischer Interaktionismus ist aber eben spannen weil es eine Gegenposition zur Systemtheorie bietet.) Systemdenken und Systemtheorie
Die Systemtheorie ist ein relativ deterministisches Denken. Die Erklärung des Verhaltens der Menschen über den Rollenbegriff ist sehr deterministisch. Der Rollenbegriff erklärt den Menschen sich in einer gewissen weise verhalten weil es die Erwartungen der Gesellschaft entspricht. Die normative Erwartungshaltung der Umwelt an jemanden. Weil es diese oder jene Erwartungen gibt, erfüllt die Person diese Rolle. Ausgeklammert wird die Dimension der persönlichen Identifikation mit dem was man tut . Man kann das Verhalten einer Frau zu ihrem Kind nicht ausschließlich über die Mutterrolle erklären. Das eine Frau sich auf einer bestimmten weise zu ihren Kind verhalten soll ist die soziologische Dimension aber ist gibt auch einen direktes Verhältnis zwischen Mutter die nicht erklär wird durch den Rollenbegriff. Das kann auch das Entscheidende sein in die Beziehungen zwischen Menschen. Man spielt also eine Rolle, aber was ist man außerhalb dieser Rolle? Der symbolischen Interaktionismus ist eine Möglichkeit dieses deterministisches denken im Sinne des Zusammenhangs zwischen normative Verhaltenserwartungen und Verhalten aufzubrechen in dem er das Individuum die Freiheit der Interpretation zuschreibt. Der Mensch verhält sich den Dingen gegenüber auf Basis der Bedeutungen die diese Dinge für ihn haben – es ist eine Sinnzuschreibung . Das Individuum hat die Möglichkeit die Verhaltenserwartungen zu interpretieren, und bei Bedarf 37
auch zu negieren. Es sind nicht nur die Verhaltungserwartungen sondern auch das Verhältnis des Individuums zu diesem Ding das sein Verhalten prägt. Der Aktive Rezipient des ‚Uses and Gratifications Approach‘ liegt genau in diese interpretative Leistung. Der Aktivitätsbegriff bezieht sich auf einer psychischen Aktivität im Sinne der Auseinandersetzung mit einem Kommunikationsangebot. Zweiter Grundsatz (2) der symbolischen Interaktionismus: Die Bedeutung der Dinge wird abgewandelt mit der Zeit. Bedeutungen sind nicht Fix und nicht eine für allemal fest. Also im Sinne der ‚Uses & Gratifications Approach‘ speisen sich die Bedeutungen der Dinge (Medien bzw. Kommunikationsangebote) aus der Bedürfniskonstellation der Rezipient. (Man sollte in der Lage sein durch Nachdenken und seine eigene Interpretation die Antwort finden zu können, für die Prüfung. Bestimmtes kann nicht gelernt werden, sondern nur verstanden werden. In diese Richtung werden die Prüfungsfragen gehen.) Beispielfragen (I)
(II)
(III) (IV)
(V)
In der Wirkungsforschung wird vom Paradigmenwechsel gesprochen. (a) Worin besteht diese Paradigmensprung? (b) Was mein der Begriff Paradigma? in unterschiedlichen ‚Denkbewegungen‘ zwischen Worin besteht sozialwissenschaftlichen Denken und philosophischen Denken (den unterschied)? Bringen sie ein Beispiel. Was sind die zentralen Annahmen des kritischen Rationalismus? Der Begriff der Kritik wird sowohl in der Kritischen Theorie als auch in dem Kritischen Rationalismus verwendet. Worin besteht das unterschiedliche Kritikverständnis beim ein und beim anderen und welche Folgerungen leiten sie für sich selbst daraus ab? Was meint der Kritische Rationalismus unter den Begriffen Be griffen Falsifikation und Fallibilität?
In dem 70er Jahren wurde angefangen von Systemen zu sprechen – der Begriff ist etabliert und es gibt eine Vielzahl von Verständnissen. Es gibt eine Vielzahl von Systembegriffen und eine Vielfalt der Art systemtheoretisch Nachzudenken. Der Systemtheorie das in der Kommunikationswissenschaft seit Jahren verwendet wird ist die funktionale Systemtheorie von Nikklas Luhmann. Diese Theorie geht davon aus dem Systeme bestimmte Funktionen für die Gesellschaft haben, oder für andere Systeme haben. System wird nicht verstanden als etwas was in Opposition zur Gesellschaft gestellt wird wie das Buch von Max Weber: ‚ Wirtschaft und Gesellschaft ‘ System sind nie in Opposition zu betrachten
sondern immer als Teilbereiche der Umfangreichen gesellschaftlichen Übersystems zu verstehen. Der Funktionsbegriff hier, im Unterschied zur mathematischen Funktionsbegriff meint dass Leistungen erbracht werden die für das Überleben und Instandhaltung des eigenen Systems und das übergeordnete System der Gesellschaft. Funktionen sind die Leistungen die zu erbringen sind um den Bestand des Systems zu erhalten. Das Systemdenken im Sinne der Funktional-Strukturelle Systembegriff ist wesentlich älter als der Luhmannischen. Für Talcott Parsons zum Beispiel standen die Strukturen im Vordergrund – er hat sich die Frage gestellt: welche Leistungen sind zu erbringen von dem System damit bestimmte Strukturen ausgebildet werden können. Es geht also um die Strukturerhaltung. Strukturen sind bei ihm Beispielweise Institutionen oder Wertesysteme. Die System-Umwelt Beziehung wurde also verstanden im Sinne von ‚Wie entstehen Strukturen und wie bleiben sie erhalten?‘ Die Mangel an der Parson’sche Systemtheorie lag darin das er keine Antwort
geben könnte auf die Veränderung von Systeme, also die dynamische Veränderungen durch die Zeit hindurch. Die Antwort auf die Leistung wie sich Systeme ändern kam erst mit der Luhmannischen Systemtheorie. In der Literatur zur Systembegriff findet man oft der Begriff der ‚ De38
Ontologisierung ‘. Dieser Begriff meint dass Systeme nicht aus etwas Manifesten bestehen, sondern aus Beziehungen. Systeme sind eigentlich Konzentrationen von Beziehungen, eigentlich aus Kommunikation. Systeme bestehen nur aus Kommunikation. Systeme kann man nicht direkt beobachten, aber sehr wohl die Folgen ihre Operationen bzw. ihre operationale Vollzügen. Das sprechen von Systeme ist eigentlich immer das sprechen von System-Umwelt. Insofern wir von Systemen sprechen, sprechen wir immer von einer System-Umwelt Beziehung. Ein System ist einer Differenz zu seiner Umwelt. Dritter Gesichtspunkt: Das Bestandsproblem des Systems mit der Fähigkeit zur Reduktion von Komplexität zusammenhängt. Das Überleben von Systemen ist an die Fähigkeit des Systems geknüpft, Komplexität (von/aus der Umwelt) zu reduzieren. Daraus folgert dass das Bestandsproblem des Systems darin besteht sich relativ invariant zu einer varianten Umwelt zu verhalten. Die Selektivität ist eine zentrale Fähigkeit des Systems sich relativ invariant gegenüber einer variablen Umwelt zu verhalten. Systeme sind in ihre Komplexität immer relativ weniger Komplex als die Umwelt. Wenn diese Verarbeitungsfähigkeit nicht gegeben ist kann sich das System nicht relativ invariant verhalten und wird von der Komplexität des Umwelts aufgesogen. Dies Grenzen zwischen System und Umwelt werden immer wieder neu hergestellt. Systeme bestehen aus Beziehung und nicht aus Menschen. (Das ist der Kritikpunkt an der Luhmannischen Systemtheorie, dass die Menschen eben nicht vorkommen. Der Mensch wird aufgelöst in Systemgrößen wie Personalsystem, Psychische System und als Rollenträger in einen Sozialen System. Aber der Mensch im Sinne des Identitätsdenkens existiert nicht.) In der Systemtheorie denken wir nicht in Identitäten sondern in Differenzen. Für Luhmann gibt es ausschließlich nur vier Systemarten:
(I) (II) (III) (IV)
Die Maschinen (Allopoetische Systeme, also nicht selbst erhaltend) Die Organismen Das Bewusstsein (Psychische System) Die soziale Funktionssysteme
Seine Leistung besteht vor allem in der Entwicklung einer Theorie im Zusammenhang mit dem Psychischen Systemen und den sozialen Systemen. In der Kommunikationswissenschaft interessiert uns zumeist das soziale System ebene. Die Biologischen Systeme werden als autopoetische Systeme begriffen. Autopoetische Systeme heißt das System erzeugt die Bestandteile die es zu seine Existenzerhaltung braucht selbst. Autopoiesis, aus dem griechisch kommenden beschreibt ein sich selbst erzeugendes System. Die Systeme sind aus diesem Grund relativ geschlossen. Zum Beispiel zum Bestanderhaltung der System Zelle sind bestimmt Abläufe notwendig die unabhängig von dem äußeren Einflüssen ablaufen. Es gibt möglicherweise Überschneidung wo Umwelteinflüsse so groß sind das sie Selbsterzeugung des Systems stören können. Ein Autopoetisches System ist ein System das diejenige Einheiten und Elemente die zu seine Bestandhaltung notwendig sind selbst erzeugt. Das ist Luhmanns entscheidender Theoriefortschritt; nämlich in der Sozialsysteme Autopoetische Systeme zu erkennen. Nimmt man Journalismus als Beispiel, dann ist die Autonomie ein solches Kriterium der Selbsterhaltung. Journalismus ist als Handlungssystem nicht ausschließlich abhängig von der Umwelt – sondern sie haben auch Mechanismen für die Erzeugung diejenigen Einheiten die sie für die Bestandserhaltung brauchen. Eine Maschine die sich selbst wartet ist noch kein autopoetisches System, denn es geht um den Output. Für einen Kaffeeautomat musste einen Zusammenhang bestehen zwischen dem Kaffee (Produkt) und dem Bestandhaltung der Maschine. Der Organismus tut im Gegenteil sehr viel für sich selbst, um seinen Bestand zu erhalten. Autopoetische Systeme erzeugen die Bestandteile die sie zur Überleben brauchen selbst. Der System hält sich also im diesem Sinne relativ Invariant gegenüber einer Varianten, komplexen Umwelt. In diesem Sinn spricht Luhmann von einem geschlossenen System. Im Systemtheoretischer sich darf Journalismus nicht verstanden werden als Handlungszusammenhang zwischen Journalisten. 39
Sondern Journalismus ist ein Handlungssystem das aus bestimmten Handlungen besteht, die wir als journalistisches Handeln identifizieren. Die weite Ansicht ist: Worin besteht die zentrale Funktion dieses Handlungssystems? Die Zentrale Funktion von Journalismus besteht nicht darin der bestimmte Artikel geschrieben, auch nicht das informiert wird, oder gebildet wird, oder unterhalten wird sondern die zentrale Funktion des Journalismus in Bezug auf das gesellschaftliche Gesamtsystem besteht darin das Journalismus Themen zur öffentlichen Kommunikation. Das ist die primäre Funktion von Journalismus. Das machen aber andere gesellschaftliche Teilsysteme auch wie beispielsweise das Kultursystem, das politisches System oder das Bildungssystem. Nur Journalismus findet darin sein Primat. Alle anderen Systeme müssen sich der medialen Kommunikationsstruktur anpassen um ihre Themen bereitstellen zu können. Das Bereitstellen von Themen zur öffentlichen Kommunikation ist eine überlebensfrage der Gesellschaft insgesamt. Die Gesellschaft bedarf um sich selbst vergewissern zu können dass ihre Beziehungen artikuliert werden. Die Medien tragen zur überleben der Großgesellschaft in dem sie Selektion betreiben. Journalismus übernimmt für die Gesellschaft die Arbeit die für die Gesellschaft wichtigen Themen festzulegen. Über diese Themen verständigt sich die Gesellschaft - das mach in gewissen sinne die Selbstverständnisses einer Gesellschaft aus. Es geht um die Frage ‚Worin bestehen unsere gemeinsame Interessen?‘ Diese
Bewusstseinsprozesse werden gespeist aus den Selektionsleistungen der Medien. Thematisierungsfunktion: Aus der Fülle der Möglichkeiten bestimmte auszuwählen. Die Agenda Setting greift genaue diese Zusammenhang auf . Man soll sich also nicht der Frage stellen ‚Welche Einfluss haben die M edien auf das was wir denken?‘ sondern ‚Welchen Einfluss haben die Medien worüber wir denken sollen?‘ Die Thematisierung ergibt sich aus den Nachrichtenfaktoren, die zusammengenommen die Nachrichtenwerte ergeben. Bevor Journalismus für die Gesellschaft Komplexität reduziert im medialen Output, muss es erst für sich selbst die Informationsmenge reduzieren. Dazu dienen die Nachrichtenfaktoren. Nachrichtenfaktoren sind gleich Selektionskriterien. Zwischen die Ereignisse vor Ort und den Rezipient gibt es eine ganze Kaskade von selektive aufeinander aufbauende Handlungszusammenhänge. Insofern Medien autonom bleiben können sie die Voraussetzungen ihres Fortbestehens gewährleisten. Das Problem in Ungarn: Es wird zum ersten Mal in einer Demokratie so was wie die Zensur eingeführt. Es wird festgelegt worüber berichtet kann oder nicht. Der Standard fragt schreibt über das ‚Ungarntum‘: „Die Regierung unseres Nachbarn Ungarn zelebriert ein "Ungarntum", das von vorgestern ist, gleichzeitig aggressiv und antidemokratisch. Das neue Mediengesetz macht implizit "Herabwürdigung des Ungarntums" zum Delikt. Zum Drüberstreuen kann die "Hauptabteilung für Inhalte-Überwachung" (!) auch die "Werte der Familie" oder der "öffentlichen Moral" schützen.“ Unter System versteht Luhmann „Jedes wirklich seiende das sich teilweise auf Grund der eigenen
Ordnung teilweise aufgrund der Umweltbedingungen in einer äußerst komplexen veränderlichen, in ganzen nicht beherrschbaren Umwelt identisch hält.“ Ein System ist das was sich identische hält, in Bezug auf einer äußerst komplexen veränderlichen Umwelt. „Ein System ist seine Differenz zur Umwelt – ist eine grenzdefinierende, grenzerhaltende Ordnung.“ Von sozialen Systemen sprechen wir dann wenn Handlungen mehreren Personen sinnhaft aufeinander bezogen werden und dadurch in ihrem Zusammenhang von einer nicht dazugehörigen Umwelt abgrenzbar sind. Der Abgrenzung zur Umwelt ergibt sich aus dem Zusammenhang der Beziehungen. „Sobald überhaupt Kommunikation zwischen Menschen stattfindet entstehen soziale Systeme. Kommunikation besteht nämlich darin dass Handlungen sinnhaft aufeinander bezogen werden. Der Sinnhaftigkeit bezieht sich auf die Selektion. Sinn ergibt sich erst durch Selektion. Hier ist nicht der der Sinn im Allgemeinen gemeint. Im Sinne des ‚finden des Sinns des Lebens.‘ ‚Sinnhaft aufeinander bezogen‘ heißt im Luhmann‘schen Sinn das die Selektionsleistung auf beide Seiten ident sind. Luhmann spricht
auch von der doppelten Selektivität:
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„Dass kommunikative Handlungen immer auf ihren Kontext verweisen und Kontext auf
die kommunikativen Handlungen, führt zu der doppelten Selektivität, die in Verstehensprozessen zu bewältigen ist. Jemand, der eine kommunikative Handlung verstehen will, muss sowohl die Handlung selbst wie auch den Kontext dieser Handlung in ihrer Bedeutung erfassen. Er muss einen doppelten Selektionsprozess vollziehen, sowohl die Situation wie auch die Handlung bestimmen. Was die Soziologen als doppelte Selektivität betreachten…“ Soziologische Kommunikationstheorien, S. 163f von Rainer Schützeichel
Der Begriff des Sinns besteht bei Luhmann lediglich aus der selektiven Leistung und ist somit kein konkreter Sinn. Mit dem Begriff Soziale Systeme wird ein Sinnzusammenhang also von Handlungen bezeichnet – die - durch wechselseitige Erwartbarkeit verknüpft - aufeinander verweisen, ihre Selektivität wechselseitig bestimmen und sich dadurch von einer nicht dazugehörigen Umwelt abgrenzen. Systeme sind Beziehungsgefüge. Sie bestehen insofern nur wenn es diese Beziehung gibt. Die Beziehung ergibt sich wiederum auf dem sinnhaften aufeinander orientiert seins, durch wechselseitige Erwartbarkeit und Selektivität. Was sind Interaktionssyteme? „Als Interaktion soll dasjenige Sozialsystem bezeichnet sein das sich zwangsläufig bildet wenn immer Personen einander begegnen, das heißt wahrnehmen, dass sie einander wahrnehmen und dadurch genötigt sind ihr Handeln in Rücksicht aufeinander zu wählen.“
Die Systemtheorie wendet sich in der Regel gegen eine Individualethische eng Führung des ethischen Denkens. Der Rücksichtsbegriff ist nämlich unabdingbar gebunden an den Personenbegriff. Rücksicht kann nur jemand als Person nehmen und ist keine Systemqualität. Das Wahrnehmen besteht aber in diesem Fall darin, das man von dem anderen weiß dass deine Person selbst wahrgenommen wurde. Zwei zentrale Begriffe der Systemtheorie sind (beide Begriffe sind eng miteinander verbunden): (I)
Kontingenz a.
In jedem sozialen Kontakt nehmen wir einander wahr und wissen dass wir wahrnehmen. In jedem sozialem Kontakt ist eine doppelte Kontingenz. „Jede soziale Interaktion involviert
b.
mindestens zwei Partner, nennen wir sie Alter und Ego, die beide sich kontingent verhalten, das heißt: die beide über verschiedene Verhaltensmöglichkeiten verfügen und dies voneinander wissen. Jeder kann so - und auch anders. Jeder kann sich dem nahegelegten Modus der Interaktion fügen, aber auch abweichen. Man nimmt normalerweise an und hält fest, was einem in die Hand gegeben wird; aber man könnte es auch fallenlassen. Daß sowohl Alter als auch Ego dieses einfachen Modells in diesem Sinne kontingent handeln und dies voneinander wissen und sogar voneinander wissen, daß sie es voneinander wissen - dies nennt man im soziologischen Fachjargon 'doppelte Kontingenz'. Nur unter dieser Voraussetzung kann man sinnvoll von Kommunikation sprechen: denn Kommunikation ist immer Übermittlung von Selektionen, die als Selektionen erkennbar sind. [...] Alle Beteiligten haben die Möglichkeit, nein zu sagen oder sich anders zu verhalten, als ihnen nahegelegt wird. Auch dies ist eine universell präsente, stets mitpräsentierte Möglichkeit, der man in der Wahl seiner Kommunikationen Rechnung trägt.“ (Luhmann 1975c, 68) Kontingenz besagt das es auch anders möglich ist. Einfache Kontingenz wäre ‚Der Andere kann sich anders verhalten als ich von ihn erwarte.‘ ‚Ich weiß das sie auch anders können, wie sie zugleich wissen das ich auch anders kann.‘ In unsere Komm unikation antizipieren wir
mögliche alternative Handlungsweisen, weil der andere auch anders reagieren könnt als erwartet. Die gesamt Kommunikationskonflikt passieren auf eben dieser Kontingenzerfahrung.
(II)
Komplexität a.
Die Kontingenz die wir erleben im verhalten zu den Anderen ergibt für uns die Komplexität der Welt. (Kehrseite von Kontingenz.) Die Welt besteht aus einer Fülle von Möglichkeiten und 41
wir können immer nur ganz bestimmte realisieren. Die Welt ist Komplex und sie wir Kontingent erlebt. Das heißt die Erwartungen an andere haben eintreten können aber nicht eintreten müssen und das wir wissen das die Erwartungen nicht erfüllt werden können. Und das auch der andere weiß der die Erwartungen nicht erfüllen muss sondern auch anders handeln kann. Nur insofern das antizipiert werden ka nn entsteht Kommunikation.
11. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 17.01.2011
17. Jänner ist der Tag des Judentums. Man sollte an die eigene Schuldgeschichte denken bezüglich den Antisemitismus der vergangenen 2000 Jahren. Blog zu dieser Thema zu finden unter http://www.forum-gottschlich.blogspot.com Systemtheorie und Theorie Kommunikativen Handelns sind aufmerksam zu verfolgen; sind mit Sicherheit Prüfungsstoff. Crash-Course: Systemtheorie
(I) (II)
(III) (IV)
(V)
(VI) (VII)
(VIII) (IX) (X) (XI) (XII)
Systeme sind kein empirisch Fassbares ding, sondern bestehen aus Beziehungen also aus Kommunikation Soziale Systeme können wir alle Systeme begriffen als strukturierte Beziehungsgefüge die bestimmten Möglichkeiten festlegen und andere ausschließen. Denken in Differenz. Systeme entscheiden sich für bestimmt Handlungsoptionen und schließen andere aus. Selektivität als zentraler Aspekt (Selektivität erfolgt über den Sinnbegriff) Die Besonderheit soziale Systeme besteht darin das sie aus sozialen Handlungen gebildet werden. Im späteren Luhmann bestehen Systeme nicht mehr aus Handlungen sondern ausschließlich aus Kommunikation. Sozialsysteme bestehen aus Handlungen denen ein Sinnbezug auf das Handeln andere Menschen inhärent ist. Solche Sinnbeziehungen werden durch soziale Systeme in einer übermäßig Komplexen, unübersehbaren und unbeherrschbaren Umwelt relativ einfach und relativ invariant gehalten. Es besteht also eine Differenz zum Umwelt und auch eine Differenz zwischen dem Komplexitätsgrad von System und Umwelt. Der Komplexitätsgrad des Systems ist immer geringer als die variable sich rasch verändernde Umwelt. Ein Sozialsystem reduziert die äußerste Komplexität seiner Umwelt auf eine Bestimmte oder Bestimmbare ausgewählte Handlungsmöglichkeit. Der Reduktionsprozess (Reduktion durch Selektion) ist ein zentrales Motiv in der Systemtheorie. Es ist auch im Handlungssystem Journalismus relevant in dem Journalismus als besonderes Handlungssytem verstanden wird das durch seine sinnhafte Bezüge der Handlungseinheiten zueinander Komplexität reduziert für sich selbst mit dem größeren übergeordneten Zweck der Reduktion von Komplexität für die Gesellschaft. Insofern stellt Journalismus für die Gesellschaft sinnhafte Bezüge her – was man mit dem Begriff der Thematisierung von Wirklichkeit versteht. Auf Basis von Medien oder medialen Aussagen sollte das Publikum ihrerseits als Rezipient komplexe Wirklichkeit reduzieren können. Die Umwelt ist ein unerlässliches Koordinat zum System. Wenn man von System oder Systemtheorie spricht ist es Sinnvoll von System-Umwelt Beziehung zu sprechen. Das sprechen von System mach nur Sinn im Hinblick auf die System-Umwelt Beziehung oder im Hinblick auf die System-Umwelt Differenz. „Die Umwelt eines Systems ist alles was von dem System abgegrenzt wird.“ – Luhmann Alles was nicht zu den Sinnhaften Beziehungen gehört ist Umwelt des Systems. Der 42
Umweltbegriff wird immer relativ definiert. Die Umwelten unterschiedlichen Systemen können daher nicht identisch sein, sie können sich nur weitgehend überschneiden. Die Gesamtheit dessen was nicht zu einem System gehört kann ihrerseits kein System sein da sie grenzenlos in der Welt übergeht, und die Welt selbst kein System ist. (XIII) Die Eigenschaft Sozialsysteme besteht darin das sie eine Sinnzusammenhang von Handlungen beschreiben, die sich durch Abgrenzung zur Umwelt und Prozesse der Selbstselektion auszeichnet. (XIV) Kontingenz: Der Umstand dass in jeden sozialen Kontakt, in jeder sozialen Beziehung eine Doppelte Kontingenz angelegt ist. Im diesem Fall kann man davon Sprechen dass Kommunikation die Aktivierung vom Sinn meint. Kommunikation als ein aufeinander bezogenes selektives Verhalten. Kontingenz besagt das etwas auch anders möglich ist – in diesem Fall das Verhalten der andere. (XV) Die Erfahrung der Kontingenz, nämlich dass alles auch was anderes sein kann, erlebt der Mensch als Komplexität. Die Fülle der Möglichkeiten bleibt nämlich aufrecht nach der Selektion. In dem man sich für eine bestimmte Studienrichtung entscheidet, fallen die anderen Studienrichtungen nicht weg, sondern begleitet einem. (XVI) Der Mensch hat die besondere Fähigkeit mit dieser Komplexität und Kontingenz umzugehen. Dies wird vollzogen auf dreifacher Art und Weise: a. Sachlicher Ebene b. Zeitliche Ebene c. Soziale Ebene (XVII) Sinn ist nach Luhmann Selektion; Selektion meint eine intendierte Strategie des selektiven Verhaltens. Sinn ist selber keine Eigenschaft einer bestimmten Handlung oder eine bestimmte Verhalten. Sinn bedeutet die Vorstellung aufzugeben dass die Sinnhaftigkeit des Handelns in seine Zweckgerichtetheit liegt. Zum Beispiel: „Ich studiere Publizistik um als Journalist zu arbeiten um dadurch möglicherweise zur Verbesserung der Welt beizutragen. “ Für Luhmann ist der spezifische von Sinn in der faktisch fluktuierende Orientierung an Möglichkeitsüberschuss. ‚Welche Möglichkeit sollen wir wählen?‘
Welche Erklärungsmodell stellt die Systemtheorie bereit für den Umstand das Journalismus zwar formal die Funktion des Bereitstellens von Themen zur öffentlichen Kommunikation erfüllt, aber dennoch das empirische Faktum gegeben ist das die Leistungen des Journalismus nicht zur Umweltorientierung und zur Reduktion von Komplexität beiträgt? Wiese verstehen tatsächlich so viele die Nachrichten nicht? Die Systemtheorie kann die oben genannte Frage nicht beantworten, weil sie ja eine Makrotheorie ist während die obige frage im Mikro Bereich angesiedelt ist. Anders formuliert lautet die obige Frage: Was sind die Bedingungen des Verstehens von Massenkommunikation? Es gibt kaum Theorien die zwischen der Mikro und Makro Bereich vermitteln außer die Kritische Theorie. In der Kritischen Theorie wird tatsächlich versucht einen Zusammenhang herzustellen zwischen gesellschaftliche Struktur und individuelle Befindlichkeit. Was eine Handlung zur Handlung macht ist der Sinn. Im Sinn liegt der intendierten Strategie der Selektivität/Selektion. Das was eine Handlung zur Handlung macht ist der Sinn der als eine bestimmte Strategie des selektiven Verhaltens unter den Bedingungen hoher Komplexität betrachtet werden muss. Die Komplexität ist gleich fülle des möglichen, fülle des möglichen ist gleich fülle der Entscheidungsalternativen. Theorie des Kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas
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Theorie Kommunikativen Handelns ist Teil der Kommunikationstheorien der Gesellschaft. Mit Blick auf Habermas ist festzustellen das Zusammenleben der Gesellschaft insgesamt auf verständigungsbedingten Handlungskoordinierung beruht. Die Theorie Kommunikativen Handelns begründet sich darin das Gesellschaft überhaupt erst möglich ist durch verständigungsbedingten Handlungskoordinierung. Weil diese Handlungskoordinierung in der Demokratie nicht auf macht beruhen darf, sondern auf Vernunft beruhen muss, deswegen brauchen wir die Kommunikation, weil der Kommunikation das einzige Medium in dem die Vernunft zur Geltung kommen kann. Die gesellschaftsnotwendigen Koordinierungsprozesse können nur Verständigungsbasiert. Diese müssen durch die Vernunft gestaltet werden und nicht durch die Macht. Mit diesem in Verbindung steht ein emanzipatorischer Anspruch. Die Vernunft wird größeren Raum eingeräumt im individuellen wie in den kollektiven Gesellschaften als eben der Macht. Der emanzipatorische Anspruch verzichtet auf die Persuasion; also auf die Überredung. Der emanzipatorische Anspruch setzt auf die Wahrhaftigkeit. Das ist der Unterschied zwischen Vernunft und Verstand; die Persuasive Kommunikation setzt verstand ein ( technische Vernunft) um außerkommunikative Interessen durchzusetzen. Die Kommunikation dient einem äußeren Zweck. Der emanzipatorischen Anspruch ist das Gegenteil; sie sieht im anderen den Zweck, oder in der gemeinsame Beziehung. Die Moral der persuasiven Kommunikation liegt in der Durchsetzung eines äußeren Zweckes, der beliebig sein kann. Die Sprache ist für Habermas ein zentrales Instrument dieses Handlungsgefüge namens Gesellschaft hervorzubringen. Die Grundannahmen der Theorie des Kommunikativen Handelns: (I)
(II)
(III)
(IV)
Verständigung wird als grundlegende Form der Interaktion aufgefasst. Verständigung ist ein Prozess der Einigung zwischen unter Sprach- und Handlungsfähigen Subjekten. Einigung meint aber nicht Gleichgestimmtheit, sondern eine rational motiviertes (durch Argumente – Argumente als Gefäße der Rationalität – Vernünftigkeit der Sprache druck sich in Argumente aus) und herbeigeführtes Einverständnis. Verständigung wird nicht als idealistisches Postulat eingeführt, sondern als ein der menschliche Sprache innewohnende Telos ausgewiesen. Verständigung wohnt der Sprache inne. Sprache hat in sich das Telos zur Verständigung beizutragen. be izutragen. Die Sprache dient der Verständigung. Verständigung sieht Habermas auch als ein normativer Begriff. Jede Verständigung ist an einen wahren Konsens orientiert. Verständigung hat als normative Voraussetzung der wahre Konsens. Ohne einen solchen wahren Konsens gibt es keine wirkliche Verständigung. Ein wahrer Konsens berührt nicht auf physischen oder ökonomischen Zwecken, sondern er berührt einzig und allein auf den zwanglosen zwang der von der Kraft des besseren und gleich vernünftigeren Argument ausgeht. Gerade mit Blick auf die Missverständnisse des Alltags, haben wir nur ein einziges Medium mit diesen Dissens und dem ärger der damit verbunden ist zurechtzukommen. Das ist die Sprache. Nur mittels Sprache besteht die Möglichkeit der Einigung ohne Einsatz von Gewalt oder strategischen Raffinessen herzustellen. Beim Scheitern der Sprache betreten wir die Eben des Diskurses als Quasi-Rechtshof um über dieses Scheitern zu beurteilen. Der Diskurs ist die Möglichkeit sich über das sprachliches Versagen mittels der Sprache zu unterhalten. Der Diskurs ist die Metaebene. Im Diskurs werden die im Zweifel gestellten Geltungsansprüche Thematisiert. a. Sagt jemand zum Beispiel ‚Ich glaub dir nicht.‘ Betreten wir dann die Metaebene und die Gründe (rationale Argumente) bringen warum etwas sehr wohl wahr ist oder nicht.
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Es gibt zwei Diskursebenen; in der eine geht es um die Einlösung der Geltungsanspruch der Wahrheit. Auf der zweiten Ebene geht es um die Einlösung der sogenannten normativen Richtigkeit, über ein Verhalten zum Beispiel – der Art und Weise wie wir miteinander umgegangen sind. Diese zwei Ebenen können im Diskurs reflektiert werden. Im Diskurs kann nicht über den Geltungsanspruch der Wahrhaftigkeit diskutiert werden. Wahrhaftigkeit kann nur beobachtet werden, zum Beispiel ob die Worte mit dem Verhalten übereinstimmen – es kann nur beobachtet werden. Verständlichkeit, das vierte Geltungsanspruch kann auch nicht diskutiert werden. Die vier unterstellten Geltungsansprüche (die vier Bedingungen zur Möglichkeit Vernünftigen Kommunizierens): (I) (II) (III) (IV)
Wahrheit Wahrhaftigkeit (das man das denkt was man sagt) Richtigkeit Verständlichkeit
Die unausgesprochene Unterstellung diese vier Geltungsansprüche macht Kommunikation erst möglich. Zwei davon können auf der Diskursebene reflektiert werden. Das Strukturprinzip der Sprache ist nicht die Macht sondern der Vernunft. Als Rational wird derjenige bezeichnet der sein Handeln an intersubjektiv anerkannten Geltungsansprüchen orientiert. Da sich ein kommunikativ erzieltes Einverständnis auf Gründe und eben nicht auf Macht stützen muss, bewies sich die Rationalität der einzelnen daran ob sie ihre Äußerungen unter geeigneten Umständen begründen können. Um diese Begründung geht es gerade im Rahmen von Diskursen. Habermas bietet allerdings eine engführung an in dem er nur Erfolg auf rationale ebene vorsieht. Der Mensch ist eben viel Emotionaler als er eigentlich Rational ist. Habermas sagt selber das seiner Idee Kommunikativen Handelns kontrafaktisch ist. Demnach stellt sie ein möglicher Maßstab an dem sich selbst bemessen kann. Das Leben in einer riskanten Gesellschaft macht vernünftige Kommunikation notwendig. Die Vernünftigkeit reicht uns aber alleine wahrscheinlich nicht aus weil die emotionale Dimension auch eine Rolle spielt. Die Vernunft ist ausschließlich durch die menschliche Sprache möglich – Tiere können sich zwar verständigen, aber in ihre Tiersprache liegt keine Vernunft. Habermas seine Gesprächssituation hat eigentlich ein sehr elitäres Kommunikationsverständnis zugrunde. Es beschreibt die Kommunikationssituation zwischen Menschen die an eine gemeinsame Problematik arbeiten. Der wissenschaftliche Diskurs ist eigentlich das Modell des gesellschaftlichen Diskurses der hier beschrieben wird. Es geht um Teilnehmer eines Diskurses, die sich darin auszeichnen das sie den jeweils anderen in seine Professionalität schätzt und respektiert. Angenommen wird auch das alle interessiert sind an einen wahren Konsens zu kommen. Die Sprache erfüllt drei grundlegende Funktionen: (I) (II) (III)
Die Sprache hat Realitätsbezüge zur äußeren Welt. Also die Gesamtheit dessen worüber Wahre aussagen gemacht werden können. Die Sprache hat Realitätsbezüge zur sozialen Welt. Sozialen Welt als Gesamtheit alle Kulturellen und Interpersonellen Beziehungen. Die Sprache hat Realitätsbezüge zur inneren, zur Subjektiven Welt. Also die Gesamtheit alle nur subjektiv zugänglichen Erlebnisse.
In jeder Sprechhandlung druck sich einer dieser Realitätsbezüge aus (oder alle gleichzeitig, oder alle hintereinander). 45
12. Vorlesung – Medien- und Kommunikationstheorie – 24.01.2011 Zur Prüfung: Es kommt auch die eine oder andere Frage zu Empirische Kommunikationstheorien und –modelle. Besonders wichtig ist der Aufsatz über die Wirkungsforschung . Es gibt Verständnisfragen und auch eine Frage nach der Literatur die Sie gelesen haben – also alles andere als das was im Skriptum steht. Fachliteratur außerhalb der Vorlesung. Schlüsselwörter werden nicht geprüft aber man wird nicht hinkommen zentrale Begriffe zu verwenden um bestimmte Fragen zu beantworten. Es steht bei jeder Frage einen bestimmten Punkten Anzahl dabei. Es sind mit acht Fragen zu rechnen. Theorie Kommunikativen Handelns
Die Eigentümlichkeit von Jürgen Habermas Sprach- und Kommunikationskonzept dass das spezifische am Handlungsbezug der Sprache darin besteht, mit der Sprache nicht bloß Handeln, sondern der Sprechhandeln unterbrechen zu können. Die Sprache ist ein Medium das zugleich den Vollzug eines Handelns und seine disbeziehung ermöglicht, in dem sie zwei Formen des Sprachgebrauchs bereitstellt. 1.) die alltägliche Kommunikation und 2.) den Diskurs. Im Diskurs oder durch den Diskurs können wir uns von Missverständnisse befreien oder Zwängen die dem Kommunikationsgeschehen eigen sind. Die Selbstreflexivität der Sprache in Bezug auf das Scheitern von Kommunikation geschieht im Diskurs. Im Diskurs hat also Alter und Ego die Möglichkeit aufeinander aus Basis von rationalen Argumenten und nicht auf Basis von Zwang, Einfluss zu nehmen. Dies ist ein Einfluss das weder auf Gewalt noch auf Geld beruht, sondern nur auf Basis von Argumente. Argumente die Ansprüche begründen können oder diese auch wiederlegen. „Wo Einfluss genommen wird nicht durch macht sondern durch Gründe, wird der Erfolg dieser Art von Einflussnahme auch abhängig sein von dem Maß an Rationalität welche in dem Begründungsstrategien zur Geltung kommt.“ Der Machtbegriff bezeichnet nicht unbedingt physische Macht sondern auch strukturelle Macht der auf strukturelle Über- und Unterordnungsverhältnisse beruht. Die Rationalität von der immer die Rede ist, die durch Kommunikation hergestellt wird führt zur Frage ‚Worin wird diese Rationalität hergestellt?‘ Diese Rationalität wird hergestellt mittels Begründungsstrategien die im Medium der Sprache stattfinden. Rationalität ist also nicht etwas was zur Sprache dazukommt, sondern etwas was die Sprache gleichsam inhärent ist. Rationalität macht sich als Begründungsstrategie erkennbar. In der Sprache ist schon dieses Potential an Rationalität angelegt. Sich der Sprache zu bedienen heißt zugleich sich Rational zu verhalten – allerdings ist dies nur ein Sollensanspruch. Worin sieht Habermas die Rationalität der Sprache? Durch den Ausweis der Begründungsstrategien den man anwendet. „Daher ist die Kommunikation eine Keimzelle sozialer Interaktion deren Strukturprinzip nicht Macht, vielmehr Vernunft ist. Kommunikation wird damit zu einem Handeln dessen Gelingensbedingungen die gekoppelt an Bedingungen unter denen Vernunft wirksam wird.“ Vernunft heißt hier, einen Konsens erreichen zu können der nicht auf physischen oder ökonomischen Zwang, sondern nur auf dem Zwang beruht dem von der Kraft des besseren Arguments ausgeht. „Das unter die Theorie des Kommunikativen Handelns wirksam werdende
Konsenspathos läuft nicht auf eine Verleugnung von Dissensen in der alltäglichen Kommunikation hinaus. Gerade umgekehrt, eben weil Missverständnisse die Kommunikation prägen, wird der Umstand dass die Sprache und zwar allein die Sprache ein Instrument bereitstellt um in Streitfall eine Einigung ohne Einsatz von Gewalt erreichen zu können, so entscheidend. “ Dieser Hinweis auf den Konsens ist ein Hinweis auf das Potential von Sprache gesellschaftliche Konflikte anders als mit Gewalt lösen zu können. Die Ebene auf dem dieses Stattfindet ist die Diskursebene. „Der Sprachgebrauch ist nicht nur rational rekonstruierbar, sondern bringt Rationalität und Vernunft selbst hervor. Habermas bemühte sich zu zeigen inwiefern die Vernünftigkeit unabdingbar zugleich auch Strukturprinzip der Rede ist, und durch die Rede/Sprachgebrauch zugleich hergestellt wird.
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Insofern unsere Gesellschaftlichen zusammenleben auf diese Möglichkeit beruht, insofern kann man tatsächlich von einer Kommunikationstheorie der Gesellschaft sprechen. Die Sprache erfüllt drei grundlegende Funktionen: (I)
(II)
(III)
Die Sprache hat Realitätsbezüge zur äußeren Welt. Worunter verstanden wird die Gesamtheit aller Entitäten (alles seiende), über die wahre aussagen gemacht werden können. Mit diesem Realitätsbezug ist der Geltungsanspruche der Wahrheit verbunden. Die Sprache hat Realitätsbezüge zur sozialen Welt. Der sozialen Welt ist die Gesamtheit aller legitim geregelten interpersonalen Beziehungen. Die soziale definiert sich durch die Beziehung. Dort wo Beziehungen auftreten, immer dort sprechen wir von sozial. Auch die Gesamten alle kulturell vermittelten interpersonalen Beziehungen. Legitim heißt in diesem Zusammenhang, alle jene Beziehungen die sich als gesellschaftlichen anerkannten Erwartungen manifestieren, und daher als richtig gelten, so dass der Hörer mit dem Sprecher in diesen Werten übereinstimmen kann. Hinter diesem Realitätsbezug steht der unausgesprochene Geltungsanspruch der Richtigkeit oder normative Richtigkeit. Die Sprache hat Realitätsbezüge zur inneren, zur Subjektiven Welt. Also die Gesamtheit alle nur subjektiv zugänglichen Erlebnisse, Erfahrungen und Absichten des Sprechers. Hinter diesem Realitätsbezug steht der Geltungsanspruch der Wahrhaftigkeit.
Diese drei kategorial aufgeschlüsselten Weltbezüge stellen den gemeinsamen Interpretationsrahmen dar innerhalb dessen Verständigung gesucht und erzielt wird. Innerhalb dieser Sphären kann man Verständigung orientiert handeln. Die in den Sprechhandlungen vollzogenen Realitätsbezüge sind mit den sogenannten Geltungsansprüchen versehen. Die Geltungsansprüche werden von den jeweiligen Gesprächspartnern vorausgesetzt, so als würden die Sprechhandlungen gar nicht stattfinden. Diese Geltungsansprüche werden entweder akzeptiert oder zurückgewiesen. Geltungsanspruch bedeutet dass mit einer Aussage die man trifft, implizit immer auch die unausgesprochene Behauptung verknüpft ist, das die Bedingungen für die Gültigkeit der betreffenden Aussage erfüllt sind . Dies gilt für Sprechakte immer und überall; deshalb heißt die Theorie Universalpragmatik. Die Geltungsansprüche sind gegeben unabhängig von den kulturellen Faktoren. Die Geltungsansprüche liegen jeder kommunikativer Handlung zugrunde damit Verständigung gelingen kann. (I) (II)
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Verständlichkeit: Der Sprecher muss sich einer verständlichen Ausdrucksweise bedienen, damit Sprecher und Hörer einander verstehen können. Wahrheit: Der Sprecher muss die Absicht haben eine wahre Aussage zu machen. Er muss die Absicht haben ein wahrer propositionalen Gehalt mitzuteilen, damit der Hörer das Wissen der Sprecher teilen kann. Wenn wir nicht unterstellen würden dass der andere wahre Aussagen trifft, konnte die Verständigung nicht gelingen. Wenn wir davon ausgehen müssten dass der andere lügt, würde jegliche Verständigungsprozess unmöglich werden. Es würde kein Sinn machen von anderen Aussagen zu erhalten, weile diese sowieso nicht stimmen würden. Durch rationale Argumente und durch beweise kann man versuchen diese in Zweifel gestellten Geltungsanspruch wieder einlösen. Der Diskurs über die Gültigkeit einer Aussage, über den Wahrheitsanspruch ist ein sogenannter theoretischer Diskurs. Wahrhaftigkeit: Der Sprecher muss seine Intentionen wahrhaftig äußern wollen, damit der Hörer ihn vertrauen kann. Vertrauen des Hörers setzt voraus die Unterstellte und nicht zum Thema gemachte Wahrhaftigkeit. Die Wahrhaftigkeit kann man bezweifeln aber nicht diskursiv darüber verfügen. Der Betroffene kann auch für seine Wahrhaftigkeit keine Argumente bereitstellen. Die Wahrhaftigkeit kann man nur am Verhalten des 47
(IV)
anderen beobachten. Das Vertrauen deren korrelat die Wahrhaftigkeit ist, ist diskursiv nicht einlösbar. (Normative) Richtigkeit: Der Sprecher soll sein verhalten auf einen legitim anerkannten normativen Kontext abstellen. Das meint im Grunde genommen die Regeln des sozialen Zusammenlebens, die sehr wohl von Kultur zu Kultur unterschieden sein können. Die Inhalte dieser Regeln ändern sich zwar, aber es ändern sich nichts an dem Umstand dass es diese Regeln gibt. Gesellschaftliches Zusammenleben ist durch Regeln bestimmt, und wenn man sich mit dem anderen verständigen will, muss man diese Regeln beachten. Die Auseinandersetzung über die Art und Weise des Regelverstoßes in den Beziehungen zueinander bezeichnet man als praktischen Diskurs.
Der Handelnde muss gegebenenfalls diese Geltungsansprüche einlösen in dem er Gründe für ihre Geltung angibt. Der Handelnde muss in der Lage sein, jeder der Geltungsansprüche mit Gründen zu versehen. Der der rational Spricht, kann für seine Aussagen Gründe geben. Der Begriff des kommunikativen Handelns setzt Sprache als Medium von Verständigungsprozessen auf der Grundlage von Geltungsansprüchen voraus. Das kommunikative erzielte Einverständnis ist gleich Verständigung stützt sich also auf Gründe, und das begründet die Rationalität des kommunikativen Prozesses. Argumentation ist derjenige Typus von rede in dem strittige Geltungsansprüche mit Argumente eingelöst oder kritisiert werden können. Die Teilnehmer am Diskurs können sich also so über die beanspruchte Gültigkeit ihre Äußerungen einigen. Die Geltungsansprüche werden transparent gemacht, im Diskurs per rational Auseinandersetzung eingelöst, und anschließend kann man sich darüber einigen. Wenn also im Sinne von Habermas nur um Gründe und nur um den zwanglosen Zwang des besseren Arguments geht dann setzt diese eine Gesprächssituation voraus, die frei ist von Verzerrung und Einflüssen, in der also auf offene oder versteckte strategische Herrschaftsausübung verzichtet wird. Der Diskurs ist endgeknüpft an die Möglichkeit einer Sprechsituation die frei ist vom verzerrenden Einfluss. In diese Sprechsituation sollten alle Beteiligten die gleiche Chance haben sich am Sprechakt zu beteiligen. Der Verzicht auf Herrschaft durch Kommunikation und das einräumen der Möglichkeit dass alle diejenigen die am Diskurs beteiligt sind die gleiche Chance haben sollen sich am Diskurs zu beteiligen, bezeichnet Habermas als die ideale Sprechsituation, von der er sagt das sie Kontrafaktisch ist. Das heißt sie hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun, aber selbst auch dann wenn sie nichts mit der Realität zu tun hat so ist sie noch ein normatives Ideal bzw. Anspruch an dem man die Wirklichkeit eines Diskurses messen sollte. Im Idealfall sollte es so sein, auch wenn der Idealfall in der Realität nicht zu erreichen ist. Das Modell der Idealsprechsituation hat Habermas entwickelt mit Blick auf den herrschaftsfreien Diskurs einer Wissenschaftselite. Man wirft Habermas oft vor das diese Theorie von Handelns mit der Realität nichts zu tun haben. Eine mangelnde Geltung in der Realität ist aber kein prinzipielles Argument gegen die Gültigkeit einer Überlegung. Man kann nicht von einer mangelnde Geltung in der Realität auf eine mangelnde Gültigkeit schließen. Es ist nämlich einen Kurzschluss von der Geltung auf die Gültigkeit zu schließen. Der Einwand der mangelnden Geltung ist keinesfalls hinreichend. Im Prinzip steht dahinter die Auseinandersetzung zwischen Ist und Soll. Der Umstand das etwas nicht so ist wie es sein sollte, sprich nicht gegen den Sollensanspruch, sondern eher gegen den Ist-Zustand. Nicht der Soll-Zustand muss sich am Ist-Zustand orientieren, sondern der gesellschaftliche Ist-Zustand ist immer an einem Sollens-Zustand zu orientieren, der ja Kontrafaktisch aufrechterhalten wird. Man kann zum Beispiel am Gebot der Nächstenliebe glauben obwohl man täglich daran scheitert. Es ist der Wert absolut zu setzen an dem man sich orientieren kann, im bewusst seines Scheiterns. Mit dem Theorie des Kommunikativen Handelns ist ein emanzipatorischen Anspruch verknüpft dem wir mit der Systemtheorie nicht verknüpfen können.
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Worin konstruiert die Wissenschaft Wirklichkeit? Genauso wie wir in unsere zwischenmenschliche Begegnungen einander nicht Abbilden, sondern einander interpretieren. So mach das auch die Wissenschaft. Dahinter stehen Prozesse die mit zentralen Begriffen verknüpft sind – zum Beispiel den Begriff der Paradigma. Paradigma wird hier verstanden als die Leitgesichtspunktes des Denkens einer Disziplin. Das Paradigma bestimmt die Art und Weise wie Wissenschaft ihr Gegenstand definiert und damit auch konstituiert. Zum Beispiel das Steuerungsparadigma der Kommunikation. Habermas zeigt das es gar nicht um die Steuerung geht, sondern im Gegenteil um ganz andere Ansprüche – um emanzipatorische Ansprüche, Ansprüche der Selbstbestimmung, Ansprüche der Vernünftigkeit. Kommunikation heißt also nicht nur jemanden zu steuern, sondern ihn auch möglicherwiesen Entfaltungsmöglichkeiten anzubieten – es geht um die Selbststeuerung und die Selbstbestimmung . Selbststeuerung beruht im Sinne von Habermas auf dem besseren Argument, und nicht auf der Strategie der Kommunikation, des persuasives Umgang. Die Kommunikationswissenschaft hat sich den letzten 80/90 Jahre mit der Frage beschäftigt: Wie können wir Menschen durch Kommunikation manipulieren? Das ist eine durchaus legitime Frage, aber es gibt auch andere Bereiche die sich diese Frage entziehen. Solange die Wissenschaft eine Steuerungsparadigma in sich trägt, solange wird sie keine kritische Sozialwissenschaft sein können. Die Systemtheorie wird in diesem Kontext als eine gute, abstrakte Theorie gesehen die alle Steuerungsprozesse erklären kann und begrifflich fassen kann während die Theorie Kommunikativen Handelns eine emanzipatorische Theorie ist. Die stellt sich die Frage, ‚Wie
kann sich der Mensch in dieser Überbürokratisierte, Fremdverwaltende, Fremdgesteuerte Welt das Individuum sich überhaupt zu Recht finden? Das große Bereich der empirischen Kommunikationstheorien die über 90 Prozent aller theoretischen Überlegungen darstellen, sind meistens Theorien mittlerer Reichweite. Sie können meistens nur über einen bestimmten Teilbereich etwas aussagen. Weil Kommunikation als Totalphänomen gilt, gibt es nicht eine große Supratheorie die diese große Vielfalt der kommunikativen Phänomene umfassen kann. Alleine die Unterscheidung zwischenmenschliche Kommunikation und Massenkommunikation zeigt das wird beide nicht mit derselben Theorie umfassen können. Wichtig ist zu verstehen das Theorien etwas Gemachtes sind, die einen bestimmten Konsens oder Sichtweise innerhalb des Scientific Community folgend. Die Wissenschaft produziert nicht sakrosankten, sondern es wird immer nur den aktuellen Stand des Irrtumes angeboten. Theorien sind das ordnen, beobachten, sichten und klassifizieren von Phänomene. Für diese überschaubare Zahl ein Phänomene, versucht die Wissenschaften einen bestimmten Zusammenhang zu erstellen. Wissenschaftliche definierte Wirklichkeit Wirklichkeit wird über diese Phänomene erklärt - also zu sagen nicht nur was ist, sondern warum etwas so ist. Es geht nicht nur um die Beschreibung und Klassifikation der Phänomene, sondern die Wissenschaft versucht auch über diese Begründungen herzustellen, und zweitens auch vorherzusehen. Die Kritische Theorie und der Kritische Rationalismus sind beide unterschiedliche Konzeption für die Bedeutung von Wissenschaft für die Gesellschaft. Es geht der Kritischen Theorie darum mit Wissenschaft die Gesellschaft verändern zu wollen, auf einen bestimmten Sollenszustand. Worauf der Karl Popper sie dem Ideologieverdacht unterstellt hat. Die Vertreter der Kritischen Theorie meinten aber ihrerseits das ‚Social Engineering‘, das ‚Drehen an der Stellschrauben ‘, nicht Aufgabe einer Sozialwissenschaft sein können. Hinter die lösungsbedürftigen Probleme stehen eben strukturelle gesellschaftliche Probleme. Anhand dieser Überlegungen warf Adorno den Popper vor, das er Theoriefeindlich sei. Im Prinzip ging es bei den beiden um ein ringen über die Funktion der Sozialwissenschaften in der Gesellschaft. Der Kritische Rationalismus glaubt an eine asymptotische Annäherung an die Wahrheit – wobei die Vertretern der Kritischen Theorie an eine tatsächliche 49
Wahrheit glauben. Sollte jemanden Frage, unter welchen theoretischen Dach steht die Kommunikationswissenschaft ist es die Kritische Rationalismus. Letztlich aber wiederrum auch nicht denn der Versuch sich ständig zu wiederlegen passiert in der Forschung eigentlich selten. Man ist doch in der Forschung motiviert die eigentliche Grundannahme zu verifizieren und nicht zu falsifizieren. Doch es ist längst schon bewusst dass eine endgültige Verifikation nicht möglich ist, sondern ehern nur ein vorläufiges bewähren der Grundannahme. Der Satz ‚Alle Schwäne sind Weiß‘ gilt schon nicht mehr, denn ein Schwarzes Schwann ist im Naturhistorisches Museum zu sehen. Wissenschaft als Verhältnis zwischen Freiheit und Einsamkeit. Man kann eigentlich nichts Gewisses sagen, man kann nur sich verlassen auf das eigene e igene denken.
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